Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.71/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_71/2015

Urteil vom 23. Juni 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Franz A. Wolf,

gegen

Erbengemeinschaft B.________, bestehend aus:

1. C.B.________,
2. D.B.________,
3. E.B.________,
4. F.B.________,
 Beschwerdegegner, alle vier vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Rufener,

Politische Gemeinde Schönholzerswilen,
handelnd durch den Gemeinderat Schönholzerswilen,
Amt für Raumentwicklung des Kantons Thurgau,
Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau.

Gegenstand
Baubewilligung ausserhalb der Bauzone,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 17. Dezember 2014 des Verwaltungsgerichts
des Kantons Thurgau.

Sachverhalt:

A.

 Die A.________ AG ist Eigentümerin der Liegenschaft Nr. 580 (Freihof) in der
Landwirtschaftszone von Schönholzerswilen. In den Jahren 1998 bis 2006 wurden
ihr (bzw. ihrem Rechtsvorgänger A.________) mehrere Ausnahmebewilligungen für
Bauten und Anlagen im Zusammenhang mit dem Viehhandel erteilt.

B.

 Am 20. September 2010 erteilte das Amt für Raumentwicklung des Kantons Thurgau
(ARE/TG) eine weitere Ausnahmebewilligung für den Neubau eines Hochsilos mit
Futterrüstunterstand; das Projekt wurde am 20. Oktober 2010 von der Gemeinde
bewilligt und die Baubewilligung am 17. September 2012 verlängert.

 Nachdem bei einer Kontrolle Abweichungen vom bewilligten Projekt festgestellt
worden waren, reichte die A.________ AG ein Projektänderungsgesuch "Neubau
Futterrüstunterstand, neu mit Kälberbuchten" ein. Dagegen erhob die
Erbengemeinschaft B.________, Eigentümerin der benachbarten Liegenschaft Nr.
2186, Einsprache.

 Mit Entscheid vom 3. September 2013 erachtete das ARE/TG das Bauvorhaben als
zonenkonform. Am 16. September 2013 bewilligte der Gemeinderat
Schönholzerswilen das Projekt und wies die Einsprache ab.

C.

 Dagegen erhob die Erbengemeinschaft B.________ am 26. September 2013 zunächst
Rekurs an das Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau (DBU). Gegen
den abweisenden Rekursentscheid vom 26. Mai 2014 gelangte sie mit Beschwerde an
das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau. Dieses hiess die Beschwerde am 17.
Dezember 2014 gut und hob den Rekursentscheid samt der Baubewilligung vom 16.
September 2013 auf.

D.

 Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat die A.________ AG am 29.
Januar 2015 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans
Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben
und die Baubewilligung sei zu erteilen. Eventualiter sei die Sache mit
verbindlichen Weisungen zur Neubeurteilung an eine Vorinstanz zurückzuweisen.

E.

 Die Erbengemeinschaft B.________ (im Folgenden: die Beschwerdegegnerin) und
das Verwaltungsgericht schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das ARE/TG hält
an seinem Entscheid fest. Das DBU verzichtet auf eine Vernehmlassung.

 Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) erachtet den Betrieb der
Beschwerdeführerin in der Landwirtschaftszone als zonenwidrig und beantragt die
Abweisung der Beschwerde.

F.

 In ihrer Replik vom 27. Mai 2015 hält die Beschwerdeführerin an ihren Anträgen
fest.

Erwägungen:

1.

 Da alle Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten einzutreten.

2.

 Die Beschwerdeführerin erhebt verschiedene Verfahrensrügen.

2.1. Zunächst rügt sie eine Verletzung der Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2
BV), weil das verwaltungsgerichtliche Urteil zu den Fragen der
Zonenkonformität, der inneren Aufstockung und der Möglichkeit einer
Ausnahmebewilligung nicht bzw. nicht genügend begründet sei.

