Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.344/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     

{T 0/2}            
4A_344/2015

Urteil vom 10. Dezember 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, Niquille,
Gerichtsschreiberin Marti-Schreier.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Adrian W. Kammerer und/oder Tamir Livschitz,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Stierli,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Arbeitsvertrag; Delegation Weisungsrecht an Muttergesellschaft,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, I.
Zivilabteilung, vom 21. Mai 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. Die A.________ AG (Beklagte, Beschwerdeführerin) mit Sitz in Baar bezweckt
die Beteiligung an schweizerischen und ausländischen Unternehmen auf dem Gebiet
der Textilindustrie. Sie kann zudem die Fabrikation und den Handel mit Schappe
und anderen Textilien betreiben.
Die A.________ AG gehört zu der C.________, die im Bereich der Bekleidungs- und
Textilindustrie mit einem weiten Vertriebs- und Servicenetz in ganz Europa
tätig ist. Die Administration und der Produktionsstandort der C.________
befinden sich bei der Schwestergesellschaft der A.________ AG, der D.________
S.r.l. in Frosinone (Italien). Die C.________ gehört seit 2008 zum indischen
Konzern E.________. Die F.________ S.A. mit Sitz in Luxemburg ist eine 100%ige
Tochtergesellschaft der E.________ und führt ihrerseits die C.________ als
Muttergesellschaft.

A.b. B.________ (Kläger, Beschwerdegegner) wurde mit Arbeitsvertrag vom 24.
November 1992 per 4. Januar 1993 von der damaligen Eigentümerin der C.________
als "President of the C.________" angestellt. Gemäss diesem Vertrag sollte
B.________ ein Bruttogehalt von jährlich 200 Mio. Lira für seine
Dienstleistungen als Geschäftsführer der D.________ S.r.l.
(Schwestergesellschaft der A.________ AG) sowie eine Zusatzentschädigung von
100 Mio. Lira für seine Dienstleistungen als Präsident einer weiteren
C.________-Gesellschaft sowie für die Erfüllung seiner Pflichten ausserhalb
Italiens erhalten.
Im Laufe der Jahre wurde B.________s Gehalt von insgesamt 300 Mio. Lira in die
Währung Euro umgewandelt und mehrmals erhöht. Die Auszahlung der Vergütung
erfolgte teilweise durch die D.________ S.r.l. (ab 1. Juli 1995: 60 %) und
teilweise durch die A.________ AG (ab 1. Juli 1995: 40 %).

A.c. Am 11. November 2002 stellte die A.________ AG B.________ ein Schreiben
mit dem Titel "Compensation package" zu. Darin stellte sie B.________ eine
Auszahlung einer Abgangsentschädigung von 24 Monatslöhnen bei Kündigung ohne
Grund in Aussicht ("Should your service agreement be terminated without cause
you will be paid your monthly compensation for the 24 months immediately
following the termination of such agreement"). Die A.________ AG führte zudem
aus, das jährliche Gehalt von B.________ betrage EUR 119'340.-- und werde in
monatlichen Raten von EUR 9'945.-- am Ende des jeweiligen Kalendermonats
ausbezahlt.

A.d. Mit Schreiben vom 30. April 2009 kündigte die A.________ AG B.________
fristlos und führte dabei Folgendes aus: "We refer to your employment agreement
with A.________ AG dated November 11, 2002, as amended by letter of July 22,
2007 ("Employment Agreement"). We herewith terminate the Employment Agreement
with immediate effect."

A.e. In der Folge forderte B.________ von der A.________ AG gestützt auf das
Schreiben vom 11. November 2002, das seiner Ansicht nach eine Schuldanerkennung
darstellt, die Auszahlung einer Abgangsentschädigung im Umfang von 24
Monatslöhnen infolge Kündigung ohne Grund. Die A.________ AG bestreitet einen
solchen Anspruch.

B.

