Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.656/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_656/2015

Urteil vom 8. April 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Pedretti.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Frischkopf,

gegen

Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern.

Gegenstand
Administrativmassnahmen des Strassenverkehrsrechts,

Beschwerde gegen das Urteil vom 1. Dezember 2015 des Kantonsgerichts Luzern, 4.
Abteilung.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (geb. 1983) fuhr am 4. Oktober 2014 um 17.20 Uhr mit einem
Personenwagen in Zürich auf dem B.________ in Richtung C.________, als ein
Vogel durch das offene Fahrzeugfenster in das Innere des Wagens gelangte. Beim
Versuch den Vogel mit einer Hand zu verscheuchen, verlor er die Kontrolle über
das Fahrzeug und kollidierte mit einem Inselschutzpfosten bei einem
Fussgängerstreifen.

B. 
Das Stadtrichteramt Zürich verurteilte A.________ mit Strafbefehl vom 12.
November 2014 gestützt auf Art. 31 Abs. 1 und Art. 90 Abs. 1 SVG wegen
Nichtbeherrschens des Fahrzeugs zu einer Busse von Fr. 200.--. Dieser Entscheid
erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
Das Strassenverkehrsamt des Kantons Luzern wertete diese Widerhandlung gegen
die Strassenverkehrsvorschriften als mittelschwer im Sinne von Art. 16b Abs. 1
lit. a SVG. Da A.________ der Führerausweis in den vorangegangenen zehn Jahren
bereits dreimal wegen zumindest mittelschwerer Widerhandlungen entzogen worden
war, verfügte es am 11. März 2015 den Entzug des Führerausweises gestützt auf
Art. 16b Abs. 2 lit. e SVG f ür unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei
Jahre, und untersagte A.________ das Führen von Motorfahrzeugen aller
Kategorien. Die Wiedererlangung des Führerausweises nach Ablauf der Sperrfrist
machte es von einem die Fahreignung bejahenden verkehrspsychologischen
Gutachten abhängig.

C. 
Diesen Entscheid focht A.________ beim Kantonsgericht Luzern an, das seine
Beschwerde mit Urteil vom 1. Dezember 2015 abwies.

D. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 23. Dezember 2015
gelangt A.________ ans Bundesgericht und beantragt, das kantonsgerichtliche
Urteil sei dahingehend aufzuheben, als der Vorfall vom 4. Oktober 2014 als
leichte Widerhandlung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG zu qualifizieren
und entsprechend eine Verwarnung auszusprechen sei. Eventualiter sei der
Führerausweis für einen Monat (Warnungsentzug) zu entziehen. Subeventualiter
sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen.
Das Strassenverkehrsamt, das Kantonsgericht und das Bundesamt für Strassen
(ASTRA) schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Letzteres bejaht genauso wie
das Strassenverkehrsamt das Vorliegen einer erhöhten abstrakten Gefährdung der
Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer: Es sei einzig dem Zufall zu verdanken,
dass sich zum Zeitpunkt des Unfalls inmitten eines Wohnquartiers keine
Fussgänger auf dem Fussgängerstreifen befunden hätten; diese wären durch das
Verkehrsmanöver mit grosser Wahrscheinlichkeit verletzt worden.
Mit Verfügung vom 27. Januar 2016 hat der Präsident der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung das Gesuch um aufschiebende Wirkung bzw.
Anordnung einer vorsorglichen Massnahme abgewiesen.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über einen
Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten nach Art. 82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund liegt nicht vor
(Art. 83 BGG). Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, weshalb auf
die Beschwerde einzutreten ist.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht wendet das Bundesrecht (mit Ausnahme der Grundrechte) von Amtes
wegen an (Art. 106 BGG).

