Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.655/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]                         
{T 0/2}
                                       
1C_655/2015, 1C_17/2016, 1C_27/2016

Urteil vom 16. November 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
1C_655/2015
Bundesamt für Raumentwicklung,
Worblentalstrasse 66, 3063 Ittigen,
Postadresse: 3003 Bern,
Beschwerdeführer,

1C_17/2016
A. und B. C.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Jost Schumacher,

1C_27/2016
D.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Möri,

gegen

E.________ AG,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Josef Wehrmüller,

Geschäftsleitung der Gemeinde Neuenkirch,
Luzernerstrasse 16, 6206 Neuenkirch,
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hess,
Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement,
Dienststelle Raum und Wirtschaft,
Murbacherstrasse 21, Postfach, 6002 Luzern,

Gegenstand
Bauen ausserhalb der Bauzonen,

Beschwerden gegen das Urteil vom 25. November 2015 des Kantonsgerichts Luzern,
4. Abteilung.

Sachverhalt:

A. 
Die E.________ Immobilien AG ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. 1928 in
Neuenkirch, welches in der Landwirtschaftszone liegt. Dieses ist mit mehreren
Bauten und Anlagen überbaut, die der Bauunternehmung E.________ AG als Werkhof
dienen. Das Gebäude Vers. Nr. 209 wurde mit kommunaler Bewilligung vom 29.
November 1972 als Magazin für Baumaterial und Geräte bewilligt.
Am 30. Januar 2014 reichte die E.________ Immobilien AG ein nachträgliches
Baugesuch für den Neubau von Überdachungen beim Lagerplatz, das Aufstellen von
Material- und Personencontainern und das Erstellen eines Waschplatzes sowie den
Rückbau vorhandener Überdachungen und Container auf Parzelle Nr. 1928 ein.
Dagegen erhoben D.________ sowie A. und B. C.________ Einsprache. Mit Entscheid
vom 14. August 2014 erteilte die Dienststelle Raum und Wirtschaft (rawi) für
das Bauvorhaben die raumplanungsrechtlichen Ausnahmebewilligungen. Am 24.
November 2014 erteilte die Geschäftsleitung der Gemeinde Neuenkirch die
Baubewilligung.

B. 
Gegen beide Entscheide erhoben sowohl D.________ als auch A. und B. C.________
Beschwerde ans Kantonsgericht des Kantons Luzern. Dieses vereinigte die
Verfahren und wies die Beschwerden am 25. November 2015 ab.

C. 
Gegen den kantonsgerichtlichen Entscheid erhob das Bundesamt für
Raumentwicklung (ARE) am 21. Dezember 2015 Beschwerde beim Bundesgericht
(Verfahren 1C_655/2015). Am 14. bzw. 18. Januar 2016 erhoben auch A. und B.
C.________ (1C_17/2016) und D.________ (1C_27/2016) Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht. Alle Beschwerdeführer
beantragen im Wesentlichen, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und
das Baugesuch der E.________ AG sei abzuweisen.

D. 
Die E.________ AG und die Gemeinde Neuenkirch beantragen, die Beschwerden seien
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht schliesst auf
Abweisung der Beschwerde des ARE und verweist in den übrigen Verfahren auf
diese Stellungnahme. Das rawi verweist seinerseits auf seinen Entscheid vom 14.
August 2014 und seine Stellungnahmen vor Kantonsgericht. Die privaten
Beschwerdeführer unterstützen die Beschwerde des ARE.
Im weiteren Schriftenwechsel halten die Beteiligten an ihren Anträgen und
Vorbringen grundsätzlich fest.

E. 
Mit Verfügung vom 16. Februar 2016 wurde den Beschwerden die aufschiebende
Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1. 
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts
steht grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
ans Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG).

1.1. Das ARE ist nach Art. 89 Abs. 2 BGG in Verbindung mit Art. 48 Abs. 4 der
Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 [RPV; SR 700.1] zur Beschwerde
legitimiert.

