Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.236/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_236/2015

Urteil vom 15. September 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, Hohl,
Gerichtsschreiber Hurni.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Alois Näf,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Rohn und
Rechtsanwältin Franziska Studer,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Forderung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts von Appenzell Ausserrhoden, 2.
Abteilung, vom 25. November 2014.

Sachverhalt:

A.
Die A.________ AG (Gläubigerin, Klägerin, Beschwerdeführerin) betrieb bis Ende
1995 eine Weberei und unterhielt im Rahmen dieser Tätigkeit umfangreiche
Geschäftsbeziehungen zur C.________ AG, die am 1. Dezember 1995 in Konkurs fiel
(nachfolgend: Konkursitin). In diesem Konkurs erlitt die Gläubigerin einen
Verlust von Fr. 647'111.--. Dafür machte sie die B.________ AG
(Revisionsstelle, Beklagte, Beschwerdegegnerin) als Revisionsstelle der
Konkursitin sowie fünf weitere Personen als Organe der Konkursitin
verantwortlich. Sie liess sich die aktienrechtlichen
Verantwortlichkeitsansprüche von der Konkursverwaltung abtreten.

B.

B.a. Am 19. September 1997 reichte die Gläubigerin beim Kantonsgericht
Appenzell Ausserrhoden Klage ein mit dem Antrag, die sechs Beklagten seien
unter solidarischer Haftbarkeit zur Zahlung von Fr. 647'111.-- nebst Zins zu
verurteilen. Das Kantonsgericht wies die Klage am 28. April 1999 ab; diesen
Entscheid bestätigte das kantonale Obergericht am 27. Juni 2000.

 Das Bundesgericht hiess am 19. Juni 2001 eine Berufung der Klägerin teilweise
gut und wies die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurück. In Bezug
auf den von der Klägerin eingeklagten direkten Schaden wurde die Feststellung
der hypothetischen Vermögenslage der Klägerin bei zutreffender Auskunft
vermisst (Urteil 4C.366/2000 E. 3 in fine ). In Bezug auf den eingeklagten
Gesellschaftsschaden wurde die Sache zur Ergänzung der Feststellungen über die
Sanierungsbemühungen in Bezug auf das angebliche Fehlverhalten der Organe
zurückgewiesen (Urteil 4C.366/2000 E. 5a) und für den Fall, dass sich der
Schadenersatzanspruch als begründet erweisen sollte, wurde darauf hingewiesen,
dass die Benachrichtigung des Richters in die Verantwortung des
Verwaltungsrates falle und sich die Verantwortlichkeit der Revisionsstelle nach
dem damals geltenden Art. 729 Abs. 2 OR beurteile (Urteil 4C.366/2000 E. 5b/
bb).

B.b. Mit Urteil vom 29. Mai 2007 wies das Obergericht die Appellation der
Klägerin gegen das Urteil des Kantonsgerichts vom 19. September 1997 erneut ab.
Die von der Klägerin dagegen erhobene Beschwerde in Zivilsachen hiess das
Bundesgericht mit Urteil vom 22. Mai 2008 teilweise gut und wies die Sache an
die Vorinstanz zurück, damit diese bezüglich des Gesellschaftsschadens die im
Rückweisungsentscheid vom 19. Juni 2001 angeordneten Ergänzungen vornehme.
Bezüglich des direkten Schadens wurde die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf
eingetreten wurde (Urteil 4A_5/2008).

B.c. Das Obergericht beschränkte in der Folge das Verfahren auf die Frage der
Haftbarkeit. Mit Teilurteil vom 26. Oktober 2010 wies es die Appellation ab,
soweit sich diese gegen die Beklagten 1 sowie 3-5 richtete. Die Beschwerde der
Klägerin gegen dieses Teilurteil wies das Bundesgericht am 4. Januar 2012 ab,
soweit es darauf eintrat (Urteil 4A_474/2011).

B.d. Mit Beschluss vom 26. Oktober 2010 sistierte das Obergericht das
Verfahren, soweit sich die Appellation gegen die Beklagten 2 und 6 richtete.
Auf die Beschwerde des Beklagten 2 gegen diesen Beschluss trat das
Bundesgericht mit Urteil 4A_468/2011 vom 4. Januar 2012 nicht ein. In der Folge
schloss der Beklagte 2 mit der Klägerin einen Vergleich.