2. 
Streitig ist, ob die Vorinstanz das Verhalten des Beschwerdeführers zu Recht
als mittelschwere Widerhandlung im Sinne von Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG
erachtete. Dabei ist von dem Sachverhalt auszugehen, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) : Nach der massgebenden Darstellung der
Strafbehörden führte der Beschwerdeführer ein Fahrzeug im Bereich des
B.________ xxx gemäss eigenen Angaben mit einer Geschwindigkeit von 40-50 km/h,
als ein Vogel durch das geöffnete Fenster ins Wageninnere gelangte. Der
Beschwerdeführer versuchte mit einer Hand das Tier zu verscheuchen und
kollidierte dabei mit einem Inselschutzpfosten bei einem Fussgängerstreifen.
Anschliessend verliess der Vogel den Personenwagen durch die geöffnete
Fahrzeugtür. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Kollision sei nicht auf
eine pflichtwidrige Unaufmerksamkeit zurückzuführen, sondern auf den äusseren
Umstand, dass ein Vogel durch das geöffnete Seitenfenster in das Fahrzeug
hinein geflogen sei. Deshalb liege höhere Gewalt vor und seine Verfehlung lasse
- wenn überhaupt - bloss auf eine leichte Widerhandlung gemäss Art. 16a Abs. 1
lit. a SVG schliessen.

2.1. Das Gesetz unterscheidet zwischen der leichten, mittelschweren und
schweren Widerhandlung (Art. 16a-c SVG). Gemäss Art. 16a SVG begeht eine
leichte Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe
Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft und ihn dabei nur ein leichtes
Verschulden trifft (Abs. 1 lit. a). Eine mittelschwere Widerhandlung begeht,
wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer
hervorruft oder in Kauf nimmt (Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG). Leichte und
mittelschwere Widerhandlungen werden von Art. 90 Abs. 1 SVG als einfache
Verkehrsregelverletzungen erfasst (BGE 135 II 138 E 2.4 S. 143 f.). Nach einer
mittelschweren Widerhandlung wird der Führerausweis für unbestimmte Zeit,
mindestens aber für zwei Jahre entzogen, wenn in den vorangegangenen zehn
Jahren der Ausweis dreimal wegen mindestens mittelschweren Widerhandlungen
entzogen war; auf diese Massnahme wird verzichtet, wenn die betroffene Person
während mindestens fünf Jahren nach Ablauf eines Ausweisentzugs keine
Widerhandlung, für die eine Administrativmassnahme ausgesprochen wurde,
begangen hat (Art. 16b Abs. 2 lit. e SVG).

2.2. Die mittelschwere Widerhandlung nach Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG stellt
einen Auffangtatbestand dar. Sie liegt vor, wenn nicht alle privilegierenden
Elemente einer leichten Widerhandlung gemäss Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG und
nicht alle qualifizierenden Elemente einer schweren Widerhandlung nach Art. 16c
Abs. 1 lit. a SVG gegeben sind (BGE 136 II 447 E. 3.2 S. 452; 135 II 138 E.
2.2.2 S. 141). Die Annahme einer leichten Widerhandlung setzt voraus, dass der
Lenker durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die
Sicherheit anderer hervorgerufen hat und ihn dabei nur ein leichtes Verschulden
trifft. Nach der Rechtsprechung müssen eine geringe Gefahr und ein leichtes
Verschulden kumulativ gegeben sein (BGE 135 II 138 E. 2.2.3 S. 141 mit
Hinweisen). Ist die Gefährdung gering, aber das Verschulden hoch, oder
umgekehrt die Gefährdung hoch und das Verschulden gering, liegt eine
mittelschwere Widerhandlung vor (BGE 136 II 447 E. 3.2 S. 452; Urteil 1C_169/
2014 vom 18. Februar 2015 E. 3.2; Botschaft vom 31. März 1999 zur Änderung des
Strassenverkehrsgesetzes, BBl 1999 4489). Eine erhöhte abstrakte Gefährdung
besteht, wenn die Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder Verletzung

naheliegt (vgl. BGE 131 IV 133 E. 3.2 S. 136; Urteil 1C_3/2008 vom 18. Juli
2008 E. 5.2 mit Hinweisen).

2.3. Gemäss Art. 31 Abs. 1 SVG hat der Lenker sein Fahrzeug ständig so zu
beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann. Er muss
jederzeit in der Lage sein, auf die jeweils erforderliche Weise auf das
Fahrzeug einzuwirken und auf jede Gefahr ohne Zeitverlust zweckmässig zu
reagieren. Er muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden
(Art. 3 Abs. 1 der Verkehrsregelverordnung [VRV; SR 741.11]). Das Mass der
Aufmerksamkeit, das vom Fahrzeuglenker verlangt wird, richtet sich nach den
gesamten Umständen, namentlich der Verkehrsdichte, den örtlichen Verhältnissen,
der Zeit, der Sicht und den voraussehbaren Gefahrenquellen (Urteile 1C_61/2015
vom 1. Mai 2015 E. 3.4; 1C_266/2014 vom 17. Februar 2015 E. 3.6).
Der Beschwerdeführer hat durch sein Verhalten diese Verkehrsregeln verletzt.
Zwar kann ihm nicht zum Vorwurf gereichen, dass er in Situationen, in denen er
aufgrund eines plötzlichen Erscheinens eines Tieres überrascht wird, von
verschiedenen möglichen Massnahmen nicht diejenige ergreift, die sich im
Nachhinein aus objektiver Sicht als die angemessenste Reaktion erweist (vgl.
BGE 115 IV 248 E. 5 S. 254 f.). Indes ist nicht jedes unzweckmässige Handeln
entschuldbar. Das Bundesgericht verlangt, dass die ergriffene Massnahme und
diejenige, welche ex post als die zweckmässigere erscheint, annähernd
gleichwertig sein müssen und dass der Fahrzeugführer deren unterschiedliche
Wirksamkeit nur deshalb nicht erkannte, weil die plötzlich eingetretene
Situation eine augenblickliche Entscheidung erforderte. Wo eine Vorkehr im
Vergleich zu andern sich aber derart aufdrängt, dass sie auch im Falle der
Notwendigkeit sehr rascher Reaktion als die näherliegende und angemessenere
erkannt werden kann, ist es als Fehler anzurechnen, wenn trotzdem eine weniger
geeignete getroffen wird (BGE 83 IV 84; Urteil 1C_361/2014 vom 26. Januar 2015
E. 3.1; je mit Hinweisen).
Diese Rechtsprechung fand in jüngerer Zeit in Fällen plötzlich auf der Fahrbahn
auftauchender Tiere Anwendung. Das Bundesgericht ging dabei von mittelschweren
Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsvorschriften aus, wenn der
Fahrzeugführer aufgrund eines Ausweichmanövers ins Schleudern geriet und erst
auf einer Grünfläche zum Stillstand kam (Urteil 1C_3/2008 vom 18. Juli 2008 E.
5) bzw. auf die Gegenfahrbahn auswich und dabei mit einem entgegenkommenden
Personenwagen kollidierte (Urteil 1C_361/2014 vom 26. Januar 2015 E. 4.2). Es
erachtete in diesen Gefahrensituationen ein sofortiges Abbremsen als die
angemessenere Reaktion, die vom Fahrzeugführer auch bei rascher Reaktion als
solche erkannt werden musste (BGE 115 IV 248 E. 5b S. 254 f.; 1C_361/2014 vom
26. Januar 2015 E. 3.3). Daraus erhellt für den hier zu beurteilenden Fall,
dass entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers der Versuch, einen Vogel
durch fuchtelnde Bewegungen durch das bloss teilweise geöffnete Seitenfenster
aus dem Fahrzeug zu verscheuchen, nicht als zweckmässige und in der Situation
gebotene Reaktion erscheint. Sie war denn auch nicht zielführend, konnte der
Vogel doch erst nach der Kollision mit dem Inselschutzpfosten durch das Öffnen
der Fahrzeugtüre entweichen. Mithin ist der Vorinstanz darin beizupflichten,
dass vom Beschwerdeführer hätte erwartet werden dürfen, dass er die
Fahrgeschwindigkeit reduziert und den Personenwagen zum Stillstand bringt, um
anschliessend den Vogel aus dem Wageninneren zu befreien. In der
vorinstanzlichen Einschätzung ist keine Verletzung des Willkürverbots zu
erkennen. Vielmehr drängte sich diese Vorgehensweise aufgrund der Umstände auf
und konnte vom Beschwerdeführer auch bei der erforderlichen raschen Reaktion
als die angemessenere erfasst werden.

