Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.343/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_343/2015

Urteil vom 21. Oktober 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Hohl,
Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiber Leemann.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________ GmbH,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Markus Schultz,
Beschwerdeführer,

gegen

C.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Wiget,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Arzthaftpflicht,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, III.
Zivilkammer, vom 26. Mai 2015.

Sachverhalt:

A.
C.________ (Beklagter, Beschwerdegegner) führte in U.________ eine Arztpraxis
für Allgemeine Medizin und war während vieler Jahre Hausarzt von A.________
(Kläger 1, Beschwerdeführer 1), geb. 5. Mai 1946.
Anfang August 2000 leitete Dr. med. D.________, Kantonsspital St. Gallen,
Fachbereich Pneumologie, beim Kläger 1, der unter Herzproblemen
(Vorhofflimmern, Arrhythmien) litt, erstmals eine sogenannte orale
Antikoagulation (OAK; Behandlung zur Herabsetzung der Blutgerinnungsmöglichkeit
zwecks Verhinderung von Thrombosenbildungen in Venen und Arterien) mit dem
Medikament Marcoumar ein. Am 15. August 2000 ordnete Dr. med. E.________,
Kantonsspital St. Gallen, Fachbereich Kardiologie, die Verabreichung des
Medikaments Cordarone unter gleichzeitiger Weiterführung der oralen
Antikoagulation an. Die Behandlung mit diesen zwei Medikamenten wurde in der
Folge beibehalten, bis im Oktober 2000 zunächst Cordarone und wenig später auch
die orale Antikoagulation abgesetzt wurden.
Ab 4. Dezember 2000 gab der Beklagte dem Kläger 1 nach Rücksprache mit dem
Kantonsspital St. Gallen erneut beide Medikamente in Kombination ab. Im Sommer
2001 wurde auf Anordnung von Dr. med. F.________, Kantonsspital St. Gallen,
Fachbereich Kardiologie, die Behandlung mit Marcoumar eingestellt, während die
Cordaronemedikation weitergeführt wurde. Am 20. Dezember 2001 ordnete Dr.
F.________ eine erneute Behandlung des Klägers 1 mit Marcoumar sowie die
vorübergehende Erhöhung der Cordarone-Dosis an. Im Februar 2002 setzte der
Beklagte die Behandlung mit Marcoumar unter Mitteilung an Dr. F.________ ab,
was dieser mit Bericht vom 19. Februar 2002 implizit guthiess. Die Behandlung
mit Cordarone wurde - nachdem Ende April 2002 offenbar noch eine erneute
Antikoagulation mit dem Medikament Fragmin erfolgt war - am 15. Mai 2002
eingestellt. Am 16. Mai 2002 empfahl Dr. med. G.________, Kantonsspital St.
Gallen, Abteilung Kardiologie, erneut eine Antikoagulation mit Marcoumar;
zugleich erfolgte eine Überweisung an PD Dr. med. H.________ (damals
Universitätsspital Zürich, Herzkreislaufzentrum/Kardiologie). Dieser ordnete im
Herbst 2002 die Absetzung des Medikaments Marcoumar an, weil bei "strukturell
gesundem Herz [...] keine Indikation für eine OAK" bestehe.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2003 an den Beklagten schlug Dr. H.________ vor,
beim Kläger 1 eine Lungenvenen-Isolation vorzunehmen; zugleich teilte er dem
Beklagten mit, er habe "zur Stabilisierung der Vorhöfe"erneut eine Behandlung
mit Amiodaron (=Cordarone) "2x400 mg täglich für drei Wochen begonnen", wobei
"ebenfalls [...] im Hinblick auf eine Lungenvenen-Isolation [...] eine
Antikoagulation notwendig" sei, mit der jedoch bis nach Durchführung einer
anstehenden Schulteroperation zuzuwarten sei. Nach der Schulteroperation gab
der Beklagte dem Kläger 1 ab dem 18. Juli 2003 das Medikament Marcoumar gemäss
dem nachstehenden Auszug aus dem "Ausweis über Antikoagulantienbehandlung" 2003
/2004 ab:

Datum Quick-Wert  INR-Wert Tabl.
18.7.                          3
19.7.                          3
20.7.                          2
21.7. 22 %             2.3 ½
22.7.                      ¾
23.7.                      ¾
24.7.                      ½
25.7. 14 %             3.3 ½
26.7.                      ½
27.7.                      ½
28.7.                      ½
29.7.                      ½
30.7. 10 %             4.5     0
31.7.                          0

