Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 4A.110/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
4A_110/2015

Urteil vom 16. April 2015

I. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Kiss, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Klett, Hohl,
Gerichtsschreiber Th. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
A.________ SA,
Beschwerdeführerin,

gegen

B.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Mirco Ceregato,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Forderung; Beschwerdefrist,

Beschwerde gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 29.
Oktober 2014.

Sachverhalt:

A.
Die B.________ AG (Klägerin, Beschwerdegegnerin) ist eine Aktiengesellschaft
nach schweizerischem Recht mit Sitz in U.________. Die A.________ SA (Beklagte,
Beschwerdeführerin) ist eine Aktiengesellschaft nach polnischem Recht mit Sitz
in V.________. Sie betreibt den Fussballclub A.________.
Mit Arrestprosequierungsklage vom 5. September 2013 beantragte die Klägerin
beim Handelsgericht des Kantons Zürich, die Beklagte sei zu verpflichten, ihr
EUR 150'000.-- nebst verschiedenen Zinsbetreffnissen zu bezahlen. Ferner sei
der Rechtsvorschlag in der Betreibung Nr. xxx des Betreibungsamtes Nyon in
entsprechendem Umfang zu beseitigen. Es sei vom Nachklagerecht Vormerk zu
nehmen. Mit der Klage machte die Klägerin ausstehende Provisionszahlungen
geltend, die ihr von den Spielervermittlern C.________ und D.________ mit
Zessionserklärung vom 31. August 2011 zediert worden seien.
Nach Eingang des Prozesskostenvorschusses setzte das Handelsgericht der
Beklagten mit Verfügung vom 17. Oktober 2014 eine einmalige Frist von zwei
Monaten an, um die Klageantwort einzureichen. Die Beklagte wurde zudem
aufgefordert, in der nämlichen Frist ein Schweizer Zustelldomizil zu
bezeichnen, das zum Empfang der für sie bestimmten gerichtlichen Sendungen
ermächtigt ist. Sie wurde dabei darauf aufmerksam gemacht, dass die
Zustellungen durch Publikation im kantonalen Amtsblatt oder im Schweizerischen
Handelsamtsblatt erfolgen, wenn diese Aufforderung nicht befolgt wird. Die
Verfügung wurde der Beklagten auf dem Rechtshilfeweg zugestellt. Seitens der
Beklagten erfolgte innerhalb der angesetzten Frist keine Reaktion. Auch auf
Nachfristansetzung für die Klageantwort hin, die in der Folge androhungsgemäss
im Handelsamtsblatt publiziert wurde, erfolgte keine Reaktion der Beklagten.
Mit Urteil vom 29. Oktober 2014 hiess das Handelsgericht die Klage
grösstenteils gut. Auch dieses Urteil wurde androhungsgemäss im Schweizerischen
Handelsamtsblatt (Ausgabe vom 6. November 2014) publiziert.

B.
Mit Schreiben vom 8. Januar 2015 übermittelte das Handelsgericht dem
Bundesgericht eine Eingabe der Beklagten vom 7. Januar 2015 zur Behandlung/
Bearbeitung im Sinne von Art. 48 Abs. 3 BGG bzw. BGE 140 III 636. In der
Eingabe machte die Beklagte geltend, am 19. Dezember 2014 durch das Tribunal
d'Arrondissement de la Côte ein Exemplar des Urteils vom 29. Oktober 2014
erhalten zu haben, das ihr "inhaltlich als auch hinsichtlich der Umstände des
Zustandekommens nicht bekannt" sei. Sie beantragte, es sei ihr Mitteilung über
den aktuellen Stand der Sache zu machen, eine Abschrift des Urteils
einschliesslich aller Anhänge zur Kenntnisnahme durch die Gesellschaft zu
übergeben und es seien jegliche Vollstreckungsmassnahmen in Bezug auf das
Urteil einzustellen. Im Falle des Verstreichens der Berufungsfrist gegen das
Urteil, sei das Schreiben als Berufung zu behandeln und eine Frist zur
Einbringung inhaltlicher Einwendungen gegen das Urteil festzulegen.
Am 13. Februar 2015 ging beim Bundesgericht eine weitere, vom 11. Februar 2015
datierte Eingabe der Beklagten ein, mit der diese erklärte, gegen das Urteil
des Handelsgerichts vom 29. Oktober 2014 Beschwerde zu erheben.
Nachdem die Beschwerdeführerin den von ihr geforderten Kostenvorschuss
geleistet hatte, wurde sie mit Schreiben vom 11. März 2015 eingeladen, sich bis
zum 27. März 2015 zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde zu äussern. Mit Eingabe
vom 26. März 2015 äusserte sich die Beschwerdeführerin zur Frage der
Fristwahrung.
Auf die Einholung von Vernehmlassungen zur Beschwerde wurde verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde ist nach Art. 100 Abs. 1 BGG innert 30 Tagen nach der Eröffnung
der vollständigen Ausfertigung des angefochtenen Entscheids beim Bundesgericht
zu erheben. Die Beschwerde ist innert der Beschwerdefrist vollständig begründet
einzureichen (Art. 42 Abs. 1 und Art. 43 BGG; BGE 134 II 244 E. 2.4). Fristen,
die durch eine Mitteilung oder den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden,
beginnen am folgenden Tag zu laufen (Art. 44 Abs. 1 BGG). Aus mangelhafter
Eröffnung (...) dürfen den Parteien keine Nachteile erwachsen (Art. 49 BGG).
In ihrem Schreiben vom 26. März 2015 macht die Beschwerdeführerin sinngemäss
geltend, das angefochtene Urteil vom 29. Oktober 2014 sei ihr nicht
ordnungsgemäss eröffnet worden, weshalb die Beschwerdefrist nie zu laufen
begonnen habe. Die Beschwerdeführerin sei erst am 19. Dezember 2014 durch das
Tribunal d'Arrondissement de la Côte vom Urteil in Kenntnis gesetzt worden. Bis
zu diesem Zeitpunkt sei sie sich überhaupt nicht bewusst gewesen, dass gegen
sie ein Gerichtsverfahren anhängig war. Insbesondere habe sie weder die das
Verfahren einleitende Klage erhalten noch das zur Bezeichnung eines
Zustellungsdomizils in der Schweiz auffordernde Schriftstück.
Letztere Behauptung ist aktenwidrig. Aus den Akten des Handelsgerichts ergibt
sich und im Urteil des Handelsgerichts wird zutreffend festgehalten, dass der
Beschwerdeführerin auf dem Rechtshilfeweg mittels Zustellung der entsprechenden
Formulare vergeblich Frist zur Bezeichnung eines Zustellungsdomizils angesetzt
wurde. Für die entsprechenden Dokumente liegt eine amtliche
Zustellungsbestätigung der polnischen Behörden vor. Die Behauptung, die
Beschwerdeführerin sei sich nicht darüber bewusst gewesen, dass gegen sie ein
Gerichtsverfahren hängig war, trifft somit offensichtlich nicht zu.
Die Vorinstanz war nach der erfolglosen Aufforderung zur Bezeichnung eines
Zustellungsdomizils berechtigt, die weiteren verfahrensleitenden Verfügungen
und das angefochtene Urteil im Handelsamtsblatt zu publizieren (Art. 141 Abs. 1
lit. c ZPO). Die Zustellung gilt danach als am Tag der Publikation erfolgt
(Art. 141 Abs. 2 ZPO). Das angefochtene Urteil wurde der Beschwerdeführerin
demnach am 6. November 2014 durch Publikation im Handelsamtsblatt
ordnungsgemäss eröffnet. Damit begann die dreissigtägige Beschwerdefrist am
Folgetag zu laufen und endete am 8. Dezember 2014.
Sowohl die Eingabe vom 7. Januar 2015 an die Vorinstanz als auch diejenige vom
11. Februar 2015 an das Bundesgericht erfolgten somit für eine
Beschwerdeerhebung an das Bundesgericht offensichtlich verspätet.

2.
Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Eingabe vom 26. März 2015 weiter geltend,
sie habe mit ihrer Eingabe an die Vorinstanz vom 7. Januar 2015 ein Gesuch um
Wiederherstellung der Beschwerdefrist gestellt. Sie bezieht sich dabei auf
ihren Antrag, wonach "im Falle des Verstreichens der Berufungsfrist gegen das
Urteil" das Schreiben als Berufung zu behandeln und eine Frist zur Einbringung
inhaltlicher Einwendungen gegen das Urteil festzulegen sei.
Ist eine Partei oder ihr Vertreter beziehungsweise ihre Vertreterin durch einen
anderen Grund als die mangelhafte Eröffnung unverschuldeterweise abgehalten
worden, fristgerecht zu handeln, so wird die Frist wiederhergestellt, sofern
die Partei unter Angabe des Grundes innert 30 Tagen nach Wegfall des
Hindernisses darum ersucht und die versäumte Rechtshandlung nachholt (Art. 50
Abs. 1 BGG).
Soweit der erwähnte Antrag nach Treu und Glauben (vgl. BGE 105 II 149 E. 2a S.
152) überhaupt als Gesuch auf Fristwiederherstellung zu verstehen ist, hat die
Beschwerdeführerin damit jedenfalls kein rechtsgenügend begründetes Gesuch auf
Wiederherstellung der Beschwerdefrist gestellt, in welchem hinreichend
dargelegt würde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), infolge welchen Hindernisses und
weshalb die Beschwerdeführerin unverschuldeterweise abgehalten worden sein
soll, fristgerecht zu handeln. Entsprechendes ist nach dem in Erwägung 1
Ausgeführten auch nicht ersichtlich. Überdies wurde die versäumte
Rechtshandlung (Einreichung einer vollständig begründeten Beschwerdeschrift)
erst mit der Eingabe vom 11. Februar 2015 und damit - auch unter
Berücksichtigung des Fristenstillstands nach Art. 46 Abs. 1 lit. c BGG - nicht
innerhalb von 30 Tagen nach dem behaupteten Bekanntwerden des angefochtenen
Urteils des Handelsgerichts am 19. Dezember 2014 nachgeholt. Die
Voraussetzungen für eine Fristwiederherstellung sind offensichtlich nicht
gegeben, soweit auf das entsprechende Gesuch überhaupt einzutreten ist.

3.
Zusammenfassend ist ein allfälliges Fristwiederherstellungsgesuch abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann. Auf die Beschwerde ist wegen verspäteter
Einreichung nicht einzutreten. Die Gerichtskosten sind entsprechend dem
Verfahrensausgang der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung, da ihr aus
dem bundesgerichtlichen Verfahren kein Aufwand entstanden ist (Art. 68 Abs. 1
BGG).
Mit dem Urteil in der Sache selbst wird das Gesuch um Erteilung der
aufschiebenden Wirkung bzw. um Anordnung der Einstellung sämtlicher
Vollstreckungsmassnahmen in Bezug auf das angefochtene Urteil gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das allfällige Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

2.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. April 2015

Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Kiss

Der Gerichtsschreiber: Widmer

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