1.2. Die Beschwerdeführer des Verfahrens 1C_17/2016 sind Eigentümer des direkt
an die Bauparzelle angrenzenden Grundstücks Nr. 1814 und als solche nach Art.
89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde befugt.

1.3. Schwieriger zu beurteilen ist die Legitimation des Beschwerdeführers im
Verfahren 1C_27/2016. Sein Grundstück liegt 390 m von der Bauparzelle entfernt
an der Kirchmattstrasse, die der Erschliessung des Werkhofs dient. Er leitet
seine Beschwerdebefugnis aus der Verkehrszunahme auf dieser Strasse ab.
Das Verwaltungsgericht hielt es für zweifelhaft, ob das zu beurteilende
Bauprojekt zu einer Zunahme des Verkehrsaufkommens um mindestens 10 % führe,
was praxisgemäss als Untergrenze für die deutlich wahrnehmbare
Immissionszunahme und damit die Beschwerdelegitimation zu betrachten sei; es
liess die Frage aber offen.
Der Beschwerdeführer wendet zu Recht ein, dass für die Verkehrszunahme nicht
auf den Ist-Zustand abgestellt werden dürfe, sondern der Verkehr nach der
Realisierung des Bauprojekts mit demjenigen der ursprünglich rechtmässig
bewilligten Nutzung verglichen werden müsse, deren Änderung oder Erweiterung
mit dem Baugesuch bewilligt werde. Es ist plausibel, dass sich das
Verkehrsaufkommen seit der (einzig bewilligten) Erstellung des Magazins im
November 1972 wesentlich erhöht hat. Unter diesen Umständen hat auch der an der
Erschliessungsstrasse wohnende Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an
der Aufhebung des angefochtenen Entscheids, mit dem die heutige Werkhofnutzung
und der damit verbundene Verkehr legalisiert würden.

1.4. Da die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen, ist auf die
Beschwerden einzutreten. Diese richten sich gegen denselben Entscheid und
werfen zumindest teilweise die gleichen Rechtsfragen auf. Es rechtfertigt sich
daher, die Verfahren zu vereinigen.

2. 
Bestimmungsgemäss nutzbare Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen, die
nicht mehr zonenkonform sind, werden in ihrem Bestand grundsätzlich geschützt
und können erneuert, teilweise geändert, massvoll erweitert oder
wiederaufgebaut werden, sofern dies mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung
vereinbar ist (Art. 24c Abs. 1, 2 und 5 RPG). Weitergehende Zweckänderungen und
Erweiterungen können nach Art. 37a RPG i.V.m. Art. 43 RPV für bestehende
gewerbliche Bauten und Anlagen bewilligt werden, die vor dem 1. Januar 1980
erstellt wurden oder seither als Folge von Änderungen der Nutzungspläne
zonenwidrig geworden sind.

2.1. Voraussetzung ist jedoch, dass die gewerblichen Bauten und Anlagen
seinerzeit rechtmässig erstellt oder geändert worden sind (Art. 43 Abs. 1 lit.
a RPV).

2.1.1. Die Dienststelle rawi und das Kantonsgericht bejahten dies für das
Magazin, das mit Bauanzeige vom 10./29. November 1972 von der Gemeinde
bewilligt worden sei (mit einer Grundfläche von 143.65 m2). Gleiches gelte für
den ebenfalls 1972 erstellten Lagerplatz mit einer Grundfläche von 2'413.85 m2.
Hierfür liege zwar keine Baubewilligung vor; nach damaligem kantonalem Recht (§
121 des Luzerner Baugesetzes vom 15. September 1970 [BauG/LU; SRL Nr. 735])
seien Lagerplätze aber nicht bewilligungspflichtig gewesen. Die übrigen, später
erstellten Bauten und Anlagen würden entweder zurückgebaut oder mit dem
Baugesuch nachträglich bewilligt.

2.1.2. Das ARE macht dagegen geltend, dass bereits am 1. Juli 1972 das
Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigungen vom 8. Oktober
1971 (aGSchG; AS 1972 950) in Kraft getreten ist, das die Regelung des RPG vom
22. Juni 1979 vorweggenommen habe. Das Errichten von Bauten und Anlagen
ausserhalb der Bauzone bzw. des im generellen Kanalisationsprojekt abgegrenzten
Gebietes sei schon damals der Baubewilligungspflicht unterstellt worden. Die
Baubewilligung habe nur mit Zustimmung der zuständigen kantonalen Behörde
erteilt werden können (Art. 20 Satz 2 aGSchG). Diese hätte ihre Zustimmung zur
Bewilligung des Magazins versagen müssen, da der Gewerbebetrieb ausserhalb der
Bauzone nicht standortgebunden sei.
Im Übrigen seien Bauten selbst bei Fehlen einer Baubewilligungspflicht nicht
automatisch materiell rechtmässig: Der Verzicht auf die vorgängige Prüfung (vor
Bauausführung) ändere nichts daran, dass die Bauten und Anlagen wegen fehlender
Standortgebundenheit materiell rechtswidrig gewesen seien.

2.1.3. Dem halten die Beschwerdegegnerin, die Gemeinde und das
Verwaltungsgericht entgegen, das Magazin sei rechtskräftig bewilligt worden.
Der formelle Mangel (fehlende Zustimmung der kantonalen Behörde) sei zumindest
nicht offensichtlich gewesen, so dass kein Nichtigkeitsgrund vorliege. Es würde
die Rechtssicherheit gefährden, wenn dieser Bauentscheid mehr als 40 Jahre
später umgestossen werden könnte.
Die Beschwerdegegnerin macht ferner geltend, der Lagerplatz sei unmittelbar
nach Abschluss des Mietvertrags vom 6. Mai 1972 eingerichtet und bezogen
worden, d.h. schon vor Inkrafttreten des aGSchG am 1. Juli 1972. Dies wird vom
ARE bestritten.

2.2. In den Anwendungsbereich von Art. 37a RPG fallen gewerbliche Bauten und
Anlagen, die seinerzeit in Übereinstimmung mit dem materiellen Recht erstellt
wurden und erst nachträglich, durch Rechts- oder Planänderungen zonenwidrig
geworden sind (Urteile 1A.12/2003 vom 2. Juli 2003 E. 3.2.; 1A.110/2001 vom 4.
Dezember 2001 E. 5.4, in: ZBl 103/2002 S. 615; RDAF 2003 I S. 389; 1A.186/2004
vom 12. Mai 2005 E. 5.1, in: ZBl 107/2006 S. 451; PETER HÄNNI, Planungs-, Bau-
und besonderes Umweltschutzrecht, 6. Aufl. 2016 S. 213; WALDMANN/HÄNNI,
Handkommentar RPG, Art. 37a Rn. 3 und 5; ALAIN GRIFFEL, Raumplanungs- und
Baurecht in a nutshell, 2. Aufl., S. 130).

2.3. Das Magazin (als erste gewerbliche Baute) wurde erst nach Bewilligung der
Bauanzeige Ende November 1972 errichtet und damit nach Inkrafttreten des
aGSchG; davon geht inzwischen auch die Beschwerdegegnerin aus. Gemäss Art. 20
aGSchG und 27 Abs. 1 der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung vom 19. Juni 1972
(AGSchV; AS 1972 967) durften Baubewilligungen für Gebäude und Anlagen
ausserhalb der Bauzone bzw. des im generellen Kanalisationsprojekts
abgegrenzten Gebiets nur erteilt werden, soweit die Zweckbestimmung den
beanspruchten Standort bedingte, d.h. die Baute standortgebunden war; formell
bedurfte die Baubewilligung der Zustimmung der kantonalen Fachstelle für
Gewässerschutz (Art. 20 Satz 2 aGSchG). Vorliegend wurde die Zustimmung der
zuständigen kantonalen Behörde nicht eingeholt; diese hätte mangels
Standortgebundenheit des Magazins auch nicht erteilt werden können. Vielmehr
genehmigte der Gemeinderat an seiner Sitzung vom 29. November 1972 den
eingereichten Situations- und Bauplan im vereinfachten Verfahren der Bauanzeige
nach § 122 BauG/LU, d.h. ohne vorherige Planauflage und ohne Begründung. Diese
Bewilligung war formell (wegen Fehlens der kantonalen Zustimmung) und materiell
(mangels Standortgebundenheit) bundesrechtswidrig. Unter diesen Umständen ist
die Grundvoraussetzung von Art. 43 Abs. 1 lit. a RPV nicht erfüllt.
Dabei kann offenbleiben, ob die kommunale Baubewilligung nichtig oder bloss
anfechtbar war, und ob die Gesuchstellerin, die E.________ & Söhne,
Baugeschäft, gutgläubig war, wie die Beschwerdeführerin behauptet. Wie das ARE
zu Recht betont, geht es im vorliegenden Verfahren nicht um die
Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands und damit um den Fortbestand des
1972 bewilligten Magazins (weshalb auch die Verwirkungsfrist von 30 Jahren
nicht zur Anwendung kommt). Vielmehr verlangt die Beschwerdegegnerin gestützt
auf die erweiterte Besitzstandsgarantie von Art. 37a RPG die Bewilligung von
Änderungen und Erweiterungen. Es gibt keinen Grund, eine grosszügige
Erweiterung einer materiell rechtswidrigen, von der unzuständigen Behörde
bewilligten Baute zu gewähren. Die Verweigerung eines solchen
Erweiterungsgesuchs gefährdet die Rechtssicherheit nicht (vgl. zur
vergleichbaren Situation bei der Erweiterung einer zu Unrecht als
standortgebunden bewilligten Baute Urteil 1C_328/2010 vom 3. März 2011 E. 3.3
und 3.5, in: URP 2011 S. 209 und RDAF 2012 I S. 468).

2.4. Näher zu prüfen ist der Lagerplatz.
Wäre dieser erst nach Inkrafttreten des aGSchG angelegt und genutzt worden,
wäre er materiell (weil nicht standortgebunden) rechtswidrig. Eine
Baubewilligung wurde nicht erteilt (obwohl diese schon nach Art. 20 aGSchG auch
für blosse Umnutzungen erforderlich war; vgl. BGE 113 Ia 219 E. 4d S. 223
unten). Gleiches gilt für alle nachfolgenden baulichen Änderungen: Es ist
unstreitig, dass lediglich 1981 eine auf drei Jahre befristete Baubewilligung
für eine provisorische Überdachung erteilt wurde, die längst abgelaufen ist.
Dagegen liess das - vor dem 1. Juli 1972 allein massgebliche - kantonale Recht
gewerbliche Lagerplätze in der Landwirtschaftszone zu, die damals auch noch
nicht baubewilligungspflichtig waren.
Ob der Lagerplatz vor oder nach diesem Datum eingerichtet und bezogen wurde,
ist zwischen den Parteien streitig. Feststellungen des Verwaltungsgerichts
fehlen zu dieser Frage; vermutlich lässt sie sich auch nicht mehr klären: Die
in den Akten liegenden Luftbilder zeigen die landwirtschaftliche Nutzung der
Parzelle am 11. Mai 1971 und den Lagerplatz ab 8. Juni 1976, d.h. sie erlauben
keine Aussage für das Jahr 1972.
Die Frage kann offenbleiben, wenn die Bewilligung schon aus einem anderen Grund
versagt werden muss.

3. 
Gemäss Art. 43 Abs. 2 RPV darf die zonenwidrig genutzte Fläche um maximal 30
Prozent erweitert werden; Erweiterungen innerhalb des bestehenden
Gebäudevolumens werden nur zur Hälfte angerechnet. Soll die zonenwidrig
genutzte Fläche ausserhalb des bestehenden Gebäudevolumens um mehr als 100
m2erweitert werden, so darf dies nur dann bewilligt werden, wenn die
Erweiterung für die Fortführung des Betriebs erforderlich ist (Art. 43 Abs. 3
RPV).
Voraussetzung ist, dass keine wesentlichen neuen Auswirkungen auf Raum und
Umwelt entstehen (Art. 43 Abs. 1 lit. b RPV). Kumulativ müssen die
Anforderungen nach Art. 43a RPV erfüllt sein, die als "gemeinsame Bestimmungen"
auf alle im 6. Abschnitt geregelten Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone
Anwendung finden. Insbesondere dürfen der nachgesuchten Änderung bzw.
Erweiterung keine überwiegenden Interessen der Raumplanung entgegenstehen (Art.
43a lit. e RPV; diese Voraussetzung war früher in Art. 43 Abs. 1 lit. f RPV
geregelt; vgl. ARE, Erläuternder Bericht zur Teilrevision der
Raumplanungsverordnung, Oktober 2012, Rz. 7 zu Art. 43 S. 10). Dies setzt eine
Gesamtbetrachtung und eine umfassende Interessenabwägung voraus. Entgegen der
Auffassung des Kantonsgerichts kommt diese Bestimmung auch (und gerade) zur
Anwendung, wenn das quantitative Erweiterungsmass nach Art. 43 Abs. 2 und 3 RPV
eingehalten wird (vgl. Urteil 1A.289/2004 vom 7. Juni 2005 E. 2.3 mit
Hinweisen).

3.1. Art. 37a RPG verlangt zwar, dass der Gewerbebetrieb vor dem Inkrafttreten
des RPG am 1. Januar 1980 erstellt wurde. Für das zulässige Erweiterungsmass
ist aber nicht (immer) dieses Datum massgeblich, sondern erweitert werden
dürfen nur die ursprünglich rechtmässig erstellten Bauten und Anlagen.
Referenzzustand ist deshalb der Zustand zum Zeitpunkt der Rechts- oder
Planänderung, durch welche die Baute oder Anlage zonenwidrig geworden ist
(Bundesamt für Raumplanung, Neues Raumplanungsrecht, Erläuterungen zur
Raumplanungsverordnung und Empfehlungen für den Vollzug, Bern 2001, Register V,
Ziff. 5.7.2 S. 20); spätere Änderungen müssen auf das zulässige
Erweiterungsmass angerechnet werden (Urteil 1A.186/2004 vom 12. Mai 2005 E.
6.2, insbes. 6.2.4, in: ZBl 107/2006 S. 451). Vorliegend ist deshalb auf den
Zustand zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des aGSchG am 1. Juli 1972 abzustellen
(oben E. 2).

3.2. Gemäss Mietvertrag vom 6. Mai 1972 wurde der Lagerplatz im Ausmass von
2557 m2 rückwirkend zum 15. März 1972 für jährlich Fr. 2045.-- gemietet. Die
auf dem Gelände befindlichen Bäume wurden vor Mietbeginn vom Vermieter entfernt
(Ziff. 5). Die Mieterin war berechtigt, die ihr notwendig erscheinenden Hoch-
und Tiefbauarbeiten auf dem gemieteten Areal und dessen Zufahrtsstrasse auf
eigene Kosten zu erstellen (Ziff. 7). Die Beschwerdegegnerin macht aber selbst
nicht geltend, dass ihre Rechtsvorgängerin noch vor dem 1. Juli 1972 Hoch- oder
Tiefbauarbeiten auf dem Gelände durchgeführt und Investitionen getätigt habe.
Das Magazin wurde unstreitig erst Ende 1972 erstellt; die Überdachungen der
Lagerflächen erfolgten 1981 und 1995; noch heute sind die Aussenflächen nur mit
Kies bzw. Schotter versehen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass es sich am
1. Juli 1972 noch um eine Wiese oder allenfalls um eine mit Kies oder Schotter
befestigte Fläche handelte, auf der Maschinen und Material des Baugeschäfts im
Freien abgestellt werden konnten.

3.3. Demgegenüber soll heute ein moderner Werkhof erstellt werden, mit
überdachten Lagern, Parkplätzen, betoniertem Waschplatz, Aufenthalts- und
WC-Containern; die Baukosten betragen (gemäss Baugesuch) Fr. 150'000.--. Dies
kann nicht als massvolle Erweiterung des einfachen Lagerplatzes von 1972
qualifiziert werden, sondern stellt qualitativ etwas anderes dar.
Art. 37a RPG i.V.m. Art. 43 RPV gestattet Zweckänderungen und Erweiterungen
(während sich Wiederaufbauten nach Art. 24c RPG richten, vgl. unten E. 4.1).
Dagegen darf die Zonenwidrigkeit nicht beliebig verstärkt werden (Urteil 1A.289
/2004 vom 7. Juni 2005 E. 2.2.2). Im zitierten Entscheid stellte das
Bundesgericht daher für die Zulässigkeit der geplanten Bauten einzig auf das
Flächenmass der vorbestehenden Gebäude und nicht auf das gesamte zonenwidrig
genutzte Betriebsareal ab (E. 2.2 und 2.3). Vorliegend waren zum Stichtag 1972
noch keine Hoch- oder Tiefbauten vorhanden, die erweitert werden könnten. Das
streitige Projekt stellt daher keine zulässige Erweiterung des Lagerplatzes
nach Art. 37a RPG und Art. 43 RPV dar; der erstmaligen Bewilligung eines
Werkhofs ausserhalb der Bauzone würden auch überwiegende Interessen der
Raumplanung im Sinne von Art. 43a lit. e RPV entgegenstehen.

4. 
Andere Rechtsgrundlagen sind nicht ersichtlich:

4.1. Art. 24c RPG lässt ebenfalls nur massvolle Erweiterungen und
Wiederaufbauten zu, wobei die Identität der Baute oder Anlage einschliesslich
ihrer Umgebung in den wesentlichen Zügen gewahrt bleiben muss (Art. 42 Abs. 1
RPV). Vorliegend sprengt der zu bewilligende Werkhof die Identität des
(allenfalls) rechtmässig vorbestehenden Lagerplatzes. Es liegt auch kein
Wiederaufbau im Sinne dieser Bestimmung vor, da der Lagerplatz vor dem 1. Juli
1972 nicht überbaut war und die späteren Überbauungen materiell und formell
unzulässig waren (vgl. oben E. 2.3 und 2.4).

4.2. Eine Bewilligung nach Art. 24 RPG scheidet mangels Standortgebundenheit
des Werkhofs in der Landwirtschaftszone von vornherein aus.

5. 
Ist somit das Baugesuch nicht bewilligungsfähig, sind die Beschwerden
gutzuheissen, ohne noch die übrigen Rügen der Beschwerdeführer prüfen zu
müssen. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und das Baugesuch der
Beschwerdegegnerin ist abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der
Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Diese hat die privaten
Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu
entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Das ARE hat keinen Anspruch auf eine
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). Zur Neuregelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens ist die Angelegenheit an das
Kantonsgericht zurückzuweisen.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 1C_655/2015, 1C_17/2016 und 1C_27/2016 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerden werden gutgeheissen und der Entscheid des Kantonsgerichts
Luzern, 4. Abteilung, vom 25. November 2015 wird aufgehoben. Das Baugesuch der
Beschwerdegegnerin vom 30. Januar 2014 wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von insgesamt Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdegegnerin
auferlegt.

4. 
Die Beschwerdegegnerin hat A. und B. C.________ einerseits und D.________
andererseits mit je Fr. 3'000.-- für das bundesgerichtliche Verfahren zu
entschädigen.

5. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des
vorangegangenen Verfahrens an das Kantonsgericht Luzern zurückgewiesen.

6. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Geschäftsleitung der Gemeinde Neuenkirch,
dem Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement, Dienststelle Raum und Wirtschaft,
und dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. November 2016
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

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