Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.66/2015
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 1/2}
                   
1C_66/2015

Urteil vom 12. November 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Härri.

Verfahrensbeteiligte
Eidgenössische Finanzkontrolle, 3003 Bern,
vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Andreas Güngerich und Anita Buri,
Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter, 3003 Bern,
Beschwerdegegner,

Gegenstand
Bearbeitung von Daten bei der Whistleblowing-Meldestelle der Eidgenössischen
Finanzkontrolle,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 16.
Dezember 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) führt eine Whistleblowing-Meldestelle
für Bundesangestellte.

Am 19. November 2013 empfahl der Eidgenössische Datenschutz- und
Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) der EFK, (1) ihm ihre Datensammlung
"Whistleblowing" innerhalb von zwei Monaten anzumelden; (2) für diese
Datensammlung ein Bearbeitungsreglement zu erstellen; (3) darin die Dauer der
Aufbewahrung, die Löschung und Archivierung der Daten zu regeln.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 lehnte es die EFK ab, die Meldungen, welche
sie als Whistleblowing-Meldestelle erhält, als Datenammlung dem EDÖB anzumelden
und ein Bearbeitungsreglement zu erstellen. Die EFK erklärte sich jedoch
bereit, die Empfehlungen des EDÖB zur Aufbewahrung, Löschung und Archivierung
der Daten in den internen Bearbeitungsprozess aufzunehmen und umzusetzen.

Die vom EDÖB dagegen erhobene Beschwerde hiess das Bundesverwaltungsgericht
(Abteilung I) am 16. Dezember 2014 gut. Es wies die EFK an, in Ergänzung ihres
Schreibens vom 19. Dezember 2013 ihre beiden Datenbestände im Zusammenhang mit
den Meldungen, die bei ihr als Whistleblowing-Meldestelle eingehen, dem EDÖB
innerhalb von zwei Monaten nach Rechtskraft des Urteils anzumelden und ein
Bearbeitungsreglement für die Datenbearbeitung in diesen beiden Beständen zu
erstellen.

B. 
Die EFK führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben.

C. 
Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.

Der EDÖB hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.
Die EFK hat hierzu Stellung genommen. Der EDÖB hat eine Duplik eingereicht.

D. 
Mit Verfügung vom 23. Februar 2015 hat der Präsident der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung
zuerkannt.

Erwägungen:

1. 

1.1. Gegen den angefochtenen Entscheid ist gemäss Art. 82 lit. a BGG die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben. Ein
Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG besteht nicht. Da als Vorinstanz das
Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, ist die Beschwerde gemäss Art. 86
Abs. 1 lit. a BGG zulässig.

1.2. 

1.2.1. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten berechtigt, wer: a. vor der Vorinstanz am Verfahren
teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; b. durch
den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist; und c. ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat.

Nach Art. 89 Abs. 2 BGG sind zur Beschwerde ferner berechtigt: a. die
Bundeskanzlei, die Departemente des Bundes oder, soweit das Bundesrecht es
vorsieht, die ihnen unterstellten Dienststellen, wenn der angefochtene Akt die
Bundesgesetzgebung in ihrem Aufgabenbereich verletzen kann; (...) d. Personen,
Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht
einräumt.

1.2.2. Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG muss der Beschwerdeführer die Beschwerde
hinreichend begründen. Er muss - soweit das nicht offensichtlich ist -
insbesondere darlegen, dass die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen
erfüllt sind. Andernfalls genügt er seiner Begründungspflicht nicht und kann
auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE 134 II 120 E. 1 S. 121; 133 II
400 E. 2 S. 404; Urteil 1C_412/2012 vom 22. Juli 2013 E. 1; je mit Hinweisen).

1.2.3. Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur
Beschwerde legitimiert.

Diese Bestimmung ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten. Auch das
Gemeinwesen kann sich jedoch darauf stützen, falls es durch den angefochtenen
Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder in spezifischer,
schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen
ist. Die Beschwerdebefugnis zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt eine
erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus.
Gemeinwesen sind nach Art. 89 Abs. 1 BGG restriktiv zur Beschwerdeführung
zuzulassen (BGE 141 II 161 E. 2.1 S. 164 mit Hinweisen).

