Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.141/2015
Zurück zum Index I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015
Retour à l'indice I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_141/2015

Urteil vom 25. Juni 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Hohl, Niquille,
Gerichtsschreiber Th. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Dübendorfer,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Auftrag,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer,
vom 21. Januar 2015.

Sachverhalt:

A.
Die Präsidentin des Bezirksgerichts Aarau (im Folgenden: das Bezirksgericht)
verpflichtete A.________ (Beklagter, Beschwerdeführer) mit Urteil vom 18.
September 2014, B.________ (Kläger, Beschwerdegegner) aus einem Anwaltsmandat
Fr. 9'648.80 nebst Zins zu 5 % seit 30. Januar 2010 und Fr. 667.35 nebst Zins
zu 5 % seit dem 21. Oktober 2010 zu bezahlen. Auf eine Widerklage des Beklagten
trat das Gericht nicht ein.
Das im Dispositiv ausgefertigte Urteil wurde dem Beklagten via Publikation vom
3. Oktober 2014 im Amtsblatt des Kantons Aargau eröffnet.

B.
Am 29. Oktober 2014 (Postaufgabe am 1. November 2014) reichte der Beklagte beim
Obergericht des Kantons Aargau eine als "Beschwerde" bezeichnete Eingabe ein,
in der er sinngemäss die Aufhebung des Urteils vom 18. September 2014
beantragte.
Das Obergericht wies den Beklagten mit Schreiben vom 12. November 2014 darauf
hin, dass das nur im Dispositiv, ohne Begründung ergangene Urteil vom 18.
September 2014 kein einem Rechtsmittel zugängliches Anfechtungsobjekt sei,
worauf der Beklagte diverse weitere Eingaben einreichte und erklärte, er halte
an seiner Eingabe vom 29. Oktober 2014 fest. Mit Urteil vom 21. Januar 2015
trat das Obergericht auf die genannte Eingabe nicht ein.

C.
Der Beklagte beantragt mit Beschwerde vom 6. März 2015, das Urteil des
Obergerichts vom 21. Januar 2015, den Entscheid des Bezirksgerichts vom 18.
September 2014 und eine Verfügung des Bezirksgerichts Aarau vom 9. Mai 2014
aufzuheben.
Der Kläger schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten
werde. Die Vorinstanz verzichtete auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde.
Der Beschwerdeführer reichte eine Replik ein.
Mit Präsidialverfügung vom 22. Mai 2015 wurde das Gesuch des Beschwerdeführers,
es sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen, abgewiesen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde an das Bundesgericht ist nur gegen Entscheide letzter kantonaler
Instanzen, des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundespatentgerichts zulässig
(Art. 75 Abs. 1 und Art. 114 BGG). Soweit der Beschwerdeführer die Aufhebung
des Urteils des Bezirksgerichts vom 18. September 2014 und von dessen Verfügung
vom 9. Mai 2014 beantragt, kann auf seine Beschwerde nicht eingetreten werden
(vgl. immerhin die nachfolgende Erwägung 3 betreffend einer Feststellung der
Nichtigkeit von Entscheiden).
Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen einer Beschwerde an das Bundesgericht
sind grundsätzlich erfüllt. Ob für die Zulässigkeit der Beschwerde in
Zivilsachen die Streitwertgrenze nach Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG erreicht ist
oder sich - wie vom Beschwerdeführer behauptet - eine Rechtsfrage von
grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG stellt, kann
vorliegend offen bleiben, da der Beschwerdeführer, soweit entscheidwesentlich,
nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte rügt. Die
Begründungsanforderungen an solche Rügen und die Kognition des Bundesgerichts
bei deren Beurteilung unterscheiden sich im Rahmen der Beschwerde in
Zivilsachen und im Rahmen der - bei Nichterreichen der Streitwertgrenze nach
Art. 113 BGG und Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung
gegebenen - subsidiären Verfassungsbeschwerde nicht (vgl. Art. 106 Abs. 2 in
Verbindung mit Art. 117 BGG sowie Art. 95 und 116 BGG).

