Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.325/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_325/2015

Urteil vom 9. Februar 2016

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett, Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Brugger.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Massimo Aliotta,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________ AG,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unentgeltliche Rechtspflege,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 21. Mai 2015.

Sachverhalt:

A.
Am 25. August 2014 reichte A.________ (Kläger, Beschwerdeführer) beim
Bezirksgericht Dietikon eine Forderungsklage aus einem Personenschaden im
Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall gegen die B.________ AG (Beklagte,
Beschwerdegegnerin) ein. Gleichzeitig ersuchte er um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege und um Bestellung von Rechtsanwalt Massimo Aliotta
als unentgeltlichen Rechtsbeistand. Mit Beschluss vom 25. September 2014
bewilligte das Bezirksgericht beides unter der Voraussetzung, dass der Kläger
innert 20 Tagen eine Abtretungserklärung unterzeichne, mit der er einen
allfälligen Prozessgewinn - ausgenommen Genugtuungsansprüche - im vorliegenden
Forderungsprozess gegen die Beklagte bis zur Höhe der auf ihn entfallenden
Gerichtskosten und der Kosten der anwaltlichen Vertretung der Kasse des
Bezirksgerichts abtrete. Bei Nichtunterzeichnung bzw. Nichteinhaltung der Frist
werde die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung verweigert.

B.
Eine gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde des Klägers wies das
Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 21. Mai 2015 ab und setzte ihm
eine Frist von 10 Tagen ab Zustellung des Entscheids an, um dem Bezirksgericht
die Abtretungserklärung einzureichen. Für das Beschwerdeverfahren sprach es dem
Rechtsvertreter des Klägers eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 800.-- zu
(Ziffer 4). Mit Beschluss gleichen Datums hiess das Obergericht das Gesuch des
Klägers um Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands für das
Beschwerdeverfahren gut und schrieb dessen Gesuch um Befreiung von den
zweitinstanzlichen Gerichtskosten, mangels Erhebung solcher Kosten, ab.

C.
Gegen das Urteil des Obergerichts erhob der Kläger Beschwerde in Zivilsachen
und subsidiäre Verfassungsbeschwerde und stellte die folgenden Anträge:

"1. Es sei das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 21. Mai 2015
aufzuheben.
2. Es sei der vor dem Obergericht des Kantons Zürich angefochtene Beschluss des
Bezirksgerichtes Dietikon vom 25. September 2014 ebenfalls aufzuheben.
3. Es sei das Bezirksgericht Dietikon zu verpflichten, dem Kläger und
Beschwerdeführer für das zivilrechtliche Verfahren vor dem Bezirksgericht
Dietikon die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren und in der Person von RA
lic.iur. Massimo Aliotta ein unentgeltlicher Rechtsvertreter zu bestellen, ohne
Auferlegung der Bedingung der Unterzeichnung einer Abtretungserklärung.
4. Es sei dem Kläger und Beschwerdeführer auch für das vorliegende
Beschwerdeverfahren in Zivilsachen sowie Verfahren betreffend subsidiäre
Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesgericht die unentgeltliche Prozessführung
zu gewähren und in der Person von RA lic.iur. Massimo Aliotta ein
unentgeltlicher Rechtsvertreter zu bestellen.
5. Es sei die Sache lediglich betreffend Ziffer 4 des Dispositivs des Urteils
des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 21. Mai 2015 an die Vorinstanz
zurückzuweisen, damit diese dem Rechtsvertreter des Klägers und
Beschwerdeführers eine separate Frist ansetzt zwecks Einreichung der
Kostennota.
Die Vorinstanz ist zu verpflichten, die entsprechenden anwaltlichen
Aufwendungen des unentgeltlichen Rechtsvertreters gestützt auf die
einzureichende Kostennota zu bezahlen.
6. [...]."
Mit Präsidialverfügung vom 21. Juli 2015 wurde der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung erteilt.
Die Beschwerdegegnerin und die Vorinstanz verzichteten auf eine Vernehmlassung
zur Beschwerde.

D.
Am 9. Februar 2016 führte das Bundesgericht eine öffentliche Urteilsberatung
durch.

Erwägungen:

1.

1.1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 140 IV 57 E. 2; 139 III 133
E. 1; je mit Hinweisen).