Zur Beschwerde nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist nur das Gemeinwesen als solches
befugt, nicht jedoch eine einzelne Behörde oder ein Verwaltungszweig ohne
Rechtspersönlichkeit. Das gilt auch dann, wenn die Behörde die dem Verfahren
zugrunde liegende Verfügung erlassen hat (zur amtlichen Publikation bestimmtes
Urteil 8C_772/2014 vom 24. September 2015 E. 3.2 f.; BGE 140 II 539 E. 2.2 S.
541; 136 V 106 E. 3.1 S. 108 f.; 134 II 45 E. 2.2.3 S. 48; je mit Hinweisen).

Gemäss Buchstabe B Ziffer V./2.1 des Anhangs 1 zur Regierungs- und
Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (RVOV; SR 172.010.1)
handelt es sich bei der Beschwerdeführerin um eine organisatorisch
verselbständigte Verwaltungseinheit der dezentralen Bundesverwaltung ohne
Rechtspersönlichkeit. Die Beschwerdeführerin ist daher von vornherein nicht
gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde legitimiert.

Ob - was im Lichte der restriktiven Rechtsprechung zweifelhaft ist - die
dargelegten Voraussetzungen der Beschwerdelegitimation des Gemeinwesens nach
Art. 89 Abs. 1 BGG erfüllt gewesen wären, kann offen bleiben.

1.2.4. Dass die Beschwerdeführerin gemäss Art. 89 Abs. 2 BGG zur Beschwerde
berechtigt sei, macht sie nicht geltend. Auf die Beschwerde könnte nach der
dargelegten Rechtsprechung somit nur eingetreten werden, wenn dies
offensichtlich wäre. Das trifft nicht zu.

Gemäss Art. 1 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische
Finanzkontrolle (FKG; SR 614.0) ist die Beschwerdeführerin das oberste
Finanzaufsichtsorgan des Bundes (Abs. 1). Sie ist im Rahmen der gesetzlichen
Vorschriften selbständig und unabhängig (Abs. 2). Administrativ ist sie dem
eidgenössischen Finanzdepartement beigeordnet (Abs. 3). Es handelt sich bei
ihr, wie gesagt, um eine organisatorisch verselbständigte Verwaltungseinheit
der dezentralen Bundesverwaltung. Gemäss Art. 7a Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2
RVOV ist die Beschwerdeführerin in der Erfüllung ihrer Aufgaben
weisungsungebunden, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Sie ist im
Gegensatz zu Einheiten der zentralen Bundesverwaltung keinem Departement
unterstellt und gegenüber diesem nicht weisungsgebunden (vgl. Art. 7 Abs. 3
RVOV). Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich demnach um keine dem
Finanzdepartement unterstellte Dienststelle nach Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG,
weshalb die Beschwerdelegitimation auch nach dieser Bestimmung nicht gegeben
ist.

Entsprechend entschied das Bundesgericht zur Wettbewerbskommission (Urteil
2A.325/2006 vom 13. Februar 2007 E. 2.3, nicht publiziert in BGE 133 II 104);
dies in Anwendung von Art. 103 lit. b des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16.
Dezember 1943 (OG; BS 3 531), den Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG übernahm (Botschaft
vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4330).

Auch nach dem Schrifttum ist eine organisatorisch verselbständigte
Verwaltungseinheit der dezentralen Bundesverwaltung nicht gemäss Art. 89 Abs. 2
lit. a BGG zur Beschwerde befugt ( FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in: Commentaire de
la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 44 zu Art. 89 BGG; BERNHARD WALDMANN, in:
Bundesgerichtsgesetz, Basler Kommentar, 2. Aufl. 2011, N. 50 zu Art. 89 BGG).

Die Beschwerdebefugnis käme somit nur nach Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG in
Betracht ( AUBRY GIRARDIN, a.a.O; WALDMANN, a.a.O). Beim anderen Bundesgesetz
im Sinne dieser Bestimmung muss es sich um ein Gesetz im formellen Sinne
handeln (BGE 134 V 53 E. 2.2.2 S. 56; Urteil 2C_750/2013 vom 9. Oktober 2014 E.
1.3.5; je mit Hinweisen). Dass ein solches der Beschwerdeführerin ein
Beschwerderecht einräumt, legt sie nicht dar und ist nicht offensichtlich.

2. 
Auf die Beschwerde kann deshalb mangels Legitimation bzw. Erfüllung der
Begründungsanforderungen insoweit (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nicht eingetreten
werden.

Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Ebenso wenig ist
eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben und es wird keine Parteientschädigung
zugesprochen.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. November 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Härri

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben