Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.593/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_593/2015

Urteil vom 25. Mai 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio, Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
Zürcher Heimatschutz,
Beschwerdeführer, vertreten durch Prof. Dr. Andreas Abegg und Dr. Christa
Stamm,

gegen

A.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Hans Rudolf Ziegler,

Gemeinderat Berg am Irchel, 8415 Berg am Irchel, vertreten durch Rechtsanwältin
Marianne Kull Baumgartner,
Baudirektion des Kantons Zürich,
Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Inventarentlassung und Baubewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 1. Oktober 2015 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer.

Sachverhalt:

A. 
Mit Beschluss vom 23. April 2012 entliess der Gemeinderat von Berg am Irchel
das auf dem Grundstück Kat.-Nr. 1164 gelegene Bauernhaus samt Ökonomiebauten
aus dem Inventar der kunst- und kulturhistorischen Schutzobjekte von kommunaler
Bedeutung. Gleichentags erteilte er A.________ und B.________ die Bewilligung
für den Abbruch des Bauernhauses, den Neubau eines Mehrfamilienhauses als
Ersatzneubau und den Bau eines neuen Mehrfamilienhauses im südöstlichen Teil
des Baugrundstücks. Gleichzeitig wurde die ortsbildschutzrechtliche Bewilligung
der Baudirektion des Kantons Zürich vom 20. März 2012 eröffnet.
Berg am Irchel ist als Ortsbild von nationaler Bedeutung im Bundesinventar der
schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) verzeichnet. Das streitige
Bauernhaus befindet sich in einem Gebiet mit Erhaltungsziel A (Substanzerhalt).
Im Ortsbildschutzplan der Gemeinde Berg am Irchel wird es als prägendes oder
strukturbildendes Gebäude bezeichnet.

B. 
Gegen beide Beschlüsse der Gemeinde rekurrierte der Zürcher Heimatschutz ZVH am
29. Mai 2012 mit zwei separaten Eingaben an das Baurekursgericht des Kantons
Zürich. In erster Linie beantragte er die Aufhebung der angefochtenen
Beschlüsse und die Rückweisung zu weiterer Abklärung an die Gemeinde.
Eventualiter, falls das Gericht die Frage der Unterschutzstellung selbst
entscheide, ersuchte er um Beizug eines geeigneten Gutachtens und/oder
Durchführung eines Augenscheins.
Das Baurekursgericht führte am 11. Januar 2013 einen Augenschein durch und wies
die Rekurse am 23. Mai 2013 ab. Es ging davon aus, dass der bauliche Zustand
offensichtlich schlecht sei. Eine Sanierung wäre ausserordentlich aufwendig;
bei einem Ersatzbau sei mit rund einem Drittel weniger finanziellem Aufwand zu
rechnen. Die entscheidende Qualität des Gebäudekomplexes liege in der
ortsbildlichen Wirkung und erfordere nicht zwingend den Erhalt der alten
Substanz, sondern könne auch mit einem geeigneten Neubauprojekt erhalten
werden.

C. 
Die dagegen erhobene Beschwerde des ZVH hiess das Zürcher Verwaltungsgericht am
5. Februar 2014 teilweise gut: Die Verneinung des Eigenwerts und die
Qualifikation des Situationswerts des streitbetroffenen Gebäudes seien weder
von der Gemeinde noch vom Baurekursgericht nachvollziehbar begründet worden;
zudem fehle auch eine fundierte Abklärung des Zustands der bestehenden
Bausubstanz. Es hob deshalb den Rekursentscheid auf und wies die Sache zum
Neuentscheid im Sinne der Erwägungen über die Inventarentlassung bzw. den
Ersatzbau an das Baurekursgericht zurück. Abgewiesen wurde die Beschwerde
hinsichtlich des zusätzlich geplanten Mehrfamilienhauses.

D. 
In der Folge liess das Baurekursgericht durch seinen Referenten einen
Fachbericht erarbeiten und stellte diesen den Parteien zur Stellungnahme zu.
Mit Eingabe vom 5. Januar 2015 beantragte der ZVH, der Referent habe in den
Ausstand zu treten und dessen Fachbericht sei aus dem Recht zu weisen. Überdies
seien die Rekursgegner darüber zu befragen, von wem das Gutachten von Peter und
Helen Albertin-Eicher, Büro für historische Bauforschung, vom Juli 2009 (im
Folgenden: Gutachten Albertin) in Auftrag gegeben und von wem es bezahlt worden
sei. Mit Entscheid vom 5. März 2015 wies das Baurekursgericht die Beschwerde
ab.

E. 
Dagegen führte der ZVH abermals Beschwerde an das Verwaltungsgericht. Dieses
wies die Beschwerde am 1. Oktober 2015 ab.

F. 
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat der ZVH am 11. November 2015
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben.
Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben.

G. 
A.________ (nachfolgend: die Beschwerdegegnerin) und das Verwaltungsgericht
beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die
Gemeinde Berg am Irchel schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

H. 
Im weiteren Schriftenwechsel halten die Parteien an ihren Anträgen und
Vorbringen fest, soweit sie sich noch äussern.

I. 
Mit Verfügung vom 11. Dezember 2015 wurde der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung erteilt.

Erwägungen:

1. 
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Verwaltungsgerichts, der
eine Baubewilligung samt Inventarentlassung und damit eine
öffentlich-rechtliche Angelegenheit betrifft, steht grundsätzlich die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 ff. BGG).

1.1. Der ZVH kann sich als kantonal (und nicht gesamtschweizerisch) tätige
Heimatschutzorganisation nicht auf das Verbandsbeschwerderecht nach Art. 12
Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und
Heimatschutz (NHG; SR 451) berufen. Dagegen ist er nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur
Beschwerde legitimiert, soweit er eine Verletzung seiner Parteirechte im
vorinstanzlichen Verfahren rügt (vgl. Urteile 1C_195/2011 vom 27. Juli 2011 E.
1.2; 1C_367/2009 vom 27. Oktober 2009 E. 3; 1C_374/2010 vom 21. Dezember 2010
E. 1). Allerdings kann er auf diesem Weg keine (indirekte) Überprüfung des
Entscheids in der Hauptsache erlangen, insbesondere ist er nicht befugt, die
Begründung des Verwaltungsgerichts als unvollständig, zu wenig differenziert
oder materiell unzutreffend zu rügen (vgl. BGE 114 Ia 307 E. 3c S. 313; BGE 129
I 217 E. 1.4 S. 222 mit Hinweisen; zur Weiterführung dieser so genannten
"Star-Praxis" unter der Herrschaft des Bundesgerichtsgesetzes BGE 135 II 430 E.
3.2 S. 436 f.).

1.2. Einzutreten ist daher nur auf die formellen Rügen, namentlich der
Verletzung des Anspruchs auf ein unabhängiges Gericht (Art. 30 Abs. 1 BV) und
auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV), soweit diese unabhängig vom
Entscheid in der Sache beurteilt werden können. Dies ist nicht der Fall, soweit
die Begründung des Verwaltungsgerichts (namentlich in Zusammenhang mit den
Sanierungskosten oder der Schutzwürdigkeit des Kopfbaus) als offensichtlich
unrichtig bzw. willkürlich gerügt wird.
Nicht einzutreten ist auch auf die materielle Rüge, bei der Inventarentlassung
und der Baubewilligung sei den Vorgaben des ISOS nicht (genügend) Rechnung
getragen worden.

2. 
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, der Referent des Baurekursgerichts, der im
zweiten Umgang den Fachbericht erstellte, sei wegen Vorbefassung befangen
gewesen; dies verletze den Anspruch auf ein unabhängiges Gericht und auf
rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 und Art. 30 Abs. 1 BV).