B.e. Mit Urteil vom 25. November 2014 wies das Obergericht Appenzell
Ausserrhoden die Appellation und die Klage der Gläubigerin gegen die Beklagte 6
ab.

 Das Obergericht ewog zur Revisionshaftung nach Art. 755 aOR, dass die
Revisionsstelle ihre Pflicht verletzt habe, dem Verwaltungsrat der Konkursitin
den hälftigen Kapitalverlust gemäss Art. 725 Abs. 1 OR anzuzeigen und ihn
aufzufordern, eine ausserordentliche Generalversammlung einzuberufen. Das
Obergericht verneinte jedoch, dass zwischen der Unterlassung des Hinweises auf
Art. 725 Abs. 1 aOR und einem allfälligen Schaden der Gläubiger ein adäquater
Kausalzusammenhang bestehe. Es schloss in Würdigung der Beweise, dass im Jahre
1995 sowohl der Verwaltungsrat wie die Mehrheitsaktionärin der Konkursitin
vollumfänglich über deren schlechte finanzielle Situation informiert gewesen
seien und dass sie namentlich nicht anders gehandelt hätten, wenn sie von der
Revisionsstelle auf Art. 725 Abs. 1 OR hingewiesen worden wären. Das
Obergericht liess sodann offen, ob die Revisionsstelle verpflichtet gewesen
wäre, angesichts des Kapitalverlusts weitere Untersuchungen vorzunehmen, da es
auch hier am Kausalzusammenhang zwischen allfälliger Unterlassung und Schaden
fehle. Da die Überschuldung der Konkursitin im März 1995 eingetreten sei, habe
die Revisionsstelle nach den Feststellungen des Obergerichts sodann die
Überschuldung im Rahmen der ordentlichen Prüfung der Jahresrechnung 1994 nicht
feststellen können, weshalb sie ihre Pflichten nach Art. 729b Abs. 2 aOR nicht
verletzt habe und sich die Frage einer allfälligen Ersatzvornahme nach Art. 725
Abs. 2 aOR nicht stelle.

C.

 Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt die Klägerin dem Bundesgericht die
Rechtsbegehren, es sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Appenzell A.Rh.
vom 25. November 2014 aufzuheben, die Klage sei gutzuheissen und die Beklagte
sei zu verurteilen, ihr den Betrag von Fr. 647'111.-- abzüglich der vom
solidarisch mitverpflichteten Verwaltungsrat geleisteten Zahlung von Fr.
237'000.-- zuzüglich Zins zu 5% seit 1. Januar 1995 zu bezahlen, eventualiter
sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie stellt
zunächst den Sachverhalt aus ihrer Sicht dar und wendet sich dann gegen die
Begründung im angefochtenen Entscheid.

 Die Beklagte beantragt in ihrer Vernehmlassung, es sei auf die Beschwerde
nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.

 Die Parteien haben Replik und Duplik eingereicht.

 Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.

 Die Beschwerde richtet sich gegen den Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer
Zivilsache (Art. 72 BGG) eines oberen kantonalen Gerichts, das als
Rechtsmittelinstanz entschieden hat (Art. 75 BGG); sie wird von der Partei
erhoben, die mit ihren Anträgen unterlegen ist (Art. 76 BGG), der Streitwert
ist offensichtlich erreicht (Art. 74 BGG) und das Rechtsmittel ist fristgerecht
eingereicht worden. Die Beschwerde ist unter Vorbehalt gehöriger Begründung
(Art. 42 Abs. 2 BGG) zulässig.

2.

