Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.607/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 1/2}
                   
1C_607/2015

Urteil vom 24. November 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Chaix,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
Roy Erismann,
Beschwerdeführer,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich,
Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich,

Bundeskanzlei, Bundeshaus West, 3003 Bern.

Gegenstand
NR/CN-2015 - Erneuerungswahl der zürcherischen Mitglieder des schweizerischen
Nationalrates vom 18. Oktober 2015; Nichteintretensentscheid,

Beschwerde gegen den Beschluss des Regierungsrats des Kantons Zürich vom 16.
November 2015.

Sachverhalt:

A. 
Am 18. Oktober 2015 fanden die Erneuerungswahlen der Mitglieder des
schweizerischen Nationalrates für die Amtsdauer 2015-2019 statt. Mit der
zugelosten Listennummer 35 und unter der Listenbezeichnung Schweizer Freiheit
und Recht kandidierte Roy Erismann als einziger Kandidat auf dieser Liste im
Kanton Zürich für die Nationalratswahlen. Die Wahlergebnisse für den Kanton
Zürich wurden am 23. Oktober 2015 im Amtsblatt des Kantons Zürich
veröffentlicht (ABl 2015-10-23). Die Liste 35 Schweizer Freiheit und Recht
erzielte insgesamt 1673 Parteistimmen und erhielt damit keinen Sitz zugeteilt.

B. 
Mit Eingabe vom 26. Oktober 2015 erhob Roy Erismann beim Regierungsrat des
Kantons Zürich Wahlbeschwerde und beantragte im Wesentlichen sinngemäss, die
Nationalratswahlen 2015 im Wahlkreis des Kantons Zürich wegen verschiedener
Unregelmässigkeiten ungültig zu erklären und zu wiederholen. Mit Entscheid vom
4. November 2015 trat der Regierungsrat des Kantons Zürich auf die Beschwerde
mit der Begründung nicht ein, die Beschwerde sei entgegen der gesetzlichen
Vorschrift nicht eingeschrieben, sondern bloss mit A-Post Plus zugestellt
worden. Am 10. November 2015 hiess das Bundesgericht eine dagegen erhobene
Beschwerde von Roy Erismann gut, hob den Beschluss des Regierungsrates des
Kantons Zürich vom 4. November 2015 auf und wies die Sache an diesen zurück zu
neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen (Urteil 1C_581/2015). Mit Beschluss vom
16. November 2015 wies der Regierungsrat die Beschwerde ab.

C. 
Roy Erismann führt erneut Beschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, den
Beschluss des Regierungsrates vom 16. November 2015 aufzuheben und die
Nationalratswahlen 2015 im Wahlkreis des Kantons Zürich wegen verschiedener
Unregelmässigkeiten ungültig zu erklären und zu wiederholen.

Erwägungen:

1. 
Nach Art. 77 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die
politischen Rechte (BPR; SR 161.1) kann bei der Kantonsregierung unter anderem
Beschwerde geführt werden wegen Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung und
Durchführung der Nationalratswahlen (Wahlbeschwerde; lit. c). Gegen den
Entscheid des kantonalen Regierungsrates steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht offen (Art. 80 Abs.
1 BPR in Verbindung mit Art. 82 lit. c und Art. 88 Abs. 1 lit. b BGG). Der
Beschwerdeführer ist wahlberechtigt im Kanton Zürich und als Beschwerdeführer
vor der Vorinstanz und direkter Adressat des angefochtenen Entscheides zur
Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 89 Abs. 1 und 3 BGG).

2.

2.1. Nach Art. 100 Abs. 4 BGG beträgt die Beschwerdefrist bei Entscheiden der
Kantonsregierungen über Beschwerden gegen die Nationalratswahlen drei Tage.

2.2. Die vom Beschwerdeführer dem Bundesgericht am 18. November 2015
eingereichte Beschwerdeschrift erging rechtzeitig und ist insofern
grundsätzlich beachtlich. Soweit er sich allerdings die Nachreichung weiterer
Rechtsschriften zur Ergänzung seiner Beschwerde vorbehält, ist er darauf
hinzuweisen, dass auf nach dem Fristablauf eingereichte Beschwerdeschriften
wegen Verspätung nicht eingetreten werden könnte. Der Gesetzgeber hat bewusst
eine kurze Frist für die Anfechtung der Nationalratswahlen festgesetzt, damit
allfällige Beschwerden rasch und vor Konstituierung der neuen Bundesversammlung
erledigt werden können (vgl. GEROLD STEINMANN, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger
[Hrsg.], Bundesgerichtsgesetz, Basler Kommentar, 2. Aufl., 2011, Art. 100 N.
17). Die Einreichung von ergänzenden Beschwerdeschriften nach Ablauf der
gesetzlichen Beschwerdefrist wäre daher unzulässig.

3.

3.1. Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann, von hier nicht
interessierenden andern Möglichkeiten abgesehen, insbesondere die Verletzung
von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm
angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, die
von den Beschwerdeführern geltend gemacht und begründet werden (vgl. Art. 42
Abs. 2 BGG). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten, soweit die
Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E.
1.4.2 S. 254 mit Hinweisen). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der
Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei
denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105
Abs. 2 BGG).

3.2. Die in der Beschwerdeschrift enthaltene Beschwerdebegründung ist
weitgehend appellatorischer Natur. Soweit sich der Beschwerdeführer
insbesondere auf andere tatsächliche Umstände beruft als sie sich aus den
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz ergeben, legt er nicht in genügendem
Masse dar, dass diese offensichtlich unrichtig erhoben worden sein sollten.
Offensichtliche Sachverhaltsfehler sind auch nicht ersichtlich. In rechtlicher
Hinsicht erstreckt sich die Beschwerdebegründung in weiten Teilen auf
Wiederholungen der bereits vor dem Regierungsrat vorgetragenen Rügen, ohne sich
detailliert mit der Begründung des angefochtenen Entscheids
auseinanderzusetzen. Insofern kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
Diese ist im Folgenden nur soweit zu prüfen, als sich der Beschwerdeführer mit
Blick auf den angefochtenen Entscheid rechtsgenüglich auf Bundesrecht beruft.
Das trifft im Wesentlichen einzig auf die vom Beschwerdeführer gerügte
Anwendung von Art. 79 Abs. 2bis BPR auf seinen Fall zu.

4.

4.1. Die Kantonsregierung weist die Beschwerde gemäss Art. 79 Abs. 2bis BPR
ohne nähere Prüfung ab, wenn die gerügten Unregelmässigkeiten weder nach ihrer
Art noch nach ihrem Umfang dazu geeignet waren, das Hauptresultat der
Abstimmung wesentlich zu beeinflussen (vgl. das zur Publikation in den BGE
vorgesehene Urteil des Bundesgerichts 1C_348/2015 vom 19. August 2015 E. 5.3;
nicht publ. E. 5.3 von BGE 138 II 5, Urteil 1C_520/2011 vom 23. November 2011).

4.2. Gemäss der Vorinstanz ist nicht erkennbar, dass die vom Beschwerdeführer
behaupteten, aber nicht näher belegten Unregelmässigkeiten geeignet gewesen
wären, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

4.3. Bei den Nationalratswahlen vom 18. Oktober 2015 musste im Kanton Zürich
eine Listengruppe von verbundenen Listen bzw. eine nicht verbundene Liste für
einen Sitzgewinn mehr als 413'000 Parteistimmen erhalten. Die von der Liste 35
Schweizer Freiheit und Recht insgesamt erzielten 1'673 Parteistimmen liegen
weit unter der erforderlichen Anzahl. Die Liste des Beschwerdeführers hätte das
247-fache Ergebnis erzielen müssen, um für einen Sitzgewinn in Frage zu kommen.
Bereits deshalb kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers
ausgeschlossen werden, dass ein Sitzgewinn möglich gewesen wäre.
Hinzu kommt, dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Unregelmässigkeiten
nicht belegt sind bzw. aufgrund der bekannten Tatsachen für eine massgebliche
Beeinflussung des Wahlergebnisses zu seinen Ungunsten nicht geeignet
erscheinen. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, sind die angerufenen
Vorfälle wie die fehlende Berichterstattung in den Medien über die Kandidatur
des Beschwerdeführers, Menschenströme an stark begangenen Orten, zivil
gekleidete Personen mit Kopfhörern in den Ohren, die Verweigerung der
Entgegennahme von Flugblättern und anderen Schriften nicht aussergewöhnlich. Es
erscheint deutlich wahrscheinlicher, dass es sich um normale Vorgänge handelte
als um vom Beschwerdeführer vermutete Machenschaften von ihm nicht
wohlgesinnten Kreisen oder Staatsorganen. Für seine entsprechenden Behauptungen
und namentlich für Amtsmissbrauch oder sonstige Straftaten gibt es keinerlei
Belege oder Hinweise. Für eigentliche strafrechtliche Ermittlungen besteht im
Rahmen einer Wahlbeschwerde, wie sie hier zu beurteilen ist, ohnehin kein Raum.

4.4. Der angefochtene Entscheid verletzt demnach Bundesrecht nicht.

5. 
Die Beschwerde erweist sich als offensichtlich unbegründet und ist im Verfahren
nach Art. 109 BGG ohne weiteren Schriftenwechsel abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Ergänzend wird auf die Ausführungen im angefochtenen
Entscheid verwiesen (vgl. Art. 109 Abs. 3 BGG).
Angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles kann von der
Erhebung von Gerichtskosten abgesehen werden (vgl. Art. 66 Abs. 1 zweiter Satz
BGG).
Aus Gründen der Dringlichkeit ist dieses Urteil den Behörden vorweg per Fax
mitzuteilen. Der Beschwerdeführer hat dem Bundesgericht keine Faxnummer
angegeben, weshalb dies bei ihm nicht möglich ist. Die rechtlich einzig
verbindliche schriftliche Eröffnung des Urteils ergeht demgegenüber an alle
Verfahrensbeteiligten gleichzeitig.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Regierungsrat des Kantons Zürich,
der Bundeskanzlei, dem Generalsekretariat der Bundesversammlung und den
Parlamentsdiensten, Generalsekretariat, Bern, und den Parlamentsdiensten,
Rechtsdienst, Bern, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. November 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Uebersax

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