1.2. Soweit sich die Beschwerde gegen den Beschluss des Bezirksgerichts
richtet, kann darauf nicht eingetreten werden, denn die Beschwerde in
Zivilsachen und die subsidiäre Verfassungsbeschwerde sind nur gegen Entscheide
letzter kantonaler Instanzen zulässig (Art. 75 Abs. 1 und Abs. 2 sowie Art. 114
BGG).

1.3. Beim Urteil des Obergerichts vom 21. Mai 2015 handelt es sich um einen
Zwischenentscheid. Gegen selbstständig eröffnete Zwischenentscheide, die weder
die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen, ist die Beschwerde nur zulässig,
wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93
Abs. 1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen
Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder
Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit.
b BGG).
Der Beschwerdeführer beruft sich auf einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, da die Kasse des Bezirksgerichts nach
Rechtskraft eines entsprechenden Forderungstitels des Beschwerdeführers
gegenüber der Beschwerdegegnerin über eine rechtsgültig unterzeichnete
Abtretungserklärung verfügen würde, ohne dass die finanzielle Situation des
Beschwerdeführers im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des
letztinstanzlichen Gerichtsurteils erneut überprüft werden würde.

1.4. Dem Beschwerdeführer wurde die unentgeltliche Rechtspflege für den
Forderungsprozess gegen die Beschwerdegegnerin vollumfänglich gewährt. Die
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wurde aber davon abhängig gemacht,
dass der Beschwerdeführer vorweg die besagte Abtretungserklärung unterzeichne.
Damit wurde ihm die unentgeltliche Rechtspflege zwar bewilligt, jedoch nicht
bedingungslos. Darin kann ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG erblickt werden.

1.5. Bei Zwischenentscheiden folgt der Rechtsweg jenem der Hauptsache (BGE 137
III 380 E. 1.1 S. 382; 133 III 645 E. 2.2 S. 647 f.). In der Hauptsache geht es
um einen Forderungsprozess, der den für die Beschwerde in Zivilsachen
erforderlichen Streitwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG)
übersteigt. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist
unter Vorbehalt rechtsgenüglich begründeter Rügen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106
Abs. 2 BGG) auf die Beschwerde einzutreten. Damit fällt die ebenfalls erhobene
subsidiäre Verfassungsbeschwerde ausser Betracht (Art. 113 BGG). Auf diese ist
nicht einzutreten.

2.
Im Streit liegt die Rechtsfrage, ob die Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege davon abhängig gemacht werden darf, dass der Beschwerdeführer
einen allfälligen Prozessgewinn im Forderungsprozess gegen die
Beschwerdegegnerin bis zur Höhe der auf ihn entfallenden Gerichtskosten und der
Kosten seiner anwaltlichen Vertretung an die Gerichtskasse des Bezirksgerichts
abtritt.

2.1. Vor Inkrafttreten der Schweizerischen Zivilprozessordnung (SR 272;
nachfolgend ZPO) bestand zumindest in den Kantonen Zürich und St. Gallen eine
gefestigte Praxis, wonach die Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege
davon abhängig gemacht werden konnte, dass die gesuchstellende Partei die
strittigen Ansprüche bis zu einem bestimmten Höchstbetrag dem Staat abtrat
(vgl. Urteil der Präsidentin der III. Zivilkammer des Kantonsgerichts St.
Gallen vom 22. Mai 1998, in: SGGVP 1998 Nr. 66 E. 3; Urteile des Obergerichts
des Kantons Zürich vom 6. April 1987, in: ZR 86 [1987], Nr. 94 E. 1, vom 25.
Februar 1956, in: ZR 55 [1956] Nr. 106 S. 220 und vom 19. Oktober 1950, in: ZR
53 [1954] Nr. 45 S. 117 f.). Dabei wurde teilweise ausdrücklich festgehalten,
dass die genannte Abtretung dem Staat nur in den Schranken des gesetzlichen
Rückforderungsanspruchs zustehe, d.h. nur rechtswirksam werde, wenn das
Rückforderungsrecht entstehe und die Rückforderung vom zuständigen Gericht
angeordnet werde (Urteil der Präsidentin der III. Zivilkammer des
Kantonsgerichts St. Gallen, a.a.O., E. 3b S. 171 f.; Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich vom 6. April 1987, a.a.O., E. 1; vgl. Alfred Bühler, Die
Prozessarmut, in: Gerichtskosten, Parteikosten, Prozesskaution, unentgeltliche
Prozessführung, 2001, S. 183 f.; Christoph Leuenberger/Beatrice Uffer-Tobler,
Kommentar zur Zivilprozessordnung des Kantons St. Gallen, 1999, N. 7 zu Art.
281 ZPO/SG).

