Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.182/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_182/2015

Urteil vom 19. Mai 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Leemann.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Georges Chanson,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________,
vertreten durch Advokat Dr. Reto Krummenacher,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Zivilprozess; Rechtzeitigkeit einer Eingabe,

Beschwerde gegen den Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, vom 6. Februar 2015.

Sachverhalt:

A.
B.________ (Klägerin, Beschwerdegegnerin) erhob am 15. Februar 2013 beim
Zivilgericht Basel-Stadt Klage gegen die A.________ AG (Beklagte,
Beschwerdeführerin) im Zusammenhang mit einem Mietverhältnis. Die Beklagte
erhob Widerklage.
Im Rahmen der Instruktion dieses Entscheids stellte das Zivilgericht
Basel-Stadt mit Verfügung vom 31. Oktober 2014 fest, dass die Beklagte innert
peremptorischer Frist bis 24. Oktober 2014 keine Duplik und Widerklagereplik
eingereicht hatte, und es wies die elektronisch eingereichte Eingabe der
Beklagten als verspätet aus dem Recht. Entsprechend wurde der Schriftenwechsel
geschlossen.

B.
Eine von der Beklagten gegen die Verfügung des Zivilgerichts Basel-Stadt vom
31. Oktober 2014 erhobene Beschwerde wies das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt mit Entscheid vom 6. Februar 2015 ab. Die Gerichtskosten auferlegte
es der Beklagten, die es zudem zur Zahlung einer Parteientschädigung an die
Klägerin verpflichtete.
Das Appellationsgericht erwog im Wesentlichen, nach Art. 143 Abs. 2 ZPO sei bei
der elektronischen Übermittlung die Frist eingehalten, wenn der Empfang bei der
Zustelladresse des Gerichts spätestens am letzten Tag der Frist durch das
betreffende Informatiksystem bestätigt worden sei. Entscheidend sei demnach das
Datum der Bestätigung des Empfangs, nicht das Datum des Empfangs selbst. Im
konkreten Fall sei die Bestätigung der Zustellplattform des Zivilgerichts am
25. Oktober 2014 um 00.01 und 11 Sekunden erfolgt, somit nach Fristablauf. Die
geltende Regelung in Art. 143 Abs. 2 ZPO biete für das abweichende
Auslegungsergebnis der Beklagten keinen Raum. Sie habe die Rechtsschrift daher
zu spät eingereicht.

C.
Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beklagte dem Bundesgericht im
Wesentlichen, es sei der angefochtene Entscheid des Appellationsgerichts des
Kantons Basel-Stadt vom 6. Februar 2015 aufzuheben und es seien ihre Duplik und
Widerklagereplik an das Zivilgericht Basel-Stadt als rechtzeitig zuzulassen.
Eventualiter sei nur die Kosten- und Entschädigungsregelung des angefochtenen
Entscheids aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung über die Kosten- und
Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 133 E. 1 S. 133 mit
Hinweisen).

1.1. Die Beschwerde in Zivilsachen ist zulässig gegen Endentscheide, mithin
solche, die das Verfahren abschliessen (vgl. BGE 135 III 212 E. 1.2 S. 216; 134
III 426 E. 1.1 S. 428; 133 III 393 E. 4 S. 396), sei es insgesamt (Art. 90
BGG), sei es hinsichtlich eines Teils der gestellten, unabhängig von den
anderen beurteilbaren Begehren oder für einen Teil der Streitgenossen (Art. 91
BGG; dazu BGE 135 III 212 E. 1.2 S. 217 ff.).
Beim angefochtenen Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
vom 6. Februar 2015 handelt es sich weder um einen Endentscheid (Art. 90 BGG)
noch um einen Teilentscheid (Art. 91 BGG), sondern um einen Zwischenentscheid
im Sinne von Art. 93 BGG. Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung
trifft dies nicht nur hinsichtlich der Nichtzulassung der elektronischen
Eingabe, sondern auch für die Kostenregelung zu. Nach der Praxis des
Bundesgerichts gilt auch die in einem Zwischenentscheid enthaltene Regelung der
Kosten- und Entschädigungsfolgen als Zwischenentscheid. Daran ändert nichts,
dass für das Beschwerdeverfahren vor dem Appellationsgericht endgültig über die
Prozesskosten entschieden wurde. Die Regelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen ist immer ein Nebenpunkt zur Hauptsache (vgl. Art. 51 Abs.
3 BGG), weshalb die Kosten- und Entschädigungsregelung in einem
Zwischenentscheid ebenfalls nur einen Zwischenentscheid bildet (BGE 138 III 94
E. 2.3; 135 III 329 E. 1.2 S. 331; 133 V 645 E. 2.1).
Der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie vorbringt, die im
Zwischenentscheid getroffene Regelung der Prozesskosten könne später nicht mehr
mit dem Endentscheid in der Sache angefochten werden, wenn sich die angeblich
verpasste Frist nicht im Sinne von Art. 93 Abs. 3 BGG auf den Inhalt des
Endentscheids auswirken würde, wie etwa bei einem Rückzug der Klage, bei einer
Nichtweiterführung des Prozesses bei allfälligem Konkurs der Beschwerdegegnerin
oder bei Obsiegen der Beschwerdeführerin im Prozess trotz eingeschränktem
Vorbringen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann die Regelung der
Kosten- und Entschädigungsfolgen im Zwischenentscheid noch nach Ergehen des
Endentscheids angefochten werden, auch wenn sich die Nebenfolgen des
Zwischenentscheids im Grunde nicht auf den Inhalt des Endentscheids auswirken
(dazu BGE 135 III 329 E. 1.2.2 S. 333 mit Hinweisen). Eine Anfechtung des
Kostenentscheids mit selbständiger Kostenbeschwerde ist demnach im Anschluss an
einen Endentscheid möglich, falls dieser die betreffende Partei nicht belastet
und sie keinen Anlass hat, diesen mitanzufechten (Urteile 4A_562/2014 vom 20.
Februar 2015 E. 1.2; 4A_307/2014 vom 17. September 2014 E. 1.4; 4A_146/2011 vom
12. Mai 2011 E. 1.2; vgl. auch BGE 139 V 600 E. 2.3 a.E.).
Obwohl die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid auch die Prozesskosten für das
Beschwerdeverfahren geregelt hat, bleibt es somit dabei, dass es sich um einen
Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG handelt, dessen Anfechtung nur
eingeschränkt zulässig ist.