Daneben nahm der Kläger 1 noch immer das Ende Juni 2003 von Dr. H.________
verordnete Cordarone ein, allerdings offenbar in einer gegenüber dem Bericht
vom 23. Juni 2003 reduzierten Dosis und letztlich (wohl ab 10. Juli 2003) in
einer Erhaltungsdosis von 2x200 mg. Wie im "Ausweis über
Antikoagulantienbehandlung" vermerkt, kontrollierte der Beklagte während der
vorstehenden Behandlung des Klägers 1 mit Marcoumar den Quick-Wert (früher
verwendete Kenngrösse zur Bestimmung der Blutgerinnungszeit zwecks Überwachung
bei OAK) und den INR-Wert ("International Normalized Ratio"; heute verbreitete,
international und zwischen Labors vergleichbare Kenngrösse zur Überwachung bei
OAK) am 21., 25. und 30. Juli 2003. Dabei lag der INR-Zielwert beim Kläger 1 -
in Übereinstimmung mit der Regel - zwischen 2 und 3.
Auf den 1. August 2003 sah der Beklagte die Wiederaufnahme der Behandlung des
Klägers 1 mit Marcoumar (vorerst 1/4 Tablette pro Tag) vor. Dazu kam es jedoch
nicht mehr, da der Kläger 1 an diesem Tag eine "ausgedehnte Marcoumar-bedingte
intracerebrale Blutung rechts fronto-zentral mit erheblicher
Mittellinienverlagerung von rechts nach links und Einbruch von Blut in das
Ventrikelsystem", eine "Hirnstammkompression" und ein "diffuses Hirnödem"
erlitt (Operationsbericht Prof. Dr. med. I.________, Herz- und Neurozentrum
Bodensee, vom 1. August 2003). Seit diesem Vorfall ist der Kläger 1 in seinem
Beruf zu 100 % bleibend arbeitsunfähig.

B.

B.a. Am 11. Mai 2009 leitete der Kläger 1, der gelernter Elektroingenieur ist
und im Zeitpunkt der Hirnblutung seit einem Jahr Geschäftsführer der im
Energiebereich beratend tätigen B.________ GmbH (Klägerin 2, Beschwerdeführerin
2) war, gemeinsam mit Letzterer beim Kreisgericht Rorschach Klage ein und
beantragte, der Beklagte sei zu verpflichten, ihm folgende Zahlungen
auszurichten:
a) Fr. 310'613.20 zuzüglich Schadenszins zu 5 % ab 15. April 2006;
b) Fr. 166'738.40 zuzüglich Schadenszins zu 5 % ab 1. Januar 2009;
c) Fr. 827'520.55 zuzüglich Schadenszins zu 5 % ab 1. Januar 2009;
d) Fr. 40'919.60 zuzüglich Schadenszins zu 5 % ab 15. Dezember 2004;
e) Fr. 28'220.40 zuzüglich Schadenszins zu 5 % ab 1. Januar 2007;
f) Fr. 12'228.85 zuzüglich Schadenszins zu 5 % seit 1. Juli 2008;
g) Fr. 129'870.40 zuzüglich Schadenszins zu 5 % 1. Januar 2009;
h) Fr. 45'385.-- zuzüglich Schadenszins zu 5 % seit 15. April 2006;
i) Fr. 70'958.15 zuzüglich Schadenszins zu 5 % seit 1. Januar 2009;
j) Fr. 6'604.60 zuzüglich Schadenszins zu 5 % seit 15. April 2006;
k) Fr. 17'328.-- zuzüglich Schadenszins zu 5 % seit 1. Januar 2009.

Zudem sei der Beklagte nach Ermessen des Gerichts zu verpflichten, dem Kläger 1
eine angemessene Genugtuung, zuzüglich Zins zu 5 % seit 1. August 2003, zu
bezahlen. Ausserdem sei er zur Zahlung von Fr. 50'335.80, zuzüglich Zins zu 5 %
ab 15. September 2003, an die Klägerin 2 zu verpflichten.
Damit verlangte der Kläger 1 Ersatz des bisherigen und künftigen
Erwerbsausfalls, des bisherigen und künftigen Haushalts- und
Betreuungsschadens, der bisherigen und künftigen Krankheitskosten sowie
vorprozessualer Expertisekosten; die Klägerin 2 verlangte den Ersatz ihrer
Lohnzahlungen an den Kläger 1 während der Karenzfrist bis zur Ausrichtung von
Taggeldleistungen.
Mit Entscheid vom 21. Februar 2012 wies das Kreisgericht Rorschach die Klage
ab. Es stützte sich dabei unter anderem auf ein von Dr. med. J.________ und Dr.
med. K.________ verfasstes FMH-Gutachten vom 16. Januar 2007.

B.b. Die Kläger erhoben gegen den Entscheid des Kreisgerichts Rorschach vom 21.
Februar 2012 Berufung beim Kantonsgericht St. Gallen. Dabei hielten sie
weitgehend an den erstinstanzlichen Anträgen fest; einzig die Forderung des
Klägers 1 auf Ersatz des künftigen Haushaltsschadens wurde infolge veränderter
Wohnsituation reduziert.
Das Kantonsgericht holte zur Frage der Interaktion der Medikamente Marcoumar
und Cordarone unter Berücksichtigung der konkreten Dosierungen und
Abgabezeiträume bei der Behandlung des Klägers 1 im Sommer 2003 sowie zu den
Vorsichtsmassnahmen, die dabei nach den Regeln der ärztlichen Kunst zu treffen
waren, ein Gutachten ein. Dabei wurde auf Vorschlag der Kläger und mit
Zustimmung des Beklagten Prof. Dr. med. L.________ zum Experten bestellt.
Dieser erstattete sein Gutachten am 4. Juli 2014; sein Ergänzungsgutachten
datiert vom 9./13. Februar 2015.
Mit Entscheid vom 26. Mai 2015 wies das Kantonsgericht St. Gallen die Berufung
ab. Es erwog, dem Beklagten sei im Zusammenhang mit der Behandlung des Klägers
1 keine Vertragsverletzung anzulasten. Es kam gestützt auf das im
Berufungsverfahren in Auftrag gegebene Gutachten zum Schluss, dass im Sommer
2003 nicht nur die Abgabe der Medikamente Marcoumar und Cordarone an den Kläger
1 indiziert, sondern auch die vom Beklagten angeordnete Anfangs-/Ladedosis des
Medikaments Marcoumar richtig gewesen sei und er sich in dieser Hinsicht
insbesondere sachgerecht auf die diesbezüglichen Erfahrungswerte gestützt habe.
Auch im Anschluss an die Abgabe der Ladedosis habe der Beklagte den Kläger 1
pflichtgemäss behandelt; insbesondere habe er aus den Erfahrungswerten die
richtigen Schlüsse gezogen, das Medikament Marcoumar korrekt dosiert und auf
die INR-Werte jeweils sachgerecht reagiert. Ob eine hinreichende
Eingriffsaufklärung erfolgte, liess das Kantonsgericht offen, da hinsichtlich
der dem Streit zugrunde liegenden Behandlung vom Sommer 2003 jedenfalls von
einer hypothetischen Einwilligung des Klägers 1 auszugehen sei.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Kläger dem Bundesgericht, es sei
der Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen vom 26. Mai 2015 aufzuheben und es
sei die grundsätzliche Haftung des Beschwerdegegners festzustellen sowie die
Angelegenheit zur Neubeurteilung und Festlegung des geschuldeten
Schadenersatzes und der geschuldeten Genugtuung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Der Beschwerdegegner beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Die Beschwerdeführer haben dem Bundesgericht eine Replik, der Beschwerdegegner
hat ihm eine Duplik eingereicht.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 133 E. 1 S. 133 mit
Hinweisen).

1.1. Angefochten ist ein Endentscheid einer letzten kantonalen Instanz (Art. 75
Abs. 1 und Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführer sind mit ihren Begehren
unterlegen (Art. 76 BGG) und die Beschwerde ist innert der Beschwerdefrist
eingereicht worden (Art. 100 Abs. 1 BGG).

1.2. Die Beschwerdeschrift hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1
BGG). Da die Beschwerde in Zivilsachen ein reformatorisches Rechtsmittel ist
(Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich die beschwerdeführende Partei grundsätzlich
nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu
beantragen, sondern sie muss einen Antrag in der Sache stellen. Anträge auf
Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung oder blosse
Aufhebungsanträge genügen nicht und machen die Beschwerde unzulässig. Ein
blosser Rückweisungsantrag reicht ausnahmsweise aus, wenn das Bundesgericht im
Falle der Gutheissung ohnehin nicht selbst in der Sache entscheiden könnte (BGE
136 V 131 E. 1.2; 134 III 379 E. 1.3 S. 383; 133 III 489 E. 3.1).
Neu und damit unzulässig ist das Rechtsbegehren der Beschwerdeführer, soweit
damit die Feststellung der grundsätzlichen Haftung des Beschwerdegegners
beantragt wird (Art. 99 Abs. 1 BGG). Demgegenüber genügt der
Rückweisungsantrag, zumal das Bundesgericht nicht selbst über die Klage
entscheiden könnte, sollte es die Rechtsauffassung der Beschwerdeführer teilen,
sondern die Sache zur weiteren Abklärung der tatsächlichen Grundlagen der
strittigen Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche an die Vorinstanz
zurückweisen müsste. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt
sind, ist auf die Beschwerde in Zivilsachen unter Vorbehalt einer hinreichenden
Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG) einzutreten.

1.3. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht
(einschliesslich Bundesverfassungsrecht) gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG; BGE
134 III 379 E. 1.2). Nicht zu den in Art. 95 BGG vorgesehenen Rügegründen
gehört hingegen die Verletzung kantonaler Verfahrensvorschriften, deren
Anwendung und Auslegung vom Bundesgericht einzig unter dem Blickwinkel eines
Verstosses gegen Bundesrecht bzw. gegen Bundesverfassungsrecht beurteilt werden
kann (BGE 136 I 241 E. 2.4; 135 III 513 E. 4.3 S. 521; 134 III 379 E. 1.2 S.
382 f.). Auf das erstinstanzliche Verfahren fand noch die nunmehr aufgehobene
Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 1990 (ZPO/SG)
Anwendung, während sich das Berufungsverfahren vor der Vorinstanz nach der
Schweizerischen Zivilprozessordung (ZPO; SR 272) richtete (Art. 405 Abs. 1
ZPO), was die Parteien zu Recht nicht in Frage stellen. Soweit die Verletzung
von Normen des kantonalen Zivilprozessrechts gerügt wird, ist darzutun, dass
dabei gleichzeitig ein Verstoss gegen Bundes- bzw. Bundesverfassungsrecht
vorliegt.

1.4. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus
einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder eine Beschwerde mit
einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen.
Mit Blick auf die Begründungspflicht der beschwerdeführenden Partei (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG) behandelt es aber grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind; es ist
jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 140 III 115 E. 2 S. 116; 137 III 580 E. 1.3;
135 III 397 E. 1.4). Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das
Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde
präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Unerlässlich ist im Hinblick auf Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG, dass
die Beschwerde auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingeht und im
Einzelnen aufzeigt, worin eine Rechtsverletzung liegt. Die beschwerdeführende
Partei soll in der Beschwerdeschrift nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie
im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer
Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz
ansetzen (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S. 116). Die Begründung hat
ferner in der Beschwerdeschrift selbst zu erfolgen und der blosse Verweis auf
Ausführungen in anderen Rechtsschriften oder auf die Akten reicht nicht aus.
Für die Beschwerdeantwort gelten dieselben Begründungsanforderungen (BGE 140
III 115 E. 2 S. 116).

1.5. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die
Feststellungen über den Lebenssachverhalt, der dem Streitgegenstand zugrunde
liegt, als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens,
also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt, namentlich die Anträge der
Parteien, ihre Tatsachenbehauptungen, rechtlichen Erörterungen,
Prozesserklärungen und Beweisvorbringen, der Inhalt einer Zeugenaussage, einer
Expertise oder die Feststellungen anlässlich eines Augenscheins (BGE 140 III 16
E. 1.3.1 mit Hinweisen). Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 140
III 115 E. 2 S. 117, 264 E. 2.3 S. 266; 135 III 397 E. 1.5). Überdies muss die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97
Abs. 1 BGG).
Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will,
muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt
sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 S. 18, 264 E. 2.3 S. 266 mit Hinweisen).
Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit Aktenhinweisen
darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche
Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE
140 III 86 E. 2 S. 90). Auf eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz, die diesen Anforderungen nicht genügt, ist nicht einzutreten (BGE
140 III 16 E. 1.3.1 S. 18).
Zu beachten ist, dass das Bundesgericht in die Beweiswürdigung des Sachgerichts
nur eingreift, wenn diese willkürlich ist. Willkür liegt nicht schon dann vor,
wenn eine andere Lösung ebenfalls in Betracht zu ziehen oder gar vorzuziehen
wäre, sondern nur, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar
ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm
oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 140 III 16 E. 2.1, 167 E.
2.1; 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; je mit Hinweisen). Dass die von Sachgerichten
gezogenen Schlüsse nicht mit der eigenen Darstellung der betreffenden Partei
übereinstimmen, belegt keine Willkür (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266 mit
Hinweisen).