 Nach Art. 755 OR in der für den vorliegenden Sachverhalt massgebenden Fassung
sind alle mit der Prüfung der Jahres- und Konzernrechnung, der Gründung, der
Kapitalerhöhung oder Kapitalherabsetzung befassten Personen sowohl der
Gesellschaft als auch den einzelnen Aktionären und Gesellschaftsgläubigern für
den Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige
Verletzung ihrer Pflichten verursachen (AS 1992, 733). Zu den Aufgaben der
Revisionsstelle gehören insbesondere gewisse Anzeigepflichten, namentlich
schreibt Art. 729b Absatz 2 aOR vor, dass die Revisionsstelle bei
offensichtlicher Überschuldung den Richter benachrichtigt, wenn der
Verwaltungsrat die Anzeige unterlässt. Auf diese Bestimmung wurde im Urteil
4C.366/2000 vom 19. Juni 2001 ausdrücklich hingewiesen (E. 6b/bb).

2.1. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Entscheid festgehalten, die
Revisionsstelle sei für Sanierungsbemühungen nicht verantwortlich. Sie hat aus
diesem Grund für die Beurteilung der Klage gegen die Beschwerdegegnerin als
Revisionsgesellschaft nicht als erheblich angesehen, ob die
Sanierungsbemühungen des Verwaltungsrates der Konkursitin erfolgversprechend
gewesen seien. Die Beschwerdeführerin beanstandet mit Hinweis auf das Urteil
4C.366/2000 vom 19. Juni 2001, dass die Vorinstanz nicht geprüft habe, ob die
Sanierungsbemühungen des Verwaltungsrats der Konkursitin erfolgsversprechend
waren. Sie vertritt die Ansicht, das Bundesgericht habe die Vorinstanz im
erwähnten Entscheid verbindlich zur Beurteilung dieser Frage und zu
entsprechenden Beweiserhebungen angehalten.

2.2. Nach einem allgemeinen Grundsatz, der in Art. 66 OG ausdrücklich
positiviert war, aber auch unter dem BGG unverändert gilt, hat die mit der
Neubeurteilung befasste kantonale Instanz die rechtliche Beurteilung, mit der
die Rückweisung begründet wurde, ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Diese
Beurteilung bindet auch das Bundesgericht (BGE 133 III 201 E. 4.2 S. 208; 125
III 421 E. 2a S. 423). Wegen dieser Bindung der Gerichte ist es ihnen wie auch
den Parteien - abgesehen von allenfalls zulässigen Noven - verwehrt, der
Beurteilung des Rechtsstreits einen anderen als den bisherigen Sachverhalt zu
unterstellen oder die Sache unter rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, die im
Rückweisungsentscheid ausdrücklich abgelehnt oder überhaupt nicht in Erwägung
gezogen worden waren (BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94; 116 II 220 E. 4a S. 222;
enger BGE 111 II 94 E. 2 S. 95; je mit Hinweisen). Wie weit die Gerichte und
Parteien an die erste Entscheidung gebunden sind, ergibt sich aus der
Begründung der Rückweisung, die sowohl den Rahmen für die neuen
Tatsachenfeststellungen als jenen für die neue rechtliche Begründung vorgibt (
BGE 135 III 334 E. 2 S. 335 f. mit Verweisen).

2.3. Die Beschwerdeführerin zitiert in ihrer Rechtsschrift zwar ausführlich die
Erwägungen des Bundesgerichts zu den Anforderungen, denen Sanierungsbemühungen
zu genügen haben, damit die Gläubiger durch den Aufschub des Konkurses nicht
schlechter gestellt werden, als wenn der Richter benachrichtigt wird. Sie
stellt sich auf den Standpunkt, diese Ausführungen gälten auch im Zusammenhang
mit der Verantwortlichkeit der Beklagten als Revisionsstelle. Sie übergeht
indes die hier massgebende Erwägung 6 zur Frage, welche Beklagten für
allfällige Schadenersatzansprüche haften. Insofern hat das Bundesgericht im
erwähnten Rückweisungsentscheid erklärt, es werde zu prüfen sein, welche der
Beklagten für einen allfällig festgestellten Schaden haften. Namentlich wird in
dieser Hinsicht ausdrücklich festgehalten, dass die Pflicht zur
Benachrichtigung des Richters grundsätzlich allein dem Verwaltungsrat obliegt,
der diese Aufgabe nicht delegieren kann, während sich die Verantwortlichkeit
der Revisionsstelle in Bezug auf die Benachrichtigung des Richters nach
Massgabe von Art. 729b Abs. 2 aOR beurteilt. Die Vorinstanz hat die Tragweite
des erwähnten Bundesgerichtsurteils nicht verkannt mit der Erwägung, dass die
Sanierungsbemühungen dem Verwaltungsrat obliegen, während die Revisionsstelle
dafür nicht verantwortlich ist.

3.

 Nach Art. 729b Abs. 1 OR in der hier massgebenden Fassung meldet die
Revisionsstelle, wenn sie bei der Durchführung ihrer Prüfung Verstösse gegen
Gesetz oder Statuten feststellt, dies schriftlich dem Verwaltungsrat, in
wichtigen Fällen auch der Generalversammlung.

3.1. Die Vorinstanz hat im Teilurteil vom 26. Oktober 2010 festgehalten, dass
nach der Jahresrechnung 1994, die von der Beschwerdegegnerin für gut befunden
wurde, das Aktienkapital noch um mehr als die Hälfte gedeckt gewesen sei; dies
habe jedoch tatsächlich nicht zugetroffen, da die Revisionsstelle bei
Rechnungsabgrenzungen und Wertberichtigungen verschiedene Korrekturen hätte
vornehmen müssen, wie in der vom Gericht eingeholten Expertise festgehalten
worden sei. Danach sei zwar die spätere Konkursitin per Ende 1994 nicht
überschuldet, aber das Aktienkapital per 31. Dezember 1994 nicht mehr zur
Hälfte gedeckt gewesen. Das Aktienkapital von Fr. 1,5 Mio. sei bei zutreffender
Bewertung noch mit Fr. 771'398.-- gedeckt gewesen, womit der Verwaltungsrat
nach dem damals geltenden Art. 725 Abs. 1 OR verpflichtet gewesen wäre,
unverzüglich eine Generalversammlung einzuberufen und ihr Sanierungsmassnahmen
vorzuschlagen. Nach den Erwägungen des Obergerichts hätte die
Beschwerdegegnerin bei sorgfältiger und korrekter Ausführung der ihr
obliegenden Prüfungsarbeiten für die Jahresrechnung 1994 somit die fehlende
Deckung des Aktienkapitals erkennen und den Verwaltungsrat auf seine
Verpflichtung zur Einberufung einer ausserordentlichen Generalversammlung
hinweisen müssen. Im Teilurteil vom 26. Oktober 2010 schloss die Vorinstanz auf
einen Verstoss gegen die Anzeigepflicht nach Art. 729b Abs. 1 OR. Ausdrücklich
vorbehalten wurde jedoch in diesem Teilurteil die Frage der adäquaten
Kausalität für den Schaden der Gesellschaft bzw. der Gläubigergesamtheit.

3.2. Im angefochtenen Urteil vom 25. November 2014 ist die Vorinstanz zum
Schluss gelangt, dass der Verwaltungsrat und auch die Aktionäre der Konkursitin
im Jahre 1995 nicht anders gehandelt hätten, wenn sie von der
Beschwerdegegnerin ausdrücklich darauf hingewiesen worden wären, dass das
Aktienkapital nicht mehr zur Hälfte gedeckt und Sanierungsmassnahmen
erforderlich seien. Die Vorinstanz hat damit verneint, dass der pflichtwidrig
unterlassene Hinweis der Beschwerdegegnerin an den Verwaltungsrat und eventuell
die Generalversammlung für den allfälligen Fortsetzungsschaden der
Gläubigergesamtheit kausal war. Die Vorinstanz ist jedoch davon ausgegangen,
dass die Beschwerdegegnerin verpflichtet gewesen wäre, den Verwaltungsrat und
allenfalls auch die Generalversammlung der Konkursitin auf den hälftigen
Verlust des Aktienkapitals per Ende 1994 hinzuweisen. Soweit die
Beschwerdeführerin wiederholt darauf verweist, dass die Beschwerdegegnerin
diesen Kapitalverlust nicht festgestellt und daher den Hinweis auf den
hälftigen Verlust des Aktienkapitals unterlassen habe, geht ihre Kritik daher
an der Sache vorbei. Im Übrigen beanstandet die Beschwerdeführerin die
Erwägungen im angefochtenen Urteil und vertritt insbesondere den Standpunkt,
der vorliegende Fall lasse sich nicht mit dem Präjudiz in BGE 129 II 129 E. 8
S. 34 vergleichen.

3.3. Ein natürlicher Kausalzusammenhang ist gegeben, wenn das schadensstiftende
Verhalten eine notwendige Bedingung (  conditio sine qua non ) für den
eingetretenen Schaden ist (BGE 132 III 715 E. 2.2 S. 718; 128 III 180 E. 2d S.
184 mit Hinweisen), d.h. das fragliche Verhalten nicht weggedacht werden kann,
ohne dass auch der eingetretene Erfolg entfiele bzw. nicht als in gleicher
Weise bzw. zur gleichen Zeit als eingetreten gedacht werden könnte. Die
Feststellung darüber, ob ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, beschlägt
die tatsächlichen Verhältnisse und beruht auf Beweiswürdigung (BGE 133 III 462
E. 4.4.2; 130 III 591 E. 5.3 S. 601 mit Hinweisen). Das gilt auch für
pflichtwidrige Unterlassungen, wenn der hypothetische Kausalverlauf zu
beurteilen und zu entscheiden ist, ob bei korrekter Handlung der eingetretene
Schaden vermieden bzw. nicht in der festgestellten Art eingetreten wäre (BGE
127 III 453 E. 5d S. 456; 115 II 448 E. 5b; vgl. auch BGE 141 V 51 E. 8.1; 71
E. 8.1 und 99 E. 8.1). Gemäss Art. 97 BGG kann die Feststellung des
Sachverhalts und damit die Beweiswürdigung nur gerügt werden, wenn die
Sachverhaltsfeststellung offensichtlich unrichtig - d.h. willkürlich (Art. 9
BV; BGE 135 III 127 E. 1.5 S. 130 mit Hinweis) - ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels
für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann. Bei der Rüge der
offensichtlich unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gilt das strenge
Rügeprinzip (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht prüft in diesem Fall nur
klar und detailliert erhobene und - soweit möglich - belegte Rügen; auf rein
appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 134
II 244 E. 2.2 S. 246; 137 II 353 E. 5.1 S. 356).
Die Beweiswürdigung erweist sich als willkürlich (Art. 9 BV), wenn das Gericht
Sinn und Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkannt hat, wenn es
ohne sachlichen Grund ein wichtiges und entscheidwesentliches Beweismittel
unberücksichtigt gelassen oder wenn es auf der Grundlage der festgestellten
Tatsachen unhaltbare Schlussfolgerungen gezogen hat (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit
Verweisen).

3.4. Die Vorinstanz hat die Protokolle des Verwaltungsrates und der
Geschäftsleitung von Januar bis November 1995 chronologisch wiedergegeben, in
denen stets die angespannte Finanzlage und die mangelnde Liquidität
angesprochen werden. Sie hat daraus geschlossen, dass sowohl der Verwaltungsrat
wie auch die Mehrheitsaktionärin der Konkursitin schon im Januar 1995 über die
schlechte Finanzlage umfassend informiert gewesen seien. Das Obergericht hielt
fest, dass die Verantwortlichen der Konkursitin offensichtlich von der
schlechten Finanzlage Kenntnis gehabt und darauf reagiert hätten. Es gelangte
zum Schluss, dass an einer vom Verwaltungsrat einberufenen ausserordentlichen
Generalversammlung angesichts der Stimmenverhältnisse keine wesentlich anderen
Massnahmen zur Sanierung vorgeschlagen oder beschlossen worden wären. Dies sah
die Vorinstanz dadurch bestätigt, dass sich die Mehrheitsaktionärin sowohl an
der ordentlichen Generalversammlung vom 16. Juni 1995, die im Anschluss an die
Verwaltungsratssitzung vom selben Tag stattfand, wie in der ausserordentlichen
Generalversammlung vom 14. August 1995 bereit erklärt habe, mit Blick auf die
gefährdeten Arbeitsplätze weitere finanzielle Mittel in die Rettung der
späteren Konkursitin zu stecken, wobei sie mit einer Wahrscheinlichkeit des
Scheiterns von 50 % gerechnet habe. Da noch an der ausserordentlichen
Generalversammlung vom 14. August 1995 beschlossen worden sei, die
Rettungsversuche für die spätere Konkursitin weiterzuführen, gelangte die
Vorinstanz zum Schluss, dass ein allfälliger Fortsetzungsschaden der Gläubiger
auch eingetreten wäre, wenn die Beschwerdegegnerin am 8. März 1995 auf den
Kapitalverlust hingewiesen hätte.

3.5. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen die Beweiswürdigung der
Vorinstanz nicht als willkürlich auszuweisen. Soweit sie zunächst mit Hinweis
auf Klageschrift und Replik vor erster Instanz die Ergänzung des festgestellten
Sachverhalts verlangt, verkennt sie, dass das Bundesgericht nur Urteile oberer
kantonaler Instanzen (Art. 75 Abs. 1 BGG) überprüft, woraus sich ergibt, dass
der kantonale Instanzenzug ausgeschöpft werden muss. Wenn die
Beschwerdeführerin daher den Nachweis nicht erbringt, dass sie die
entsprechenden Behauptungen und Beweisanträge prozesskonform vor der Vorinstanz
gestellt bzw. erneuert hat, haben diese nach Art. 99 Abs. 1 BGG unbeachtet zu
bleiben. Soweit die Beschwerdeführerin sodann kritisiert, dass ihren Anträgen
auf Beizug von Unterlagen nicht stattgegeben worden sei, mit denen sie die
Kenntnis der  Beschwerdegegnerin (deren Pflichtverletzung die Vorinstanz bejaht
hat) über die katastrophale Lage belegen will, übersieht sie, dass es bei der
Kausalität dieser Pflichtverletzung für den behaupteten Fortführungsschaden auf
die Kenntnis des Verwaltungsrats und allenfalls der Generalversammlung der
Konkursitin ankommt; das Willkürverbot wird nicht verletzt, wenn Beweise für
unerhebliche Tatsachen nicht abgenommen werden. Die Ausführungen der
Beschwerdeführerin erschöpfen sich im Übrigen in einer abweichenden Darstellung
der Ereignisse, ohne dass sie damit aufzuzeigen vermöchte, inwiefern die
Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Urteil nicht nur falsch, sondern
geradezu willkürlich sein sollte. Insbesondere vermag die Beschwerdeführerin
mit den Massnahmen, die der Verwaltungsrat ihrer Ansicht nach bei Kenntnis des
hälftigen Verlusts des Aktienkapitals hätte ergreifen müssen - Rangrückritt,
Kreditaufnahme -, nicht auszuweisen, dass der Verwaltungsrat über die
finanzielle Situation nicht hinreichend orientiert war.

3.6. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass die Beschwerdegegnerin ihre
Pflichten gemäss Art. 729b Abs. 1 aOR verletzt hat, indem sie den
Verwaltungsrat der Konkursitin nicht darauf hinwies, dass das Aktienkapital per
Ende 1994 nicht mehr zur Hälfte gedeckt war. Soweit die Beschwerdeführerin den
Schluss der Vorinstanz beanstandet, dass der Verwaltungsrat und ihm folgend die
Generalversammlung bei einem ausdrücklichen Hinweis auf den Kapitalverlust
durch die Beschwerdegegnerin nicht anders gehandelt hätten, als sie dies
tatsächlich taten, vermögen ihre Ausführungen keine Willkür auszuweisen, soweit
sie überhaupt zu hören sind. Die Vorinstanz konnte aufgrund der im
angefochtenen Urteil verbindlich festgestellten Tatsachen ohne Verletzung des
Willkürverbots schliessen, dass der Verwaltungsrat und die Generalversammlung
der Konkursitin bei gehörigem Hinweis auf den hälftigen Verlust des
Aktienkapitals per Ende 1994 nicht anders gehandelt hätten.

4.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

 Diesem Ausgang des Verfahrens entsprechend trägt die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten und hat der anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin deren
Parteikosten zu ersetzen (Art. 66 Abs. 1 BGG und Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

 Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.

 Die Gerichtskosten von Fr. 7'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.

 Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 8'000.-- zu entschädigen.

4.

 Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht von Appenzell
Ausserrhoden, 2. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. September 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Hurni

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