2.2. Die Vorinstanz erwog, dass es auch unter der Geltung der ZPO zulässig sei,
die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege von der Abtretung eines
allfälligen Prozessgewinns abhängig zu machen. Die Auflage, einen allfälligen
Prozessgewinn abzutreten, stehe im Einklang mit dem öffentlichen Interesse des
haushälterischen Umgangs mit den Staatsfinanzen. Sie stelle für den
Beschwerdeführer keinen ungerechtfertigten Eingriff dar, denn die
Prozesspartei, der die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt werde, fahre damit
nicht schlechter als diejenige Partei, die den Prozess selber finanziere, da
ihr der Nettoprozessgewinn verbleibe, der sich aus der zugesprochenen Forderung
abzüglich der von der Partei zu tragenden Prozesskosten ergebe. Für diese
Abtretung spreche auch, dass dem Gesuchsteller, der die unentgeltliche
Rechtspflege anbegehre, im Allgemeinen zugemutet werde, sämtliche Möglichkeiten
zur Liquiditätsbeschaffung auszuschöpfen, bevor ihm die unentgeltliche
Rechtspflege gewährt werde. Es sei ihm daher auch zumutbar, die genannte
Abtretung vorzunehmen.

2.3. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 117 ff. ZPO, Art. 26
BV, Art. 29 BV und von Art. 6 EMRK. Er bringt vor, die Abtretung des
Prozessgewinns sei seit Inkrafttreten der ZPO bundesrechtswidrig, weil die
unentgeltliche Rechtspflege nicht mehr ein kantonales Institut der
Justizverwaltung sei und sich deren Umfang und Entzug ausschliesslich nach der
ZPO richte. Die Art. 117 - 123 ZPO sähen keine solche Abtretung vor. Die
Nachzahlungspflicht sei bundesrechtlich vielmehr abschliessend in Art. 123 ZPO
geregelt. Danach entstehe die Nachzahlungspflicht erst, sobald die
unentgeltlich prozessierende Partei dazu in der Lage sei, was vor der Anordnung
der Nachzahlung zu prüfen sei. Er und seine Familie lebe seit neun Jahren vom
Sozialamt der Stadt Winterthur. Gestützt auf § 19 des Sozialhilfegesetzes des
Kantons Zürich vom 14. Juni 1981 (LS 851.1) sei die Leistung wirtschaftlicher
Hilfe von der Abtretung künftiger Ansprüche gegen Dritte an die Fürsorgebehörde
abhängig gemacht worden. Sollte er im Forderungsprozess gegen die
Beschwerdegegnerin obsiegen, würden die Ansprüche der Stadt Winterthur und der
Gerichtskasse konkurrenzieren. Die Vorinstanz beschränke sich daher lediglich
auf das öffentliche Interesse der Gerichtskasse des Bezirksgerichts Dietikon,
nicht jedoch auf dasjenige der Stadt Winterthur.

3.

3.1. Mit Inkrafttreten der ZPO werden die Voraussetzungen und Wirkungen der
unentgeltlichen Rechtspflege vor kantonalen Instanzen in Zivilrechtsprozessen
(Art. 1 ZPO) abschliessend durch Art. 117 - 123 ZPO geregelt (Alfred Bühler,
in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 5 zu Vorb.
zu Art. 117 - 123 ZPO [nachfolgend Bühler, Berner Kommentar]; Frank Emmel, in:
Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/
Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 117 ZPO; Denis
Tappy, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.],
2011, N. 4 f. zu Art. 117 CPC). Die Verpflichtung zur Unterzeichnung einer
entsprechenden Abtretungserklärung ist daher nur statthaft, soweit die ZPO dies
zulässt. Die ZPO enthält keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für ein
solches Abtretungserfordernis. Daraus folgt aber nicht zwingend dessen
Unzulässigkeit. Vielmehr ist zu prüfen, ob sich die Zulässigkeit des
Abtretungserfordernisses implizit aus den Bestimmungen über die unentgeltliche
Rechtspflege ableiten lässt, namentlich aus deren Sinn und Zweck.