2.1. Das Baurekursgericht erachtete die erst am 5. Januar 2015 vorgebrachte
Rüge der Befangenheit als verspätet; überdies sei sie unbegründet.
Das Verwaltungsgericht liess offen, ob die Rüge im Rekursverfahren rechtzeitig
erhoben wurde, weil praxisgemäss die erneute Befassung derselben Richter nach
einer Rückweisung keine Ausstandspflicht begründe (REGINA KIENER in: Alain
Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons
Zürich, 3. Aufl., Zürich 2014 [Kommentar VRG], § 5a N. 27). Gegenüber dem
Regelfall einer Rückweisung liege hier insoweit eine Besonderheit vor, als der
Referent zusätzlich einen Fachbericht verfasst habe. Mit dieser Tätigkeit rücke
er bis zu einem gewissen Grad in die Nähe eines Sachverständigen. Bei der
Bestellung eines Sachverständigen sei darauf zu achten, dass dieser mit der
Sache nicht bereits befasst gewesen sei. Dem Fachrichter am Baurekursgericht
komme indes nicht die formale Stellung eines Gutachters zu. Das Institut des
Fachberichts am Baurekursgericht entspreche vielmehr dem zivilprozessualen
Fachvotum, wie es gestützt auf Art. 183 Abs. 3 ZPO zulässig sei. Der Referent
habe den Fachbericht in seiner Funktion als Gerichtsmitglied und nicht in der
Funktion eines beigezogenen Gutachters erstattet. Ähnlich wie beim "normalen"
Richter sei auch beim Richter, der einen Fachbericht verfasse, davon
auszugehen, dass er offen sei, seine Auffassung bei erneuter und vertiefter
Auseinandersetzung mit dem Prozessgegenstand zu hinterfragen und allenfalls
auch zu revidieren. Es bestünden vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass
diese Offenheit beim Referenten hätte fehlen können, zumal er für die
Erstattung des Fachberichts einen erneuten Augenschein am Objekt vorgenommen
habe.

2.2. Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, dass der Fachreferent schon im
ersten Umgang Tatsachen als erwiesen erachtet habe, obwohl die diesbezüglichen
Abklärungen noch gefehlt hätten. In dieser Situation bestünden nach BGE 131 I
113 E. 3.6 S. 119 f. begründete Zweifel, ob er im zweiten Umgang noch zu einer
anderen Bewertung hätte kommen können. Im Fachbericht würden lediglich die -
schon im ersten Entscheid - angenommenen Tatsachen noch einmal, mit
ausführlicherer Beschreibung und Bebilderung, dargelegt. Das Argument des
Verwaltungsgerichts, wonach der Fachbericht kein Gutachten sei, sondern einem
Fachvotum nach Art. 183 ZPO vergleichbar sei, gehe ins Leere, da nach ZPO für
sachverständige Personen die gleichen Ausstandsgründe gälten wie für
Gerichtspersonen.

2.3. Nach ständiger Rechtsprechung stellt der Umstand, dass ein Gericht schon
einmal in gleicher Besetzung über die Streitsache entschieden hat, über die es
- nach Rückweisung der Sache durch die Rechtsmittelinstanz - wiederum urteilen
muss, grundsätzlich keinen Befangenheitsgrund dar (vgl. zuletzt Urteil 1B_67/
2014 vom 31. März 2014 E. 2 mit Hinweisen und Urteil 1C_138/2014 vom 3. Oktober
2014 E. 3 betr. einen Entscheid des Zürcher Baurekursgerichts). Ein
Ausstandsgrund besteht nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn
aufgrund des früheren Verhaltens oder von Äusserungen eines Richters davon
ausgegangen werden muss, dass er nicht in der Lage sein werde, seine
ursprüngliche Auffassung zu revidieren (BGE 138 IV 142 E. 2.3 S. 146). Solche
Umstände werden hier nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich. Die
in BGE 131 I 113 E. 3.6 S. 119/120 genannte Fallgruppe eines Richters, der eine
durch den Prozess erst noch abzuklärende Tatsache schon als erwiesen ansieht,
bezieht sich nicht auf den hier vorliegenden Fall der Rückweisung zu erneuter
Sachverhaltsabklärung.
2.4 Die Frage, ob ein strengerer Massstab anzusetzen ist, wenn - wie hier - ein
Richter zusätzlich einen Fachbericht erstellt, der ein externes
Sachverständigengutachten (ganz oder teilweise) ersetzt, kann offenbleiben,
weil das Baurekursgericht den Ausstandsantrag als verspätet betrachten durfte.
Praxisgemäss müssen Ausstandsgründe unverzüglich nach Kenntnis geltend gemacht
werden, ansonsten sie als verwirkt gelten (BGE 140 I 271 E. 8.4.3 S. 275 mit
Hinweisen); eine Ausnahme wird nur bei offensichtlichen Befangenheitsgründen
gemacht (BGE 134 I 20 E. 4.3.2 S. 22). Vorliegend hatte das Verwaltungsgericht
im Rückweisungsentscheid (E. 4.4.2) ausdrücklich auf die Möglichkeit
hingewiesen, den Feststellungs- bzw. Begründungsmangel durch einen "Fachbericht
des Referenten" zu beheben. Da das Baurekursgericht praxisgemäss nach
Rückweisung in derselben Besetzung entscheidet wie zuvor, mussten die - mit
Bauprozessen vertrauten - Rechtsvertreter des Beschwerdeführers damit rechnen,
dass ein Fachbericht beim Referent des ersten Rekursentscheids eingeholt werden
würde. Sie hätten ihren Ablehnungsantrag daher schon bei Wiederaufnahme des
Verfahrens durch das Baurekursgericht (angezeigt mit Verfügung vom 19. April
2014) stellen können und müssen, anstatt das Vorliegen des Fachberichts
abzuwarten.