B.a. Am 6. Dezember 2010 erhob B.________ beim Kantonsgericht Zug Klage. Mit
(letztmals an der Hauptverhandlung vom 18. März 2013 geändertem) Rechtsbegehren
beantragte er, die A.________ AG sei zur Zahlung von EUR 301'680.--
(entsprechend Fr. 454'249.--) nebst Zins zu verpflichten.
Mit Urteil vom 16. Dezember 2013 wies das Kantonsgericht Zug die Klage ab. Es
kam zum Schluss, das Schreiben der A.________ AG an B.________ vom 11. November
2002sei eine kausale Schuldanerkennung. Damit sei gleichzeitig davon
auszugehen, dass zwischen den Parteien ein Vertragsverhältnis bestanden habe.
Das Kantonsgericht qualifizierte dieses Vertragsverhältnis als Auftrag. Die
Vereinbarung einer Abgangsentschädigung beschränke das zwingende jederzeitige
Widerrufsrecht nach Art. 404 Abs. 1 OR und sei daher ungültig. Der Kläger habe
somit keinen Anspruch gegen die Beklagte.

B.b. Gegen dieses Urteil erhob B.________ Berufung an das Obergericht des
Kantons Zug und beantragte, das Urteil des Kantonsgerichts Zug sei aufzuheben
und die A.________ AG sei zur Zahlung von EUR 301'680.-- (entsprechend Fr.
454'249.--) nebst Zins zu verpflichten.

Mit Urteil vom 21. Mai 2015 hiess das Obergericht des Kantons Zug die Berufung
teilweise gut, hob das Urteil des Kantonsgerichts Zug vom 16. Dezember 2013 auf
und wies die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. Das
Obergericht bestätigte die Ansicht des Kantonsgerichts, wonach es sich beim
Schreiben der A.________ AG vom 11. November 2002 umeine kausale
Schuldanerkennung handle. Es qualifizierte sodann den zwischen den Parteien
geschlossenen Vertrag als gemischten Vertrag, auf den Art. 404 Abs. 1 OR nicht
anwendbar sei. Vielmehr sei zu prüfen, ob die A.________ AG den Vertrag aus
wichtigen Gründen analog Art. 337 Abs. 1 OR (Arbeitsrecht) fristlos habe
auflösen dürfen; die Sache werde zu diesem Zweck an das Kantonsgericht
zurückgewiesen.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 29. Juni 2015 beantragt die A.________ AG dem
Bundesgericht, es sei der Entscheid des Obergerichts des Kantons Zug aufzuheben
und es sei die Klage abzuweisen. Die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz
habe den Vertrag zu Unrecht als gemischten Vertrag qualifiziert. Richtigerweise
liege ein Auftrag vor, womit Art. 404 Abs. 1 OR anzuwenden und die Klage
mangels Anspruchsgrundlage abzuweisen sei.
Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten ist. Die Vorinstanz beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 141 V 206 E. 1.1 S. 208 mit
Hinweisen).

1.1. Mit dem angefochtenen Urteil vom 21. Mai 2015 wies das Obergericht des
Kantons Zug die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurück. Ein solcher
Rückweisungsentscheid schliesst das Verfahren nicht ab, sondern stellt einen
selbständig eröffneten Zwischenentscheid dar, der weder die Zuständigkeit noch
den Ausstand betrifft (vgl. BGE 135 III 329 E. 1.2 S. 331). Gegen solche
Zwischenentscheide ist nach Art. 93 Abs. 1 BGG die Beschwerde zulässig, wenn
der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a)
oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen
und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Es obliegt der Beschwerdeführerin,
darzutun, dass die Voraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind, soweit deren
Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 138 III 46 E. 1.2 S.
47 mit Verweisen).

