Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.78/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_78/2015

Urteil vom 29. Mai 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Armin Durrer,

gegen

B.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Marc Blöchlinger,

Einwohnergemeinderat Engelberg,
Dorfstrasse 1, Postfach, 6391 Engelberg,
Regierungsrat des Kantons Obwalden,
Rathaus, Postfach 1562, 6061 Sarnen.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 23. Dezember 2014 des Verwaltungsgerichts
des Kantons Obwalden.

Sachverhalt:

A. 
Am 11. Februar 2013 reichte die B.________ AG ein Baugesuch für den Neubau
eines mehrgliedrigen Wohnhauses mit Schwimmbad, Wellness und Autoeinstellhalle
auf der Parzelle Nr. 487, BG Engelberg, ein. Das Vorhaben sieht die Erstellung
von fünf Appartements mit folgenden Nettowohnflächen (NWF) vor:

- "Master" (841.3 m2 );
- "Wendenstöcke" (3,5 Zimmer, 212.1 m2 );
- "Jochpass" (3.5 Zimmer, 134.3 m2 );
- "Titlis" (2.5 Zimmer, 119.6 m2 );
- "Graustock" (2.5 Zimmer, 105.7 m2 ).
Die Parzelle befindet sich in der zweigeschossigen Wohnzone (W2B) und teilweise
in der Landwirtschaftszone; sie wird vom Quartierplan "Chligrüssli" umfasst,
der am 14. Mai 2012 von der Einwohnergemeinde Engelberg genehmigt wurde.
Am 5. Juni 2013 erteilte die Einwohnergemeinde Engelberg die Baubewilligung
unter Auflagen und Bedingungen und wies die gegen das Vorhaben erhobenen
Einsprachen ab. Am 14. Juni 2013 erteilte das Bau- und
Raumentwicklungsdepartement die raumplanerische Ausnahmebewilligung für die
Verbreiterung der Zufahrt ab der Fellenrütistrasse auf der Parzelle Nr. 487.

B. 
Am 3. Juli 2013 reichten A.________, Eigentümer der an das Baugrundstück
angrenzenden Parzelle Nr. 488, und zwei weitere Einsprecher Beschwerde beim
Regierungsrat ein und beantragten die Aufhebung der Baubewilligung. Der
Regierungsrat vereinigte die Beschwerden und wies sie am 22. Oktober 2013 im
Sinne der Erwägungen ab.

C. 
Dagegen erhob A.________ am 25. November 2013 Beschwerde beim
Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden. Dieses forderte die B.________ AG auf,
verbindliche Erklärungen zur künftigen Nutzung der fünf Wohnungen abzugeben. Am
23. Dezember 2014 hiess es die Beschwerde teilweise gut. Es verpflichtete den
Gemeinderat Engelberg, für jede der fünf Wohnungen die vorgesehene Nutzung als
Erstwohnung im Einzelnen festzulegen und das Grundbuchamt nach Rechtskraft des
Entscheids anzuweisen, auf dem Grundbuchblatt des betroffenen Grundstücks für
jede Wohnung die Anmerkung "Erstwohnung" anzubringen. Im Übrigen wies es die
Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten war.

D. 
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat A.________ am 2. Februar 2015
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Er beantragt, das
Urteil des Verwaltungsgerichts und die ihm vorausgehenden Entscheide des
Regierungsrats Obwalden und des Gemeinderats Engelberg seien aufzuheben, unter
gleichzeitiger Abweisung des Baugesuchs der B.________ AG. Eventuell sei die
Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz bzw. an den Gemeinderat
zurückzuweisen.

E. 
Die Beschwerdegegnerin und das Verwaltungsgericht beantragen Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Der Einwohnergemeinderat Engelberg
verweist auf seinen Beschluss vom 5. Juni 2013, an dessen Erwägungen er
festhält, und schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Auch der Regierungsrat
Obwalden beantragt Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesamt für Raumentwicklung geht in seiner Vernehmlassung davon aus, dass
die vom Verwaltungsgericht angeordneten Nutzungsbeschränkungen den
Anforderungen der Zweitwohnungsgesetzgebung genügen. Zu den übrigen
Ausführungen des Beschwerdeführers verzichtet es auf eine Stellungnahme. Der
Beschwerdeführer hat keine Replik eingereicht.

Erwägungen:

1. 
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts
steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
ans Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG). Der
Beschwerdeführer ist als Nachbar, der bereits am vorinstanzlichen Verfahren
teilgenommen hat, zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die
rechtzeitig erhobene Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist daher grundsätzlich
einzutreten.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
insbesondere die Verletzung von Bundesrecht - einschliesslich Überschreitung
oder Missbrauch des Ermessens - gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche Anwendung von
kantonalem Recht) prüft es allerdings nur insoweit, als eine solche Rüge in der
Beschwerde vorgebracht und genügend begründet worden ist; hierfür gelten
qualifizierte Begründungsanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E.
1.4.2 S. 254 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und
Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt
(Art. 99 Abs. 1 BGG). Neue Begehren sind unzulässig (Abs. 2).

1.2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin stellt der Beschwerdeführer
vor Bundesgericht keine neue Begehren, beantragt er doch - wie bislang - die
Aufhebung der Baubewilligung und die Abweisung des Baugesuchs. Dagegen stützt
er sich zum Teil auf neue rechtliche Argumente, insbesondere rügt er erstmals,
die Genehmigung des Quartierplans "Chligrüssli" durch den Gemeinderat verletze
Art. 26 RPG. Neue rechtliche Vorbringen sind vor Bundesgericht im Rahmen des
Streitgegenstands grundsätzlich zulässig (Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1
BGG; vgl. BGE 136 V 362 E. 4.1 S. 366 mit Hinweisen). Dies gilt jedenfalls,
wenn das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen prüfen kann (Art. 106 Abs. 1
BGG), keine neuen Tatsachen festgestellt werden müssen und die Rüge nicht nach
Treu und Glauben verwirkt ist (vgl. namentlich zu Ausstandsgründen BGE 139 III
120 E. 3.2.1 S. 124 mit Hinweis).

2. 
Streitig ist zunächst die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit Art. 75b BV und
der Verordnung über Zweitwohnungen vom 22. August 2012 (ZwV; SR 702).

2.1. Der Baubewilligungsentscheid der Gemeinde Engelberg vom 5. Juni 2013
enthielt (in Disp.-Ziff. 1.4) bereits eine öffentlich-rechtliche
Nutzungseinschränkung als Erstwohnung und die Verpflichtung, diese im Grundbuch
eintragen zu lassen. Die Gemeinde ging jedoch davon aus, dass es sich um ein
einziges luxuriöses Wohnhaus handle und nicht um fünf Wohnungen.
Der Regierungsrat stellte dagegen fest, dass sich das Bauprojekt aus fünf
eigenständigen Wohnungen zusammensetze. Die Hauptwohnung ("Master") sei für
eine vierköpfige Familie bestimmt; die Appartements "Titlis" und "Graustock"
seien Angestelltenwohnungen und die Appartements "Wendenstöcke" und "Jochpass"
für Gäste bestimmt. Ob Gästeappartements als Zweitwohnungen zu qualifizieren
seien, sei unklar und müsse im Zweitwohnungsgesetz geklärt werden; vorläufig
sei deshalb auf die Realisierung der Kochgelegenheiten in diesen Appartements
zu verzichten.
Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass es in erster Linie Sache des
Baugesuchstellers sei, die künftige Nutzung der Wohnungen festzulegen. Am 12.
Juni 2014 forderte der Verwaltungsgerichtspräsident die Beschwerdegegnerin auf,
verbindliche Erklärungen zur künftigen Nutzung der fünf Wohnungen abzugeben.
Diese liess durch ihren Rechtsvertreter am 24. Juni 2014 erklären, dass im
Masterappartement Dr. C.________ mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern
wohnen werde; dieser habe seinen Wohnsitz bereits seit längerer Zeit in
Engelberg. Geplant sei, dass sein Bruder, Dr. D.________, und seine Mutter,
E.________, nach Engelberg ziehen und eines der beiden Appartements
"Wendenstöcke" oder "Jochpass" bewohnen. Im anderen Appartement werde der
Direktor der B.________ AG wohnen. Die Appartements "Titlis" und "Graustock"
würden durch den persönlichen Assistenten von Dr. C.________ sowie durch
Personen bewohnt, die für die Verwaltung und den Unterhalt der Liegenschaft
zuständig seien, und ebenfalls in Engelberg wohnhaft sein würden. Das
Verwaltungsgericht ergänzte daher die Baubewilligung in diesem Sinne
(Disp.-Ziff. 2 des angefochtenen Urteils).