3. Der Beschwerdeführer rügt ferner eine Verletzung des rechtlichen Gehörs,
weil die Fachkenntnisse des Referenten nicht offengelegt worden seien. Das
Baurekursgericht habe - trotz Nachfrage mit Stellungnahme vom 5. Januar 2015 -
keine Auskunft zu den Fachkenntnissen des Referenten gegeben und sei auf diese
Frage auch im zweiten Rekursentscheid nicht eingegangen. Das Verwaltungsgericht
habe einzig darauf verwiesen, dass der Verfasser des Berichts diplomierter
Architekt ETH sei und folglich während mehrerer Semester (Pflicht-) Vorlesungen
zur Kunst- und Architekturgeschichte "besucht haben dürfte". Über die
Qualifikationen des Fachrichters auf dem Gebiet der Bauarchäologie sei daher
bis heute nichts Näheres bekannt.
Bereits aus dem Fachbericht selbst geht aber hervor, dass der Verfasser dipl.
Architekt ETH/SIA ist. Zusatzqualifikationen oder -erfahrungen im Bereich der
Denkmalpflege werden weder im Bericht noch im Rekursentscheid erwähnt. Damit
wurde zum Ausdruck gebracht, dass der Referent nur (aber immerhin) über
architektonisches Fachwissen verfügt. Dies wurde auch vom Verwaltungsgericht
bestätigt. Insofern wurden dem Beschwerdeführer keine Informationen
vorenthalten.

4. 
Fraglich ist dagegen, ob das Fachwissen des Referenten im hier interessierenden
Kontext für die Erstellung des Fachberichts ausreichte und das Baurekursgericht
daher ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs auf das vom Beschwerdeführer
beantragte externe Gutachten verzichten durfte. Dies ist unstreitig der Fall,
soweit es um den baulichen Zustand und die Kosten der Instandsetzung geht. Der
Fachbericht beschränkt sich aber nicht auf diese Aspekte, sondern äussert sich
ausdrücklich auch zur Schutzwürdigkeit der Hofstätte. Insbesondere wird in
Abschnitt 6 der Situationswert gewürdigt und zur Frage Stellung genommen, ob
dieser den Erhalt der historischen Substanz erfordere.

4.1. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass für die Beurteilung der
Schutzwürdigkeit eines Gebäudes nicht in jedem Fall ein externes Gutachten,
insbesondere der Denkmalpflegekommission KDK, eingeholt werden müsse; dies sei
nur erforderlich, wenn sich heikle Fachfragen stellten, zu deren Beurteilung
der im Spruchkörper vorhandene Sachverstand nicht ausreiche. Der Verfasser des
vorliegenden Fachberichts sei diplomierter Architekt ETH und werde folglich
während mehreren Semestern Pflichtvorlesungen zur Kunst- und
Architekturgeschichte besucht haben (mit Hinweis auf www.arch.ethz.ch -
Studien- und Stundenplan). Er verfüge somit über eine solide bauhistorische
Ausbildung, die zwar nicht an das Wissen von denkmalpflegerischen
Fachspezialisten heranreiche. Gleichwohl sei ein Architekt in der Regel fähig,
zumindest einfache ältere Gebäude architekturhistorisch korrekt zu würdigen.
Vorliegend stehe kein besonders komplexes Gebäude zur Diskussion. Zwar sei es
mehrfach mit Anbauten ergänzt worden, so dass seine Entstehung nicht ohne
Weiteres ablesbar sei. Indessen liege ein baugeschichtliches Gutachten bei den
Akten, welches genau die Entstehungsgeschichte nachzeichne. Insofern habe sich
das Fachreferat auch zu denkmalpflegerischen Fragen äussern können und sollen.

