Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.605/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_605/2015

Urteil vom 24. November 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Härri.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Marco Del Fabro,

gegen

Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat,
Stauffacherstrasse 55, Postfach, 8026 Zürich.

Gegenstand
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Kroatien,
Herausgabe von Beweismitteln,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 5. November 2015 des Bundesstrafgerichts,
Beschwerdekammer.

Sachverhalt:

A. 
Mit Schreiben vom 1. Oktober 2010 an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
zeigte eine Gesellschaft mit Sitz in Kroatien die A.________ AG und mehrere
natürliche Personen wegen Betrugs an. Darauf eröffnete die Staatsanwaltschaft
Zürich-Limmat ein Strafverfahren, welches sie mit Verfügung vom 30. März 2015
einstellte, da kein Straftatbestand erfüllt sei.
Die Staatsanwaltschaft Zagreb eröffnete in der gleichen Angelegenheit gegen
dieselben Personen ebenfalls ein Strafverfahren. Sie ersuchte die Schweiz um
Rechtshilfe.
Mit Schlussverfügung vom 20. Mai 2015 entsprach die Staatsanwaltschaft
Zürich-Limmat dem Rechtshilfeersuchen und ordnete die Herausgabe von
Bankunterlagen an die ersuchende Behörde an.
Die von der A.________ AG hiergegen erhobene Beschwerde wies das
Bundesstrafgericht (Beschwerdekammer) am 5. November 2015 ab.

B. 
Die A.________ AG führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Antrag, den Entscheid des Bundesstrafgerichts aufzuheben, und weiteren
Anträgen.

C. 
Es wurde kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Gemäss Art. 84 BGG ist gegen einen Entscheid auf dem Gebiet der
internationalen Rechtshilfe in Strafsachen die Beschwerde nur zulässig, wenn er
unter anderem eine Übermittlung von Informationen aus dem Geheimbereich
betrifft und es sich um einen besonders bedeutenden Fall handelt (Abs. 1). Ein
besonders bedeutender Fall liegt insbesondere vor, wenn Gründe für die Annahme
bestehen, dass elementare Verfahrensgrundsätze verletzt worden sind oder das
Verfahren im Ausland schwere Mängel aufweist (Abs. 2).
Art. 84 BGG bezweckt die wirksame Begrenzung des Zugangs zum Bundesgericht im
Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen. Ein besonders
bedeutender Fall ist mit Zurückhaltung anzunehmen (BGE 139 II 340 E. 4 S. 342;
136 IV 139 E. 2.4 S. 144; 134 IV 156 E. 1.3.1 S. 160).
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Begründung der Rechtsschrift in gedrängter
Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine
Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass ein besonders bedeutender
Fall nach Artikel 84 vorliegt, so ist auszuführen, warum diese Voraussetzung
erfüllt ist.
Erachtet das Bundesgericht eine Beschwerde auf dem Gebiet der internationalen
Rechtshilfe in Strafsachen als unzulässig, so fällt es gemäss Art. 107 Abs. 3
BGG - abgesehen von einem hier nicht gegebenen Ausnahmefall - den
Nichteintretensentscheid innert 15 Tagen seit Abschluss eines allfälligen
Schriftenwechsels.
Nach Art. 109 BGG entscheidet die Abteilung in Dreierbesetzung über
Nichteintreten auf Beschwerden, bei denen kein besonders bedeutender Fall
vorliegt (Abs. 1). Der Entscheid wird summarisch begründet. Es kann ganz oder
teilweise auf den angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Abs. 3).

1.2. Die Vorinstanz erachtet den Einwand der Beschwerdeführerin, der Grundsatz
"ne bis in idem" stehe der Rechtshilfe entgegen, als unbegründet (angefochtener
Entscheid E. 6 S. 8 f.).
Im Rechtshilfeverkehr mit Kroatien kommt das Europäische Übereinkommen vom 20.
April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (EUeR; SR 0.351.1) zur
Anwendung. Dieses sieht keine Ablehnung der Rechtshilfe wegen des Grundsatzes
"ne bis in idem" vor. Die Schweiz hat jedoch zu Art. 2 EUeR einen Vorbehalt
erklärt. Danach behält sie sich das Recht vor, die Rechtshilfe auch dann
abzulehnen, wenn wegen der dem Ersuchen zu Grunde liegenden Handlung gegen
denselben Beschuldigten in der Schweiz ebenfalls ein Strafverfahren
durchgeführt wird oder eine strafrechtliche Entscheidung ergangen ist, mit der
diese Tat und seine Schuld materiell beurteilt worden sind (lit. a).
Gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 IRSG (SR 351.1) wird einem Ersuchen nicht
entsprochen, wenn in der Schweiz oder im Tatortstaat der Richter aus
materiellrechtlichen Gründen den Verfolgten freigesprochen oder das Verfahren
eingestellt hat.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Rechtshilfe sei im vorliegenden Fall
nach Art. 5 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 IRSG unzulässig. Der angefochtene Entscheid
widerspreche der bundesgerichtlichen Praxis zu dieser Bestimmung. Die Tragweite
von Art. 5 Abs. 1 lit. a Ziff. 1 IRSG bedürfe der Klärung. Deshalb sei ein
besonders bedeutender Fall anzunehmen (Beschwerde S. 5 f.).
Das Vorbringen ist unbehelflich. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung,
auf die zurückzukommen kein Anlass besteht, ist Art. 5 Abs. 1 lit. a IRSG in
Fällen wie hier, wo sich die Voraussetzungen der Rechtshilfe nach dem EUeR
richten, nicht anwendbar. Für die Frage, ob der Grundsatz "ne bis in idem" der
Rechtshilfe entgegensteht, ist vielmehr allein der schweizerische Vorbehalt zu
Art. 2 EUeR massgebend (Urteile 1A.413/1996 vom 1. April 1997 E. 3b, nicht
publ. in BGE 123 II 134; 1A.107/1995 vom 21. August 1995 E. 4c; 1A.41/1994 vom
7. Juni 1994 E. 2; ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale
en matière pénale, 4. Aufl. 2014, S. 676 N. 664). Eine Prüfung der Tragweite
von Art. 5 Abs. 1 lit. a IRSG erübrigt sich damit. Dass der Vorbehalt zu Art. 2
EUeR der Rechtshilfe entgegenstehe, macht die Beschwerdeführerin nicht geltend
und ist nicht ersichtlich. Da es sich bei diesem Vorbehalt um eine
"Kann-Bestimmung" handelt, wäre nach der Rechtsprechung die Leistung von
Rechtshilfe im Übrigen selbst dann möglich, wenn die darin umschriebenen
Voraussetzungen erfüllt wären (Urteil 1A.107/1995 vom 21. August 1995 E. 4c).
Was die Beschwerdeführerin vorbringt, ist demnach nicht geeignet, einen
besonders bedeutenden Fall nach Art. 84 BGG darzutun. Dass sonst wie Gründe für
die Annahme eines solchen Falles gegeben sein könnten, ist nicht erkennbar. Auf
die Beschwerde wird daher nicht eingetreten.

2. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Eine Parteientschädigung steht ihr nicht zu (Art. 68
Abs. 1 BGG).
Mit dem vorliegenden Entscheid braucht über das Gesuch um aufschiebende Wirkung
nicht mehr befunden zu werden. Die Beschwerde hatte im Übrigen - wie die
Beschwerdeführerin selber darlegt - ohnehin von Gesetzes wegen aufschiebende
Wirkung (Art. 103 Abs. 2 lit. c BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft
Zürich-Limmat, dem Bundesstrafgericht, Beschwerdekammer, und dem Bundesamt für
Justiz, Fachbereich Rechtshilfe, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. November 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Härri

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