Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.611/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_611/2015

Urteil vom 10. Dezember 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Eusebio, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Härri.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Michael Burkard,

gegen

Bundesamt für Justiz, Fachbereich Auslieferung,
Bundesrain 20, 3003 Bern.

Gegenstand
Auslieferung an die Türkei,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 10. November 2015 des Bundesstrafgerichts,
Beschwerdekammer.

Sachverhalt:

A. 
Die Türkei ersuchte um die Auslieferung des türkischen Staatsangehörigen
A.________ zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe wegen mehrfacher Tötung bzw.
Versuchs dazu.
Am 25. März 2015 bewilligte das Bundesamt für Justiz die Auslieferung unter der
Voraussetzung eines rechtskräftigen ablehnenden Asylentscheids.
Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesstrafgericht
(Beschwerdekammer) am 10. November 2015 ab; ebenso die Einrede des politischen
Delikts.

B. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, den Entscheid des Bundesstrafgerichts aufzuheben und die Auslieferung
zu verweigern.

C. 
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Am 1. April 2011 trat das Bundesgesetz vom 1. Oktober 2010 über die
Koordination des Asyl- und des Auslieferungsverfahrens (Koordinationsgesetz; AS
2011 925 ff.) in Kraft. Es stellt einen Mantelerlass dar. Damit wurden
ausschliesslich das Bundesgerichtsgesetz, das Asylgesetz (AsylG; SR 142.31) und
das Rechtshilfegesetz (IRSG SR 351.1) geändert. Das Koordinationsgesetz
bezweckt die Behebung der Probleme, die bei parallelen Auslieferungs- und
Asylverfahren auftraten. Diese Verfahren werden nunmehr auf der Stufe des
Bundesgerichts zusammengeführt. Das gewährleistet eine widerspruchsfreie
Rechtsprechung unter Beachtung des Gebots des Non-Refoulement (näher dazu BGE
138 II 513 E. 1.2.1 S. 515 f. mit Hinweisen).
Am 13. August 2014 lehnte das Bundesamt für Migration (heute: Staatssekretariat
für Migration) das Asylgesuch des Beschwerdeführers ab. Die von diesem
hiergegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht am 13. Juli
2015 ab. Dagegen reichte der Beschwerdeführer Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ein. Darüber befindet das Bundesgericht
mit separatem Urteil vom heutigen Tag (1C_401/2015). Die Koordination des
Auslieferungs- und des Asylverfahrens ist damit sichergestellt.
Da dem Bundesgericht die Akten des Asylverfahrens vorliegen, ist Art. 55a IRSG,
der ihren Beizug vorschreibt, Genüge getan.

2.

2.1. Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er
unter anderem eine Auslieferung betrifft und es sich um einen besonders
bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein besonders bedeutender Fall liegt
insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass elementare
Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das Verfahren im Ausland schwere
Mängel aufweist (Abs. 2).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im
Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders
bedeutender Fall ist mit Zurückhaltung anzunehmen (BGE 139 II 340 E. 4 S. 342;
136 IV 139 E. 2.4 S. 144; 134 IV 156 E. 1.3.1 S. 160).
Ein besonders bedeutender Fall kann auch bei einer Auslieferung nur
ausnahmsweise angenommen werden. In der Regel stellen sich insoweit keine
Rechtsfragen, die der Klärung durch das Bundesgericht bedürfen, und kommt den
Fällen auch sonst wie keine besondere Tragweite zu (BGE 134 IV 156 E. 1.3.4 S.
161).
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall
vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder
teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).

2.2. Was der Beschwerdeführer vorbringt, ist ungeeignet, einen besonders
bedeutenden Fall darzutun. Die Vorinstanz hat sich mit seinen Einwänden
eingehend auseinandergesetzt. Ihre Erwägungen, auf welche verwiesen werden kann
(Art. 109 Abs. 3 BGG), stützen sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung
und lassen keine Bundesrechtsverletzung erkennen. Das gilt insbesondere, soweit
die Vorinstanz den Alibibeweis als nicht erbracht und die Einrede des
politischen Delikts als unbegründet beurteilt hat. Hinreichende Anhaltspunkte
dafür, dass das türkische Strafverfahren schwere Mängel aufweist, liegen nicht
vor. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich nicht. Für das
Bundesgericht besteht deshalb kein Anlass, die Sache an die Hand zu nehmen.
Die Beschwerde ist demnach unzulässig. Die Einräumung einer Nachfrist zur
Ergänzung der Beschwerdebegründung gemäss Art. 43 BGG fällt damit ausser
Betracht (lit. a).

3. 
Da die Beschwerde aussichtslos war, kann die unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung nach Art. 64 BGG nicht bewilligt werden. Unter den gegebenen
Umständen - insbesondere in Anbetracht der offenbar schwierigen finanziellen
Verhältnisse des Beschwerdeführers - rechtfertigt es sich jedoch, auf die
Erhebung von Kosten zu verzichten (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bundesamt für Justiz, Fachbereich
Auslieferung, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, dem Staatssekretariat
für Migration und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung V, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 10. Dezember 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Härri

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