1.2. Gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, die weder die
Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen (vgl. Art. 92 BGG), ist die
Beschwerde gemäss Art. 93 BGG - von der hier ausser Betracht fallenden
alternativen Voraussetzung nach Abs. 1 lit. b abgesehen - nur zulässig, wenn
sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG). Dabei muss es sich um einen Nachteil rechtlicher Natur handeln,
der auch durch einen für die beschwerdeführende Partei günstigen Endentscheid
nicht mehr behoben werden kann (BGE 140 V 321 E. 3.6 S. 326; 139 IV 113 E. 1 S.
115; 139 V 604 E. 3.2; 138 III 333 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Rein
tatsächliche Nachteile wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens
reichen nicht aus (BGE 138 III 190 E. 6 S. 192; 137 III 380 E. 1.2.1; je mit
Hinweisen).
Die selbständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus
prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das
Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 139 IV 113
E. 1 S. 115; 138 III 94 E. 2.1; 135 I 261 E. 1.2; 134 III 188 E. 2.2). Die
Ausnahme ist restriktiv zu handhaben (BGE 138 III 94 E. 2.2; 134 III 188 E.
2.2). Dementsprechend obliegt es der beschwerdeführenden Partei, detailliert
darzutun, dass die Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 BGG erfüllt sind,
soweit deren Vorliegen nicht offensichtlich in die Augen springt (BGE 138 III
46 E. 1.2 S. 47; 137 III 324 E. 1.1 S. 328 f., 522 E. 1.3 a.E.).

1.3. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist die in einem
Zwischenentscheid enthaltene Regelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen
nicht geeignet, einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93
Abs. 1 lit. a BGG zu bewirken (BGE 138 III 46 E. 1.2 S. 47; 135 III 329 E.
1.2.2 S. 333 f.).
Ebenso wenig kann ihrer Ansicht gefolgt werden, mit der Nichtzulassung der
strittigen Eingabe infolge Verspätung liege ein nicht wieder gutzumachender
Nachteil nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vor, zumal die entsprechenden
Behauptungen, Bestreitungen und Beweisanträge der Beschwerdeführerin bei der
Entscheidfindung nicht berücksichtigt würden, was sich besonders akzentuiere,
weil erstinstanzlich auch über eine Widerklage zu entscheiden sei, und der
verfügte Abschluss des Schriftenwechsels überdies die Postulationsrechte der
Beschwerdegegnerin verkürze. Abgesehen davon, dass in der angeblichen
Verkürzung der Verfahrensrechte der Gegenpartei von vornherein keine
Benachteiligung der Beschwerdeführerin erblickt werden kann, die eine
Anfechtung rechtfertigen könnte, handelt es sich bei den ins Feld geführten
Nachteilen nicht um solche, die auch durch einen für die Beschwerdeführerin
günstigen Entscheid in der Zukunft nicht mehr behoben werden könnten (vgl. etwa
Urteil 4A_339/2013 vom 8. Oktober 2013 E. 2 mit Hinweisen).
Der gerügte Verfahrensmangel kann mit Beschwerde gegen den Endentscheid geltend
gemacht werden, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG).
Der Umstand, dass es sich bei der Rechtzeitigkeit der elektronischen Eingabe
nach Art. 143 Abs. 2 ZPO (SR 272) um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung handelt, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, ist nach Art. 74
Abs. 2 lit. a BGG lediglich im Zusammenhang mit der Streitwertgrenze von
Bedeutung, nicht jedoch im Hinblick auf die Zulässigkeit der Beschwerde nach
Art. 93 Abs. 1 BGG.
Die Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit eines Zwischenentscheids nach Art.
93 Abs. 1 BGG sind nicht erfüllt. Die Beschwerde erweist sich demnach als
unzulässig und es ist darauf nicht einzutreten.

2.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. Mit dem Entscheid in der Sache wird
das Gesuch der Beschwerdeführerin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung
gegenstandslos.
Dem Verfahrensausgang entsprechend wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine
Parteientschädigung, da ihr aus dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand
erwachsen ist (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Mai 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Leemann

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