4.2. Der Beschwerdeführer hält diese Begründung für willkürlich: Der Besuch von
Pflichtvorlesungen an der ETHZ, der 20 bis 30 Jahre zurückliege, befähige nicht
zu bauarchäologischen Untersuchungen, zumal bei komplexen, verschachtelten
Gebäudestrukturen, die über mehrere Bauetappen bis ins 16. Jahrhundert
zurückreichten. Ersetze ein Fachbericht ein beantragtes unabhängiges Gutachten,
müssten vergleichbare Qualifikationen des Fachrichters verlangt werden (SVEN
RÜETSCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 3
zu Art. 183 mit Hinweis).

4.3. Diese Kritik erscheint nicht völlig unberechtigt. Ein Architekt ist zwar
regelmässig in der Lage, sich fachkundig zu bautechnischen Fragen zu äussern.
Ohne entsprechende Zusatzausbildung fehlt ihm dagegen die Qualifikation für
Fachfragen des Denkmalschutzes oder der Baugeschichte, die sich bei der
Beurteilung von Eigen- und Situationswert eines historischen Gebäudekomplexes
stellen können. Hier ist daher in der Regel eine Fachperson des Denkmalschutzes
beizuziehen.
Im vorliegenden Fall besteht allerdings die Besonderheit, dass mit dem
Gutachten Albertin bereits ein baugeschichtliches Gutachten aus dem Jahr 2009
in den Akten liegt. Auch wenn dieses von den Vorinstanzen als Parteigutachten
qualifiziert wurde (was angesichts des auf S. 2 des Gutachtens erwähnten
Auftrags der Bauherrschaft nicht zu beanstanden ist), wurde es doch inhaltlich
von keiner Seite in Frage gestellt. Es beschreibt eingehend die Bauteile und
die historische Entwicklung der Liegenschaft und hält zusammenfassend fest, die
Hofstätte berge eine Vielfalt an historischen Zeugnissen. Zum baulichen Zustand
der Baute äussert sich das Gutachten nicht, ebenso wenig zur Frage eines
allfälligen Abbruchs.
In Kenntnis dieses baugeschichtlichen Gutachtens und nach einer Besichtigung
des Objekts befand die kantonale Denkmalpflege 2010, dass die Fragmente der
historischen Bausubstanz in solch schlechtem Zustand seien, dass ein Aufstufen
bzw. Erhalten des Gebäudes nicht als sinnvoll erscheine, und sprach sich
dementsprechend gegen eine überregionale Unterschutzstellung aus. 2012
bestätigte sie nochmals, dass dem Abbruch aus Sicht der Denkmalpflege keine
Hindernisse im Wege stünden.
Das Baurekursgericht konnte sich somit zum einen auf ein eingehendes
Fachgutachten zur baugeschichtlichen Bedeutung des Objekts stützen, zum andern
auf die Einschätzung der kantonalen Denkmalpflege zum (nicht überwiegenden)
Erhaltungsinteresse aus denkmalschützerischer Sicht. Schliesslich konnten sich
die Parteien zu den Erkenntnissen des Fachrichters äussern, bevor die
Baurekurskommission ihren Entscheid gefällt hat. Unter diesen Umständen
erscheint es verfassungsrechtlich vertretbar, wenn das Baurekursgericht auf die
Einholung eines externen Gutachtens zum Eigen- und Situationswert der Hofstätte
verzichtete. Es erübrigt sich daher, näher auf den Stellenwert des
Referentenberichts in diesem Kontext einzugehen.

5. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kosten- und
entschädigungspflichtig (Art. 66 und 68 BGG). 

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer (ZVH)
auferlegt.

3. 
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin A.________ für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Berg am Irchel, der
Baudirektion des Kantons Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich,
1. Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Mai 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

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