Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.88/2015
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_88/2015

Urteil vom 28. April 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Verfahrensbeteiligte
Kanton Glarus, vertreten durch den Regierungsrat, Beschwerdeführer, handelnd
durch das Departement Bau und Umwelt des Kantons Glarus, und dieses vertreten
durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Müller,

gegen

1. A.A.________,
2. B.A.________,
3. C.________,
4. E.D.________,
5. F.D.________,
6. H.G.________,
7. I.G.________,
8. J.________,
9. K.________,
 Beschwerdegegner,
 alle vertreten durch Rechtsanwalt Erich Leuzinger,

Gemeinde Glarus, Gemeindehausplatz 5, 8750 Glarus.

Gegenstand
Baubewilligung,
Beschwerde gegen das Urteil vom 18. Dezember 2014 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Glarus, I. Kammer.

Sachverhalt:

A.

 Am 2. April 2014 reichte der Kanton Glarus, vertreten durch das Departement
Bau und Umwelt (DBU), der Gemeinde Glarus das Baugesuch Nr. 2014072 betreffend
das in der Gewerbezone gelegene Restaurant Edelweiss, Sitli 1, 8750 Riedern,
ein. Dieses Gesuch sah allgemeine Sanierungsarbeiten am gesamten Gebäude und
den Ausbau des ersten und zweiten Obergeschosses als Wohnheim für ca. 16
Asylsuchende vor. Die gewerbliche Nutzung des Erdgeschosses sollte dagegen -
anders als bei einem früheren nicht bewilligten Projekt - erhalten bleiben.
Gegen das Baugesuch erhoben A.A.________ und B.A.________, C.________,
E.D.________ und F.D.________, H.G.________ und I.G.________, J.________ sowie
K.________ (Einsprecher) bei der Gemeinde Glarus Einsprache.

B.

 Die Baukommission der Gemeinde Glarus verweigerte am 8. Juli 2014 die
Baubewilligung. Der Kanton Glarus erhob dagegen eine Beschwerde, die das DBU
als Sprungbeschwerde dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus überwies. Mit
Urteil vom 18. Dezember 2014 wies das Verwaltungsgericht in teilweiser
Gutheissung der Beschwerde die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und zu
neuer Entscheidung an die Gemeinde zurück. Zur Begründung führte es
zusammengefasst aus, das Bauvorhaben des Kantons sehe eine von der gewerblichen
Nutzung unabhängige Wohnnutzung vor, die in der Gewerbezone unzulässig sei. Das
Bauprojekt könne daher nur bewilligt werden, wenn sich der Kanton auf den
Bestandesschutz berufen könne. Dies setze voraus, dass die für die Wohnnutzung
vorgesehenen Räume bereits vor dem Inkrafttreten des geltenden Baureglements
durch vom Restaurantbetrieb unabhängige Dritte bewohnt worden seien. Die Akten
würden darüber keinen Aufschluss geben, weshalb es der Gemeinde obliege, dies
näher zu prüfen.

C.

 Der Kanton Glarus (Beschwerdeführer) erhebt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, das Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2014 sei aufzuheben und die Gemeinde
Glarus sei anzuweisen, über das Baugesuch Nr. 2014072 materiell zu entscheiden.

 Das Verwaltungsgericht und die Gemeinde Glarus schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Die Einsprecher (Beschwerdegegner) beantragen, auf die Beschwerde
sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Die Verfahrensbeteiligten
verzichteten stillschweigend auf Bemerkungen zu den Vernehmlassungen.

Erwägungen:

1. 

1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die Zulässigkeit der
Beschwerden von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251).

1.2. Der angefochtene kantonal letztinstanzliche Rückweisungsentscheid
schliesst das Verfahren nicht ab und ist daher als Zwischenentscheid
grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 BGG direkt mit
Beschwerde anfechtbar. Anders verhält es sich, wenn der Instanz, an welche die
Sache zurückgewiesen wird, kein Entscheidungsspielraum mehr verbleibt und die
Rückweisung nur noch der Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (BGE
138 I 143 E. 1.2 mit Hinweisen).

1.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der angefochtene
Rückweisungsentscheid sei als Endentscheid zu qualifizieren, weil er der
Gemeinde klar vorgebe, welche Prüfung sie bezüglich des Bestandesschutzes
durchzuführen habe und welches je nach dem Ergebnis der Prüfung die Rechtsfolge
sei. Die Gemeinde verfüge daher bei der Beurteilung der Zonenkonformität und
des Bestandesschutzes über keinerlei Entscheidungsspielraum.

1.4. Diese Annahme trifft nicht zu, weil der Gemeinde bezüglich des
Bestandesschutzes aufgrund des noch durchzuführenden Beweisverfahrens durchaus
ein Entscheidungsspielraum zukommt. Demnach ist der angefochtene
Rückweisungsentscheid nicht als Endentscheid zu qualifizieren.

2.

2.1. Da der angefochtene Zwischenentscheid weder die Zuständigkeit noch den
Ausstand gemäss Art. 92 BGG betrifft, sind die Voraussetzungen gemäss Art. 93
Abs. 1 BGG zu prüfen.

2.2. Nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ist die Beschwerde gegen selbständig
eröffnete Zwischenentscheide zulässig, wenn sie einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil bewirken können. Ein solcher Nachteil ist gegeben, wenn
er auch durch ein nachfolgendes für den Beschwerdeführer günstiges Urteil nicht
oder nicht mehr vollständig behoben werden kann (BGE 137 III 380 E. 1.2.1; 136
II 165 E. 1.2.1 S. 170; 135 I 261 E. 1.2 S. 263 mit Hinweisen). Die blosse
Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt dagegen nicht (BGE 135 II
30 E. 1.3.4 S. 36). Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu ergänzender
Abklärung und neuer Entscheidung bewirkt daher in der Regel keinen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (BGE 137 V 314
E. 2.1; 137 III 380 E. 1.2.1; 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170; je mit Hinweisen).

2.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Zwischenentscheid
bewirke für ihn einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, weil
unwahrscheinlich sei, dass eine spätere Anfechtung zusammen mit dem
Endentscheid möglich sei. Zudem wären bei einer solchen Anfechtung die
Feststellungen im angefochtenen Zwischenentscheid rechtskräftig geworden,
weshalb eine nachträglich erhobene Beschwerde abgewiesen würde.

2.4. Diese Einwände sind unbegründet. Der Beschwerdeführer verliert entgegen
seiner Annahme keine Rechte, wenn er den angefochtenen Zwischenentscheid gemäss
Art. 93 Abs. 1 BGG nicht direkt anfechten kann, weil die spätere Anfechtung mit
dem Endentscheid noch möglich ist (Art. 93 Abs. 3 BGG; Urteil 4A_458/2012 vom
30. Oktober 2012 E. 1; vgl. BGE 133 IV 288 E. 3.2 S. 292). Andere Gründe für
das Vorliegen eines nicht wieder gutzumachenden Nachteils im Sinne von Art. 93
Abs. 1 lit. a BGG macht der Beschwerdeführer nicht geltend.

3. 

3.1. Gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist die Beschwerde gegen selbständig
eröffnete Zwischenentscheide zulässig, wenn die Gutheissung der Beschwerde
sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an
Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. Wer sich
auf diese Ausnahmeregelung beruft, hat detailliert aufzuzeigen, weshalb das
noch durchzuführende Beweisverfahren zeit- und kostenaufwendig sein soll,
sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 133 III 629 E. 2.4.2 S. 633 mit
Hinweisen). Damit sich eine direkte Anfechtung rechtfertigt, muss sich das zu
vermeidende Beweisverfahren hinsichtlich der Dauer und der Kosten deutlich von
gewöhnlichen Verfahren abheben. Dies ist bei der Anhörung der Parteien und
einiger Zeugen noch nicht der Fall. Anders verhält es sich etwa, wenn das zu
erwartende Beweisverfahren ein komplexes oder mehrere Gutachten umfasst, oder
die Anhörung einer sehr hohen Anzahl von Zeugen erfordert (Urteile 2C_814/2012
vom 7. Mai 2013 E. 3.3; 4A_103/2012 vom 26. Juni 2012 E. 1.1; je mit
Hinweisen).

3.2. Der Beschwerdeführer bringt bezüglich der Voraussetzungen gemäss Art. 93
Abs. 1 lit. b BGG sinngemäss vor, bei Gutheissung der Beschwerde würde das
umstrittene Bauvorhaben als zonenkonform qualifiziert. Damit entfiele die im
Rückweisungsentscheid bezüglich des Bestandesschutzes verlangte Prüfung, wie
die Liegenschaft im Jahr 1998 tatsächlich genutzt wurde. Diese Prüfung sei kein
einfaches Unterfangen, weil Gegebenheiten vor rund 16½ Jahren zu untersuchen
seien und bis heute keiner der Verfahrensbeteiligten die fragliche Nutzung
kenne. Hätte zur Abklärung eine kleine Recherche genügt, wäre diese bereits
getätigt worden. Die Untersuchung werde zusätzlich dadurch erschwert, dass die
damalige Gemeinde Riedern per 1. Januar 2011 mit der Gemeinde Glarus fusioniert
worden sei, welche sich erfahrungsgemäss sehr schwer damit tue, Unterlagen und
Nachweise betreffend die zwischenzeitlich "aufgelösten" Gemeinden zu besorgen.
Mit einem sofortigen Entscheid des Bundesgerichts könnte daher ein bedeutender
Aufwand an Zeit und Kosten eingespart werden.

3.3. Zutreffend ist, dass bei der Bejahung der Zonenkonformität des
umstrittenen Bauprojekts das im Rückweisungsentscheid angeordnete
Beweisverfahren bezüglich des Bestandesschutzes entfallen würde. Der
Beschwerdeführer zeigt jedoch nicht auf, welche diesbezüglich zu erwartenden
Beweiserhebungen einen besonderen Kosten- oder Zeitaufwand erfordern könnten,
der sich in der oben umschriebenen Weise (E. 3.1 hiervor) deutlich von
gewöhnlichen Beweisverfahren abheben würde. Solches ist auch nicht ersichtlich.
Die erforderlichen Zusatzabklärungen übersteigen das Mass dessen nicht, was in
einem Verwaltungsverfahren von einer gewissen Komplexität üblicherweise
geleistet werden muss. Demnach bietet auch Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG keine
Grundlage für eine unmittelbare Anfechtung des vorinstanzlichen
Rückweisungsentscheids.

4.

 Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

 Dem in seinem amtlichen Wirkungskreis unterliegenden Beschwerdeführer sind
keine Kosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 4 BGG). Er hat jedoch den anwaltlich
vertretenen privaten Beschwerdegegnern eine angemessene Parteientschädigung
auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG; Urteil 1C_91/2011 vom 26. Oktober 2011 E. 5).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Der Beschwerdeführer hat die privaten Beschwerdegegner für das
bundesgerichtliche Verfahren mit insgesamt Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Glarus und dem Verwaltungsgericht
des Kantons Glarus, I. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. April 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Gelzer

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben