Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.221/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_221/2015

Urteil vom 23. November 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterin Klett,
Bundesrichter Kolly,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Hurni.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt PD Dr. Peter Reetz,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Roland Hürlimann und Dr. Martin Werner,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Werkvertrag; Verrechnungseinrede im Prozess,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 27. Februar 2015.

Sachverhalt:

A. 
Am 22. Oktober 2007 schlossen die A.________ (Bestellerin) und die B.________
AG (Unternehmerin) einen schriftlichen "GU-Vertrag" betreffend die
Instandsetzung der Parkgarage und der Fussgängerbrücke der Wohnsiedlung
G.________ in Zürich. Die Bestellerin übertrug darin der Unternehmerin die
Ausschreibung, Ausführungsplanung, Bauleitung, schlüsselfertige Erstellung und
betriebsbereite Übergabe des Bauwerks gegen Bezahlung eines Werkpreises von Fr.
9'548'399.63 vor Mehrwertsteuer bzw. von Fr. 10'274'078.-- mit Mehrwertsteuer.
Am 19. Dezember 2008 unterzeichneten Vertreter beider Parteien ein als
"Bauübergabeprotokoll" bezeichnetes Dokument mit der Präzisierung, dass es sich
dabei um eine "Abnahme mit unwesentlichen Mängeln" handle und die Unternehmerin
bis zum 29. Januar 2009 vorhandene Mängel zu beheben sowie nicht vollendete
Arbeiten auszuführen habe.
Am 4. Januar 2010 übersandte die Unternehmerin der Bestellerin eine Abrechnung
über Fr. 13'857'123.83 inkl. MwSt. mit drei Rechnungen mit jeweils einem
Beiblatt, das den Titel "Schlussabrechnung" trug.
Während die Bestellerin die Rechnungen Nr. 121000604 und Nr. 121000605
vollumfänglich bezahlte, weigerte sie sich, die Rechnung Nr. 121000607 zu
bezahlen. Diese betraf das Parkhaus G.________ mit Nachträgen für Bau, Betrieb
und Dritte sowie Leistungen vom 1. Oktober 2007 bis 30. November 2009. Der
Rechnungsbetrag lautete auf Fr. 289'324.15 inkl. MwSt. Dieser entspricht
ausweislich des Beiblatts "Schlussabrechnung" der Werkvertragssumme Parkhaus
von Fr. 8'913'400.-- (Fr. 9'590'818.40 inkl. MwSt.) zuzüglich Nachträgen von
Fr. 3'161'560.05, zusammen Fr. 12'992'657.- inkl. MwSt., abzüglich
Akontozahlungen gemäss Zahlungsplan und den Nachträgen 1-5 von Fr.
12'703'332.85 inkl. MwSt.
Am 25. März und 7. April 2010 mahnte die Unternehmerin die Bestellerin für den
offenen Betrag der Rechnung Nr. 121000607.
Zwischen den Parteien bestand parallel zum Vertrag betreffend die Wohnsiedlung
G.________ noch ein weiterer Vertrag bezüglich des Neubaus des Stadions
H.________. Auch in diesem Zusammenhang kam es zwischen den Parteien zu einem
Streit über die Höhe des geschuldeten Werklohns. Die Bestellerin erkannte die
Schlussabrechnung der Unternehmerin nicht an. Am 3. Juni 2010 erhob die
Unternehmerin diesbezüglich Klage beim Bezirksgericht Zürich auf Zahlung eines
Betrags von " mindestens CHF 22'954'484.10". In ihrer Klageantwort beantragte
die Bestellerin die vollumfängliche Abweisung der Klage. Dabei erhob sie
eventualiter für den Fall, dass sich die eingeklagte Forderung als begründet
erweisen sollte, die Einrede der Verrechnung mit Guthaben aus den Nachträgen 16
und 17 des Projekts "H.________" im Umfang von Fr. 2'791'457.54.
Die Unternehmerin rief schliesslich auch im Zusammenhang mit dem ausstehenden
Werklohn bezüglich der Wohnsiedlung G.________ die Zürcher Schlichtungsbehörden
an, wobei die Schlichtungsverhandlung scheiterte.

B.

B.a. Mit Klage vom 27. April 2011 beantragte die Unternehmerin dem
Bezirksgericht Zürich, die Bestellerin sei zur Zahlung von Fr. 289'260.58 nebst
Zins zu 5% seit dem 8. Mai 2010 zu verurteilen.
Die Unternehmerin machte geltend, die Parteien hätten am 1. November 2007 in
Ergänzung zum Vertrag Zusatzleistungen zu einem Pauschalpreis als "Nachtrag Nr.
1" vereinbart, nämlich das "Einlösen Option Lufterhitzer Garage Koller". Die
Parteien hätten später und bis zum 31. August 2009 weitere 67 Zusatzleistungen
zu Pauschalpreisen als "Nachträge" vereinbart. Die Summe der Pauschalpreise
habe Fr. 3'261'034.87 vor MwSt. bzw. Fr. 3'508'873.52 mit MwSt. betragen. Die
Parteien hätten ausserdem eine Brunnensanierung als Akkordarbeit mit offener
Abrechnung vereinbart. Schliesslich habe die Unternehmerin der Bestellerin zu
ihren zusätzlichen Bestellungen insgesamt 68 Anträge auf Abschluss von
Verträgen über Zusatzleistungen, also Nachtrags-Anträge, jeweils fortlaufend
nummeriert gestellt. Der Vertreter der Bestellerin, C.________, habe die
Nachtrags-Anträge Nr. 4, Nr. 15 und Nr. 55 abgelehnt. Die übrigen 65
Bestellungsänderungen habe C.________ hingegen mittels schriftlicher
Vereinbarungen bestätigt. C.________ habe alle 65 Nachträge unterschrieben.
In ihrer Klageantwort vom 25. August 2011 beantragte die Bestellerin die
vollumfängliche Abweisung der Klage. Sie bestritt, dass die Parteien Nachträge
als Ergänzung zum Vertrag vereinbart hätten, dass in insgesamt 68 Nachträgen
Zusatzleistungen vereinbart worden sein sollen und diese durch Pauschalpreise
abzugelten gewesen seien. Weiter machte die Bestellerin geltend, sämtliche
Änderungen des Vertrags hätten gemäss dessen Ziff. 16.6 in einem beidseits
unterzeichneten schriftlichen Nachtrag erfolgen müssen. Eventualiter für den
Fall, dass sich die eingeklagte Forderung als begründet erweisen sollte, erhob
die Bestellerin wie bereits im Verfahren betreffend das Projekt "H.________"
die Einrede der Verrechnung mit Guthaben aus den Nachträgen 16 und 17 des
genannten Projektes, dieses Mal im Umfang von Fr. 2'127'331.30. Nach eigenen
Angaben der Bestellerin handelt es sich bei den zur Verrechnung gestellten
Forderungen um dieselben, mit denen sie bereits im Verfahren betreffend das
Projekt "H.________" eventualiter die Verrechnungseinrede erhoben hat.
In der Duplik erklärte die Bestellerin, die Unternehmerin habe ihr die
vereinbarten Nachtragsleistungen am 28. Dezember 2009 mit einem "Total der
Nachträge" in Höhe von Fr. 3'161'560.05 in Rechnung gestellt.
Mit Urteil vom 23. Oktober 2014 hiess das Bezirksgericht die Klage teilweise
gut, verurteilte die A.________ zur Zahlung von Fr. 252'543.05 zuzüglich 5 %
Zins seit dem 8. Mai 2010 an die B.________ AG und wies die Klage im Mehrbetrag
ab.
Das Bezirksgericht ermittelte zuerst den massgeblichen Vertragsinhalt. Es
stellte sodann fest, die Beklagte habe das Bestehen von Nachträgen im Laufe des
Verfahrens mehr oder weniger klar eingeräumt. Nach eingehender Würdigung kam
das Bezirksgericht zum Schluss, die Fr. 12'074'960.05 (ohne Mehrwertsteuer),
die in der Rechnung Nr. 121000607 der Unternehmerin aufgeführt werden, seien
durch Vereinbarungen der Parteien ausgewiesen. Das Werk sei am 16. Dezember
2009 vollendet gewesen. Die Höhe der gesamten Rechnung ermittelte das
Bezirksgericht mit Fr. 12'040'776.84 zuzüglich 7,6% Mehrwertsteuer, also
insgesamt Fr. 12'955'875.88. Davon zog es Fr. 12'708'332.85 erbrachte Zahlungen
der Bestellerin ab und gelangt so zu einem Rest von Fr. 252'543.03, fällig am
25. April 2010. Den Einwand der Bestellerin, diese Zahlung sei wegen Verletzung
vertraglicher Obliegenheiten verwirkt, verwarf das Bezirksgericht ebenso wie
den Einwand, sie habe gültig mit einem Guthaben aus dem (parallelen)
Bauvorhaben "Stadion H.________" verrechnet.

B.b. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts legte die Bestellerin Berufung beim
Obergericht des Kantons Zürich ein, mit der sie die Aufhebung des
bezirksgerichtlichen Entscheids und die vollumfängliche Abweisung der Klage
beantragte.
Die Bestellerin beharrte darauf, die Unternehmerin habe über die
Nachtragsleistungen nicht vertragskonform abgerechnet. Eventualiter hielt sie
die Verrechnungseinrede mit Forderungen aus dem (parallelen) Bauvorhaben
"Stadion H.________" aufrecht.
Mit Urteil vom 27. Februar 2015 wies das Obergericht die Berufung ab und
bestätigte das bezirksgerichtliche Urteil.

C. 
Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt die A.________ dem Bundesgericht folgende
Rechtsbegehren:

"1. Es sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27. Februar 2015
(II. Zivilkammer, Geschäfts-Nr.: LB140086-O/U) aufzuheben und die Berufung der
Beschwerdeführerin vom 1. Dezember 2014 an das Obergericht des Kantons Zürich
sei gutzuheissen; somit sei die Klage der Beschwerdegegnerin vom 27. April 2011
vollumfänglich abzuweisen. Zusätzlich sei die Sache zur Neuverlegung der
Prozesskosten der kantonalen Verfahren (erst- und zweitinstanzliches Verfahren)
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

2. Eventualiter sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 27.
Februar 2015 (II. Zivilkammer, Geschäfts-Nr.: LB140086-0/U) aufzuheben und die
Sache zur neuen Beurteilung und zur Abweisung der Klage an die Vorinstanz,
subeventualiter an die erste Instanz, zurückzuweisen.

3. Subsubeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

4. Es seien die Akten der Vorinstanz beizuziehen.

5. AIles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen, zuzüglich gesetzlicher
Mehrwertsteuer von 8% auf der Prozessentschädigung, für das erst- und das
zweitinstanzliche Verfahren sowie für das Verfahren vor Bundesgericht zu Lasten
der Beschwerdegegnerin."

Die B.________ AG beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der
Beschwerde, soweit Eintreten. Die Vorinstanz hat auf Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde richtet sich gegen einen verfahrensabschliessenden
Rechtsmittelentscheid eines oberen kantonalen Gerichts (Art. 75 BGG), ist
innert der Beschwerdefrist (Art. 100 BGG) von der mit ihren Rechtsbegehren
unterlegenen Partei (Art. 76 BGG) eingereicht worden und bei der Streitsache
handelt es sich um eine Zivilsache (Art. 72 BGG) mit einem Streitwert von über
Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Auf die Beschwerde ist unter
Vorbehalt rechtsgenüglicher Begründung (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG)
einzutreten.

2. 
Die Beschwerdeführerin stört sich daran, dass die Vorinstanz ihr "mutwilliges
Bestreiten" bezüglich der Existenz von 65 Nachträgen vorgeworfen hat, die alle
von ihrem Projektleiter abgestempelt und unterzeichnet wurden.

2.1. Den Parteien ist es untersagt, mutwillig unwahre Tatsachenbehauptungen
aufzustellen und wahre Tatsachen wissentlich zu bestreiten (Art. 52 ZPO;
FABIENNE HOHL, Procédure civile, Tome I, Introduction et théorie générale,
2001, § 17 N. 911; MAX GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl.,
1979, 189; SPÜHLER/ DOLGE/GEHRI, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl.,
2010, § 26 N. 68; CHRISTOPH HURNI, in: Berner Kommentar, 2012, N. 28 zu Art. 52
ZPO).

2.2. Nachdem die Beschwerdeführerin die entsprechende Bestreitung in der
Berufungsinstanz nicht wiederholt hatte und ihr namentlich auch keine
Ordnungsbusse wegen mutwilliger Prozessführung (Art. 128 Abs. 3 ZPO) auferlegt
wurde, ist nicht ersichtlich, welches Rechtsschutzinteresse die
Beschwerdeführerin mit ihren Beanstandungen vor Bundesgericht verfolgt. Auf die
Rüge ist nicht einzutreten.

3. 
Die Beschwerdeführerin macht sodann eine Verletzung von Art. 55 Abs. 1 ZPO,
Art. 221 Abs. 1 lit. e ZPO und Art. 180 Abs. 2 ZPO geltend. Denn die
Beschwerdegegnerin habe in ihren Rechtsschriften weder die Nachtragsleistungen
noch deren vertragsgemässe Abrechnung hinreichend substanziiert behauptet.
Indem dies das Bezirksgericht und später auch die Vorinstanz toleriert hätten,
seien die genannten Vorschriften verletzt worden.

3.1. Gemäss Art. 55 Abs. 1 ZPO haben die Parteien dem Gericht die Tatsachen,
auf die sie ihre Begehren stützen, darzulegen und die Beweismittel anzugeben.
Entsprechend hat die Klage ein Rechtsbegehren, Tatsachenbehauptungen und die
Bezeichnung der einzelnen Beweismittel zu den behaupteten Tatsachen zu
enthalten (Art. 221 Abs. 1 lit. b, d und e ZPO). Bei umfangreichen Urkunden ist
die für die Beweisführung erhebliche Stelle zu bezeichnen (Art. 180 Abs. 2
ZPO). Daraus folgt, dass Tatsachenbehauptungen substanziiert in der
Rechtsschrift selber erfolgen müssen und die blosse Verweisung auf Aktenstücke
ungenügend ist (Urteil 4A_317/2014 vom 17. Oktober 2014 E. 2.2).

3.2. Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann die Verletzung von Bundesrecht
(Art. 95 lit. b ZPO) und damit auch der erwähnten Normen der
Zivilprozessordnung geltend gemacht werden. Selbst wenn die Vorinstanz eine
Norm unrichtig angewendet haben sollte, führt dies freilich noch nicht eo ipso
 zur Aufhebung eines angefochtenen Entscheids: Die gerügte Rechtsverletzung
muss sich vielmehr auf das Entscheidergebnis ausgewirkt haben ( JEAN-FRANÇOIS
POUDRET, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire du 16
décembre 1943, Vol. II, 1990, N. 1.6.4 zu Art. 43 aOG ["La violation du droit
fédéral doit influer sur le résultat"]). Dies gilt insbesondere bei
Verletzungen des Verfahrensrechts, ist dieses doch nie Selbstzweck: Die
fehlerhafte Anwendung einer Norm der ZPO kann nur dann zur Gutheissung eines
Rechtsmittels führen, wenn diese für den Ausgang des Verfahrens kausal war,
ausser der verletzten Regel komme formelle Natur zu (vgl. MARTIN STERCHI, in:
Berner Kommentar, 2012, N. 6a zu Art. 310 ZPO). Für Rügen, mit denen geltend
gemacht wird, der Sachverhalt sei in Verletzung einer Norm der ZPO festgestellt
worden, sieht Art. 97 BGG dieses Kausalitätserfordernis ausdrücklich vor.

3.3. Aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin geht nicht hervor, inwiefern
sich die angebliche Verletzung von Art. 55 Abs. 1 ZPO, Art. 221 Abs. 1 ZPO und
Art. 180 Abs. 2 ZPO auf das Entscheidergebnis ausgewirkt haben soll. Bereits
die Vorinstanz, die sich mit der gleichen Rüge befassen musste, hat darauf
hingewiesen, dass die Darstellung des klägerischen Tatsachenvortrags für die
Beschwerdeführerin durchaus verständlich gewesen sei. Die Beschwerdeführerin
habe das Klagefundament sehr wohl erkannt und dazu auch im Einzelnen Stellung
genommen. Dies stellt die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht zwar in Abrede,
lässt es aber bei einer - wortreich vorgetragenen - Behauptung bewenden, ohne
darauf einzugehen, inwiefern sich die Verletzung der
Substanziierungsvorschriften im Entscheidergebnis niedergeschlagen haben soll.
Indem sich die Beschwerdeführerin auf rund acht Seiten ihrer Beschwerdeschrift
im Wesentlichen darauf beschränkt, lehrbuchhaft darzustellen, wie Behauptungen
gehörig aufzustellen und zu substanziieren sind, vermag sie das Ergebnis des
angefochtenen Entscheids jedenfalls nicht als unrichtig auszuweisen. Ihre Rüge
geht fehl.

4.
Die Beschwerdeführerin macht weiter eine Verletzung von Art. 58 Abs. 1 ZPO
geltend, indem die Vorinstanz ihrem in der Duplik gestellten Eventualantrag,
der Forderungsbetrag der Beschwerdegegnerin für den Nachtrag 14 sei auf Fr.
35'543.40 zu reduzieren, "Anerkennungswirkung" beigemessen habe. Dieser Antrag
sei nämlich nur eventualiter für den Fall gestellt worden, dass die Vorinstanz
bezüglich des Nachtrags 14 wider Erwarten eine rechtsgenügliche Abrechnung
annehmen würde. Dies ergebe sich daraus, dass die Beschwerdeführerin die
Ausführung der entsprechenden Leistungen ausdrücklich bestritten habe.

4.1. Gemäss Art. 58 Abs. 1 ZPO darf das Gericht einer Partei nicht mehr und
nicht anderes zusprechen, als sie verlangt, und nicht weniger, als die
Gegenpartei anerkannt hat.

4.2. Die Rüge, die Vorinstanz habe Art. 58 Abs. 1 ZPO verletzt, ist
unbegründet. Denn die Vorinstanz hat festgehalten, dass die Parteien am 19.
Dezember 2009 einvernehmlich eine "Abnahme mit unwesentlichen Mängeln"
dokumentiert haben, ohne dass die Beschwerdeführerin einen Vorbehalt angebracht
hätte. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht geltend gemacht, jene
"unwesentlichen Mängel" seien nicht behoben worden. Deshalb sei sie darauf zu
behaften, dass sie das Werk in allen Teilen so erhalten hat, wie sie es mit dem
ursprünglichen Vertrag sowie den diversen Nachträgen bestellt hatte. Die
Vorinstanz kam daher zum Schluss, dass die Beschwerdegegnerin - entgegen der
Bestreitungen der Beschwerdeführerin - alle bestellten Leistungen erbracht hat.
Damit durfte die Vorinstanz auch davon ausgehen, dass der Fall eingetreten ist,
für den die Beschwerdeführerin den Eventualantrag gestellt hat, der
Forderungsbetrag für den Nachtrag 14 sei auf Fr. 35'543.40 zu reduzieren. Eine
Verletzung von Art. 58 Abs. 1 ZPO liegt nicht vor.

5.
Die Beschwerdeführerin macht schliesslich hauptsächlich geltend, die
Beschwerdegegnerin sei ihrer Pflicht gemäss Ziff. 7.2 Abs. 1 des GU-Vertrags
nicht nachgekommen, wonach die Schlussabrechnung im Detaillierungsgrad der
Offerte vorzulegen sei. Der Werklohn werde erst dann fällig, wenn diese Pflicht
erfüllt sei. Indem die Vorinstanz eine entsprechende Pflicht zu detaillierter
Abrechnung verneint habe, habe sie Art. 1 Abs. 1 OR verletzt.

5.1. Art. 7.2 des Vertrags lautet wie folgt:

" 1 Die Schlussabrechnung hat im Detaillierungsgrad der von der GU
eingereichten Offerte zu entsprechen.

2 Die Schlussabrechnung ist innert 4 (vier) Monaten nach Abnahme des Bauwerks
vorzulegen und von der BH innert weiteren 2 (zwei) Monaten zu prüfen."

Ein subjektiv übereinstimmendes Verständnis (Art. 18 Abs. 1 OR) konnte die
Vorinstanz nicht ermitteln, weshalb sie die Klausel objektiv nach dem
Vertrauensprinzip auslegte, also objektiviert nach dem Verständnis vernünftiger
und korrekter Vertragspartner. Dabei kam sie zum Schluss, dass der Begriff des
"Detaillierungsgrads der von der GU eingereichten Offerte " ohne weiteres
verständlich sei für Arbeiten, die auf Abrechnung zu erstellen sind. Diesfalls
bedeute die Klausel, dass wenn bestimmte Arbeiten zu Einheitspreisen zu
erbringen sind, die Rechnung nach diesen Einheitspreisen aufgegliedert die
erbrachten Mengen zu nennen habe. Dies erlaube die Kontrolle der Rechnung und
bringe auch einen zusätzlichen Erkenntniswert gegenüber der Abnahme des Werkes.
Wenn etwa vereinbart sei, bestimmte Böden zu Fr. x/m2 mit einem bestimmten
Belag zu versehen, könne dies im Sinne der Art. 157 SIA-Norm 118 abgenommen
werden, auch wenn die effektive Fläche noch nicht ausgemessen ist. Der
Besteller könne auch ohne Ausmessung prüfen, ob der Belag alle Flächen deckt,
und ob er die verlangte Qualität aufweise. Der zu zahlende Betrag ergebe sich
erst später und unabhängig davon aus dem Ausmass multipliziert mit dem
Einheitspreis. Ausmasse hätten indessen für die Vergütung eines pauschal
vergebenen Werks oder Werk-Teils keine Bedeutung. Ebensowenig spiele es eine
Rolle, welche Subunternehmer welche Arbeiten beigetragen haben. Das möge für
den Besteller von Interesse gewesen sein beim Entscheid, ob er den offerierten
Pauschalpreis annehmen solle. Wenn das Werk aber erstellt und abgenommen sei,
gebe es keinen Spielraum mehr, weniger als den vereinbarten Pauschalpreis zu
zahlen.
Aus diesem Grund sei nicht erkennbar, welchen Sinn die Ziff. 7.2 des Vertrags
im Bereich der Pauschalvergaben habe. Nach Treu und Glauben sei die Klausel
daher für diese Teile des Werkvertrags nicht so zu verstehen, dass der
Unternehmer mehr Angaben liefern müsste als die Angabe des erstellten
Werkteils. Wenn die Beschwerdeführerin mehr wolle, verlange sie im Grunde, dass
die Beschwerdegegnerin die Unterlagen, die sie seinerzeit bei den
Vertragsverhandlungen der Beschwerdeführerin vorgelegt habe ("
Detaillierungsgrad der ... eingereichten Offerte") und welche diese also selber
in Besitz habe, noch einmal kopiere. Daran habe sie indessen kein
schützenswertes Interesse.
Die Beschwerdeführerin verweise darauf, sie habe in einem anderen Fall erst bei
der Kontrolle der Schlussrechnung erkannt, dass bestimmte Teile des Werkes
überhaupt nicht ausgeführt worden seien. Dies möge zutreffen. Wenn die
Unternehmerin darauf eingegangen sei, dann aber aus freien Stücken und
vielleicht im Hinblick auf eine weitere Zusammenarbeit mit der Bestellerin.
Nach der formrichtigen Abnahme sei die Bestellerin jedenfalls mit dem Einwand
nicht mehr zu hören, das Werk sei gar nicht vollständig erstellt worden. Dies
könne also nicht mehr Thema der Abrechnung sein. Beim Pauschalvertrag komme es
gerade nicht auf den Aufwand an, der für das Herstellen des vertragsgemässen
Ergebnisses nötig gewesen ist (Art. 371 OR). Mit diesem Einwand dringe die
Beschwerdeführerin demnach nicht durch.

5.2. Diese Erwägungen vermag die Beschwerdeführerin mit ihren Ausführungen vor
Bundesgericht nicht als bundesrechtswidrig auszuweisen:

5.2.1. Sie genügen bereits den formellen Anforderungen an eine
Beschwerdebegründung über weite Strecken nicht.
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen,
inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Dies bedeutet, dass die
Beschwerde auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids einzugehen und im
Einzelnen aufzuzeigen hat, worin eine Verletzung von Bundesrecht liegt. Die
beschwerdeführende Partei soll dabei in der Beschwerdeschrift nicht bloss die
Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut
bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten
Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 140 III 86 E. 2 S. 89, 115 E. 2 S.
116).
Diese Grundsätze lässt die Beschwerdeführerin bei ihrer Rüge, die Vorinstanz
habe zu Unrecht das Bestehen einer Pflicht zu detaillierter Abrechnung
verneint, weitgehend unbeachtet. Auf die Argumentation der Vorinstanz geht sie
nur scheinbar ein, ohne diese zu widerlegen. Stattdessen beharrt die
Beschwerdeführerin weitgehend auf ihren bereits in der ersten und anschliessend
auch in der zweiten Instanz eingenommenen Standpunkten, wobei sie ihre früheren
Rechtsschriften (namentlich die Berufungsschrift, aber auch die Klageantwort
und Duplik) teils wörtlich wiederholt. Damit verkennt die Beschwerdeführerin,
dass vor Bundesgericht - wie bereits vor dem Berufungsgericht (Urteile 4A_290/
2014 vom 1. September 2014 E. 3.1 und 5; 4A_651/2012 vom 7. Februar 2013 E.
4.3) - nicht einfach der vorinstanzliche Prozess fortgeführt oder gar
wiederholt wird, sondern die Erwägungen des angefochtenen Entscheids im Lichte
gezielt dagegen formulierter Rügen überprüft werden.

5.2.2. Abgesehen davon vermögen die Ausführungen in der Beschwerdeschrift auch
inhaltlich nicht zu überzeugen. Die Beschwerdeführerin will auf der
Durchsetzung des reinen Vertragswortlauts beharren, wenn sie geltend macht,
dass "angesichts des klaren Wortlauts von Ziff. 7.2 GU-Vertrag (...) kein Raum
für eine Auslegung" bestehe und "eine vertragliche Bestimmung, um gültig zu
sein, keinen 'besonderen Sinn' haben" müsse. Entgegen ihrer Auffassung bildet
der Wortlaut bei der objektivierten Auslegung eines Vertrags aber lediglich die
Grundlage, nicht die Grenze der Auslegung. Mit ihrer Forderung nach einer
Durchsetzung des blossen Vertragswortlauts scheint die Beschwerdeführerin eine
reine Buchstabenauslegung zu verlangen, was unzulässig ist (BGE 133 III 61 E.
2.2.1 S. 67; 127 III 444 E. 1b S. 445).
Schliesslich legt die Beschwerdeführerin zwar des Langen und Breiten dar, worin
aus ihrer Sicht der Sinn einer detaillierten Schlussabrechnung "im
Detaillierungsgrad der von der GU eingereichten Offerte " auch bei
Pauschalvergaben bestehe; sie vermag dabei jedoch nicht überzeugend darzulegen,
inwiefern ihr der angeblich zu geringe Detaillierungsgrad der Schlussabrechnung
zum Nachteil gereicht hätte. Auch in diesem Zusammenhang gilt, dass eine
angebliche Rechtsverletzung bei der (objektivierten) Auslegung eines Vertrags
erst dann zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen kann, wenn sich der
Fehler im konkreten Fall in einem unrichtigen Entscheidergebnis niederschlägt.
Zudem mutet widersprüchlich an, wenn die Beschwerdeführerin das Werk zwar
zunächst bis auf einige Vorbehalte abnimmt, um dann im Nachhinein geltend zu
machen, der "Detaillierungsgrad " der Schlussabrechnung sei zu gering, weshalb
die Nachtragsforderungen "nicht fällig" seien. Die Vorinstanz hat zutreffend
darauf hingewiesen, dass die Schlussabrechnung nicht dazu dienen kann, die
formrichtige Abnahme nachträglich wieder in Frage zu stellen.

6.
Die Beschwerdeführerin rügt schliesslich, die Vorinstanz habe Art. 120 Abs. 1
OR verletzt, indem sie die von der Beschwerdeführerin eventualiter erhobene
Einrede der Verrechnung mit Gegenforderungen aus dem Totalunternehmer-Vertrag
betreffend den Neubau des Stadions H.________ nicht zugelassen habe.

6.1. Im Verfahren betreffend das Projekt H.________ hat die Beschwerdegegnerin
eine Forderung im Umfang von Fr. 22'954'484.10 eingeklagt. Die
Beschwerdeführerin bestritt die eingeklagte Forderung und erhob mit ihrer
Klageantwort vom 4. Mai 2011 für den Fall, dass diese sich wider Erwarten als
begründet erweisen sollte, die Einrede der Verrechnung mit Guthaben aus den
Nachträgen 16 und 17 des Projektes H.________ im Umfang von Fr. 2'791'457.54.
Im vorliegenden Verfahren betreffend die Wohnsiedlung G.________ hat die
Beschwerdegegnerineine Forderung im Umfang von Fr. 289'260.58 eingeklagt. Auch
diese Forderung bestritt die Beschwerdeführerin und erhob in ihrer Klageantwort
vom 25. August 2011 für den Fall, dass sich diese wider Erwarten als begründet
erweisen sollte, erneut die Einrede der Verrechnung mit Guthaben aus den
Nachträgen 16 und 17 des Projektes "H.________", dieses Mal im Umfang von Fr.
2'127'331.3.
Bei der zur Verrechnung gestellten Forderung handelt es sich sowohl gemäss den
Feststellungen der Vorinstanz als auch gemäss eigenen Angaben der
Beschwerdeführerin in der Klageantwort vom 26. August 2011 (Rz. 79 f.) um
dieselbe, mit der sie bereits im Verfahren betreffend das Projekt H.________
eventualiter die Verrechnungseinrede erhoben hat

6.2. Die Vorinstanz hielt fest, dass die Parteien im Vertrag "H.________" die
Anwendung der SIA-Norm 118 vereinbart hätten, deren Art. 153 vorsieht, dass der
Unternehmer in der Schlussabrechnung den Saldo aus den einzelnen Teilen der
Vergütung und den geleisteten Abschlagszahlungen bestimmt. Beim Vorgang der
Ermittlung des Saldos handle es sich gemäss der Vorinstanz um eine Verrechnung
im Sinne von Art. 120 OR. Nach der subsidiären gesetzlichen Regelung (Art. 124
Abs. 1 und 2 OR) bedürfe es zur Verrechnung zwar einer ausdrücklichen
Erklärung, welche dann zurückwirke. Nach der Regelung der SIA-Norm 118 erfolge
diese Verrechnungserklärung aber bereits mit dem Aufstellen und dem Übermitteln
der Schlussrechnung. Mit dieser gingen die einzelnen Positionen der
Schlussabrechnung unabhängig davon unter, ob sie berechtigt sind oder nicht.
Auch wenn es dafür wie bei jedem Abrechnungssaldo allenfalls der Diskussion
einzelner Positionen bedürfe, werde lediglich noch der Saldo bereinigt. lm
Rahmen jener Bereinigung werde abgeklärt, welche Positionen berechtigt,
teilweise berechtigt oder unberechtigt seien. Gestützt auf diese Überlegungen
kam die Vorinstanz zum Schluss, dass die Beschwerdeführerin "wegen des
vereinbarten Systems der Schlussabrechnung" nicht mehr mit einzelnen Elementen
der Schlussabrechnung verrechnen dürfe. Die Verrechnung könne daher "nicht
zugelassen" werden.

6.3. Art. 153 Abs. 1 der vorliegend anwendbaren SIA-Norm 118 lautet wie folgt:

"Die Schlussabrechnung im Sinne dieser Norm ist jene Abrechnung des
Unternehmers, die den Teil der Vergütung feststellt, der sich nach den
vereinbarten Einheits-, Global- und Pauschalpreisen bestimmt
(Schlussabrechnungssumme). Bei Leistungen zu Einheitspreisen erfolgt die
Feststellung auf Grund der endgültigen Ausmasse. Wurden Abschlagszahlungen
geleistet, so bestimmt die Schlussabrechnung ausserdem den zugehörigen Saldo
(Schlussabrechnungssumme abzüglich früher fällig gewordener, geleisteter oder
nicht geleisteter Abschlagszahlungen)."

Dass dieser Artikel eine Verrechnungsabrede beinhalte, wird - wie die
Beschwerdeführerin zu Recht moniert - in der einschlägigen Literatur zu Art.
153 der SIA-Norm 118 nicht vertreten. Weder in der Kommentierung von SPIESS/
HUBER (Norm SIA 118, Stämpflis Handkommentar, 2014) noch in jener von
SCHUMACHER (in: GAUCH [Hrsg.], Kommentar zur SIA-Norm 118, Art. 38-156, 1992)
finden sich entsprechende Ausführungen. Es wird zwar darauf hingewiesen, dass
mit der Schlussabrechnung "die Abrechnungsforderung des Unternehmers für feste
Preise" ermittelt werde ( SPIESS/HUBER, a.a.O., N. 4 zu Art. 153), nicht
jedoch, dass dabei allfällige Gegenforderungen der Bestellerin durch
Verrechnung getilgt würden. Ebensowenig wird vertreten, dass die Norm ein
Verrechnungsverbot statuieren würde. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach die
Parteien mit der SIA-Norm 118 ein "System der Schlussabrechnung" vereinbart
hätten, das einer Verrechnung mit Forderungen der Bestellerin entgegenstehe,
vermag mithin nicht zu überzeugen. Mit dieser Argumentation lässt sich nicht
begründen, weshalb die Verrechnung "nicht zugelassen" bzw. der Bestand der
Verrechnungsforderung nicht beurteilt werden sollte.

6.4. Angesichts dessen, dass es sich bei der vorliegenden Verrechnungsforderung
um dieselbe handelt, welche die Beschwerdeführerin bereits im Prozess
betreffend das H.________-Stadion eventualiter zur Verrechnung gestellt hatte,
führte die Vorinstanz ergänzend aus, dass die Verrechnungseinrede zwar keine
Rechtshängigkeit zur Folge habe, der Sinn der Ausschlusswirkung im Sinne von
Art. 59 Abs. 2 lit. d ZPO bzw. Art. 64 Abs. 1 lit. a ZPO aber auch in diesem
Zusammenhang gelte: Es sollen nicht über die gleiche Sache zwei verschiedene
Prozesse geführt werden. Es bestehe ein Bedürfnis, dass sich weder die
Gegenpartei noch die Gerichte in zwei verschiedenen Verfahren mit der
identischen Sache, also der Verrechnungsforderung, befassen müssten.

6.5. Nach der herrschenden Lehre wird die in einem Prozess erhobene
Verrechnungseinrede zwar nicht von der Rechtshängigkeit i.S. von Art. 62 ZPO
erfasst (Isabelle Berger-Steiner, in: Berner Kommentar, 2012, N. 13 zu Art. 62
ZPO; Markus Müller-Chen, in: Brunner et al. [Hrsg.], Schweizerische
Zivilprozessordnung, Kommentar, 2011, N. 36 zu Art. 62 ZPO; Prisca Schleiffer
Marais, in: Baker&McKenzie [Hrsg.], Schweizerische Zivilprozessordnung, 2010,
N. 1 zu Art. 62 ZPO; Staehelin/Staehelin/Grolimund, Zivilprozessrecht, 2.
Aufl., 2013, § 12 N. 2; Corinne Zellweger-Gutknecht, in: Berner Kommentar,
2012, N. 175 ff. der Vorbemerkungen zu Art. 120 - 126 OR; aus der Lehre zu den
kantonalen Zivilprozessordnungen sodann Guldener, a.a.O., S. 233 f.; ihm
folgend Leuch et al., Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5. Aufl.,
2000, N. 6b zu Art. 160 ZPO/BE; Christoph Zimmerli, Die Verrechnung im
Zivilprozess und in der Schiedgerichtsbarkeit, 2003, S. 105; Luc Pittet,
Compétence du juge et de l'arbitre en matière de compensation, 2001, N. 121;
Hans Gautschi, Verrechnungseinrede und Widerklage im schweizerischen
Prozessrecht, 1946, S. 80; a.M. - d.h. für Rechtshängigkeit der
Verrechnungsforderung - hingegen Georg Leuch, Die Zivilprozessordnung für den
Kanton Bern, 3. Aufl., 1956, N. 4 zu Art. 160 ZPO/BE; Peter Lyssy, Die
Rechtshängigkeit im Zivilprozess der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft,
1987, S. 72; Bruno Haberthür, Praxis zur Basler Zivilprozessordnung mit
Erläuterungen, Stand Okt. 1964, I. Teil, S. 394 f.; wohl auch Jean-Marc
Reymond, L'exception de litispendance, 1991, S. 224 f.). Es ist aber aus
prozessökonomischen Gründen und wegen der Gefahr widersprüchlicher Urteile
nicht hinnehmbar, dass sich mehrere Gerichte bzw. Spruchkörper parallel mit der
identischen Verrechnungsforderung auseinanderzusetzen haben, wenn diese von der
beklagten Partei in mehreren Prozessen gegen die gleiche Klägerin im Rahmen von
Eventualverrechnungen als Verteidigungsmittel eingesetzt wird (vgl. Corinne
Zellweger-Gutknecht, in: Berner Kommentar, 2012, N. 177 der Vorbemerkungen zu
Art. 120-126 OR; in diesem Sinne wohl auch Wolfgang Peter, in: Basler
Kommentar, 5. Aufl., 2011, N. 4 vor Art. 120 - 126 OR). In einem solchen Fall
sind die Verfahren vielmehr so zu koordinieren, dass das gleiche Prozessthema
nicht doppelt beurteilt wird. Dies kann etwa durch eine Prozessüberweisung
gestützt auf Art. 127 Abs. 1 ZPO oder eine Verfahrensvereinigung gestützt auf
Art. 125 lit. c ZPO geschehen. Ebenfalls denkbar ist eine Sistierung des
Zweitprozesses gestützt auf Art. 126 ZPO, wobei diese Lösung in einem
Spannungsfeld zum verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebot nach Art. 29 Abs.
1 BV bzw. Art. 6 Ziff. 1 EMRK steht und von der beklagten Partei im Rahmen
einer (missbräuchlichen) Verschleppungstaktik ausgenützt werden kann. In der
Lehre wird daher zu Recht die Prozessüberweisung bzw. - wenn die Verfahren beim
gleichen Gericht hängig sind - die Verfahrensvereinigung nach Art. 125 lit. c
ZPO als Mittel der ersten Wahl bezeichnet (vgl. Zellweger-Gutknecht, a.a.O., N.
178 ff. der Vorbemerkungen zu Art. 120 - 126 ZPO).

6.6. Die Beschwerdeführerin hat vorliegend die Eventualverrechnungseinreden in
zwei Verfahren erhoben, die beide beim Bezirksgericht Zürich anhängig gemacht
wurden. Sie hat zwar keinen Anspruch auf eine doppelte Beurteilung des gleichen
Prozessthemas, sehr wohl aber auf eine einmalige Beurteilung ihrer
Verrechnungsforderung, wenn - wie hier - in mindestens einem der beiden
Verfahren der Bestand der eingeklagten Forderung ganz oder teilweise bejaht
wird. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und die Sache an die
Vorinstanz zur neuen Beurteilung der Verrechnungseinrede zurückzuweisen. Die
Vorinstanz wird dabei das Verfahren betreffend das Stadion H.________ und das
vorliegende Verfahren betreffend die Wohnsiedlung G.________ zu koordinieren
haben, wobei in Übereinstimmung mit der Lehre eine Verfahrensvereinigung im
Vordergrund stehen dürfte.

7.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens erscheint es gerechtfertigt, die Kosten für
das bundesgerichtliche Verfahren den Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen und
die Parteikosten wettzuschlagen (Art. 66 Abs. 1 und 68 Abs. 1 und 2 BGG).

 

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, der angefochtene Entscheid wird
aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- werden den Parteien je hälftig auferlegt.

3. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. November 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Hurni

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