2.
Der Beschwerdeführer bringt sinngemäss vor, er habe seit 2006 Wohnsitz in
Australien und in der Klageschrift des Beschwerdegegners vom 6. September 2013
sei als seine Adresse korrekt U.________ angegeben. Er habe vom Bezirksgericht
am 18. Februar 2014 an seiner australischen Wohnadresse eine eingeschriebene
Briefpostsendung erhalten, die sechs Dokumente, u.a. zwei gerichtliche
Verfügungen und ein undatiertes Begleitschreiben enthalten habe. Keines der
erhaltenen Dokumente habe eine Anweisung im Sinne von Art. 140 ZPO enthalten,
dass der Beschwerdeführer ein Zustelldomizil in der Schweiz bezeichnen solle.
Mit Schreiben vom 6. März 2014 habe der Beschwerdeführer beim Bezirksgericht
eine Klageantwort und "Gegenklage" eingereicht und dabei u.a. vermerkt, dass
seine Postfach-Adresse in Australien für die Zustellung von (Gerichts-)
Unterlagen am besten sei. Obwohl das Bezirksgericht den Beschwerdeführer nie
zur Bezeichnung einer Zustelladresse in der Schweiz aufgefordert habe, habe es
am 9. Mai 2014 eine Verfügung erlassen, in der es willkürlich festgestellt
habe, dass der Beschwerdeführer "innert Frist kein Zustellungsdomizil in der
Schweiz angegeben habe". Diese Verfügung sei ihm gegenüber einzig durch
Publikation im Amtsblatt des Kantons Aargau vom 16. Mai 2014 eröffnet und er
sei - obwohl sowohl die Wohn-, Post-, und E-Mail-Adresse des Beschwerdeführers
bekannt gewesen seien - in keiner Weise auf die Verfügung aufmerksam gemacht
worden, weshalb sie ihm (wie auch die darin enthaltene Aufforderung zur
Leistung eines Kostenvorschusses für seine Widerklage) unbekannt geblieben sei;
er habe keinen Anlass oder Pflicht gehabt, die Publikationen im Amtsblatt zu
verfolgen.
In der Folge sei dem Beschwerdeführer, so dieser weiter, auch unbekannt
geblieben, dass das Bezirksgericht am 18. September 2014 einen Entscheid in der
Sache gefällt habe, der am 3. Oktober 2014 im Amtsblatt des Kantons Aargau
publiziert worden sei, weshalb er auch nicht innerhalb von 10 Tagen ab der
Publikation im Sinne von Art. 239 Abs. 2 ZPO eine Begründung des Entscheides
habe verlangen können. Ihm gegenüber sei erstmals in einer E-Mail, die er am
22. Oktober 2014 vom Beschwerdegegner erhalten habe, erwähnt worden, dass das
Bezirksgericht einen Entscheid getroffen habe. In seiner Eingabe vom 29.
Oktober 2014 an das Obergericht habe er um Wiederaufnahme des erstinstanzlichen
Verfahrens bzw. um Revision des Urteils des Bezirksgerichts vom 18. September
2014 ersucht. Er habe geltend gemacht, das Bezirksgericht behaupte zu Unrecht,
ihn zur Bezeichnung einer Zustelladresse in der Schweiz aufgefordert zu haben.
In einer weiteren Eingabe vom 12. November 2014 habe er eine ungenügende
Zustellung der erstinstanzlichen Entscheide gerügt. Mit Eingabe vom 21.
November 2014 (vom Bezirksgericht zuständigkeitshalber an das Obergericht
weitergeleitet) habe er dargelegt, weshalb eine direkte postalische Zustellung
von Gerichtsdokumenten nach Australien durch ein schweizerisches Gericht
völkerrechtlich unzulässig sei. Die Vorinstanz habe mit ihrem Untätigbleiben
zwei Fehler der Erstinstanz perpetuiert und damit insbesondere den Anspruch des
Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör und Völkerrecht verletzt: Zum einen die
Publikation der bezirksgerichtlichen Verfügung vom 9. Mai 2014 und des Urteils
vom 18. September 2014 im Amtsblatt des Kantons Aargau, obwohl der
Beschwerdeführer vom Bezirksgericht nie zur Bezeichnung eines
Zustellungsdomizils aufgefordert worden sei. Zum anderen die Annahme, eine
Zustellung von schweizerischen Gerichtsdokumenten an eine in Australien
wohnhafte Person per gewöhnlicher Briefpost sei zulässig.

3.
Nach diesen Vorbringen stellt sich die Frage, ob das Urteil des Bezirksgerichts
vom 18. September 2014 dem Beschwerdeführer mangelhaft eröffnet wurde, indem es
im Amtsblatt des Kantons Aargau vom 3. Oktober 2014 publiziert wurde, und ob
das Urteil mit schweren Verfahrensmängeln behaftet ist, weil der
Beschwerdeführer daran gehindert wurde, sich am Verfahren zu beteiligen und
seinen Standpunkt wirksam einzubringen.
Aus der mangelhaften Eröffnung eines Entscheides darf der betroffenen Partei
kein Nachteil entstehen, wobei es sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz
handelt (vgl. z.B. Art. 49 BGG; Art. 38 VwVG; BGE 122 I 97 E. 3a/aa S. 99;
Urteile 2C_596/2014 vom 6. März 2015 E. 3.3.3; 5A_545/2012 vom 21. Dezember
2012 E. 5.1, je mit Hinweisen). Konkret würde dies vorliegend bedeuten, dass
die Fristen für den Beschwerdeführer, um eine Begründung des Urteils des
Bezirksgerichts zu verlangen und dieses anzufechten, nicht zu laufen begonnen
haben.
In der Rechtsprechung im Zivilrecht wird überdies Nichtigkeit einer
Entscheidung angenommen, wenn die betroffene Person von der Verfahrenseröffnung
gar keine Kenntnis und damit keine Gelegenheit erhalten hat, an einem gegen sie
laufenden Verfahren teilzunehmen (BGE 136 III 571 E. 6.2 und 6.3 S. 574; 129 I
361 E. 2.2 S. 364). Entscheide, die der betroffenen Person nicht eröffnet
worden sind, entfalten grundsätzlich keine Rechtswirkungen und können nicht
vollstreckt werden (BGE 122 I 97 E. 3a/bb S. 99; Urteil 5D_141/2014 vom 22.
Januar 2015 E. 7.1, zur Publikation bestimmt). Die Nichtigkeit eines
staatlichen Aktes ist allerdings nicht leichthin anzunehmen. Nichtigkeit, d.h.
die absolute Unwirksamkeit einer Entscheidung, wird nur angenommen, wenn der
ihr anhaftende Mangel besonders schwer wiegt, wenn er offensichtlich oder
zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die
Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (vgl. BGE 129 I 361 E.
2.1 S. 363 f.; 130 III 430 E. 3.3 S. 434; 122 I 97 E. 3a/aa S. 99). Ausser in
Fällen, in denen das Gesetz ausdrücklich die Nichtigkeitsfolge vorsieht, ist
daher nur von der Nichtigkeit auszugehen, wenn angesichts der Umstände die
Möglichkeit der Anfechtung des Aktes nach Treu und Glauben offensichtlich nicht
den notwendigen Schutz bietet, was namentlich bei besonders schweren
Verfahrensmängeln der Fall sein kann (BGE 129 I 361 E. 2.1 S. 364; 122 I 97 E.
3a/aa S. 99; Urteil 5A_364/2012 vom 20. Dezember 2012 E. 5.2.1, je mit
Hinweisen). Eine Nichtigkeit ist jederzeit und von sämtlichen rechtsanwendenden
Behörden von Amtes wegen zu beachten; sie kann auch im Rechtsmittelverfahren
festgestellt werden (BGE 137 III 217 E. 2.4.3 S. 226; 132 II 342 E. 2.1; 129 I
361 E. 2; 122 I 97 E. 3a).
Demnach ist vorliegend der Frage nachzugehen, ob die Vorinstanz nach den
Vorbringen des Beschwerdeführers Anlass gehabt hätte, zu prüfen, ob das Urteil
des Bezirksgerichts mangelhaft eröffnet worden war oder gar infolge besonders
schwerer Verfahrensmängel nichtig ist, und ob die Vorinstanz eine
Gehörsverletzung durch das Bezirksgericht perpetuierte, indem sie auf die
Vorbringen des Beschwerdeführers nicht einging und auf sein Rechtsmittel nicht
eintrat.

4.
Die Vorinstanz stellte fest, das Urteil des Bezirksgerichts sei dem
Beschwerdeführer durch Publikation im Amtsblatt des Kantons Aargau vom 3.
Oktober 2014 im Dispositiv eröffnet worden. Es ist unbestritten und geht aus
den vom Beschwerdeführer angerufenen Aktenstücken hervor, dass das
Bezirksgericht sein Urteil, wie auch diesem vorangegangene Verfügungen durch
Publikation im Amtsblatt eröffnete, nachdem es mit Verfügung vom 17. April/9.
Mai 2014 festgestellt hatte, dass der Beschwerdeführer im Sinne von Art. 141
Abs. 1 lit. c ZPO innert Frist kein Zustellungsdomizil in der Schweiz
bezeichnet habe.
Die Eröffnung von Entscheiden durch Veröffentlichung im Amtsblatt gestützt auf
die genannte Bestimmung setzt voraus, dass der Adressat vorgängig in
rechtskonformer Weise angewiesen wurde, ein schweizerisches Zustellungsdomizil
zu bezeichnen und auf die Säumnisfolgen für den Fall der Unterlassung
hingewiesen wurde (Eva-Maria Stobel, in: Schweizerische Zivilprozessordnung,
Baker & Mc Kenzie [Hrsg.], 2010, N. 21 zu Art. 141 ZPO; François Bohnet, in:
Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 10 zu
Art. 141 ZPO; Lukas Huber, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO],
Kommentar, Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 17 zu Art. 141 ZPO; Nina J.
Frei, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 10 zu
Art. 141 ZPO).
Weiter ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer bezeichneten Aktenstücken und
ist vorliegend unbestritten, dass er sich vor der Vorinstanz darauf berufen
hat, vom Bezirksgericht nie zur Bezeichnung eines Zustellungsdomizils
aufgefordert worden zu sein; er habe seit der Zustellung der Klage am 18.
Februar 2014 - die unzulässigerweise auf dem Postweg statt auf dem
Rechtshilfeweg erfolgt sei - nichts mehr vom Bezirksgericht gehört. Damit
stellte sich im vorinstanzlichen Verfahren unabhängig davon, ob das Urteil des
Bezirksgerichts, da bloss im Dispositiv vorliegend, als Anfechtungsobjekt eines
Rechtsmittels in Betracht fällt (Art. 239 Abs. 2 ZPO), die Frage, ob es
mangelhaft eröffnet wurde oder gar mit einem besonders schweren
Verfahrensmangel behaftet war, der dessen Nichtigkeit zur Folge hat. Denn wenn
es zutreffen sollte, dass der Beschwerdeführer nie rechtswirksam zur
Bezeichnung eines Zustellungsdomizils in der Schweiz aufgefordert wurde und die
verfahrensleitenden Verfügungen und das Endurteil des Bezirksgerichts dennoch
mangels Bezeichnung einer Zustelladresse durch Publikation im Amtsblatt
eröffnet wurden, hätte dies dazu geführt, dass sich der Beschwerdeführer nicht
(weiter) hätte am Verfahren beteiligen können, was eine schwere Verletzung
seines Anspruchs auf rechtliches Gehör bedeutete, die, wenn nicht zur
Nichtigkeit, so jedenfalls zur Aufhebung des Endurteils auf dessen Anfechtung
hin führte (vgl. die vorstehende Erwägung 3; Strobel, a.a.O., N. 21 zu Art. 141
ZPO; Bohnet, a.a.O., N. 10 zu Art. 141 ZPO; Roger Weber, in: ZPO, Oberhammer
[Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 98 ZPO). Auch der Eröffnung des Endurteils
durch Publikation käme diesfalls keinerlei Rechtswirkungen zu. Bei der
gegebenen Sachlage hätte für die Vorinstanz Anlass bestanden, diese Fragen und
eine allfällige Nichtigkeit des Urteils vom 18. September 2014 zu prüfen. Indem
sie dies unterliess, verletzte sie ihrerseits den Anspruch des
Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und ist ihr
Entscheid aufzuheben. Dementsprechend ist ihr Entscheid unter Gutheissung der
Beschwerde aufzuheben und die Sache zur entsprechenden Prüfung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

5.
Zu den vorstehend aufgeworfenen, von Amtes wegen zu prüfenden Fragen ist der
Vollständigkeit halber folgendes auszuführen:

5.1. Bei der gerichtlichen Aufforderung zur Bezeichnung eines
Zustellungsdomizils unter Androhung von Säumnisfolgen handelt es sich um einen
Rechtswirkungen nach sich ziehenden Hoheitsakt, der nach dem völkerrechtlichen
Prinzip der Souveränität grundsätzlich nicht auf dem Gebiete eines anderen
Staates vorgenommen werden darf (Laurent Merz, in: Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 29 zu Art. 39 BGG; Frei, a.a.O., N. 10
zu Art. 141 ZPO). Die Zustellung solcher Verfügungen hat demnach grundsätzlich
auf dem Rechtshilfeweg und nicht durch direkte postalische Zusendung zu
erfolgen (Merz, a.a.O., N. 34 zu Art. 39 BGG; vgl. auch Urteil 5P.73/2004 vom
4. Mai 2004 E. 2 und 2.2; a.M. Frei, a.a.O., N. 10 zu Art. 141 ZPO; Frank/
Sträuli/Messmer; Kommentar zur zürcherischen ZPO, 3. Aufl. 1997, N. 5 zu § 30
aZPO/ZH).
Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz in Australien
hat und vom Bezirksgericht nicht auf dem Rechtshilfeweg angewiesen wurde, ein
Zustellungsdomizil in der Schweiz zu bezeichnen. Die Parteien sind sich
indessen darüber uneinig, ob eine direkte Zustellung von gerichtlichen Urkunden
nach Australien auf dem Postweg zulässig ist.

