Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Revision 1F.10/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1F_10/2015

Urteil vom 7. Mai 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Gesuchsteller, vertreten durch Rechtsanwalt Leo R. Gehrer,

gegen

Y.________,
Gesuchsgegner, vertreten durch Rechtsanwalt Payám Ghaemmaghami,

Politische Gemeinde Walenstadt,
handelnd durch den Gemeinderat Walenstadt,
Baudepartement des Kantons St. Gallen,
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen.

Gegenstand
Revisionsgesuch gegen das Urteil vom 22. Januar 2013 des Schweizerischen
Bundesgerichts 1C_272/2012.

Erwägungen:

1. 

1.1. X.________ und Y.________ führten einen Rechtsstreit über eine
Blocksteinmauer zwischen ihren Grundstücken. Im Rahmen des entsprechenden
Verfahrens verpflichteten die Behörden X.________ zu gewissen baulichen
Anpassungen. Mit Urteil 1C_272/2012 vom 22. Januar 2013 wies das Bundesgericht
letztinstanzlich eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten von
X.________ ab.

1.2. Am 27. März 2015 reichte X.________ beim Bundesgericht ein Revisionsgesuch
ein. Im Wesentlichen beantragt er die Aufhebung des bundesgerichtlichen Urteils
vom 22. Januar 2013 sowie der unterinstanzlichen Entscheide, soweit diese vom
Beschluss des Gemeinderates Walenstadt vom 8. Juli 2010 abweichen würden, unter
Bestätigung dieses Beschlusses; eventuell sei die Kosten- und
Entschä-digungsregelung des bundesgerichtlichen Urteils neu vorzunehmen. Zur
Begründung beruft sich X.________ im Wesentlichen darauf, er habe erst
nachträglich Kenntnis erhalten, dass der frühere Gemeindeammann von Walenstadt
bei seinen amtlichen Handlungen im Jahre 1998 befangen gewesen sei. Dies sei
deshalb wesentlich, weil sich das Verwaltungsgericht bei seinen vom
Bundesgericht geschützten tatsächlichen Feststellungen massgeblich auf drei
damalige Schreiben dieser Person abgestützt habe.

1.3. Am 4. April 2015 reichte der Rechtsvertreter von Y.________ dem
Bundesgericht aufgrund der ihm zugestellten Eingangsanzeige ungefragt ein
Schreiben ein, in dem er im Sinne einer Art "Schutzschrift" auf einer Seite
geltend macht, das Revisionsgesuch sei unbegründet. Dieses Schreiben wurde
X.________ zur Kenntnisnahme zugestellt. Da die darin vorgetragenen Erwägungen
zur mutmasslichen Begründung des Revisionsgesuchs nicht der Argumentation des
Gesuchstellers entsprechen, sind sie ohnehin unwesentlich, weshalb offen
bleiben kann, wieweit die vorsorgliche Einreichung einer solchen Eingabe
zulässig und zu beachten ist.

2. 

2.1. Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in
Rechtskraft (Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des
Bundesgerichts zugrunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen.
Das Gericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art.
121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt (Art. 128 Abs.
1 BGG). Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision eines Entscheids
des Bundesgerichts in Zivilsachen und öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
namentlich wegen nachträglich entdeckter erheblicher Tatsachen verlangt werden,
sofern das Bundesgericht im Urteil, dessen Revision beantragt wird, auf die bei
ihm erhobene Beschwerde eingetreten ist (Urteil des Bundesgerichts 1C_231/2014
vom 14. Oktober 2014 E. 1.2.1; vgl. auch BGE 138 II 386 E. 6.2 S. 389 f.).

2.2. Nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten die Revision eines Entscheids verlangt werden, wenn die
ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende
Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte,
unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid -
mithin dem Urteil, um dessen Revision ersucht wird - entstanden sind.
Nachträglich entdeckte Tatsachen sind solche, die sich bis zum Zeitpunkt, da im
Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen prozessual zulässig waren,
verwirklicht haben, jedoch dem Revisionsgesuchsteller trotz hinreichender
Sorgfalt nicht bekannt waren; es handelt sich somit um unechte Noven. Die
Geltendmachung echter Noven, also von Tatsachen, die sich erst nach Ausfällung
des Urteils, das revidiert werden soll, zugetragen haben, ist ausgeschlossen.
Die neuen Tatsachen müssen ferner erheblich sein, d.h., sie müssen geeignet
sein, die tatbeständliche Grundlage des angefochtenen Urteils zu verändern und
bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer anderen Entscheidung zu führen.
Neue Beweismittel haben entweder dem Beweis der die Revision begründenden neuen
erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von Tatsachen zu dienen, die zwar im
früheren Verfahren bekannt gewesen, aber zum Nachteil des Gesuchstellers
unbewiesen geblieben sind. Erheblich ist ein Beweismittel, wenn anzunehmen ist,
es hätte zu einem anderen Urteil geführt, falls das Gericht im Hauptverfahren
davon Kenntnis gehabt hätte. Ausschlaggebend ist, dass das Beweismittel nicht
bloss der Sachverhaltswürdigung, sondern der Sachverhaltsermittlung dient
(Urteil des Bundesgerichts 1C_231/2014 vom 14. Oktober 2014 E. 4.1).

3. 

3.1. Der Gesuchsteller macht im Wesentlichen geltend, er habe nachträglich
Kenntnis erhalten von Unterlagen, die belegen würden, dass der Gemeindeammann
A.________ 1998, d.h. im Zeitraum, als der Gemeinderat Walenstadt über die
Korrektur der später strittigen Blocksteinmauer entschieden habe, befangen
gewesen sei. Dies sei deshalb erheblich, weil das Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen später bei der Feststellung des seinem Urteil vom 12. April
2012 zugrunde liegenden Sachverhalts wesentlich auf drei von A.________
verfasste Schriftstücke abgestellt habe. Das Bundesgericht wiederum habe diese
Sachverhaltsfeststellungen in seinem Entscheid vom 22. Januar 2013 als nicht
offensichtlich unrichtig beurteilt.

3.2. Das Bundesgericht ist in seinem Urteil 1C_272/2012 vom 22. Januar 2013,
dessen Revision nunmehr beantragt wird, auf die bei ihm erhobene Beschwerde des
Gesuchstellers eingetreten, hat sie aber abgewiesen. Eine Revision gemäss Art.
123 Abs. 2 lit. a BGG fiele daher grundsätzlich in Betracht. Der Gesuchsteller
vermag jedoch nicht darzutun, dass es ihm bei gebotener Sorgfalt nicht möglich
gewesen wäre, die angeblichen Ausstandsgründe nicht früher zu erkennen bzw.
bereits bei hängigem Verfahren an die nunmehr angerufenen Unterlagen zu
gelangen, auf die er inzwischen ja auch zugreifen konnte. Es ist somit nicht
belegt, dass der Gesuchsteller die angerufenen Tatsachen im früheren Verfahren
nicht hätte beibringen können, wie dies für eine Revision gemäss Art. 123 Abs.
2 lit. a BGG erforderlich wäre. Sodann erscheint ausgeschlossen, dass die
angebliche Parteinahme des damaligen Gemeindeammanns für den Nachbarn des
Gesuchstellers einen entscheidenden Einfluss auf das hier massgebliche
Streitobjekt der Stützmauer gehabt hätte. Für Verwaltungsbehörden gilt zunächst
hinsichtlich des Ausstands nicht der gleich strenge Massstab wie für
unabhängige richterliche Instanzen (vgl. BGE 140 I 326 E. 5.2 S. 329 mit
Hinweisen). Die behauptete Befangenheit ist ohnehin zumindest nicht
offensichtlich, doch kann offen bleiben, ob eine solche vorlag. Selbst wenn
dies so wäre, käme ihr nicht die Bedeutung zu, wie das der Gesuchsteller
geltend macht. Bei den vom ihm angerufenen Amtshandlungen, denen er
Gefälligkeitscharakter unterstellt, handelt es sich nämlich nicht um den im
vorliegenden Verfahren strittigen Entscheid der Gemeindebehörden, sondern um
Vorgänge, die sich zwölf Jahre vorher ereignet haben und lediglich mittelbar
als Beweismittel in den Akten von Belang sind. Die verschiedenen ursprünglichen
kommunalen Entscheide zur Blocksteinmauer aus der damaligen Zeit bildeten im
hier massgeblichen bundesgerichtlichen Verfahren gar nicht mehr
Streitgegenstand, sondern es ging nur um die nachträgliche Herstellung des
damals verfügten rechtmässigen baulichen Zustands. In der Sache beantragt der
Gesuchsteller denn auch, es sei der deutlich später ergangene und zu seinen
Gunsten ausgefallene Beschluss des Gemeinderats Walenstadt vom 8. Juli 2010 zu
bestätigen. Die früheren Entscheide, für die eine allfällige Befangenheit
eventuell massgeblich gewesen wäre, standen schon im bundesgerichtlichen
Hauptverfahren nicht mehr zur Beurteilung an. Die Rechtmässigkeit der früheren
Vorgänge kann erst recht nicht mehr im Revisionsverfahren angefochten werden,
weshalb sich die behaupteten Umstände als nicht erheblich im Sinne von Art. 123
Abs. 2 lit. a BGG erweisen, auch wenn sie im vorliegenden Verfahren noch immer
Beweischarakter haben.

3.3. Auch was der Gesuchsteller sonst noch vorbringt, vermag eine Revision des
bundesgerichtlichen Urteils nicht zu rechtfertigen.

4. 

 Das Revisionsgesuch erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist ohne
Durchführung eines Schriftenwechsels abzuweisen (vgl. Art. 127 BGG).

 Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Gesuchsteller
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1; Art. 65 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Politischen Gemeinde Walenstadt, dem
Baudepartement des Kantons St. Gallen und dem Verwaltungsgericht des Kantons
St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Mai 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Uebersax

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