2.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, die Stellungnahme der Beschwerdegegnerin
vom 24. Juni 2014 sei für die darin genannten Personen schon mangels Vollmacht
nicht verbindlich. Ohnehin handle es sich um eine blosse Parteibehauptung; es
seien keine Abklärungen getroffen worden zur Frage, ob C.________ bereits eine
Wohnung in Engelberg zu Eigentum besitze und ob tatsächlich ein gemeinsamer
Familiensitz mit anderen Familienmitgliedern (Bruder, Mutter) angestrebt werde.
Die Identität der Personen, die in die kleineren Wohnungen einziehen sollen,
sei unbekannt; diese seien damit beliebig auswechselbar. Unter diesen Umständen
sei es willkürlich, alle fünf Wohnungen als Erstwohnung zu qualifizieren. Die
Wohnungen seien vielmehr als Zweitwohnungen zu betrachten, mit der Folge, dass
die nach dem 1. Januar 2013 erteilte Baubewilligung nichtig sei (Art. 75b BV in
Verbindung mit Art 197 Ziff. 9 Abs. 2 BV).

2.3. Art. 75b Abs. 1 BV beschränkt den Anteil von Zweitwohnungen am
Gesamtbestand der Wohneinheiten und der für Wohnzwecke genutzten
Bruttogeschossfläche einer Gemeinde auf höchstens 20 Prozent. Daraus ergibt
sich, dass in Gemeinden wie Engelberg, in denen dieser Anteil bereits
überschritten ist, keine neuen Zweitwohnungen bewilligt werden dürfen. Dagegen
sind neue Erstwohnungen zulässig, was in Art. 4 lit. a ZwV ausdrücklich
festgehalten wird. Art. 6 ZwV sieht vor, dass die Baubewilligungsbehörde in der
Bewilligung für den Bau einer neuen Wohnung die Pflicht zu deren Nutzung als
Erstwohnung festlegt und das Grundbuchamt anweist, auf dem Grundbuchblatt des
betroffenen Grundstücks die Anmerkung «Erstwohnung» anzubringen. Vorliegend
wurde die Baubewilligung vom Verwaltungsgericht in Disp.-Ziff. 2 des
angefochtenen Entscheids mit einer solchen Auflage für alle Wohnungen ergänzt.
Damit entspricht sie den Anforderungen von Art. 6 ZwV, was auch das ARE in
seiner Vernehmlassung bestätigt.
Da die Nutzungsbeschränkung Bestandteil der Baubewilligung ist, muss bereits
das Baugesuch Aussagen zur geplanten künftigen Nutzung enthalten. Die
entsprechende Erklärung ist deshalb vom Baugesuchsteller abzugeben, und zwar im
eigenen Namen, weshalb er hierfür keine Vollmacht der künftigen Nutzer braucht.
Dabei ist es in der Regel nicht erforderlich, die Erstbewohner namentlich zu
nennen, zumal deren Identität im Zeitpunkt der Baueingabe (z.B. für
Mietobjekte) oft noch nicht feststeht. Es schadet deshalb nicht, wenn einzelne
Nutzer nur nach ihrer Funktion umschrieben werden (hier: Direktor, persönlicher
Assistent, Liegenschaftsverwalter).
Ob sich die Behörde mit diesen Angaben begnügt oder - insbesondere in
Zweifelsfällen oder bei atypischen Objekten - weitere Nachweise verlangt oder
eigene Abklärungen vornimmt, liegt in ihrem Ermessen. Vorliegend ist
unstreitig, dass C.________, der Alleingesellschafter der Beschwerdegegnerin
ist, in Engelberg wohnhaft ist. Bereits aufgrund der Dimension der Hauptwohnung
ist es glaubhaft, dass diese als Erstwohnsitz seiner Familie geplant ist.
Gleiches gilt für den Nachzug des Bruders, der Eigentümer der Bauparzelle ist,
und der Mutter. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern ein Widerspruch zum
Interview in der Neuen Luzerner Zeitung vom 14. November 2013 vorliegen soll,
wonach ein "gemeinsamer Familiensitz" in Engelberg geplant sei. Das
Verwaltungsgericht durfte die Erklärung vom 24. Juni 2014 daher als
nachvollziehbar und glaubhaft betrachten und gestützt darauf die
Nutzungsbeschränkungen in Disp.-Ziff. 2 des angefochtenen Entscheids
präzisieren. Diese sind verbindlich und ihre Einhaltung wird von der
zuständigen Vollzugsbehörde zu kontrollieren sein.

2.4. Nach dem Gesagten liegt kein Verstoss gegen die bundesrechtlichen
Zweitwohnungsbestimmungen vor.

3. 
Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, der Quartierplan "Chligrüssli" hätte
vom Regierungsrat genehmigt werden müssen. Während er sich hierfür im
kantonalen Verfahren auf Art. 18 Abs. 9 des Obwaldner Baugesetzes vom 12. Juni
1994 (BauG/OW; GDB 710.1) berief, stützt er sich vor Bundesgericht auf Art. 26
RPG. Quartierpläne seien jedenfalls dann Nutzungspläne i.S.v. Art. 14 und 26
RPG, wenn sie nicht lediglich eine Verfeinerung der Art und des Masses der
Nutzung regelten, sondern wesentliche Abweichungen von der Regelbauweise
beinhalteten. Dies sei vorliegend der Fall, lasse doch der Quartierplan
"Chligrüssli" eine grössere Gebäudefläche und mehr Vollgeschosse zu als in der
Zonenordnung vorgesehen. Art. 18 Abs. 9 BauG/OW schränke die
Genehmigungspflicht des Regierungsrats in unzulässiger Weise ein. Es handle
sich um einen schweren Verfahrensfehler, der die (Teil-) Nichtigkeit oder
zumindest die Ungültigkeit des Quartierplans zur Folge habe (Art. 26 Abs. 3
RPG).

3.1. Das Verwaltungsgericht trat auf die Rüge im Zusammenhang mit der
Genehmigung des Quartierplans nicht ein, und zwar mit zwei Begründungen: Zum
einen hätte der Beschwerdeführer sie schon im Rechtsmittelverfahren gegen den
Quartierplan vorbringen können und müssen; zum anderen fehle es an einer
rechtsgenügenden Begründung: Der Beschwerdeführer habe sich mit den
einschlägigen Erwägungen des Regierungsrats zu dieser Frage nicht
auseinandergesetzt, sondern lediglich auf seine Einsprache vom 7. März 2013
verwiesen.

3.2. Der Beschwerdeführer macht gegen die erste Begründung geltend, dass der
Regierungsrat gleichzeitig über die Beschwerde und die Genehmigung entscheide
(Art. 14 Abs. 3 der Verordnung zum Baugesetz vom 7. Juli 1994 [BauV/OW; GDB
710.11]). Bei Ablauf der Beschwerdefrist habe er daher noch nicht wissen
können, dass der Regierungsrat keine Genehmigung erteilen werde. Dem ist
entgegen zu halten, dass der Quartierplan in den Schlussbestimmungen (Art.
17.1) ausdrücklich festhält, dass er mit der Genehmigung durch den Gemeinderat
in Kraft tritt, d.h. schon aufgrund der Planunterlagen ersichtlich war, dass
von der Genehmigungszuständigkeit der Gemeinde und nicht des Regierungsrats
ausgegangen wurde.

3.3. Zur zweiten Begründung des Verwaltungsgerichts äussert sich der
Beschwerdeführer nicht: Weder legt er dar, dass und inwiefern er den Einwand im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren rechtsgenügend begründet habe, noch macht er
geltend, das Verwaltungsgericht hätte diese Frage von Amtes wegen prüfen
müssen. Er begründet nicht, weshalb das Verwaltungsgericht auf seine Rüge hätte
eintreten müssen und inwiefern dies eine Rechtsverweigerung oder eine andere
Verletzung von Bundes (verfassungs) recht darstellt. In diesem Punkt fehlt es
daher an einer rechtsgenüglichen Beschwerdebegründung (vgl. BGE 123 V 335 E. 1b
S. 337 f. mit Hinweisen).

3.4. Fraglich ist, ob das Bundesgericht dennoch die allfällige Nichtigkeit des
Quartierplans von Amtes wegen prüfen muss. Grundsätzlich ist die Nichtigkeit
jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu beachten
und kann auch im Rechtsmittelverfahren festgestellt werden (BGE 137 III 217 E.
2.4.3 S. 226 mit Hinweisen), selbst wenn auf die Beschwerde nicht einzutreten
ist (Urteil 5A_998/2014 vom 14. April 2015 E. 2 mit Hinweisen). Allerdings
bezieht sich diese Rechtsprechung auf Beschwerden gegen eine nichtige
Verfügung, während hier die Gültigkeit eines - nur vorfrageweise umstrittenen -
Quartierplans in Frage steht (vgl. allerdings BGE 115 Ia 1 E. 3 S. 4, wo eine
Prüfungspflicht bejaht wurde). Wie es sich damit verhält, kann offenbleiben,
wenn die Nichtigkeit des Quartierplans zu verneinen wäre.

4. 
Art. 26 Abs. 1 RPG sieht vor, dass eine kantonale Behörde die Nutzungspläne und
ihre Anpassungen genehmigt. Sie prüft diese auf ihre Übereinstimmung mit den
vom Bundesrat genehmigten kantonalen Richtplänen (Abs. 2). Mit der Genehmigung
durch die kantonale Behörde werden die Nutzungspläne verbindlich (Abs. 3).

4.1. Als Nutzungspläne gelten sowohl die raumplanerischen Erlasse, welche die
zulässige Nutzung örtlich festlegen, als auch die generell-abstrakten
Vorschriften, die den Inhalt der Nutzung regeln. Zu Ersteren gehören sowohl
Rahmennutzungspläne (Zonenpläne) als auch Sondernutzungspläne (Baulinien-,
Überbauungs-, Quartier-, Erschliessungspläne usw.; vgl. BGE 111 Ib 13 E. 3b S.
14 f.). Desgleichen unterliegen Bauvorschriften mit direktem Bezug zur
planerischen Anordnung der Genehmigungspflicht (Alexander Ruch, in: Aemisegger/
Kuttler/Moor/Ruch, Kommentar RPG, Zürich 2010, N. 5 zu Art. 26; Bernhard
Waldmann/Peter Hänni, Kommentar RPG, Bern 2006, N. 4 zu Art. 26). Mit der
Genehmigungspflicht soll sichergestellt werden, dass die kantonalen und
kommunalen Nutzungspläne mit der übergeordneten Richtplanung übereinstimmen und
die Planungsgrundsätze des RPG berücksichtigen (EJPD/ BRP, Erläuterungen zum
RPG, N. 1 zu Art. 26; Ruch, a.a.O., N. 4 zu Art. 26).

4.2. Im Urteil 1C_518/2010 vom 22. März 2011 (E. 2.3) schützte das
Bundesgericht die Praxis des Luzerner Verwaltungsgerichts (LGVE 1999 II Nr. 8
E. 6e), wonach Gestaltungspläne ohne kantonale Genehmigung von der Gemeinde
erlassen werden dürfen, wenn sie lediglich die Art und das Mass der im Zonen-
oder Bebauungsplan festgelegten Nutzung verfeinern. Ob diese Grenze
überschritten werde, lasse sich nur im konkreten Einzelfall beurteilen. Das
Bundesgericht befand, dass diese differenzierende kantonale Rechtsprechung dem
vom Bundesrecht verfolgten Gedanken des planerischen Stufenbaus hinreichend
Rechnung trage und die Überprüfung auf übergeordnetes Recht grundsätzlich in
genügendem Mass gewährleiste. Da der konkret streitige Gestaltungsplan keine
grössere Ausnützung ermögliche, als wenn das nämliche Projekt in der dem Plan
zugrunde liegenden Landhauszone realisiert worden wäre, stelle er bloss eine
Verfeinerung dar und verstosse nicht gegen die übergeordnete Nutzungsplanung
(E. 2.4). Zudem sei der Gestaltungsplan durch das kantonale Raumplanungsamt
vorgeprüft und damit durch eine kantonale Stelle auf seine Übereinstimmung mit
übergeordnetem Recht geprüft worden (E. 2.5).

4.3. Vorliegend umfasst der Quartierplan "Chligrüssli" die Parzelle 484 und
eine Teilfläche der Parzelle 487. Gemäss Ziff. 4 enthält er Abweichungen von
der Grundordnung hinsichtlich der Fassadenlänge; die Gebäudegrundfläche von 150
m2 wird teilweise überschritten, die siedlungsinternen Gebäudeabstände werden
auf minimal 1.5 m reduziert, für gewisse Baufelder sind begehbare oder begrünte
Flachdächer zulässig, drei Baufelder werden um die Höhe eines Vollgeschosses
erweitert und im Baubereich A weichen die Geschosshöhen (4.5 m) von der
Regelbauweise ab (3 m). Der Quartierplan wurde von den Grundeigentümern
erstellt und vom Gemeinderat Engelberg genehmigt; eine kantonale Vorprüfung
erfolgte nicht.

4.3.1. Gemäss Art. 18 Abs. 9 BauG/OW bedarf ein Quartierplan der Genehmigung
des Regierungsrates, wenn innerhalb des Quartierplanareals die Firsthöhe von 20
m, die Gebäudehöhe von 15 m, die Gebäudelänge von 36 m bei zwei- und
mehrgeschossigen Bauten überschritten wird, mehr als vier Vollgeschosse
vorgesehen sind oder Baulinien geändert werden. In allen anderen Fällen wird
der Quartierplan vom Gemeinderat erlassen (Art. 14 Abs. 1 BauV/OW); eine
kantonale Genehmigung ist nicht vorgesehen.
Art. 18 BauG/OW bestimmt, dass Quartierpläne die Überbaubarkeit von
Teilgebieten der Bauzonen in Ergänzung und Verfeinerung der Grundordnung regeln
(Abs. 1). Sie bezwecken eine siedlungsgerechte, architektonisch und
erschliessungsmässig gute, der baulichen und landschaftlichen Umgebung
entsprechende Überbauung von zusammenhängenden Gebieten (Abs. 2). Quartierpläne
können von den Vorschriften der Regelbauweise abweichen, wenn dadurch ein
siedlungs- und landschaftsgestalterisch besseres sowie energieeffizienteres
Ergebnis erzielt wird, die zonengemässe Nutzungsart eingehalten wird und keine
überwiegenden Interessen entgegenstehen. Wo eine Dichteziffer vorgesehen ist,
kann diese für Quartierpläne höher sein als bei der Regelbauweise oder ganz
entfallen. Die Gemeinden legen im Baureglement fest, unter welchen
Voraussetzungen und in welchem Umfang von der Regelbauweise abgewichen werden
darf (Abs. 3). Unterschreitungen des Gebäudeabstands sind innerhalb des
Quartierplanareals möglich, gegen aussen setzt dies dagegen einen
entsprechenden Dienstbarkeitsvertrag voraus (Art. 18 Abs. 4 und Art. 23 Abs. 6
BauG). Die Mindestfläche für einen Quartierplan, bei dem von der Regelbauweise
abgewichen werden kann, ist im Baureglement festzulegen (Abs. 8).