2.

2.1. Die Beschwerdeführer verlangen vor Bundesgericht zunächst, der Sachverhalt
sei in verschiedenen Punkten zu ergänzen. So habe die Vorinstanz zwar
ausgeführt, dass Dr. H.________ mit Schreiben vom 23. Juni 2003 an den
Beschwerdegegner Instruktionen bezüglich der geplanten Lungenvenen-Isolation
gemacht habe, sie lasse aber die Aussage von Dr. H.________ weg, dass "dieses
Prozedere [...] jedoch im Speziellen noch vorbereitet und mit dem Patienten
diskutiert werden" müsse; zuvor sollte noch die Schulteroperation durchgeführt
werden. Eine solche Besprechung habe in der Folge aber nicht stattgefunden. Es
könne daher entgegen der vorinstanzlichen Feststellung nicht davon ausgegangen
werden, dass die geplante Lungenvenen-Isolation absolut indiziert gewesen sei.
Zudem habe eine zeitliche Dringlichkeit weder im Grundsatz noch im Hinblick auf
die vorgesehene Lungenvenen-Isolation bestanden und damit auch keine
Dringlichkeit, mit der grundsätzlich geplanten Antikoagulation sofort nach
Austritt aus dem Kantonsspital (nach der Schulteroperation) zu beginnen.
Ausserdem habe der gerichtliche Gutachter ausgeführt, dass zum relevanten
Zeitpunkt in der Schweiz auch andere Medikamente als Marcoumar regelmässig
verschrieben worden seien, nämlich das Medikament Sintron, bei dem der Vorteil
bestehe, dass es beim Absetzen rasch aus dem Blut verschwinde und dadurch der
"anti-Vitamin K-Effekt" kurzdauernder sei; Marcoumar habe eine viel längere
Halbwertszeit und die Hemmung der Vitamin K-Wirkung sei deshalb nur langsam
reversibel.
Die Beschwerdeführer erheben mit ihren Ausführungen keine hinreichenden
Sachverhaltsrügen. Weder zeigen sie mit Aktenhinweisen auf, dass sie
entsprechende Tatsachenbehauptungen bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform
eingebracht hätten, noch legen sie dar, inwiefern die vorinstanzlichen
Feststellungen offensichtlich unrichtig wären oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruhen würden. Die entsprechenden Vorbringen haben
daher unbeachtet zu bleiben.

2.2. Auch in ihrer weiteren Beschwerdebegründung unterbreiten die
Beschwerdeführer dem Bundesgericht über weite Strecken unter Hinweis auf
zahlreiche Aktenstücke des kantonalen Verfahrens ihre Sicht der Dinge, ohne
jedoch hinreichende Sachverhaltsrügen zu erheben. Sie stützen ihre Vorbringen
zur Frage der Vertragsverletzung in unzulässiger Weise auf
Sachverhaltselemente, die sich nicht aus dem angefochtenen Entscheid ergeben.
So behaupten sie etwa, bei einem Blutverdünnungswert INR über 2 nehme das
Risiko einer Blutung rasch zu, bei INR-Werten über 4.5 steige das Risiko einer
intrakraniellen Blutung exponentiell an. Das Risiko einer Blutung sei bei einem
Blutverdünnungswert INR 3-4.4 rund 20 Mal grösser als bei einem
Blutverdünnungswert INR 2-2.9; rund 80 % aller grossen Blutungen ereigneten
sich bei einem INR-Wert von mehr als 4.5. Zudem berufen sie sich darauf, dass
die Interaktion zwischen den beiden Medikamenten Cordarone und Marcoumar schon
Anfang der 80er-Jahre "erkannt und wissenschaftlich belegt und aufgearbeitet"
worden sei; dass die Medikamente miteinander interagierten und die
Blutverdünnung beeinflussten, sei somit im massgebenden Zeitpunkt im Jahre 2003
allgemein bekannt gewesen und stelle kein Spezialwissen dar. Im Weiteren
bringen die Beschwerdeführer vor, der Blutverdünnungswert sei beim
Beschwerdeführer 1 schon im Juni 2002 bei Abgabe beider Medikamente "ungewollt
auf den gefährlichen Wert von INR 5.2" gestiegen.
Damit verkennen die Beschwerdeführer, dass das Bundesgericht keine
Appellationsinstanz ist, die im Beschwerdeverfahren auch sämtliche Tatfragen
frei prüfen könnte. Soweit sie ihre rechtlichen Rügen auf einen Sachverhalt
stützen, der von den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz abweicht, sind
sie nicht zu hören. Da die Beschwerdeschrift in unzulässiger Weise tatsächliche
und rechtliche Vorbringen vermengt, ist kaum mehr erkennbar, welche
Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt
sein sollen, wenn die verbindlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid
zugrunde gelegt werden (Art. 105 Abs. 1 BGG).

2.3. Darüber hinaus gehen die Beschwerdeführer kaum auf die konkreten
Erwägungen der Vorinstanz ein, weshalb sich aus der Beschwerdeschrift auch aus
diesem Grund über weite Strecken nicht ergibt, inwiefern die Vorinstanz mit
ihrem Entscheid Bundesrecht verletzt haben soll. Entgegen der Ansicht der
Beschwerdeführer hat die Vorinstanz die Frage nach dem objektiven
Sorgfaltsmassstab des Arztes nicht mit der Haftungsvoraussetzung des
Verschuldens vermischt. Aus den Erwägungen des angefochtenen Entscheids ergibt
sich vielmehr, dass die Vorinstanz eine allfällige Verletzung der  objektiv
 gebotenen Sorgfalt geprüft und eine solche in Würdigung der vorliegenden
Gutachten mit ausführlicher Begründung verneint hat. Sie hat dabei ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass die nach Art. 398 OR gebotene Sorgfalt objektiv zu
verstehen und vom Verschulden zu trennen sei.
Der in der Beschwerde erhobene Vorwurf, die Vorinstanz habe nicht konkret
ausgeführt, ob sie die objektive Sorgfaltspflicht als eingehalten erachte oder
das Verschulden des Beschwerdegegners verneine, ist unbegründet. Entsprechend
gehen auch die Ausführungen der Beschwerdeführer zum Verschulden und die damit
verbundenen Rügen einer Verletzung von Art. 8 ZGB und Art. 97 ff. OR ins Leere.

3.
Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz vor, sie habe zu Unrecht unter
Annahme einer hypothetischen Einwilligung des Beschwerdeführers 1
offengelassen, ob eine genügende Eingriffsaufklärung stattgefunden habe.

3.1. Die Vorinstanz liess offen, ob die Aufklärung durch den Beschwerdegegner,
der den Beschwerdeführer 1 nicht eigens über die Interaktion der beiden
Medikamente Cordarone und Marcoumar und die sich daraus ergebende Erhöhung des
Blutungsrisikos informierte, ausreichend war. Angesichts der im Gutachten von
Prof. L.________ beschriebenen Risikolage sei davon auszugehen, dass der
Beschwerdeführer 1 zu Beginn der Behandlung vom Sommer 2003 nicht nur das (ihm
bekannte) generell erhöhte Blutungsrisiko bei der Einnahme von Marcoumar in
Kauf genommen habe, sondern auch die durch die Kombinationstherapie mit
Marcoumar und Cordarone bedingte Erhöhung dieses Risikos, hätte er sie gekannt,
hingenommen hätte, da ja auf der anderen Seite eine nicht unerhebliche
Emboliegefahr bestanden habe und zudem die kombinierte Therapie mit Cordarone
und Marcoumar Voraussetzung für die Lungenvenen-Isolation gewesen sei, die man
ihrerseits ins Auge gefasst habe, weil andere Methoden zur Behandlung der
Herzprobleme des Beschwerdeführers 1 (Vorhofflimmern, Arrhythmien) versagt
hätten. Hinsichtlich der dem Streit zugrunde liegenden Behandlung vom Sommer
2003 sei daher in Übereinstimmung mit dem Beschwerdegegner jedenfalls von einer
hypothetischen Einwilligung des Beschwerdeführers 1 auszugehen.

3.2. Die Beschwerdeführer bringen vor, beim Einwand der hypothetischen
Einwilligung des Patienten handle es sich um ein Verteidigungsmittel des vom
Patienten wegen Aufklärungsversäumnissen belangten Arztes, weshalb die
entsprechende Behauptung vom Arzt prozesskonform in das Verfahren einzubringen
sei. Der Beschwerdegegner habe aber weder im erst- noch im zweitinstanzlichen
Verfahren je behauptet, dass bezüglich der nicht vorgenommenen Aufklärung eine
hypothetische Einwilligung seines Patienten vorliege. Die Vorinstanz berufe
sich denn auch lediglich auf Plädoyernotizen aus dem erstinstanzlichen
Verfahren, auf das noch die kantonale Zivilprozessordnung anwendbar gewesen
sei, nach der neue Tatsachen und Beweismittel nicht mehr zulässig gewesen
seien, ausser die besonderen Voraussetzungen von Art. 164 ZPO/SG seien erfüllt.
Die Plädoyernotizen stellten weder Rechtsschriften noch ein Protokoll im Sinne
der damaligen Verfahrensordnung dar. Die erstmals in der mündlichen Verhandlung
vor der Erstinstanz vorgebrachte Tatsachenbehauptung der hypothetischen
Einwilligung des Patienten sei nicht rechtskonform in den Prozess eingebracht
worden.
Indem sich die Vorinstanz auf die verspätet vorgebrachte Tatsachenbehauptung
der hypothetischen Einwilligung berufe, verletze sie die damals im Kanton St.
Gallen herrschende wie auch die heute geltende Dispositions- bzw.
Verhandlungsmaxime. Aufgrund der Verletzung von Art. 56 ZPO/SG einerseits und
Art. 317 ZPO andererseits habe der Einwand der hypothetischen Einwilligung als
nicht erhoben zu gelten und die Vorinstanz sei nicht berechtigt gewesen, diesen
Einwand zu prüfen.

3.3. Die Beschwerdeführer zeigen mit ihren Vorbringen nicht auf, inwiefern der
Vorinstanz eine verfassungswidrige Anwendung der kantonalen
Verfahrensbestimmungen von Art. 56 oder Art. 164 ZPO/SG vorzuwerfen wäre. Sie
schliessen ihre Ausführungen zwar mit der Bemerkung, die Vorinstanz habe
willkürlich gehandelt, ohne diesen Vorwurf jedoch hinreichend zu begründen
(vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG). Entsprechend ist das Vorgehen der Vorinstanz, die
von einem nach kantonalem Verfahrensrecht rechtzeitig erhobenen Einwand
ausging, nicht zu beanstanden.
Zudem trifft die Behauptung der Beschwerdeführer, der Beschwerdegegner habe
sich im vorinstanzlichen Verfahren zu keinem Zeitpunkt auf eine hypothetische
Einwilligung des Patienten berufen, offensichtlich nicht zu. Wie in der
Beschwerdeantwort zutreffend aufgezeigt, berief sich der Beschwerdegegner in
seiner Berufungsantwort vom 16. August 2012 ausdrücklich auf den Einwand der
hypothetischen Einwilligung ( "[...] dass keine alternativen Therapieoptionen
bestanden [...], weshalb von einer zumindest hypothetischen Einwilligung in die
Medikation auszugehen ist." ). Entsprechend ist die Rüge unbegründet, der
Einwand sei nicht prozesskonform in das Berufungsverfahren eingebracht worden
und habe als neue Tatsachenbehauptung nach Art. 317 Abs. 1 ZPO nicht mehr
berücksichtigt werden dürfen.
Der Vorinstanz ist daher keine Bundesrechtsverletzung vorzuwerfen, indem sie
den Einwand der hypothetischen Einwilligung im Rahmen des Berufungsverfahrens
geprüft hat. Dass sie den erhobenen Einwand in Verletzung bundesrechtlicher
Grundsätze als berechtigt erachtet hätte (zur hypothetischen Einwilligung BGE
133 III 121 E. 4; Urteil 4A_137/2015 vom 19. August 2015 E. 8.1 mit Hinweisen),
bringen die Beschwerdeführer nicht vor.

4.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend werden die
Beschwerdeführer unter solidarischer Haftbarkeit kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und 5 und Art. 68 Abs. 2 und 4 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 10'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren unter solidarischer Haftbarkeit mit Fr. 12'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, III.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Oktober 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Leemann

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