 Das Verwaltungsgericht hat (in E. 2) die Voraussetzungen für die
Zonenkonformität von Bauten und Anlagen in der Landwirtschaftszone dargelegt,
und anschliessend (in E. 3.1 bis 3.3) begründet, weshalb das streitige
Bauvorhaben diese Voraussetzungen nicht erfülle. Zum Schluss erläuterte es (in
E. 3.4) kurz, weshalb keine weitere Ausnahmebewilligung erteilt werden könne,
sondern eine Planungspflicht bestehe. Damit hat es die für den Entscheid
wesentlichen Gesichtspunkte in einer Weise dargelegt, die eine sachgerechte
Anfechtung ermöglichen (vgl. BGE 124 II 146 E. 2a S. 149 f.). Ob die Begründung
sachlich richtig und widerspruchsfrei ist, ist keine Frage der
Begründungspflicht, sondern der materiellen Rechtsanwendung.

2.2. Unbegründet ist auch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art.
29 Abs. 2 BV) durch eine für die Beschwerdeführerin völlig überraschende
rechtliche Begründung, zu der sie vorgängig hätte angehört werden müssen. Das
Verwaltungsgericht ist im Wesentlichen der Argumentation der Beschwerdegegnerin
gefolgt, zu der sich die Beschwerdeführerin im Schriftenwechsel vor
Verwaltungsgericht ausreichend äussern konnte.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin hat das Verwaltungsgericht den
Bestand der bereits erteilten rechtskräftigen Ausnahmebewilligungen nicht in
Frage gestellt, sondern erwähnte diese lediglich als Beleg für die
Zonenwidrigkeit des Viehhandels und die Notwendigkeit einer planerischen
Grundlage für weitere Bauten und Anlagen. Im Dispositiv des
verwaltungsgerichtlichen Entscheids wurden nur der angefochtene Rekursentscheid
des DBU und die Baubewilligung vom 16. September 2013 aufgehoben, die
Streitgegenstand des Verfahrens bildeten. Damit erweist sich auch der Vorwurf
der Beschwerdeführerin, das Verwaltungsgericht habe den Streitgegenstand und
damit seine funktionelle Zuständigkeit überschritten, als unbegründet.

3.

 Materiellrechtlich ist in erster Linie streitig, ob die Kälberboxen, die 49
Kälbern Platz bieten, in der Landwirtschaftszone zonenkonform sind. Art. 16a
RPG (SR 700) und Art. 34 Abs. 1 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000
(RPV; SR 700.1) unterscheiden zwischen bodenabhängiger und bodenunabhängiger
landwirtschaftlicher Produktion: Bauten und Anlagen, die für die bodenabhängige
Bewirtschaftung nötig sind (Art. 34 Abs. 4 RPV), sind grundsätzlich
zonenkonform (Art. 16a Abs. 1 RPG und Art. 34 Abs. 1 RPV), dagegen dürfen
Bauten und Anlagen für die bodenunabhängige Produktion nur im Rahmen der
inneren Aufstockung (Art. 16a Abs. 2 RPG i.V.m. Art. 36 f. RPV) in einer
gewöhnlichen Landwirtschaftszone errichtet werden (vgl. BGE 133 II 370 E. 4.2
S. 374; Urteil 1C_561/2012 vom 4. Oktober 2013 E. 2.4.3 und 2.4.4., in: ZBl 116
/2015 S. 218; je mit Hinweisen).

3.1. Es ist unstreitig, dass die Kälbermast bodenunabhängig ist, da die Kälber
mit Milchpulver bzw. Buttermilch gefüttert werden (vgl. Rekursentscheid DBU S.
6 f.). Zu prüfen ist daher, ob die dafür bestimmten Kälberbuchten im Rahmen der
inneren Aufstockung (Art. 16a Abs. 2 RPG i.V.m. Art. 36 RPV) bewilligt werden
können.

3.2. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass die innere Aufstockung eine
bodenabhängige Landwirtschaft voraussetze. Dies wird von der Beschwerdeführerin
zu Unrecht bestritten: Wie bereits der Ausdruck "innere Aufstockung" zum
Ausdruck bringt, geht es darum, einen überwiegend bodenabhängig geführten
Betrieb mit Bauten und Anlagen für die bodenunabhängige Produktion
landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu ergänzen (Botschaft des Bundesrats zu einer
Teilrevision des RPG vom 22. Mai 1996, BBl 1996 III Ziff. 111.2 S. 517; BGE 129
II 413 E. 3.2 S. 415 f.). Auch wenn die Voraussetzungen für die innere
Aufstockung durch verschiedene RPV-Revisionen gelockert worden sind, muss
weiterhin eine bodenabhängige landwirtschaftliche Nutzung vorhanden sein, die
aufgestockt werden kann. Davon gehen auch die Art. 36 f. RPV aus, welche das
zulässige Mass der bodenunabhängigen Produktion bestimmen; diese muss gegenüber
der bodenabhängigen Produktion eine untergeordnete Rolle einnehmen ( WALDMANN/
HÄNNI, Handkommentar RPG, Art. 16a N. 19; ALEXANDER RUCH, in: Aemisegger/
Kuttler/Moor/Ruch [Hrsg.], Kommentar RPG, Art. 16a RPG N. 43). Bauten und
Anlagen für eine ausschliesslich oder überwiegend bodenunabhängige Produktion
dürfen nur in vom Kanton in einem Planungsverfahren dafür freigegebenen
speziellen Landwirtschaftszonen erstellt werden ( RUCH, a.a.O., Art. 16 N. 23
und Art. 16a N. 10).

 Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin eine
bodenabhängige Landwirtschaft betreibt, die durch die bodenunabhängige
Kälbermast ergänzt werden darf.

4.

 Die landwirtschaftliche Bewirtschaftung setzt (vom Sonderfall der
Bewirtschaftung naturnaher Flächen abgesehen) die Produktion verwertbarer
Erzeugnisse aus Pflanzenbau und Nutztierhaltung voraus (Art. 34 Abs. 1 lit. a
RPV und Art. 3 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Landwirtschaft vom 29.
April 1998 [Landwirtschaftsgesetz; LwG; SR 910.1]; gleichgestellt wird in Art.
3 Abs. 1 lit. b LwG die Aufbereitung, die Lagerung und der Verkauf der
entsprechenden Erzeugnisse auf den Produktionsbetrieben). Als bodenabhängig
gilt die Bewirtschaftung, wenn ein enger Bezug zum natürlichen Boden besteht;
dies ist bei der Tierhaltung der Fall, wenn die Tiere im Wesentlichen auf der
Grundlage der auf dem Betrieb produzierten Futtermittel ernährt werden (BGE 133
II 370 E. 4.2 S. 375).

4.1. Das Landwirtschaftsamt ging in seiner Stellungnahme davon aus, dass der
Viehhandelsbetrieb der Beschwerdeführerin nicht unter den Begriff
"Landwirtschaft" falle, weil die Tiere, die in den Stallungen stehen, nicht auf
dem Betrieb aufgewachsen seien. Allerdings dürfe nicht ausser Acht gelassen
werden, dass die Tiere während ihres Aufenthalts täglich gefüttert und gemolken
würden und es sich dabei ausschliesslich um Wiederkäuer und Raufutterverzehrer
handle. Der Umschlagplatz eines Grossviehhandelsbetriebs stelle deshalb ein
landwirtschaftliches Gewerbe dar, dessen Besonderheit darin bestehe, dass der
Tierbestand täglich wechsle.

 Das DBU fügte hinzu, dass die Beschwerdeführerin nicht nur Vieh handle,
sondern gleichzeitig eine Milchwirtschaft betreibe; damit produziere sie
verwertbare Erzeugnisse aus der Nutztierhaltung und betreibe insofern auch
Landwirtschaft i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. a LwG. Die hierfür benötigten
Stallungen sowie die Anlagen für Futterlagerung und -aufbereitung seien in der
Landwirtschaftszone als zonenkonform zu betrachten, sofern die
Futtermittelbasis mit eigenem und gepachtetem Land belegt sei, zumindest im
Rahmen der Voraussetzungen einer inneren Aufstockung gemäss Art. 36 RPV.

4.2. Das Verwaltungsgericht vertrat dagegen die Auffassung, dass es nicht
möglich sei, zwischen Bauten und Anlagen für den Viehhandel einerseits und die
Milchwirtschaft andererseits zu trennen. Im Gesuchsformular ARP sei
ausdrücklich auf den Handel mit Kälbern hingewiesen worden. Aufgrund der
maximalen Platzzahl von 146 Grossvieheinheiten (GVE) und dem deklarierten
Handelsumfang von 1'600 Tieren pro Jahr (mit einer geplanten Erhöhung auf 2'000
Tiere) ergebe sich eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Tiere von nur
rund einem Monat. Das ARE/TG sei schon bei der Erteilung der
Ausnahmebewilligung 2006 für den Händlerstall von einem intensiven Viehhandel
ausgegangen. Milchwirtschaft und Kälberaufzucht seien ein notwendiges
Nebenprodukt beim vorübergehenden Halten und Handeln mit Milchkühen.

 Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Viehhandel nur dann als
landwirtschaftliche Tätigkeit zu betrachten, wenn er als unmittelbare Folge des
Futterbaus und der damit direkt verbundenen Tierhaltung betrieben wird. Hierzu
zähle der Kauf von Jungtieren zur eigenen Aufzucht oder der Verkauf von selber
grossgezogenen Tieren, was vorliegend zu verneinen sei. Das zonenwidrige
Auktionszelt wie auch die zahlreichen Lastwagentransporte und der
Publikumsverkehr sprächen gegen einen zur Hauptsache bodenabhängigen Betrieb
und für einen industriell geführten (bodenunabhängigen)
Tierhandelsgrossbetrieb. Daran vermöge auch nichts zu ändern, dass offenbar
durch den - erst im Oktober 2013 erfolgten - Abschluss neuer Pachtverträge die
Grundlagen für die Einstufung des Freihofs als landwirtschaftliches Gewerbe
geschaffen werden sollten. Die Pachtverträge seien denn auch nur auf (vorerst)
sechs Jahre abgeschlossen worden.

4.3. Die Beschwerdeführerin macht dagegen geltend, dass sie neben dem
Viehhandel einen eigenen bodenabhängigen Milchbetrieb betreibe. Der Viehhandel
spiele gegenüber dem Landwirtschaftsbetrieb nur eine untergeordnete Rolle, mit
einem Anteil von nur 28 % am Bruttogewinn. Die streitigen Kälberbuchten dienten
zu 80 % der Haltung von eigenen Kälbern und nur zu 20 % der Haltung von Kälbern
von Handelskühen. Sie belegt allerdings diese Behauptung nicht. Insbesondere
hat sie keine Unterlagen eingereicht, aus denen sich ergibt, dass sie eigene
Milchkühe hält, die längerfristig im Betrieb verbleiben und nicht gehandelt
werden. Die vorinstanzlich eingereichte Bestätigung der G.________ AG, wonach
die Sparte Milch/ Landwirtschaft 72 % des Bruttogewinns erwirtschafte,
gegenüber nur 28 % durch den Nutztierhandel, lässt die Kriterien für die
Sparten-Aufteilung vermissen und ist ohnehin als Parteibehauptung zu werten.
Die Beschwerdegegnerin vermag damit den vom Verwaltungsgericht festgestellten
Sachverhalt nicht als offensichtlich unrichtig erscheinen zu lassen (Art. 105
Abs. 2 BGG). Für diesen spricht auch der Projektbeschrieb vom 6. August 2012,
wonach sich der Betrieb durch einen grossen Viehwechsel auszeichne und ein
dringender Bedarf an neuen Tierplätzen für den Viehhandel bestehe, namentlich
für den Tränkekälberhandel.
Mit dem Verwaltungsgericht ist daher davon auszugehen, dass die
Beschwerdeführerin keine vom Viehhandel unabhängige Milchwirtschaft betreibt,
sondern im Wesentlichen die beim Handel mit Milchkühen anfallende Milch
verwertet.

5.

 Im Folgenden ist zu prüfen, wie ein derartiger Betrieb zu qualifizieren ist.

5.1. In zwei Urteilen zu aArt. 16 RPG (in der bis zum 1. September 2000
geltenden Fassung) führte das Bundesgericht aus, dass der Viehhandel nur dann
als landwirtschaftliche Tätigkeit betrachtet werden könne, wenn er als
unmittelbare Folge des Futteranbaus und der damit direkt verbundenen
Tierhaltung betrieben werde. Hierunter falle der Kauf von Jungtieren zur
eigenen Aufzucht oder der Verkauf von selber grossgezogenen Tieren, immer unter
der Voraussetzung eines genügenden betriebseigenen Futtermittelanbaus (Urteil
1A.67/1993 vom 18. Januar 1994 E. 3a, in: Blätter für Agrarrecht 1995 S. 34;
Urteil A 406/81 vom 1. März 1982, in: Informationshefte BRP Nr. 4/82 S. 20 E.
5a).

 PETER M. KELLER ( Neubauten in der Landwirtschaftszone, Diss. Bern 1987) hält
fest, dass diese Voraussetzungen für landwirtschaftliche Betriebe regelmässig
nur in untergeordnetem Rahmen und zudem ohne Bedarf an zusätzlichen oder
grösseren Bauten zutreffen würden (S. 38). Betriebe, die zwar einen Bezug zur
Landwirtschaft, aber keinen direkten Zusammenhang mit der Bodennutzung durch
einen bestimmten Landwirtschaftsbetrieb aufwiesen (z.B. landwirtschaftliche
Genossenschaften, Lagerungs-, Verarbeitungs- und Verwertungsbetriebe), seien
nicht landwirtschaftlicher, sondern gewerblicher Natur; in aller Regel dienten
sie auch einer Mehrzahl von Bauern (S. 39).

5.2. Seit der Teilrevision des RPG vom 20. März 1998 stellt der Gesetzgeber
zwar für die Definition der Landwirtschaft nicht mehr auf die bodenabhängige
Produktion, sondern nur noch auf die Erzeugung von pflanzlichen und tierischen
Produkten ab (sog. Produktemodell, vgl. Botschaft 1996, BBl 1996 III 523 f.;
Urteil 1A.110/2001 vom 4. Dezember 2001 E. 4.2, in: ZBl 103/2002 S. 615; RDAF
2003 I S. 389; WALDMANN/HÄNNI, a.a.O., Art. 16 RPG N. 12). Dagegen bleibt es
dabei, dass Bauten und Anlagen (ausser in den Fällen von Art. 16a Abs. 2 und 3
RPG) in der Landwirtschaftszone nur zonenkonform sind, wenn sie der
bodenabhängigen Bewirtschaftung dienen (oben E. 3). Für die Definition der
Bodenabhängigkeit kann daher weiterhin auf die bisherigen, zu aArt. 16 RPG
entwickelten Abgrenzungskriterien abgestellt werden (Urteil 1C_561/2012 vom 4.
Oktober 2013 E. 2.4.4, in: ZBl 116/2015 S. 218 mit Hinweisen).

 Immerhin ist zu berücksichtigen, dass der Bundesrat in Art. 34 Abs. 2 lit. a
und Art. 35 RPV vom einzelbetrieblichen Ansatz abgewichen ist (Urteil 1A.110/
2001 vom 4. Dezember 2001 E. 4.5, in: ZBl 103/2002 S. 615; RDAF 2003 I S. 389).
Nach Art. 34 Abs. 2 RPV gelten Bauten und Anlagen, die der Aufbereitung, der
Lagerung oder dem Verkauf landwirtschaftlicher oder gartenbaulicher Produkte
dienen, als zonenkonform, wenn die Produkte in der Region und zu mehr als der
Hälfte auf dem Standortbetrieb oder auf den in einer Produktionsgemeinschaft
zusammengeschlossenen Betrieben erzeugt werden (lit. a). Zusätzlich wird
verlangt, dass die Aufbereitung, die Lagerung oder der Verkauf nicht
industriell-gewerblicher Art ist (lit. b) und der landwirtschaftliche oder
gartenbauliche Charakter des Standortbetriebs gewahrt bleibt (lit. c). Damit
ist stets eine einzelfallbezogene Gesamtwürdigung des Betriebs erforderlich (so
auch Urteil 1C_561/2012 vom 4. Oktober 2013, E. 2.4.4, in: ZBl 116/2015 S. 218
mit Hinweisen).