2.4. Das dem Beschwerdeführer angelastete Verschulden kann aufgrund seines
Verhaltens nicht nur als leicht bezeichnet werden. Zwar kann es durchaus als
natürliche Reaktion auf eine Gefahr gewertet werden, wenn er sein Gesicht mit
einer Hand vor einem flatternden Vogel schützen wollte. Indes ging der
Beschwerdeführer darüber hinaus und versuchte während der Fahrt bei einer
Geschwindigkeit von 40-50 km/h durch fuchtelnde Bewegungen den Vogel zu
verscheuchen. Dabei wandte er seinen Blick offensichtlich für eine gewisse,
nicht näher bekannte Zeitspanne von der Fahrspur ab und konzentrierte sich auf
den Vogel oder jedenfalls nicht auf die Strasse, ansonsten es nicht zur
Kollision mit dem Inselschutzpfosten gekommen wäre. Zudem barg das Fuchteln mit
seiner Hand eine nicht unerhebliche Gefahr von unkontrollierten Lenkbewegungen
in sich. Das Bundesgericht hat in solchen Fällen auch schon auf das Vorliegen
einer schweren Widerhandlung geschlossen; dies auch dann, wenn die Reaktion des
Fahrzeugführers reflexartig geschah (vgl. z.B. für das Aufheben einer zwischen
die Fahrzeugtüre und den Beifahrersitz gefallenen Trinkflasche: Urteil 1C_188/
2010 vom 6. September 2010 E. 2.2; für das Hervorholen von Dokumenten aus einer
Tasche, die sich auf dem Fussboden vor dem Beifahrersitz befand: Urteil 1C_71/
2008 vom 31. März 2008 E. 2.2). Wenn der Beschwerdeführer mit einer
Geschwindigkeit von 40-50 km/h ein Fahrzeug führt und dabei den Blick von der
Strasse abwendet bzw. fuchtelnde Bewegungen vornimmt, um einen Vogel zu
verscheuchen, was zu einer Kollision mit einem Inselschutzpfosten führte, kann
sein Verschulden nicht mehr nur als leicht qualifiziert werden. Mithin ist die
Tatsache, dass er die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor, nicht alleine auf
das durch den Vogel verursachte Zusammenspiel unglücklicher Umstände
zurückzuführen.

2.5. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, das
Stadtrichteramt habe ihn lediglich mit Fr. 200.-- gebüsst, was für ein geringes
Verschulden spreche, vermag er nicht durchzudringen. Nach der Rechtsprechung
ist die Verwaltungsbehörde bei der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts
grundsätzlich nicht an das Urteil des Strafgerichts gebunden. Eine Ausnahme
dazu rechtfertigt sich dann, wenn die Rechtsanwendung sehr stark von der
Würdigung von Tatsachen abhängt, welche die Strafbehörde besser kennt als die
Verwaltungsbehörde (BGE 136 II 447 E. 3.1 S. 451 mit Hinweisen). Dies ist hier
nicht der Fall, hat sich der Strafrichter doch in erster Linie auf den in den
Akten liegenden Polizeirapport vom 11. Oktober 2014 abgestützt. Die
Verwaltungsbehörde war bei ihrer rechtlichen Würdigung des Sachverhalts somit
nicht an den Strafbefehl gebunden.

2.6. Die Vorinstanz führte im angefochtenen Entscheid aus, es lägen weder
Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung vor noch habe eine erhöhte abstrakte
Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer bestanden, da sich im Zeitpunkt der
Kollision keine Fussgänger auf der Verkehrsinsel bzw. keine Motorfahrzeuge oder
Fahrradfahrer hinter dem Beschwerdeführer befunden hätten. Dem kann nicht
beigepflichtet werden: Die Abwesenheit von anderen Verkehrsteilnehmern vermag
nicht auszuschliessen, dass sein Verhalten für diese eine erhöhte - diesfalls
abstrakte - Gefahr darstellt (vgl. Urteil 1C_478/2014 vom 14. Juli 2015 E.
2.3). Durch seine pflichtwidrige Unaufmerksamkeit war ein Abkommen von der
Fahrspur nicht auszuschliessen, was ein erhebliches Risiko für den
entgegenkommenden Verkehr darstellt. Der Beschwerdeführer hätte wohl kaum
rechtzeitig auf andere Verkehrsteilnehmer reagieren können. Ausserdem fuhr er
durch ein Wohnquartier, in welchem die Präsenz von Fussgängern wahrscheinlich
ist. Indem er den Inselschutzpfosten rammte und erst auf der Verkehrsinsel zum
Stillstand kam, bestand zumindest eine abstrakte Gefährdung von Fussgängern,
die aufgrund des erheblichen Verletzungsrisikos nicht mehr nur als gering
eingestuft werden kann. Somit ist von einer erhöhten abstrakten Gefährdung der
übrigen Verkehrsteilnehmer auszugehen.

2.7. Nach dem Gesagten hält die Beurteilung der Vorinstanz, das Fehlverhalten
des Beschwerdeführers sei als mittelschwere Widerhandlung gemäss Art. 16b Abs.
1 lit. a SVG zu qualifizieren, vor Bundesrecht und insbesondere vor dem
Willkürverbot stand.

3.

3.1. Das Kantonsgericht bestätigte mithin den vom Strassenverkehrsamt verfügten
Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit, mindestens aber für zwei Jahre,
gemäss Art. 16b Abs. 2 lit. e SVG zu Recht. Daran vermag auch der Einwand des
Beschwerdeführers, die in den letzten zehn Jahren begangenen Widerhandlungen
seien objektiv betrachtet lediglich als Bagatelldelikte einzustufen, nichts zu
ändern. Vielmehr ist nach dieser Bestimmung ausschlaggebend, dass dem
Beschwerdeführer in den vorangegangenen zehn Jahren der Führerausweis dreimal
wegen mindestens einer mittelschweren Widerhandlungen entzogen worden war.
Diese Ausweisentzüge sind rechtskräftig und können im vorliegenden Verfahren
nicht mehr in Frage gestellt werden.

3.2. Die Vorinstanzen haben die gesetzliche Mindestentzugsdauer nach unten voll
ausgeschöpft (Art. 16b Abs. 2 lit. e SVG), womit sie der beruflichen
Notwendigkeit des Führens eines Motorfahrzeugs angemessen Rechnung getragen
haben (Art. 16 Abs. 3 Satz 1 SVG). Da die Mindestentzugsdauer von Gesetzes
wegen nicht unterschritten werden darf (Art. 16 Abs. 3 Satz 2 SVG), erweist
sich der Einwand des Beschwerdeführers, die verfügte Entzugsdauer sei
unverhältnismässig, als unbegründet. Dass der Beschwerdeführer gemäss seinen
Angaben einen positiven Wandel durchgemacht und freiwillig an einer
Nachschulung im Sinne von Art. 17 Abs. 1 SVG teilgenommen habe, kann beim
Führerausweisentzug auf unbestimmte Zeit keine Beachtung finden (vgl. Art. 17
Abs. 3 SVG), soweit dieses Vorbringen überhaupt zulässig ist (vgl. Art. 99 Abs.
1 BGG).

4. 
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, womit der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen hat (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist
nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt, dem
Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, und dem Bundesamt für Strassen Sekretariat
Administrativmassnahmen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. April 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Pedretti

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