3.2. In der Lehre bestehen unterschiedliche Meinungen. Ein Teil der Autoren
hält die Verpflichtung zur Abtretung des Prozessgewinns seit Inkrafttreten der
ZPO für bundesrechtswidrig (Bühler, Berner Kommentar, a.a.O., N. 135 zu Art.
118 ZPO; Viktor Rüegg, in: Basler Kommentar, Schweizerische
Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 3 zu Art. 118 ZPO; wohl auch Lukas
Huber, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, Brunner/Gasser/
Schwander [Hrsg.], Online Ausgabe [Stand: 16. April 2012], N. 22 zu Art. 118
ZPO). Begründet wird diese Auffassung damit, dass die unentgeltliche
Rechtspflege zu einem Institut des Bundeszivilprozessrechts geworden sei, für
deren Voraussetzungen und Einschränkungsmöglichkeiten nunmehr ausschliesslich
Bundesrecht gelte. Das Bundesrecht sehe weder eine Legalzession für die
streitige oder andere Forderungen der unentgeltlich prozessführenden Partei
vor, noch sei die Sicherstellung der Nachzahlungsforderung vor ihrer Fälligkeit
durch ein anderes als das Sicherungsmittel des Arrests vorgesehen. Es fehle
damit an einer gesetzlichen Grundlage für ein solches Abtretungserfordernis
(Bühler, Berner Kommentar, a.a.O., N. 135 zu Art. 118 ZPO; Rüegg, a.a.O., N. 3
zu Art. 118 ZPO).
Ein anderer Teil der Lehre ist demgegenüber der Auffassung, dass es auch unter
der Geltung der ZPO möglich sei, die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
von der Abtretung des Prozessgewinns abhängig zu machen (Emmel, a.a.O., N. 4 zu
Art. 123 ZPO; Ingrid Jent-Sørensen, in: Kurzkommentar zur ZPO, Oberhammer/Domej
/Haas [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 123 ZPO; Adrian Staehelin/Daniel
Staehelin/Pascal Grolimund, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 16 N. 74;
Daniel Wuffli, Die unentgeltliche Rechtspflege in der Schweizerischen
Zivilprozessordnung, Diss. 2015, Rz. 138; Rz. 594 f., Rz. 600 ff. und Rz. 961).
Einschränkend wird von diesen Autoren aber gefordert, dass die Abtretung nur
zulässig sei, sofern sie unter die Suspensivbedingung gestellt werde, dass eine
Pflicht zur Nachzahlung entstehe (Emmel, a.a.O., N. 4 zu Art. 123 ZPO;
Staehelin/Staehelin/Grolimund, a.a.O., § 16 N. 74; wohl auch Wuffli, a.a.O, Rz.
961) bzw. die Voraussetzungen der Nachzahlungspflicht nicht unterlaufen würden
(Jent-Sørensen, a.a.O., N. 5 zu Art. 123 ZPO).

3.3. Die Zulässigkeit der Abtretung lässt sich nicht aus Art. 118 Abs. 2 ZPO
ableiten (a.A. Jent-Sørensen, a.a.O., N. 5 zu Art. 123 ZPO; Wuffli, a.a.O, Rz.
604 f.). Mit Art. 118 Abs. 2 ZPO wird der Unteilbarkeit der unentgeltlichen
Rechtspflege eine Absage erteilt und gesetzlich geregelt, dass die
unentgeltliche Rechtspflege nicht nur vollständig gewährt oder abgewiesen,
sondern auch teilweise gewährt werden kann. In diesem Sinn hat sich das
Bundesgericht kürzlich dazu geäussert, wie bei teilweiser Bedürftigkeit (vgl.
BGE 141 III 369 E. 4.2 ff. mit Hinweisen) bzw. teilweiser Aussichtslosigkeit
(vgl. Urteil 4D_62/2015 vom 9. März 2016 E. 5 mit Hinweisen, zur Publ.
vorgesehen) zu verfahren ist.
Dem Beschwerdeführer wurden für den Forderungsprozess gegen die
Beschwerdegegnerin die einzelnen Teilansprüche der unentgeltlichen Rechtspflege
nach Art. 118 Abs. 1 lit. a - c ZPO vollständig gewährt. Dieser Umfang der
Ansprüche der unentgeltlichen Rechtspflege ändert sich mit dem
Abtretungserfordernis nicht. Entsprechend kann die Verpflichtung zur
Unterzeichnung der Abtretungserklärung nicht als Teilgewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege im Sinne von Art. 118 Abs. 2 ZPO aufgefasst
werden.

4.

4.1. Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen
Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr
Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit zur Wahrung ihrer Rechte
notwendig, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Mit
Art. 117 ff. ZPO wird der als verfassungsrechtliche Minimalgarantie in Art. 29
Abs. 3 BV verankerte Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung auf Gesetzesstufe geregelt (BGE 138 III 217 E. 2.2.3). Die
Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 117 f. ZPO stimmen
dabei mit denjenigen der Minimalgarantie von Art. 29 Abs. 3 BV überein, deren
Einhaltung das Bundesgericht in rechtlicher Hinsicht mit freier Kognition prüft
(Urteil 4D_62/2015 vom 9. März 2016 E. 3 mit Hinweisen, zur Publ. vorgesehen).
Die unentgeltliche Rechtspflege nach Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 117 ff. ZPO
dient dem Zugang zum Gericht. Mit dem Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege
soll eine nicht über genügend finanzielle Mittel verfügende Partei in den Stand
versetzt werden, zur Durchsetzung ihrer Rechte einen Prozess zu führen. Es soll
ihr, gleich wie einer vermögenden Partei, der Zugang zum Gericht ungeachtet
ihrer Bedürftigkeit gewährleistet sein (BGE 140 III 12 E. 3.3.1; 139 I 138 E.
4.2; 135 I 91 E. 2.4.2.3; je mit Hinweisen).
Die unentgeltliche Rechtspflege garantiert der bedürftigen Person aber keine
definitive Übernahme der Kosten des Prozesses durch den Staat (BGE 135 I 91 E.
2.4.2.2 ff.; 122 I 322 E. 2c S. 324; 122 I 5 E. 4a S. 6; je mit Hinweisen).
Vielmehr hat die bedürftige Person die Prozesskosten selbst zu tragen, soweit
es ihre wirtschaftliche Situation zulässt. So kann der Partei, der die
unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde, diese wieder entzogen werden, wenn
sie während des Verfahrens zu den erforderlichen finanziellen Mitteln kommt
(Art. 120 ZPO; vgl. BGE 141 I 241 E. 3). Sodann ist die Partei, der die
unentgeltliche Rechtspflege gewährleistet wurde, nach Erledigung des Verfahrens
gemäss Art. 123 Abs. 1 ZPO zur Nachzahlung der Prozesskosten verpflichtet,
"sobald sie dazu in der Lage ist". Die Kosten des Verfahrens können demnach vom
Staat zurückverlangt werden, wenn die finanzielle Leistungsfähigkeit des
Begünstigten erst nach Erledigung des Prozesses eintritt (BGE 122 I 322 E. 2c
S. 324; 122 I 5 E. 4a S. 6). Es bleibt aber garantiert, dass die bedürftige
Partei nicht zur Nachzahlung der staatlich bevorschussten Prozesskosten
herangezogen wird, solange sie dazu wirtschaftlich nicht in der Lage ist (vgl.
Art. 123 Abs. 1 ZPO; BGE 135 I 91 E. 2.4.2.3; 122 I 322 E. 2c S. 324; 122 I 5
E. 4a S. 6).
Aus dem Zweck, dass der Staat bei der unentgeltlichen Rechtspflege die
Prozesskosten lediglich bevorschusst und die bedürftige Person diese Kosten im
Rahmen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit selbst zu tragen hat, ergibt
sich die Zulässigkeit der Abtretung. Sie erleichtert die Durchsetzung des
staatlichen Nachzahlungsanspruchs, indem schon bei Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege geregelt wird, dass der Staat für seine mögliche
Nachzahlungsforderung nach Art. 123 Abs. 1 ZPO statt auf die bedürftige Partei
direkt auf deren Prozessgegner, in casu eine Versicherungsgesellschaft, greifen
kann.

4.2. Soweit der Beschwerdeführer meint, mit der vorliegenden Abtretung werde
Art. 123 Abs. 1 ZPO umgangen, sind seine Bedenken unbegründet. Die Abtretung
bezweckt nicht, dass der Staat die Nachzahlung fordern könnte, obschon der
Beschwerdeführer zur Nachzahlung wirtschaftlich nicht in der Lage wäre.
Vielmehr soll die Abtretung die Nachforderung der staatlich bevorschussten
Prozesskosten erleichtern, wenn die Voraussetzungen nach Art. 123 Abs. 1 ZPO
gegeben sind und die bedürftige Partei zur Nachzahlung der bevorschussten
Prozesskosten rechtskräftig verpflichtet wurde. Die Abtretung steht damit in
den Schranken von Art. 123 Abs. 1 ZPO. Dass dies in der Abtretungserklärung
nicht ausdrücklich vorbehalten wird, schadet nicht, ergibt sich dies doch aus
dem gesetzlichen Rahmen, in dem die Abtretung erfolgt.

4.3. Die unentgeltliche Rechtspflege wurde dem Beschwerdeführer vollständig
gewährt. Er ist somit trotz seiner finanziellen Bedürftigkeit im Stande, zur
Durchsetzung seiner Rechte den Prozess gegen die Beschwerdegegnerin zu führen.
Sein Zugang zum Gericht wird durch die Unterzeichnung der Abtretungserklärung
nicht beeinträchtigt. Ungeachtet der Abtretung kann die Nachforderung der vom
Staat bevorschussten Prozesskosten sodann nur unter den Voraussetzungen von
Art. 123 Abs. 1 ZPO gefordert werden. Vor diesem Hintergrund verletzt das
Abtretungserfordernis die Rechte des Beschwerdeführers nicht.

4.4. Es ist nach dem Gesagten auch unter der Geltung der ZPO zulässig, die
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege von der Abtretung eines allfälligen
Prozessgewinns bis zur Höhe der auf den Gesuchsteller entfallenden
Gerichtskosten und der Kosten der anwaltlichen Vertretung abhängig zu machen.

5.

5.1. Der Beschwerdeführer moniert sodann, die Abtretung würde gegen Art. 26 BV,
Art. 29 Abs. 1 und Abs. 3 BV sowie Art. 6 Abs. 1 EMRK verstossen. Dabei
behauptet er nicht, zumindest nicht hinreichend, die genannten
Verfassungsbestimmungen würden ihm einen weitergehenden Schutz als die von ihm
angerufenen Normen der ZPO bieten, sodass die Frage unter diesem Gesichtspunkt
nicht weiter erörtert werden braucht.

5.2. Weiter rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 52 ZPO, weil ihm
die Vorinstanz für die Unterzeichnung der genannten Abtretungserklärung eine
Frist von 10 Tagen angesetzt habe, obschon eine 30-tägige Frist zur Einreichung
der Beschwerde ans Bundesgericht bestehe. Er habe sich an den zuständigen
Bezirksrichter der Erstinstanz wenden müssen, um schriftlich bestätigt zu
erhalten, dass ihm durch eine Nichteinhaltung der kurzen 10-tägigen Frist kein
Rechtsnachteil entstehen würde.
Nach Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt,
wer ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheids hat. Die Beschwerdebefugnis setzt ein aktuelles und
praktisches Interesse an der Gutheissung der Beschwerde voraus, das auch im
Zeitpunkt des bundesgerichtlichen Urteils noch vorhanden sein muss.
Ausnahmsweise verzichtet das Bundesgericht auf das Erfordernis des aktuellen
praktischen Interesses, wenn die gerügte Rechtsverletzung sich jederzeit
wiederholen könnte und eine rechtzeitige gerichtliche Überprüfung im Einzelfall
kaum je möglich wäre (sog. virtuelles Interesse; BGE 140 III 92 E. 1.1 mit
Hinweisen).
Der erstinstanzliche Richter bestätigte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom
26. Mai 2015, dass ihm durch die Nichteinhaltung der 10-tägigen Frist kein
Rechtsnachteil entstehe. Nach Ablauf der Beschwerdefrist ans Bundesgericht bzw.
nach einer allfälligen Abweisung einer allfälligen Beschwerde würde ihm eine
neue Frist zur Einreichung der Abtretungserklärung angesetzt werden. Damit
fehlt es vor Bundesgericht an einem aktuellen und praktischen
Rechtsschutzinteresse, die allfällige Verletzung von Art. 52 ZPO prüfen zu
lassen. Dass ein virtuelles Interesse im beschriebenen Sinn vorliegen würde,
zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, sodass darauf nicht einzutreten ist.