5.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Viehhandel sei bodenabhängig,
weil die Tiere im Wesentlichen auf der Grundlage der auf dem Betrieb
produzierten Futtermittel ernährt würden. Sie verweist hierfür auf den
Rekursentscheid des DBU und die Stellungnahme des Landwirtschaftsamts Thurgau
vom 8. Dezember 2013.

 Beide Ämter haben jedoch die Futtergrundlage des Betriebs lediglich anhand der
Trockensubstanzbilanz überprüft (mit einem Trockensubstanzpotenzial von 69 %).
Dieses Kriterium dient jedoch lediglich der Prüfung, ob eine innere Aufstockung
zulässig ist; die Bodenabhängigkeit eines Vorhabens kann damit nicht genügend
beurteilt werden. Diese setzt vielmehr voraus, dass das von den Tieren
benötigte Futter auch tatsächlich zum überwiegenden Teil auf dem Betrieb selbst
produziert wird (BGE 133 II 370 E. 4.4 S. 376 f.). Damit ist die
Bodenabhängigkeit des Betriebs nicht belegt, und zwar unabhängig davon, ob die
neuen Pachtverträge zu berücksichtigen sind (wie die Beschwerdeführerin geltend
macht) oder nicht.

5.4. Im Übrigen hat bereits das DBU festgehalten, dass die Tiere, die in den
Stallungen stehen, nicht (auch nicht zur Hälfte) auf dem Betrieb aufgewachsen
sind. Damit ist der Bezug zum (eigenen und zum gepachteten) Boden der
Beschwerdeführerin nicht eng genug, um von einem bodenabhängigen
Landwirtschaftsbetrieb auszugehen. Zwar müssen die Tiere während ihres kurzen
Aufenthalts auf dem Betrieb täglich gefüttert und die Milchkühe gemolken
werden. Der Boden ist aber für diese Betriebsform als Produktionsfaktor
entbehrlich. Die Beschwerdeführerin hat denn auch in ihrem Projektbeschrieb vom
6. August 2012 selbst ausgeführt, dass es für sie sinnvoller sei, mit
Landwirtschaftsbetrieben in der Umgebung zusammenzuarbeiten, um von diesen
Futterbauprodukte zu beziehen und Hofdünger abzugeben, anstatt eigene
landwirtschaftliche Nutzflächen zu bearbeiten. Ein Weidegang findet unstreitig
nicht statt. Das Verwaltungsgericht durfte daher willkürfrei davon ausgehen,
dass der Abschluss von Pachtverträgen im Oktober 2013 (per Anfang 2015)
lediglich erfolgte, um die Anerkennung als landwirtschaftlichen Betrieb zu
erreichen.
Schliesslich berücksichtigte das Verwaltungsgericht im Rahmen der gebotenen
Gesamtwürdigung auch die Intensität des Viehhandels (mit 1'600 bzw. künftig
2'000 Tieren pro Jahr), die dafür mittels Ausnahmebewilligungen errichteten
Bauten und Anlagen wie auch die zahlreichen Lastwagentransporte und den
Publikumsverkehr als Indiz gegen die Zonenkonformität in der
Landwirtschaftszone. Auch dies ist nicht zu beanstanden. Unter diesen Umständen
ist die Qualifikation des Betriebs als bodenunabhängiger Grossgewerbebetrieb
nicht zu beanstanden.

5.5. Fehlt es nach dem Gesagten an einem (ganz oder überwiegend)
bodenunabhängigen landwirtschaftlichen Betrieb, kommt eine innere Aufstockung
gemäss Art. 16a Abs. 2 RPG nicht in Betracht.

 Ebenso wenig kann sich die Beschwerdeführerin auf Art. 24b Abs. 1bis RPG
berufen, der die Ergänzung eines Landwirtschaftsbetriebs mit einem
nichtlandwirtschaftlichen Gewerbebetrieb erlaubt (sog. kleingewerbliche
Aufstockung). Geht man davon aus, dass die Kälberhaltung keine
landwirtschaftliche, sondern eine gewerbliche Tätigkeit ist, so handelt es sich
dennoch nicht um einen Nebenbetrieb i.S.v. Art. 40 Abs. 3 RPV, sondern der
Kälberhandel bildet Teil des Viehhandels als Haupttätigkeit der
Beschwerdeführerin. Dieses darf nicht mehr mittels Ausnahmebewilligungen
erweitert werden (vgl. unten E. 6).

6.

 Das Verwaltungsgericht hielt fest, dass die Beschwerdeführerin seit Jahren
einen zonenwidrigen Gewerbebetrieb führe, der nur dank grosszügiger
Ausnahmebewilligungen realisiert werden konnte. Dazu wäre jedoch mindestens
eine Intensiv-Landwirtschaftszone und von Anfang an eine Regelung auf der
Planungsebene notwendig gewesen. Es gehe nicht an, weitere Bauten und Anlagen
mittels Ausnahmebewilligung zu errichten.

6.1. Die Beschwerdeführerin bringt dagegen nichts Substanzielles vor. Das
Bestehen einer Planungspflicht lässt sich auch nicht ernsthaft in Frage
stellen:

 Wie aus den Akten hervorgeht, wurden der Beschwerdeführerin bzw. ihrem
Rechtsvorgänger A.________ seit der Übernahme des Freihofs vor rund 10 Jahren
bereits zahlreiche Ausnahmebewilligungen für den Viehhandel erteilt (1998:
Ausdehnung des Kiesplatzes zur Schaffung eines Viehumschlagplatzes mit
Mistwurf; 2001: befristete Ausnahmebewilligung für ein 20 x 20 m grosses
Auktionszelt; 2006: Neubau eines 25 x 45 m grossen Anbindestalls mit
Auktionshalle und Futterlager; 2010: zusätzliches Hochsilo und
Futterrüstunterstand). Gemäss den Gesuchsunterlagen soll der Handel von heute
1'600 auf rund 2'000 Tiere pro Jahr ausgeweitet werden; ein weiteres Baugesuch
vom 20. April 2013 für einen Laufstall, eine Remise und ein Wohnhaus für
Betriebsleiter mit Familie und zwei Lehrlingszimmern ist beim DBU hängig).
Dieses Vorgehen, etappenweise einen zonenwidrigen Tierhandelsgrossbetrieb in
der Landwirtschaftszone zu bewilligen, ist unzulässig. Erschwerend kommt hinzu,
dass es sich um ein landschaftlich empfindliches Gebiet handelt: Der Freihof
befindet sich in einem kantonalen Landschaftsentwicklungskonzept mit Vorrang
Landschaft und dem Vernetzungskorridor Nr. 533, nur rund 600 m unterhalb vom
Weiler Wertbühl, der gemäss ISOS als Weiler von nationaler Bedeutung eingestuft
wurde, u.a. wegen der unverbauten Lage.

6.2. Unter diesen Umständen können ohne planerische Grundlage, die ein
Gesamtkonzept voraussetzt, keine weiteren Bauten und Anlagen bewilligt werden.
Es ist Sache der Vollzugsbehörde, die notwendigen Wiederherstellungsmassnahmen
für die bereits errichteten, aber nicht (oder nur provisorisch) bewilligten
Bauten und Anlagen anzuordnen.

 Ob für den Viehhandelsbetrieb eine Intensivlandwirtschaftszone nach Art. 16a
Abs. 3 RPG in Betracht kommt oder eine Bauzone (z.B. Gewerbe- oder
Industriezone) erforderlich wäre, braucht vorliegend nicht geprüft zu werden.
Für die Ausscheidung beider Zonentypen wäre das Konzentrationsprinzip zu
beachten (BGE 141 II 50 E. 2.5 S. 54).

7.

 Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig
(Art. 66 und 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat die private Beschwerdegegnerin für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 4'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Politischen Gemeinde Schönholzerswilen,
dem Amt für Raumentwicklung, dem Departement für Bau und Umwelt des Kantons
Thurgau und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für
Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juni 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

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