1.2. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG und
bringt zutreffend vor, dass mit der Gutheissung der Beschwerde sofort ein
Endentscheid herbeigeführt werden könnte. Wäre nämlich Art. 404 Abs. 1 OR
anwendbar und hätte dies die Ungültigkeit der Vereinbarung zur Folge, auf
welche der Beschwerdegegner seine Forderung stützt, so wäre die Klage
abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin macht zudem geltend, durch Gutheissung der Beschwerde
würde ein erheblicher Zeit- und Kostenaufwand erspart, der mit der Durchführung
eines Beweisverfahrens zur Frage des Vorliegens wichtiger Gründe für eine
fristlose Auflösung des Vertrags verbunden wäre. Sie habe zahlreiche wichtige
Gründe genannt und dabei diverse Beweisanträge gestellt, namentlich die
Befragung dreier Zeugen, die alle im Ausland wohnhaft seien (Indien,
Grossbritannien und Italien). Zwar ist aufgrund der alleinigen Tatsache, dass
im Ausland wohnhafte Zeugen einzuvernehmen sind, noch nicht von einem
erheblichen Zeit- und Kostenaufwand auszugehen. Die Beschwerdeführerin weist
aber nach, dass die Prüfung der zahlreichen geltend gemachten wichtigen Gründe
ein weitläufiges Beweisverfahren erfordern würde. Kommen noch Einvernahmen der
in Indien, Grossbritannien und Italien wohnhaften Zeugen hinzu, ist von einem
bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten auszugehen, die durch einen Endentscheid
erspart werden könnten (vgl. auch Urteil 4A_103/2013 vom 11. September 2013 E.
1.1.3, nicht publ. in: BGE 139 III 411). Damit ist die Voraussetzung von Art.
93 Abs. 1 lit. b BGG erfüllt und die Beschwerde gegen den angefochtenen
Entscheid insoweit zulässig.

1.3. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Beschwerde unter Vorbehalt rechtsgenüglicher Begründung (Art. 42 Abs. 2 und
Art. 106 Abs. 2 BGG) einzutreten.

2.
Da der Beschwerdegegner seinen Wohnsitz in Italien hat, liegt ein
internationaler Sachverhalt vor. Es stellt sich somit die Frage nach dem
anwendbaren Recht, die von Amtes wegen zu prüfen und aufgrund einer
Qualifizierung des Rechtsverhältnisses nach der lex fori zu bestimmen ist (BGE
137 III 481 E. 2.1 S. 483; 136 III 142 E. 3.2 S. 144; 135 III 562 E. 3.2 S.
564, je mit Hinweisen). Das anwendbare Recht ist folglich nach dem IPRG zu
ermitteln (Art. 1 Abs. 1 lit. b IPRG).
Der Beschwerdegegner stützt seinen Anspruch auf einen Vertrag mit der
Beschwerdeführerin, dessen Qualifikation umstritten ist. Dieser Vertrag
untersteht dem von den Parteien gewählten Recht (Art. 116 Abs. 1 IPRG). Nach
den vorinstanzlichen Feststellungen haben die Parteien das Schweizer Recht für
anwendbar erklärt. Die Vorinstanz hat daher richtigerweise Schweizer Recht
angewendet.

3.

3.1. Die Vorinstanz hat das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 11. November
2002, worin sie dem Beschwerdegegner eine Abgangsentschädigung von 24
Monatslöhnen bei Kündigung ohne Grund in Aussicht stellte, als
Schuldanerkennung qualifiziert. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin keine
Rügen vor.
Mit einer Schuldanerkennung erklärt der Anerkennende dem Anerkennungsempfänger,
dass er ihm gegenüber eine Schuld hat. Es handelt sich also um eine
rechtsgeschäftliche Erklärung. Eine Schuldanerkennung bewirkt die Umkehr der
Beweislast. Der Gläubiger muss weder den Rechtsgrund seiner Forderung, noch die
Verwirklichung anderer als der in der Urkunde aufgeführten Bedingungen
beweisen. Es obliegt dem Schuldner, der die Schuld bestreitet zu beweisen,
welches der Rechtsgrund der Forderung ist, und darzulegen, dass dieser
Rechtsgrund nicht gültig ist, zum Beispiel weil der Anerkennung überhaupt kein
Rechtsgrund zugrunde liegt oder dieser nichtig (Art. 19 und Art. 20 OR),
rechtsungültig oder simuliert (Art. 18 Abs. 1 OR) ist (BGE 131 III 268 E. 3.2
S. 273).
Die Beschwerdeführerin macht geltend, der zwischen den Parteien geschlossene
Vertrag sei entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht ein gemischter Vertrag,
sondern ein Auftrag, der nach Art. 404 Abs. 1 OR jederzeit (und
entschädigungslos) habe aufgelöst werden können. Auch wenn ein gemischter
Vertrag vorliegen sollte, sei Art. 404 Abs. 1 OR anwendbar. Da die
Abfindungsvereinbarung das jederzeitige Kündigungsrecht einschränke, sei sie
ungültig. Die Beschwerdeführerin hat somit zu beweisen, dass die tatsächlichen
Voraussetzungen für eine Anwendung von Art. 404 Abs. 1 OR anstatt der
arbeitsrechtlichen Kündigungsbestimmungen vorliegen.

3.2. Die Vorinstanz hat ausgeführt, der Beschwerdegegner und die damalige
Muttergesellschaft der Beschwerdeführerin hätten im Jahr 1992 einen
Arbeitsvertrag geschlossen. Dieser Arbeitsvertrag sei in der Folge auf die
Schwestergesellschaft der Beschwerdeführerin übergegangen. Der Beschwerdegegner
stehe aber auch mit der Beschwerdeführerin selbst in einem Vertragsverhältnis.
Damit dieser Vertrag als Arbeitsvertrag zu qualifizieren sei, müssten vier
Voraussetzungen gegeben sein: Arbeitsleistung, Eingliederung in eine fremde
Arbeitsorganisation (sog. Subordinationsverhältnis), Dauerschuldverhältnis und
Entgeltlichkeit. Die Beschwerdeführerin habe für ihre Schwestergesellschaft in
Italien über ihre beiden Zweigniederlassungen in London und Lyon Marketing- und
Verkaufsdienstleistungen erbracht. Der Beschwerdegegner sei im Bereich
Marketing und Vertrieb tätig gewesen. Diese Tätigkeit des Beschwerdegegners sei
mithin (auch auf Ebene Zweigniederlassungen) für die Beschwerdeführerin
erfolgt. Der Beschwerdegegner sei dabei nicht nur für bestimmte
Geschäftsbesorgungen oder Dienstleistungen bezahlt worden, sondern habe
regelmässig Lohnzahlungen für das Zurverfügungstellen von Arbeitszeit erhalten.
Im Gesamtkontext überzeuge es deshalb nicht, das Vertragsverhältnis zwischen
den Parteien als einfachen Auftrag zu qualifizieren. Umgekehrt setze die
Qualifikation des Vertrags als Arbeitsvertrag ein Subordinationsverhältnis
zwischen den Parteien voraus. Es könne diesbezüglich auf die zutreffenden
Ausführungen des Kantonsgerichts verwiesen werden, wonach zwischen den Parteien
kein Subordinationsverhältnis bestanden habe.
Das Kantonsgericht hatte erwogen, der Beschwerdegegner bringe nicht vor, dass
die Beschwerdeführerin ihm gegenüber in hohem Masse weisungsberechtigt gewesen
sein solle und er sich in deren betriebliche und organisatorische Struktur habe
einfügen müssen. Ferienmeldungen des Beschwerdegegners würden lediglich
betreffend die Schwestergesellschaft der Beschwerdeführerin im Recht liegen.
Alleine die Tatsache, dass der Beschwerdegegner als Manager der gesamten
C.________ an die Weisungen und Entscheidungen des Konzerns bzw. der
beherrschenden Muttergesellschaft gebunden gewesen sei, vermöge ein
Abhängigkeitsverhältnis zur Beschwerdeführerin nicht zu beweisen. Denn aus
einer Weisungsgebundenheit gegenüber dem Konzern bzw. der Muttergesellschaft
könne nicht automatisch auf ein Subordinationsverhältnis zur
Tochtergesellschaft geschlossen werden. Im Gegenteil: Sei ein vermeintlicher
Arbeitnehmer aufgrund seiner Funktion im Konzern seiner angeblichen
Arbeitgeberin - einer Tochtergesellschaft des Konzerns - hierarchisch
übergeordnet, so liege mangels Abhängigkeitsverhältnisses gerade kein
Arbeitsvertrag vor. Diese Konstellation treffe hier zu. Als Präsident der
C.________ sei der Beschwerdegegner gemäss eigenen Angaben für das Marketing
und den Verkauf der gesamten Gruppe verantwortlich gewesen. Als Manager des
gesamten Konzerns sei er an dessen Gesamterfolg beteiligt gewesen. Das
Interesse des Beschwerdegegners habe somit nicht nur einem guten Geschäftsgang
der Beschwerdeführerin gegolten. An der Parteibefragung habe der
Beschwerdegegner selbst ausgeführt, er sei als Präsident der C.________ darum
ersucht worden, einem Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin schriftlich eine
Lohnerhöhung mitzuteilen, welche vorgängig von den Eigentümern der C.________
festgelegt worden sei. Dies zeige, dass der Beschwerdegegner aufgrund seiner
Stellung als Manager der gesamten C.________ hierarchisch über der
Beschwerdeführerin gestanden habe, was ein Abhängigkeitsverhältnis gerade
ausschliesse. Alleine die Tatsache, dass die Beschwerdeführerin zu Gunsten des
Beschwerdegegners eine Lebensversicherung abgeschlossen habe, vermöge keine
Unterordnung zu beweisen. Dasselbe gelte für die Tatsache, dass in einem in
Italien geführten Gerichtsprozess das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien
als "contratto di collaborazione" bezeichnet werde.
Die Vorinstanz kam gestützt auf diese Ausführungen zum Schluss, es liege kein
Arbeitsvertrag vor. Sie ging von einem gemischten Vertrag aus, auf den Art. 404
OR nicht anwendbar sei, weil einerseits ein Dauerschuldverhältnis vorliege und
andererseits kein ausgesprochenes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien
bestanden habe.