5.1.1. Zwischen Australien und der Schweiz besteht kein bilaterales Abkommen
über die Zustellung gerichtlicher Urkunden. Namentlich enthält das
schweizerisch-britische Abkommen vom 3. Dezember 1937 über Zivilprozessrecht
(SR 0.274.183.671), das gestützt auf dessen Artikel 9 auf Australien ausgedehnt
wurde, keine diesbezüglichen Bestimmungen. Sowohl die Schweiz als auch
Australien sind dagegen dem Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die
Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in
Zivil- oder Handelssachen (HZÜ65; SR 0.274.131) beigetreten, weshalb sich die
Zustellung gerichtlicher Urkunden nach diesem Abkommen richtet.
Nach Art. 10 lit. a HZÜ65 schliesst das Übereinkommen nicht aus, dass
gerichtliche Schriftstücke an im Ausland befindliche Personen unmittelbar durch
die Post übersandt werden dürfen. Die Schweiz hat indessen gegen diese
Zustellungsform seit jeher einen Vorbehalt angebracht, so auch gegen Art. 8 und
10 HZÜ65 (AS 1995, S. 954; vgl. BGE 135 III 623 E. 2.2). Gestützt auf den
Grundsatz der Gegenseitigkeit, der in Art. 21 des Wiener Übereinkommens vom 23.
Mai 1969 über das Recht der Verträge (SR 0.111) statuiert ist, haben die
schweizerischen Behörden grundsätzlich davon abzusehen, Übermittlungswege zu
benutzen, die in der Schweiz unzulässig sind, sofern der Wohnsitzstaat des
Empfängers nicht darauf verzichtet hat, sich auf den Grundsatz der
Gegenseitigkeit zu berufen (Urteil 4A_399/2014 vom 11. Februar 2015 E. 2.1;
Bundesamt für Justiz, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen -
Wegleitung, 3. Auflage 2003 [Stand Januar 2013], S. 4). - An der Sitzung der
Haager Spezialkommission vom Oktober/November 2003 haben die anwesenden Staaten
erklärt, dass sie gegenüber Staaten, die Vorbehalte zu den Art. 8 und 10 HZÜ65
angebracht haben, kein Gegenrecht fordern würden (Conférence de la Haye de
droit international privé, Conclusions et recommandations adoptées par la
commission speciale [de 28 octobre au 4 novembre 2003] sur le fonctionnement
pratique des conventions apostille, obtention des preuves et notification,
2003, Ziff. 79, http://hcch.e-vision.nl/ upload/wop/lse_concl_f.pdf [besucht am
2. Juni 2015]). Eine Postzustellung aus der Schweiz in einen anderen
Vertragstaat ist demnach zulässig, wenn der ersuchte Staat einerseits keinen
Vorbehalt zu Art. 10 lit. a HZÜ65 erklärt hat und andererseits auf die
Anwendung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit verzichtet hat (Urteile 4A_399/
2014 vom 11. Februar 2015 E. 2.1; 5A_734/2012 vom 31. Mai 2013 E. 8.1 f.;
4A_581/2011 vom 26. September 2011 E. 7, mit Hinweisen).
Australien hat zwar gegen Art. 10 lit. a HZÜ65 keinen Vorbehalt angebracht,
sondern ausdrücklich erklärt, es widersetze sich Zustellungen auf dem Postweg
durch eingeschriebene Sendung mit Empfangsbestätigung nicht, soweit das Recht
des Staates, wo der Prozess stattfindet, solche erlaube (Conférence de la Haye
de droit international privé, http://www.hcch.net/index_fr.php?act=
status.comment&csid=1062 &disp=resdn [besucht am 2. Juni 2015]). Australien
zählt aber nicht zu den Staaten, die an der Sitzung der Haager
Spezialkommission vom Oktober/November 2003 darauf verzichtet haben, sich auf
die Gegenseitigkeit zu berufen (vgl. Bundesamt für Justiz, Übermittlungsweg
gemäss Art. 10 Bst. a HZUe65, http://www.rhf.admin.ch/rhf/de/home/zivil/
wegleitungen/alternativ_art10a.html [besucht am 2. Juni 2015]). Die Zustellung
von Urkunden an den Beschwerdeführer, insbesondere einer Aufforderung zur
Bezeichnung eines Zustellungsdomizils in der Schweiz, hätte demnach im
erstinstanzlichen Verfahren auf dem Rechtshilfeweg erfolgen müssen. Diese
Auffassung wird denn auch vom Bundesamt für Justiz in seinem Rechtshilfeführer
vertreten (http://www.rhf.admin.ch/rhf/de/home/rhf/index/laenderindex/
australia. html [besucht am 2. Juni 2015]). Aus den vom Beschwerdegegner zur
Stützung seines gegenteiligen Standpunktes angeführten Entscheiden des
Bundesgerichts ergibt sich nichts anderes, betreffen diese doch allesamt
Zustellungen in Staaten, die auf das Gegenrecht nach Art. 21 des Wiener
Übereinkommens verzichtet haben, konkret Spanien (Urteil 5P.225/1996 vom 5.
November 1996 E. 2b), Italien (Urteile 5A_128/2010 vom 2. September 2010 E.
7.1; 5F_6/2010 vom 7. Juli 2011 E. 4.2), Schweden (Urteil 5A_734/2012 vom 31.
Mai 2013 E. 8.1/8.2) und Frankreich (Urteil 4A_399/2014 vom 11. Februar 2015 E.
2.1; vgl. Bundesamt für Justiz, Übermittlungsweg gemäss Art. 10 Bst. a HZUe65,
a.a.O.).

5.1.2. Das Bundesgericht hielt mit Bezug auf die nicht ordnungsgemässe
Postzustellung eines ausländischen verfahrenseinleitenden Schriftstückes an den
Beklagten in der Schweiz fest, dass solche Zustellungen auf dem direkten
Postweg an den Empfänger nach Ansicht der schweizerischen Behörden die
Souveränität des Zustellungsstaates verletzen und daher grundsätzlich keinerlei
Wirkungen entfalten (BGE 135 III 623 E. 2.2 S. 626 und E. 3.5; Urteil 5A_389/
2010 vom 29. Oktober 2010 E. 3.2.2; die vom Beschwerdegegner für seine
abweichende Auffassung angeführten Entscheide betreffen die Zustellung von
Betreibungsurkunden im Binnenverkehr und sind nicht einschlägig [BGE 128 III
101 E. 2; 104 III 12 E. 1; 88 III 12 E. 1 S. 15]). Unter Art. 34 des am 1.
Januar 2011, nach dem Ergehen von BGE 135 III 623, in Kraft getretenen
revidierten LugÜ (SR 0.275.12) hat das Bundesgericht dies im Zusammenhang mit
der Vollstreckungsanerkennung von ausländischen Entscheiden allerdings
relativiert, da diese Bestimmung im Unterschied zu Art. 27 aLugÜ nicht mehr
eine ordnungsgemässe Zustellung nach den massgeblichen prozessrechtlichen
Bestimmungen verlangt, sondern bloss, dass der Beklagte nach der Zustellung
konkret in der Lage war, am Verfahren teilzunehmen und seine Rechte
wahrzunehmen, was auf der Linie des in Art. 49 BGG kodifizierten Prinzips
liegt; dabei ist der strikte Beweis zu erbringen, dass der Adressat durch eine
Zustellung, die mit der ordnungsgemässen Zustellung vergleichbar ist, in der
Lage war, seine Rechte vollumfänglich wahrzunehmen (Urteil 5A_230/2012 vom 23.
Oktober 2012 E. 4.1; vgl. dazu Kren Kostkiewicz/Rodriguez, Internationale
Rechtshilfe in Zivilsachen, 2013, S. 82; Spühler/Rodriguez, Internationales
Prozessrecht, 2. Aufl. 2013, S. 127, Rz. 435 f.; Lötscher-Steiger/Lötscher/
Meyer López, Rechtshilfe in Zivilsachen, in: Die Grenzüberschreitende
Zusammenarbeit der Schweiz, Hans Martin Tschudi und andere [Hrsg.], 2014, S.
548 f. Rz. 37 ff.). Zu bedenken ist dabei zum einen, dass der Erhalt einer
hoheitlichen, unzulässigerweise auf dem Postweg erfolgten Mitteilung nichts
daran ändert, dass durch die unzulässige Zustellweise die Souveränität des
Empfängerstaates verletzt wird, und dass es sich zum anderen bei Art. 34 des
revidierten LugÜ um eine Bestimmung handelt, die nur die Mitgliedstaaten des
LugÜ betrifft und daher die Souveränitätsverletzung nur unter den betreffenden
Staaten unbeachtlich machen kann. Welchen Einfluss diese Rechtsprechung auf die
Beurteilung der Wirksamkeit der vorliegend konkret strittigen Zustellung einer
Aufforderung zur Bezeichnung eines schweizerischen Zustellungsdomizils ohne
Beschreitung des Rechtshilfewegs in Australien hat, kann allerdings offen
bleiben, wenn sich erweisen sollte, dass die betreffende Verfügung dem
Beschwerdeführer - wie von diesem geltend gemacht - überhaupt nicht zugestellt
wurde bzw. dass der Beweis der Zustellung nicht erbracht ist.

5.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe an seinem australischen Wohnsitz
vom Bezirksgericht einzig am 18. Februar 2014 eine eingeschriebene
Briefpostsendung erhalten. Diese habe nur zwei gerichtliche Verfügungen
(Verfügung vom 17. September 2013 betreffend Aufforderung des Beschwerdegegners
zur Leistung eines Kostenvorschusses; Verfügung vom 2. Oktober 2013 betreffend
Zustellung der Klage an den Beschwerdeführer und Ansetzung einer Frist zur
Klageantwort) und ein undatiertes Schreiben des Bezirksgerichts "Bestätigung
des Klageeingangs und Informationen zum Verfahren" enthalten. In keiner der
Verfügungen sei er indessen zur Bezeichnung eines Zustellungsdomizils
aufgefordert worden.
Der Beschwerdegegner macht dagegen geltend, er gehe davon aus, dass dem
Beschwerdeführer am 18. Februar 2014 ausser den Verfügungen vom 17. September
und vom 2. Oktober 2013 unter anderem die Verfügung vom 30. Oktober 2013
(Aufforderung an den Beschwerdeführer, gemäss Art. 140 ZPO ein
Zustellungsdomizil in der Schweiz zu bezeichnen) zugestellt worden sei; wenn es
sich nicht so verhalten hätte, wäre ein überzähliges Exemplar in den Akten
geblieben. Für den Fall, dass das Bundesgericht die Zustellung vom 18. Februar
2014 und den (entsprechenden) tatsächlichen Versand vom 28. Januar 2014 als
Verfahrensgegenstand betrachten und Zweifel hegen sollte, ersuche der
Beschwerdegegner darum, dem Bezirksgericht die Frage zu unterbreiten, ob die
betreffende Sendung die Verfügung vom 30. Oktober 2013 enthalten habe.
Die Beweislast für die erfolgte Zustellung eines Entscheides trifft die
Behörde, die allein in der Lage ist, sich den Beweis dafür zu sichern (BGE 122
I 97 E. 3b S. 100; 114 III 51 E. 3c, mit Hinweisen). Aus den Akten des
Bezirksgerichts geht hervor, dass zwei Versuche unternommen wurden, dem
Beschwerdeführer die Verfügung vom 30. Oktober 2013 mit englischer Übersetzung
auf dem Rechtshilfeweg zuzustellen, die - aus Gründen, die nicht erkennbar sind
- erfolglos blieben. Am 28. Januar 2014 wurde in der Folge der Post eine
eingeschriebene Sendung an den Beschwerdeführer aufgegeben, die ihm am 18.
Februar 2014 zugestellt werden konnte. Die Akten enthalten indessen kein
Dokument, beispielsweise einen Begleitbrief, aus dem erkennbar würde, welche
Urkunden das Bezirksgericht dem Beschwerdeführer damit zukommen liess. Aus den
Akten ergibt sich damit keine klare Sachlage in Bezug auf die Zustellung der
Verfügung vom 30. Oktober 2013 und hierzu ist eine Beweiswürdigung nach
allfälligen Instruktionsmassnahmen erforderlich. Die Vorinstanz wird den
Sachverhalt in diesem Punkt zu klären haben (Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit
Art. 107 Abs. 2 BGG).

6.
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde gutzuheissen, soweit darauf
einzutreten ist, d.h. soweit darin die Aufhebung des Entscheides des
Obergerichts vom 21. Januar 2015 verlangt wird, und der genannte Entscheid ist
wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufzuheben. Die Sache ist
zur weiteren Behandlung im Sinne der vorstehenden Erwägungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdegegner, der mit
seinen Anträgen im Wesentlichen unterliegt, kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG). Dem nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ist keine
Parteientschädigung zuzusprechen (BGE 133 III 439 E. 4 S. 446).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der
Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau vom 21. Januar 2015 wird
aufgehoben.
Die Sache wird zur weiteren Behandlung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juni 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Widmer

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben