Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.623/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_623/2015

Urteil vom 2. Mai 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,vertreten durch Rechtsanwalt Marcel Strehler,

gegen

B.________ AG,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Stössel,

Politische Gemeinde Münchwilen,
Im Zentrum 4, 9542 Münchwilen,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Munz,
Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau, Verwaltungsgebäude,
Promenade, Postfach, 8510 Frauenfeld.

Gegenstand
Baueinsprache,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 16. September 2015 des Verwaltungsgerichts
des Kantons Thurgau.

Sachverhalt:

A. 
Am 28. Februar 2014 ersuchte die B.________ Liegenschaften AG die Politische
Gemeinde Münchwilen um die Erteilung einer Baubewilligung für die Erstellung
eines Betriebsgebäudes für die Produktion, die Lagerung und die Ausstellung von
Fenstern auf ihrer in der Industriezone gelegenen Parzelle Nr. 462 im Grundbuch
Münchwilen an der Murgtalstrasse "...". A.________, Stockwerkeigentümer einer
rund 480 m vom Bauplatz entfernten, in der Wohn- und Gewerbezone 3 gelegenen
Liegenschaft an der Murgtalstrasse "...", erhob Einsprache, auf welche die
Gemeinde mit der Begründung nicht eintrat, ihm fehle die
Einsprachelegitimation.
Das Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau (DBU) wies die
Beschwerde von A.________ gegen diesen Nichteintretensentscheid am 23. Januar
2015 ab.
Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde von A.________ gegen diesen
Entscheid des DBU am 16. September 2015 ab.

B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und subsidiärer
Verfassungsbeschwerde beantragt A.________, die Entscheide von
Verwaltungsgericht, DBU und Gemeinde aufzuheben und die Angelegenheit zur
materiellen Beurteilung der Einsprache an die Gemeinde zurückzuweisen. Er
ersucht, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, die Kosten der
Staatskasse aufzuerlegen und ihn angemessen zu entschädigen. Die Kosten- und
Entschädigungsfolgen der Vorinstanzen seien neu zu verlegen.

C. 
Das Verwaltungsgericht und das DBU beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Die
B.________ Liegenschaften AG beantragt, die Beschwerden abzuweisen, soweit
darauf einzutreten sei. Denselben Antrag stellt die Gemeinde Münchwilen.

D. 
Am 20. Januar 2016 wies der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
das Gesuch um aufschiebende Wirkung ab.

E. 
A.________ verweist in seiner Replik auf einen Grundsatzentscheid der Gemeinde
vom 1. Dezember 2015 über ein Lastwagenfahrverbot für die Mezikonerstrasse.
Die B.________ Liegenschaften AG stellt sich auf den Standpunkt, die letzte
Eingabe von A.________ stelle ein unzulässiges Novum dar.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Dagegen steht die Beschwerde nach Art.
82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Unzulässig
ist sie allerdings insoweit, als sie sich gegen die Entscheide des Gemeinderats
vom 25. April 2014 und des DBU vom 23. Januar 2015 richtet. Diese sind im
Rahmen des Streitgegenstands durch das angefochtene Urteil des
Verwaltungsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gelten als inhaltlich
mitangefochten (BGE 134 II 142 E. 1.4       S. 144).
Ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten somit zulässig,
besteht für eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde kein Raum, weshalb darauf
nicht einzutreten ist.
Der angefochtene Entscheid schliesst den Beschwerdeführer endgültig von der
Teilnahme am Baubewilligungsverfahren aus und dementsprechend das Verfahren für
ihn ab; es handelt sich um einen Endentscheid im Sinn von Art. 90 BGG. Gerügt
wird die Verletzung von Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG, mithin von Bundesrecht, was
zulässig ist (Art. 95 lit. a BGG). Nach dieser Bestimmung des
Raumplanungsgesetzes ist die Legitimation in kantonalen Verfahren betreffend
Nutzungspläne und raumplanerische Verfügungen - z.B. Baubewilligungen -
mindestens im gleichen Umfang gewährleistet wie für die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Der Beschwerdeführer hat ein
schutzwürdiges Interesse an der Behandlung seiner Einsprache und ist daher zur
Rüge befugt, das Verwaltungsgericht habe unter Verletzung von Art. 33 Abs. 3
lit. a RPG die Beschwerde gegen das mit fehlender Legitimation begründete
Nichteintreten auf seine Einsprache gegen das Bauvorhaben der
Beschwerdegegnerin zu Unrecht geschützt (Art. 89 Abs. 1 BGG).
Auf die Beschwerde ist somit unter den angebrachten Vorbehalten einzutreten,
soweit in der Beschwerdeschrift selber und nicht in unzulässigen Verweisen auf
frühere Rechtsschriften etc. die Verletzung von Bundesrecht gerügt und in einer
den gesetzlichen Anforderungen von Art. 42 Abs. 2 BGG sowie, für
Verfassungsrügen, von Art. 106 Abs. 2 BGG genügenden Weise begründet wird (BGE
134 II 244 E. 2.1; 133 II 396 E. 3.2).

2.

2.1. Nebst Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG, der den Kantonen vorschreibt, dass sie
für die Anfechtung von Nutzungsplänen und raumplanerischen Verfügungen
mindestens die gleiche Legitimation gewährleisten müssen wie im Verfahren vor
Bundesgericht, gilt allgemein der Grundsatz der Einheit des Verfahrens: Wer zur
Beschwerde ans Bundesgericht berechtigt ist, muss sich am Verfahren vor allen
kantonalen Vorinstanzen als Partei beteiligen können (Art. 111 Abs. 1 BGG); die
unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts muss grundsätzlich mindestens die
Rügen nach den Art. 95-98 BGG prüfen können (Art. 111 Abs. 3 BGG). Aus diesen
Bestimmungen ergibt sich, dass die kantonalen Behörden die Rechtsmittelbefugnis
nicht enger fassen dürfen, als dies für die Beschwerde an das Bundesgericht
vorgesehen ist. Zur Beurteilung, ob das Verwaltungsgericht den Beschwerdeführer
vom Rechtsmittel ausschliessen durfte, ist im vorliegenden Fall die
Beschwerdeberechtigung nach den Grundsätzen von Art. 89 Abs. 1 BGG zu prüfen.
Ist der Beschwerdeführer befugt, gegen einen Sachentscheid über das umstrittene
Vorhaben beim Bundesgericht Beschwerde zu führen, so müssen die Vorinstanzen
unter Vorbehalt der formellen Voraussetzungen auf sein Rechtsmittel eintreten (
BGE 136 II 281 E. 2.1 mit Hinweisen).

2.2. Zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nach Art. 89
Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat
oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den
angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt ist (lit. b) und ein
schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c).
Verlangt ist somit neben der formellen Beschwer, dass der Beschwerdeführer über
eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügt und einen praktischen
Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zieht. Die
Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei Bauprojekten insbesondere in
räumlicher Hinsicht gegeben sein. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn
die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den
Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann (BGE 136 II 281 E. 2.2 mit
Hinweisen).

2.3. Nicht umstritten ist, dass die Liegenschaft des Beschwerdeführers mit rund
480 m unter den gegebenen örtlichen Verhältnissen zu weit vom Baugrundstück
entfernt ist, als dass ihm vom Bauvorhaben direkt Immissionen wie Staub, Lärm,
etc. in einem Umfang drohen würden, die die Bejahung seiner Beschwerdebefugnis
rechtfertigen könnten. Strittig ist einzig, ob dieses zu einem erheblichen
Mehrverkehr auf der Murgtalstrasse vor der Liegenschaft des Beschwerdeführers
führt und sie durch die damit verbundenen Immissionen massgeblich
beeinträchtigt.

2.3.1. Wird die Einsprache- und Rechtsmittelbefugnis aus den Immissionen des
Zubringerverkehrs abgeleitet, so müssen diese für den Beschwerdeführer deutlich
wahrnehmbar sein, damit er zur Beschwerde legitimiert ist (BGE 113 Ib 225 E. 1c
S. 228 f.; 110 Ib 99 E. 1c S. 102). In Grenzfällen besteht ein
Beurteilungsspielraum, bei dessen Ausübung einerseits eine kaum mehr zu
begrenzende Öffnung des Beschwerderechts zu vermeiden ist und andererseits die
Schranken auch nicht zu eng gezogen werden dürfen, um nicht die vom Gesetzgeber
gewollte Überprüfung der richtigen Rechtsanwendung in Fällen, in denen der
Beschwerdeführer ein aktuelles und schützenswertes Interesse besitzt,
auszuschliessen (BGE 112 Ib 154 E. 3 S. 159 mit Hinweis). Das Bundesgericht
prüft die Legitimationsvoraussetzungen in einer Gesamtwürdigung anhand der im
konkreten Fall vorliegenden tatsächlichen Verhältnisse. Es stellt nicht
schematisch auf einzelne Kriterien (wie z.B. Distanz zum Vorhaben,
Sichtverbindung etc.) ab.

2.3.2. So hat das Bundesgericht die Beschwerdeberechtigung verneint in Bezug
auf Personen, die in einer Entfernung von rund 250 m bis 1,7 km vom an
zentraler Lage in der Innenstadt von Zürich geplanten Casinobetrieb wohnten,
weil keine deutlich wahrnehmbare zusätzliche Lärmimmissionen an den bereits
vorbelasteten Strassenabschnitten zu erwarten waren (Urteil des Bundesgerichts
1C_405/2008 vom 18. März 2009). In gleicher Weise wurde die
Beschwerdelegitimation verneint beim Zufahrtsverkehr zu einer Kiesgrube, weil
sich das Grundstück der Beschwerdeführerin in einem hinreichenden Abstand von
60 m zur Kieswerkstrasse jenseits einer Böschung sowie eines kleinen Waldsaums
befand, sodass die Immissionen aus dem Kiesgrubenverkehr für sie nicht mehr
deutlich wahrnehmbar waren (Urteil des Bundesgerichts 1A.77/2000 vom 7. Februar
2001 E. 2d). In Bezug auf Anwohner der Zufahrt zu einer Tongrube, in welcher
eine Inertstoffdeponie eingerichtet werden sollte, bejahte das Bundesgericht
die Einsprache- und Beschwerdeberechtigung (Urteil 1C_362/2008 vom 27. April
2009). Ebenfalls bejaht wurde die Legitimation bei Personen, welche ungefähr
einen Kilometer vor der Einfahrt in ein Kiesgrubengelände wohnten, wenn während
40 bis 50 Jahren durchschnittlich mit 120 Hin- und Rückfahrten pro Tag zu
rechnen war (BGE 113 Ib 225 E. 1c S. 228 f.). Bei Lärmimmissionen des Verkehrs
zu einem regionalen Einkaufszentrum bezeichnete das Bundesgericht die Bejahung
der Legitimation bei einer Verkehrszunahme von 10% als recht- und zweckmässig.
Dabei wurde davon ausgegangen, dass eine Steigerung des durchschnittlichen
täglichen Verkehrs (DTV) um 25% zu einer Erhöhung des Verkehrslärmpegels um 1dB
(A) führte und eine solche wahrgenommen werden könne (BGE 136 II 281 E. 2.3.2
mit Hinweisen).

3.

3.1. Die Murgtalstrasse ist an ihrem Nordende, an welchem das umstrittene
Bauvorhaben realisiert werden soll, eine Sackgasse. Die Liegenschaft des
Beschwerdeführers liegt etwa 480 m südlich davon, ebenfalls unmittelbar an der
Murgtalstrasse. Zwischen den beiden Parzellen, rund 125 m nördlich der
Liegenschaft des Beschwerdeführers, wird die Murgtalstrasse von der
Mezikonerstrasse gekreuzt (im Folgenden: Kreuzung). Von der Wohnung des
Beschwerdeführers aus ist die Kreuzung, über die sämtlicher Zubringerverkehr
zum Bauprojekt erfolgt, nicht sichtbar.

3.2. Das aktuelle Verkehrsaufkommen wurde vom 20. bis zum 27. Februar 2014 an
der Murgtalstrasse auf der Höhe der Liegenschaft Nr. 463, d.h. nördlich der
Kreuzung, erfasst. Dabei wurden in Fahrtrichtung Dorf im Tagesdurchschnitt 233
Fahrzeuge, in der Gegenrichtung 240, insgesamt somit 473 Fahrzeuge gezählt, bei
einem Lastwagenanteil von 16 % (insgesamt 75 Fahrten). Eine Woche später wurde
das Verkehrsaufkommen rund 60 m südlich der Kreuzung erfasst. Die Zählung ergab
406 Fahrten in Richtung Dorf, in der Gegenrichtung 455 Fahrten, insgesamt 861
Fahrten pro Tag. Der Lastwagenanteil betrug in Fahrtrichtung Dorf 11 % (45
Fahrten), in der Gegenrichtung 24 % (109 Fahrten), was insgesamt 154
Lastwagendurchfahrten pro Tag ergibt.

3.3. Aus diesen Zahlen zog das Verwaltungsgericht für den Verkehrsfluss auf der
Murgtalstrasse folgende Schlüsse: zwischen dem Messpunkt südlich der Kreuzung
und der Kreuzung bewegten sich rund 860 Fahrzeuge pro Tag, doch flösse ein ganz
erheblicher Teil des Verkehrs nicht zur Bauparzelle hin bzw. stamme nicht von
dort. Zur Bauparzelle hin bzw. davon weg seien bloss 473 Fahrzeuge pro Tag
gezählt worden, was bedeute, dass der Rest - praktisch die Hälfte des Verkehrs
- über die Mezikonerstrasse nach Westen oder Osten abfliesse oder von dorther
komme. Da es sich bei der Mezikonerstrasse westlich der Kreuzung um eine
Quartierstrasse mit Tempo 30 handle, sei davon auszugehen, dass ein grosser
Teil des über die Mezikonerstrasse abfliessenden oder von ihr herkommenden
Verkehrs aus östlicher Richtung (von St. Margarethen) stamme oder dorthin
fahre. Das sei auch nicht weiter erstaunlich, da die Distanz vom Abzweiger St.
Margarethen nach Weinfelden zur Kreuzung über die Mezikonerstrasse 350 m
betrage, währenddem der Weg über den Ortskern von Münchwilen und von dort über
die Murgtalstrasse zur Kreuzung 2,6 km betrage. Zusammenfassend geht das
Verwaltungsgericht davon aus, dass rund die Hälfte des Mehrverkehrs, welcher
vom umstrittenen Bauvorhaben verursacht wird, auf der Murgtalstrasse an der
Liegenschaft des Beschwerdeführers vorbeifahren wird (angefochtener Entscheid
E. 2.5 S. 13 ff.).

3.4. In Bezug auf den durch das umstrittene Bauvorhaben zu erwartenden
Mehrverkehr kommt das Verwaltungsgericht aufgrund der Angaben der
Beschwerdegegnerin, einer Auseinandersetzung mit den Vorbringen des
Beschwerdeführers und der Auffassung der Vorinstanz sowie einer auf
Erfahrungswerte in Bezug auf Gebäudevolumen und Nutzung abgestützten Berechnung
zum Ergebnis, es sei realistischerweise mit 116 zusätzlichen Fahrten pro Tag,
wovon drei mit Lastwagen, zu rechnen. Die Hälfte dieses Verkehrs würde über die
Mezikonerstrasse abgewickelt; davon sei der Beschwerdeführer nicht betroffen,
da er in einer Distanz von 125 m zur Kreuzung wohne und zwischen dieser und
seiner Liegenschaft wegen eines Gebäudes keine Sichtverbindung bestehe. Die
andere Hälfte - also rund 60 Fahrten - würden über die Murgtalstrasse südlich
der Kreuzung abgewickelt und damit den Beschwerdeführer belasten. Bei einem
vorbestehenden Verkehr von durchschnittlich 860 Fahrten liege indessen die
Verkehrszunahme deutlich unter 10 % (E. 2.6 S. 15 ff.). Die Liegenschaft des
Beschwerdeführers sei zudem durch ihre Nähe zu Industrie- und Gewerbebetrieben
lärmmässig vorbelastet, wobei der Zubringerverkehr der südlich gelegenen
Betriebe bei der Verkehrserhebung auf der Murgtalstrasse nicht einmal erfasst
worden sei (E. 2.7 S. 21). Somit sei zusammenfassend mit einer Zunahme des
Verkehrs auf der Murgtalstrasse vor der Liegenschaft des Beschwerdeführers von
deutlich unter 10 % zu rechnen, was in dieser vorbelasteten Gegend kaum
wahrzunehmen sei. Er sei damit nicht befugt, das umstrittene Bauprojekt
anzufechten (E. 2.8 S. 21).

4. 
Der Beschwerdeführer kritisiert die Prognose des Verwaltungsgerichts über den
ihn betreffenden Mehrverkehr auf der Murgtalstrasse südlich der Kreuzung in
verschiedener Hinsicht als willkürlich.

4.1. Mit seiner Eingabe vom 8. Februar 2016 belegt der Beschwerdeführer, dass
auf Seiten der Gemeinde Bestrebungen im Gang sind, die Mezikonerstrasse für den
Lastwagenverkehr (mit Ausnahme von Zubringerdiensten) zu sperren. Die Gemeinde
habe dies mit Grundsatzentscheid vom 1. Dezember 2015 beschlossen. Damit müsse
davon ausgegangen werden, dass der gesamte Lastwagenverkehr über die
Murgtalstrasse und damit an der Liegenschaft des Beschwerdeführers vorbei
abgewickelt werde.
Es kann offen bleiben, ob es sich bei diesem erstmals im bundesgerichtlichen
Verfahren nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erhobenen Einwand um ein zulässiges
Novum im Sinn von Art. 99 Abs. 1 BGG handelt oder nicht, da es für den Ausgang
des Verfahrens offensichtlich nicht massgebend ist. Der durch das Bauprojekt zu
erwartende Mehrverkehr an Lastwagen bewegt sich nach der willkürfreien
Feststellung des Verwaltungsgerichts (vorn E. 3.4) im Rahmen von 1,5
Anlieferungen/Abholungen pro Tag, mithin drei Bewegungen. Er ist damit in Bezug
auf den gemessenen Lastwagenverkehr von 154 Fahrten pro Tag, die bei der
Liegenschaft des Beschwerdeführers durchfahren, zu gering, um den Ausgang des
Verfahrens entscheidend zu beeinflussen. Im Übrigen würde die Berücksichtigung
des Novums die Position des Beschwerdeführers ohnehin eher schwächen als
stärken, weil dann von einem erhöhten Lastwagenverkehr auf der Murgtalstrasse
südlich der Kreuzung ausgegangen werden müsste, sodass der projektbedingte
Mehrverkehr einen geringeren Anteil des vorbestehenden, projektunabhängigen
Verkehrs ausmachen und damit weniger ins Gewicht fallen würde als ohne
Berücksichtigung einer allfälligen Schliessung der Mezikonerstrasse für
Lastwagen.

4.2. Der Beschwerdeführer wirft dem Verwaltungsgericht vor, es sei willkürlich,
aus dem Umstand, dass bei der Verkehrszählung am nördlichen Messpunkt 473
Bewegungen und am südlichen 861 Bewegungen erfasst wurden, den Schluss zu
ziehen, dass beinahe die Hälfte des Verkehrs, dessen Ziel im nördlichen Teil
der Murgtalstrasse jenseits der Kreuzung liegt oder der von dort herkommt, über
die Mezikonerstrasse zu- und abfliesse und den Beschwerdeführer daher gar nicht
betreffe.
Diese Folgerung lässt sich effektiv nicht aufrechterhalten, weil die
Gebäulichkeiten der Stiftung Sonnhalde, wo Behinderte betreut werden, was mit
einem erheblichen Verkehrsaufkommen verbunden ist, zwischen der Kreuzung und
dem nördlichen Messpunkt liegen. Das hat zur Folge, dass der Verkehr zu und von
der Stiftung, sofern er über die Mezikonerstrasse erfolgt, gar nicht erfasst
wurde, bzw. nur am südlichen Messpunkt, soweit er über die Murgtalstrasse zu-
und abfliesst. Aus der Verkehrszählung lässt sich nicht ableiten, welcher Teil
des nördlich der Kreuzung generierten Verkehrs über die Mezikonerstrasse und
welcher Teil über die Murgtalstrasse abgewickelt wird. Auf die Verkehrszählung
lässt sich somit weder die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es sei damit zu
rechnen, dass rund die Hälfte des vom Bauprojekt verursachten Verkehrs über die
Mezikonerstrasse zu- und abfliesse, stützen, noch die Behauptung des
Beschwerdeführers, es würde der grösste Teil über die Murgtalstrasse südlich
der Kreuzung und damit an seiner Liegenschaft vorbei abgewickelt. Die auch
unabhängig von der Verkehrszählung getroffene und von der Gemeinde in ihrer
Vernehmlassung (E. 5.4 S. 5) bestätigte Einschätzung des ortskundigen
Verwaltungsgerichts, dass jedenfalls ein erheblicher Teil des durch die ARA,
die Gewerbebetriebe und die Stiftung Sonnhalde nördlich der Kreuzung
verursachten Verkehrs über die Mezikonerstrasse abgewickelt wird und den
Beschwerdeführer damit nicht belastet, erscheint indessen plausibel und ist
jedenfalls nicht widerlegt.

4.3. In Bezug auf den projektbedingten Mehrverkehr geht das Verwaltungsgericht
in seiner Prognose von täglich rund 116 Fahrten aus (vorne E. 3.4). Der
Beschwerdeführer macht geltend, diese Prognose beruhe auf lückenhaften,
intransparenten und unglaubhaften Angaben der Beschwerdegegnerin. Er kommt
aufgrund eigener Einschätzungen und Vermutungen über die "wahren" Absichten der
Beschwerdegegnerin - er geht davon aus, dass in der geplanten Halle weit mehr
Arbeitsplätze entstehen sollen als von ihr angegeben, dass sie plant, den
Firmensitz hierherzuverlegen und verschiedene bisher ausgelagerte Tätigkeiten
hier zu konzentrieren - zu einem Mehrverkehr von mindestens 250 bis 300
Fahrten. Solche weitgehend spekulativen Einwände - soweit sie überhaupt in der
Beschwerdeschrift selber erhoben werden und nicht auf unzulässigen Verweisen
beruhen - sind nicht geeignet, die Einschätzung des Verwaltungsgerichts als
willkürlich nachzuweisen. Nicht auszuschliessen ist selbstverständlich, dass
sich die Beschwerdegegnerin als Unternehmung weiterentwickelt und die
umstrittene Halle in Zukunft anders - intensiver - nutzt als sie das im
Baubewilligungsverfahren deklariert hat. Allerdings wäre eine allfällige
spätere Umnutzung der Halle, die nach den Befürchtungen des Beschwerdeführers
zu mehr als der Verdoppelung des vom Verwaltungsgericht prognostizierten
Mehrverkehrs von 116 Fahrten führt, wohl als Zweckänderung im Sinn von § 98
Abs. 1 Ziff. 3 des Baugesetzes des Kantons Thurgau vom 21. Dezember 2012
bewilligungspflichtig, sodass sich der Beschwerdeführer, falls seine
Legitimation bejaht werden kann, dagegen wird zur Wehr setzen können.

4.4. Zusammenfassend ist somit nach der willkürfreien Prognose des
Verwaltungsgerichts davon auszugehen, dass das umstrittene Bauprojekt einen
Mehrverkehr vor rund 120 Autofahrten pro Tag verursacht, wobei der
Lastwagenanteil - drei Fahrten - vernachlässigbar gering ist. Von diesen 120
Fahrten wird nach der plausiblen Einschätzung des Verwaltungsgerichts
jedenfalls ein substantieller Teil über die Mezikonerstrasse abgewickelt und
den Beschwerdeführer damit nicht betreffen. Somit ist mit einem
projektbedingten Mehrverkehr auf der Murgtalstrasse südlich der Kreuzung in der
Grössenordnung von rund 10 % der vorbestehenden rund 860 Bewegungen zu rechnen.
Die Liegenschaft des Beschwerdeführers ist immissionsmässig vorbelastet: sie
liegt in der Zone WG3, in der mässig störende Betriebe zugelassen sind
(Empfindlichkeitsstufe III gemäss Art. 43 lit. c der Lärmschutzverordnung [LSV;
SR 814.41] i.V.m. Art. 24 des Planungs- und Baureglements 1998/1999 von
Münchwilen). Gut 50 m südlich davon befindet sich eine Industriezone, in der
stark störende Betriebe zugelassen sind (Empfindlichkeitsstufe IV gemäss Art.
43 Abs. 1 lit. d LSV i.V.m. Art. 10 Abs. 2 und Art. 24 Planungs- und
Baureglement). Darin befinden sich mehrere Industrie- und Gewerbebetriebe in
der näheren Umgebung der Liegenschaft des Beschwerdeführers (Murgtalstrasse 24,
26 und 28: Metallbaufirma, Pneucenter, Allroundservice "facility service";
Mühligraben 4: mechanische Werkstatt). Das Verwaltungsgericht ist zum Schluss
gekommen, dass in dieser verkehrs- und lärmmässig vorbelasteten Umgebung die
moderate Zunahme des Verkehrs durch das umstrittene Bauprojekt von der im
dritten Stock gelegenen Attikawohnung des Beschwerdeführers aus kaum deutlich
wahrnehmbar sei. Mit dieser Einschätzung hat es jedenfalls den ihm in
Grenzfällen zustehenden Beurteilungsspielraum (vorne E. 2.3.1) im Ergebnis
nicht überschritten. Damit konnte es dem Beschwerdeführer die
Einsprachelegitimation ohne Verletzung von Bundesrecht absprechen, die
Beschwerde ist unbegründet.

5. 
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Auf die
subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Ausserdem hat er der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren
eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist. Auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird
nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.

3. 
Der Beschwerdeführer hat der Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Politischen Gemeinde Münchwilen, dem
Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau und dem Verwaltungsgericht
des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Mai 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Störi

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