3.3. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, dem vorinstanzlichen Urteil
lasse sich kein arbeitsvertragliches Vertragselement entnehmen, das die
Qualifikation als gemischten Vertrag oder Vertrag sui generis stützen würde.
Das Bundesgericht habe im Urteil 4A_452/2013 vom 31. März 2014 E. 7.3
ausgeführt, der betroffene Geschäftsführer sei keinen Weisungen unterstellt
gewesen bzw. habe in keinem Abhängigkeitsverhältnis zur Vertragspartnerin
gestanden, weshalb der Geschäftsführervertrag zu Recht nicht als
Arbeitsvertrag, sondern als Auftrag qualifiziert worden sei. Da auch vorliegend
kein Subordinationsverhältnis bestanden habe, hätte die Vorinstanz den Vertrag
entsprechend dieser Rechtsprechung als Auftrag qualifizieren müssen. Dass der
Beschwerdegegner regelmässig Zahlungen für die Zurverfügungstellung von
Arbeitszeit erhalten habe, sei kein taugliches Abgrenzungskriterium und
schliesse das Vorliegen eines Auftrags nicht aus. Gemischte Verträge und
Verträge sui generis seien gemäss der Lehre (STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH,
Arbeitsvertrag, Praxiskommentar zu Art. 319-362 OR, 7. Aufl. 2012, N. 77
[recte: N. 2 S. 77] zu Art. 319 OR) von Bedeutung, wenn das Rechtsverhältnis
zwischen den Parteien zu einer derart intensiven Abhängigkeit einer Partei
führe, dass diese der Anwendung arbeitsrechtlicher Schutznormen bedürfe. Der
Beschwerdegegner sei aber nicht schutzbedürftig, da er nicht von der
Beschwerdeführerin abhängig gewesen sei. Die Vorinstanz habe zudem verkannt,
dass ein Auftrag als Dauerschuldverhältnis ausgestaltet sein könne. Auch die
Vergütung sei als Abgrenzungskriterium untauglich.

3.4. Durch den Einzelarbeitsvertrag verpflichtet sich der Arbeitnehmer auf
bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Leistung von Arbeit im Dienst des
Arbeitgebers und dieser zur Entrichtung eines Lohnes, der nach Zeitabschnitten
(Zeitlohn) oder nach der geleisteten Arbeit (Akkordlohn) bemessen wird (Art.
319 Abs. 1 OR). Wie die Vorinstanz richtig ausgeführt hat, sind die
charakteristischen Elemente eines Arbeitsvertrags das Erbringen einer
Arbeitsleistung, die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation (sog.
Subordinationsverhältnis), das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses und die
Entgeltlichkeit (vgl. nur Urteil 4A_200/2015 vom 3. September 2015 E. 4.2.1).
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin hat die Vorinstanz drei dieser vier
Voraussetzungen bejaht, nämlich das Erbringen einer Arbeitsleistung im Rahmen
eines Dauerschuldverhältnisses gegen Entgelt. Die Vorinstanz hat einen
Arbeitsvertrag einzig verneint, weil ihrer Ansicht nach zwischen den Parteien
kein Subordinationsverhältnis vorgelegen habe. Dabei ist der Vorinstanz zwar
darin zuzustimmen, dass bei Vorliegen eines Arbeitsvertrags grundsätzlich der
Arbeitgeber selbst Träger des Weisungsrechts wäre (Art. 321d Abs. 1 OR).
Indessen ist zu beachten, dass einzelne Befugnisse aus dem Arbeitsvertrag auch
delegiert werden können (Urteile 4C.95/2004 vom 28. Juni 2004 E. 3.2.2; 4C.158/
2002 vom 20. August 2002 E. 2.4). Der Arbeitgeber kann mithin das Weisungsrecht
ganz oder teilweise an Dritte delegieren, ohne dass dadurch der
weisungsberechtigte Dritte zum Arbeitgeber wird (Urteil 4C.158/2002 vom 20.
August 2002 E. 2.4; vgl. auch THOMAS GEISER/KAI-PETER UHLIG,
Arbeitsverhältnisse im Konzern, ZBJV 139/2003 S. 772 N. 3.17; ROMAN HEIZ, Das
Arbeitsverhältnis im Konzern, Ausgewählte individualrechtliche Aspekte, 2004,
S. 73 und 77; WOLFGANG PORTMANN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, 5.
Aufl. 2011, N. 6 zu Art. 321d OR; MANFRED REHBINDER/JEAN-FRITZ STÖCKLI, Berner
Kommentar, 2010, N. 10 zu Art. 321d OR; ADRIAN STAEHELIN, Zürcher Kommentar, 4.
Aufl. 2006, N. 13 zu Art. 321d OR; STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, a.a.O., N. 8 zu
Art. 321d OR). Ob in einem Konzern die Muttergesellschaft ein Weisungsrecht
gegenüber einem Arbeitnehmer einer Tochtergesellschaft hat, ist anhand der
Ausgestaltung des Arbeitsvertrags im Einzelfall zu bestimmen (vgl. Urteil
4C.158/2002 vom 20. August 2002 E. 3.1.1).
Die Vorinstanz hat auf die Ausführungen des Kantonsgerichts zum
Subordinationsverhältnis verwiesen. Nach den insofern verbindlichen
Feststellungen des Kantonsgerichts empfing der Beschwerdegegner zwar durchaus
Weisungen, allerdings nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von deren
Muttergesellschaft. Wie soeben ausgeführt, ist eine Delegation des
Weisungsrechts von der Arbeitgeberin an die Muttergesellschaft zulässig. Dass
die Weisungsbefugnis der Muttergesellschaft gegenüber dem Beschwerdegegner auf
einer anderen Rechtsgrundlage als auf dessen Vertrag mit der Beschwerdeführerin
beruhen würde, bringt diese nicht vor. Der Beschwerdegegner stand insofern in
einem Subordinationsverhältnis mit der Muttergesellschaft der
Beschwerdeführerin. Dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt lassen sich
keine Tatsachen entnehmen, die trotz dieses Subordinationsverhältnisses zur
Verneinung einer Eingliederung des Beschwerdegegners in die fremde
Arbeitsorganisation führen müssten. Der zwischen den Parteien geschlossene
Vertrag ist nach dem Gesagten als Arbeitsvertrag zu qualifizieren. Etwas
anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil 4A_452/2013 vom 31. März 2014,
auf welches sich die Beschwerdeführerin beruft. Denn der Sachverhalt, der dem
zitierten Urteil zugrunde lag, ist nicht mit dem vorliegenden Sachverhalt
vergleichbar: Anders als hier war der betroffene Geschäftsführer dort nach den
verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen gar keinen Weisungen unterstellt,
mithin auch nicht den Weisungen einer Muttergesellschaft. Die Vorinstanz hat
somit kein Bundesrecht verletzt, indem sie Art. 404 Abs. 1 OR nicht angewendet
und die Abfindungsvereinbarung folglich als gültig erachtet hat.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang
wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs.
1, Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 9'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, I.
Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Dezember 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Die Gerichtsschreiberin: Marti-Schreier

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