5.3. Schliesslich moniert der Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz seinem
Rechtsvertreter eine pauschale Entschädigung von Fr. 800.-- zugesprochen habe.
Sie wäre indes gehalten gewesen, dem Rechtsvertreter eine Frist anzusetzen,
damit dieser eine Kostennote hätte einreichen können.
Es besteht grundsätzlich keine Pflicht für ein Gericht, die Partei oder deren
Rechtsvertreter zur Einreichung der Kostennote aufzufordern (Urteil 9C_327/2014
vom 10. September 2014 E. 4 mit Hinweisen). Wie der Beschwerdeführer selbst
ausführt, hat die Vorinstanz seinem Rechtsvertreter am 27. April 2015
mitgeteilt, dass der Beschwerdeentscheid voraussichtlich nicht vor dem 11. Mai
2015 gefällt werde. Damit hätte der Rechtsvertreter Zeit gehabt, von sich aus
eine Kostennote einzureichen. Dies hat er nicht getan. Das Vorgehen der
Vorinstanz, die den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht zur
Nachreichung der Kostennote aufforderte, sondern die Entschädigung von Amtes
wegen festsetzte, ist damit nicht zu beanstanden. Inwiefern dem
Beschwerdeführer bzw. seinem Rechtsvertreter ausnahmsweise Frist zur
Einreichung einer Kostennote hätte angesetzt werden müssen, legt der
Beschwerdeführer nicht dar, zumindest nicht rechtsgenüglich. Die Rüge geht
daher fehl.

6.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in Zivilsachen abzuweisen, soweit auf sie
eingetreten werden kann.
Bei diesem Ausgang des Beschwerdeverfahrens unterliegt der Beschwerdeführer und
er wird damit kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Er hat jedoch auch für das
bundesgerichtliche Verfahren um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege
ersucht. Diese kann ihm bewilligt werden, da die Voraussetzungen nach Art. 64
Abs. 1 BGG erfüllt sind. Auch die Notwendigkeit einer rechtlichen
Verbeiständung ist zu bejahen (Art. 64 Abs. 2 BGG). Insbesondere erschien seine
Beschwerde mit Blick auf die Lehrmeinungen, die seine Ansicht stützten, nicht
aussichtslos. Die Gerichtskosten sind demnach vorläufig auf die
Bundesgerichtskasse zu nehmen und dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist
ein Honorar aus der Bundesgerichtskasse auszurichten. Der Beschwerdeführer wird
darauf hingewiesen, dass er der Bundesgerichtskasse für die Gerichtskosten und
die Entschädigung des unentgeltlichen Rechtsbeistands Ersatz zu leisten hat,
sofern er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).
Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege befreit die Partei nicht von der
Pflicht zur Leistung einer Parteientschädigung an die Gegenpartei (Urteil
4A_622/2013 vom 26. Mai 2014 E. 7). Nach Art. 68 Abs. 3 BGG wird dem Kanton
Zürich jedoch keine Parteientschädigung zugesprochen. Die formelle
Beschwerdegegnerin des Verfahrens kann sodann nicht als obsiegende Partei im
Sinne Art. 68 Abs. 1 BGG qualifiziert werden, da sie mit Bezug auf die Sach-
und Rechtsfrage der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege nicht materiell
am Verfahren beteiligt war und auch keine eigenen Anträge gestellt hat (BGE 140
III 501 E. 3.1 mit Hinweisen). Es wird damit keine Parteientschädigung
zugesprochen.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
Dem Beschwerdeführer wird für das bundesgerichtliche Verfahren die
unentgeltliche Rechtspflege bewilligt, und es wird ihm in der Person von
Rechtsanwalt Massimo Aliotta, Winterthur, ein Rechtsbeistand beigegeben.

4.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt,
indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

5.
Rechtsanwalt Massimo Aliotta wird aus der Bundesgerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'500.-- ausgerichtet.

6.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

7.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Februar 2016

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Brugger

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