4.3.2. Wie sich aus den Erläuterungen des Baudepartements Obwalden vom April
1995 zum Baugesetz und der Verordnung zum Baugesetz (S. 35 f.) ergibt, wollte
der Gesetzgeber - in Abkehr der bisherigen Ausgestaltung - nicht alle
Quartierpläne als Nutzungspläne im Sinne von Art. 14 ff. RPG ausgestalten,
sondern ein Instrument schaffen, mit dem gewisse Abweichungen von
Baupolizeibestimmungen und die Prüfung von Baubewilligungsvoraussetzungen in
einem baubewilligungsähnlichen Vorverfahren durch die Gemeinde allein
entschieden werden konnten. Seien die Kriterien für die Genehmigungspflicht
nach Art. 18 Abs. 9 BauG/OW eingehalten (Firsthöhe, Gebäudehöhe, Anzahl
Vollgeschosse usw.), so liege kein Nutzungsplan vor, der eine Genehmigung durch
den Regierungsrat voraussetze. Nachdem stets die zonengemässe Nutzungsart
eingehalten werden müsse (Abs. 3) und auch die baugesetzlichen Abstände
grundsätzlich respektiert werden müssten, könne der Nutzungsplancharakter der
nicht genehmigungspflichtigen Quartierpläne verneint werden.

4.3.3. Unter dem Blickwinkel von Art. 26 RPG erscheint wesentlich, dass alle
Abweichungen des Quartierplans von der Grundordnung bereits im Baureglement der
Gemeinde nach Art, Ausmass und Voraussetzungen vorgesehen sein müssen (Art. 18
Abs. 3 BauG/OW). Da das Baureglement als Teil der Grundordnung vom
Regierungsrat genehmigt wird, hat dieser Gelegenheit, die in den einzelnen
Zonen zugelassenen Abweichungen mittels Quartierplan auf ihre Vereinbarkeit mit
Bundesrecht, namentlich den Planungsgrundsätzen des RPG, und den kantonalen
Richtplänen zu überprüfen.
Vorliegend enthält Art. 8 des Baureglements (BR) der Gemeinde Engelberg vom 18.
Mai 2003 (Stand: 20. November 2014; genehmigt vom Regierungsrat am 6. Juli 2004
und zuletzt am 15. April 2014) die Regelbauweise in den Wohnzonen. Art. 35 BR
bestimmt die Voraussetzungen für Abweichungen von der Zonenordnung mittels
Quartierplan, einschliesslich der hierfür erforderlichen Mindestfläche. Art. 36
regelt den Umfang der Abweichungen von der Regelbauweise.

4.3.4. Dass die Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 9 BauG/OW vorliegen würden,
macht der Beschwerdeführer vor Bundesgericht nicht mehr geltend. Er behauptet
auch nicht, dass die im Quartierplan "Chligrüssli" vorgesehenen Abweichungen
von der Grundordnung im kommunalen Baureglement nicht vorgesehen seien; im
Übrigen hätte ein derartiger - inhaltlicher - Mangel mit Rechtsmitteln gegen
den Quartierplan geltend gemacht werden müssen. Schliesslich setzt er sich auch
mit den einschlägigen Bestimmungen des kommunalen Baureglements nicht
auseinander und legt nicht dar, inwiefern diese zu einer Umgehung oder
Verletzung von Art. 26 RPG führen.
Unter diesen Umständen liegt kein derart offensichtlicher Verfahrensmangel vor,
der zur Nichtigkeit des Quartierplans führen würde. In diesem Zusammenhang kann
auch berücksichtigt werden, dass der Regierungsrat - der nach Auffassung des
Beschwerdeführers den Quartierplan hätte genehmigen müssen - diesen für gültig
erachtete und gestützt darauf das Bauvorhaben der Beschwerdegegnerin bewilligt
hat.

5. 
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer
kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 und 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin B.________ AG für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Einwohnergemeinderat Engelberg, dem
Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden sowie dem
Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. Mai 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Merkli

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

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