Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.57/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 1/2}
                   
1C_57/2015

Urteil vom 22. Januar 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
Verkehrs-Club der Schweiz (VCS),
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Pestalozzi,

gegen

Genossenschaft Migros Aare,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Alexander Rey,

Einwohnergemeinde Spreitenbach,
handelnd durch den Gemeinderat Spreitenbach,
und dieser vertreten durch Rechtsanwalt Willy Bolliger-Kunz,
Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau.

Shoppi-Tivoli Management AG;
Einkaufszentrum Limmatpark;
Umwelt Arena Spreitenbach;
weitere Beteiligte.

Gegenstand
Gestaltungsplan P 092 Handels- und Gewerbezone Ost,

Beschwerde gegen das Urteil vom 28. November 2014 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau, 3. Kammer.

Sachverhalt:

A. 
Der Gemeinderat Spreitenbach legte vom 31. Oktober bis 29. November 2011 den
Gestaltungsplan "P 092 Handels- und Gewerbezone Ost" (im Folgenden:
Gestaltungsplan HGO) öffentlich auf. Dieser umfasst die Parzellen 1232, 1235
und 2501 zwischen Industrie-, Sandäcker- und Landstrasse. Geplant ist eine
Überbauung mit Wohn-, Gewerbe-, Dienstleistungs- und Verkaufsnutzungen gemäss
dem Richtprojekt "Tivoli-Garten" der Genossenschaft Migros Aare. Dazu gehören
ein OBI-Fachmarkt mit 10'000 m2 Ladenfläche, 425 Wohnungen in zwei
19-geschossigen Hochhäusern und die Erstellung von 700 unterirdischen
Parkplätzen. Im Zwischengeschoss "Bahnhof", auf Ebene der Landstrasse, sind
Haltestellen für die geplante Limmattalbahn und für Busse vorgesehen.
Die geplante Überbauung schliesst an das bestehende Einkaufszentrum Tivoli an
und ist mit diesem auf der Fussgängerebene +1 (Passerelle) und auf allen
Parkierungsebenen (P1 bis P4) verbunden. Das Tivoli ist seinerseits durch
gedeckte FussgängerPasserellen mit den Einkaufszentren Shoppi und Limmatpark
sowie der Umwelt-Arena verbunden.
Gegen den Gestaltungsplan HGO erhob der Verkehrs-Club Schweiz (VCS)
Einwendungen. Diese wurden am 27. August 2012 vom Gemeinderat im Sinne der
Erwägungen abgewiesen und der Gestaltungsplan mit gewissen Änderungen
beschlossen.

B. 
Der VCS erhob am 10. Oktober 2012 Beschwerde an das Departement Bau, Verkehr
und Umwelt (BVU) des Kantons Aargau. Er beantragte die Aufhebung des
angefochtenen Beschlusses; die Sache sei zur Durchführung einer umfassenden
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unter Einbezug der bestehenden Anlage
Tivoli und des damit zusammenhängenden Gesamtkomplexes Shoppi-Tivoli/Limmatpark
/Umwelt-Arena sowie zur Anordnung der sich daraus ergebenden Massnahmen an den
Gemeinderat zurückzuweisen.
Am 27. September 2013 hiess das BVU die Beschwerde gut und hob den Beschluss
des Gemeinderates vom 27. August 2012 auf. Mit Entscheid vom gleichen Tag
versagte es dem Gestaltungsplan die Genehmigung.

C. 
Dagegen erhoben sowohl die Genossenschaft Migros Aare als auch der Gemeinderat
Spreitenbach am 4. November 2013 Beschwerde an das Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau. Dieses vereinigte die Beschwerden und hiess sie am 28. November
2014 teilweise gut. Es teilte die Auffassung des BVU, dass die UVP
unvollständig sei, weil das Einkaufszentrum Tivoli nicht einbezogen worden sei;
dies führe indessen nur zur Rückweisung der Sache an die Gemeinde und nicht zu
einem endgültigen Abbruch der bisherigen Planung. Die umweltrechtlichen Mängel
hätten insbesondere nicht zur Folge, dass die Gemeinde mit der
Gestaltungsplanung neu beginnen oder den Gestaltungsplanperimeter ausweiten
müsse. Entgegen der Auffassung des VCS seien Shoppi, Limmatpark und
Umwelt-Arena nicht in die UVP einzubeziehen.

D. 
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid hat der VCS am 26. Januar 2015
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben.
Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei insoweit aufzuheben, als er die
Notwendigkeit des Einbezugs des Gesamtkomplexes Shoppi-Tivoli/Limmatpark/
Umwelt-Arena in die UVP für den Gestaltungsplan HGO verneine; eventualiter sei
die Sache diesbezüglich zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an das
Verwaltungsgericht zurückzuweisen.

E. 
Die Genossenschaft Migros Aare und die Gemeinde Spreitenbach beantragen, die
Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf überhaupt einzutreten sei.
Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) kommt in seiner Vernehmlassung zum Ergebnis,
dass jedenfalls das "Shoppi" aufgrund seines örtlichen und funktionalen
Zusammenhangs mit dem Tivoli in die UVP des Gestaltungsplans HGO einzubeziehen
sei.
Im weiteren Schriftenwechsel halten die Parteien an ihren Anträgen fest.

F. 
Die Shoppi-Tivoli Management AG, das Einkaufszentrum Limmatpark und die Umwelt
Arena Spreitenbach wurden als potenziell vom Entscheid betroffene Dritte
eingeladen, sich am Verfahren zu beteiligen. Keiner der Angeschriebenen hat
eine Stellungnahme eingereicht.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist ein Rückweisungsentscheid des Verwaltungsgerichts, der - in den
Erwägungen - den Umfang der UVP-Pflicht für die Vorinstanz verbindlich
festlegt: Einzubeziehen sei das Einkaufszentrum Tivoli, nicht aber Shoppi,
Limmatpark und Umwelt-Arena. Streitig ist, ob es sich um einen (Teil-)
Endentscheid nach Art. 90 f. BGG oder um einen Zwischenentscheid i.S.v. Art. 93
BGG handelt.

1.1. Der VCS geht unter Berufung auf die frühere Rechtsprechung zum OG davon
aus, dass Entscheide über die UVP-Pflicht als anfechtbare Teilentscheide i.S.v.
Art. 91 lit. a BGG zu qualifizieren seien (BGE 115 Ib 342 E. 1 S. 344;
bestätigt im Urteil 1A.33/2007 vom 22. Oktober 2007 E. 2). Diese Praxis sei
auch unter der Geltung des BGG fortzuführen: Die UVP-Pflicht könne unabhängig
von den materiellrechtlichen Anforderungen an ein Sondernutzungsplan- oder
Bauvorhaben beurteilt werden, weshalb keine Gefahr drohe, dass sich das
Bundesgericht zweimal mit der Frage befassen müsse. Werde die UVP nicht oder -
wie hier - unvollständig durchgeführt, fehle eine wesentliche
Entscheidungsgrundlage. Könnten Entscheide zur UVP-Pflicht nicht selbstständig
angefochten werden, drohe ein prozessualer Leerlauf. Im vorliegenden Fall
müsste der VCS nach der vom Verwaltungsgericht angeordneten Vervollständigung
der UVP und der Planunterlagen den Gestaltungsplan abermals anfechten und eine
nochmalige Rückweisung zur Ergänzung der UVP verlangen. Der Grundsatz der
Einheit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung verlange, Bestand und Umfang
der UVP-Pflicht frühzeitig zu klären. Dies sei auch nach Art. 29 Abs. 1 BV
geboten, um eine Beurteilung innert angemessener Frist zu ermöglichen.

1.2. Vorliegend ist nicht die UVP-Pflicht des Projekts "Gestaltungsplan HGO"
selbst streitig, überschreiten doch bereits die darin vorgesehene
Verkaufsfläche von 10'000 m2 und die 700 Parkplätze die Schwellenwerte gemäss
Nr. 11.4 und Nr. 80.5 des Anhangs der Verordnung vom 19. Oktober 1988 über die
Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV; SR 814.011); streitig ist nur der Umfang
der UVP. Dennoch wäre unter der Geltung des OG vermutlich von einem
Grundsatzentscheid auszugehen gewesen, der unmittelbar mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden konnte.
Nach Einführung des BGG hat das Bundesgericht jedoch entschieden, dass
materiellrechtliche Grundsatzentscheide, die nur über einen Teilaspekt einer
Streitsache, nicht aber über eines der Beschwerdebegehren abschliessend
entscheiden, nicht als Teil-, sondern als Zwischenentscheide zu qualifizieren
sind (BGE 133 V 477 E. 4.2 und 4.3 S. 481 f.; 132 III 785 E. 3.2 S. 790). Dies
gilt namentlich für Rückweisungsentscheide, sofern der unteren Instanz noch ein
eigener Entscheidungsspielraum verbleibt, d.h. die Rückweisung nicht nur der
Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127
f. mit Hinweisen). Den prozessökonomischen Anliegen, die bisher mit der
Qualifikation von Entscheiden über materielle Teilfragen als Teilendentscheide
verfolgt wurden, wird im Rahmen der Anwendung von Art. 93 BGG Rechnung getragen
(BGE 133 V 477 E. 4.1.3 S. 481 mit Hinweisen; BGE 135 II 30 E. 1.3.5 S. 37).

1.3. Dem VCS ist zuzustimmen, dass es aus materiell-rechtlichen Gründen geboten
sein kann, einen Entscheid, mit dem ein Verfahren eingeleitet oder
provisorische Massnahmen angeordnet werden, als Endentscheid zu qualifizieren.
So ist die Einleitung eines amtlichen Quartierplanverfahrens ein Endentscheid,
wenn das kantonale Recht vorsieht, dass bestimmte Einwendungen nur mit Rekurs
gegen den Einleitungsbeschluss geltend gemacht und im späteren Verfahren nicht
mehr erhoben werden können, d.h. der Einleitungsbeschluss als in sich
geschlossenes, selbstständiges Verfahren ausgestaltet ist (BGE 140 II 25 E. 1.1
S. 28 f.).
Bei der UVP ist dies jedoch nicht der Fall: Weder Art. 10a ff. USG (SR 814.01)
noch die UVPV oder das massgebliche kantonale Recht sehen einen Vorabentscheid
über Bestand und Umfang der UVP-Pflicht vor. Art. 8 Abs. 2 UVPV verlangt eine
"Stellungnahme" der Umweltschutzfachstelle zu Voruntersuchung und
Pflichtenheft, nicht aber einen verbindlichen, selbstständig eröffneten und
anfechtbaren Entscheid. Massgebliches Verfahren ist nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2
UVPV das Verfahren der Sondernutzungsplanung (hier: Gestaltungsplanung), wenn
dieses eine umfassende Prüfung ermöglicht. Wie im Folgenden darzulegen sein
wird, ist die Annahme eines Teilentscheids auch nicht erforderlich, kann doch
den berechtigten Anliegen des VCS auch bei Annahme eines Zwischenentscheids im
Rahmen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG Rechnung getragen werden.

1.4. Der VCS legt überzeugend dar, dass der Umfang der UVP-Pflicht geklärt sein
muss, bevor das Gestaltungsplanverfahren von der Gemeinde wiederaufgenommen
wird, um einen prozessualen Leerlauf zu verhindern. Zwar genügt in aller Regel
die Verlängerung und Verteuerung des Verfahrens nicht, um einen nicht wieder
gutzumachenden Nachteil zu begründen. In der vorliegenden Konstellation - dem
Streit um den Umfang der UVP-Pflicht in einem komplexen und umfangreichen
Gestaltungsplanverfahren, das neben dem streitigen Fachmarkt eine grosse
Wohnüberbauung ermöglichen soll - erscheint es jedoch zur Gewährleistung einer
angemessenen Verfahrensdauer (Art. 29 Abs. 1 BV) geboten, auf die Beschwerde
gegen den Zwischenentscheid gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG einzutreten
(BGE 136 II 165 E. 1.2.1 S. 171). Es wäre für alle Beteiligten unzumutbar, die
UVP nur um das Tivoli zu ergänzen und auf dieser Basis das
Nutzungsplanverfahren abzuschliessen, wenn schon heute feststeht, dass der VCS
eine weitergehende Ergänzung verlangt und dies gerichtlich durchsetzen will:
Bei Gutheissung der Beschwerde gegen den Endentscheid müsste mit UVP und
Gestaltungsplanverfahren von vorne begonnen werden. In dieser Situation muss
vorab über den Umfang der UVP entschieden werden können, auch wenn das
Bundesgericht keinen Endentscheid herbeiführen kann (was der Fall gewesen wäre,
wenn erst das Verwaltungsgericht die UVP als unvollständig erachtet hätte und
dies von der Bauherrschaft gestützt auf Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG angefochten
worden wäre).

2. 
Der VCS ist als gesamtschweizerisch tätige Umweltschutzorganisation
grundsätzlich zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG i.V.m. Art.
55 USG). Näher zu prüfen ist seine formelle Beschwer.

2.1. Die Beschwerdegegnerin und die Gemeinde gehen davon aus, dass der VCS den
Beschwerdeentscheid des Departements hätte anfechten können und müssen, weil
schon darin die Ausdehnung der UVP auf den Gesamtkomplex Shoppi/Limmatpark/
Umwelt-Arena verneint worden sei. Daran ändere der Umstand nichts, dass das
Departement dem Gestaltungsplan die Genehmigung versagt und - unzulässigerweise
- auf eine Rückweisung der Sache an die Gemeinde verzichtet habe, ohne im
Dispositiv auf die Erwägungen zu verweisen. Entscheidend sei, dass der
Perimeter der UVP-Pflicht vom Verwaltungsgericht genau gleich definiert worden
sei wie vom BVU, weshalb der VCS durch den verwaltungsgerichtlichen Entscheid
nicht beschwert sei.

2.2. Nach Art. 55b USG können sich Organisationen, die kein Rechtsmittel
ergriffen haben, am weiteren Verfahren nur noch als Partei beteiligen, wenn sie
durch eine Änderung der Verfügung beschwert sind (Abs. 1). Hat sich eine
Organisation an einem Einspracheverfahren nach Bundesrecht oder kantonalem
Recht nicht beteiligt, so kann sie keine Beschwerde mehr erheben (Abs. 2); hat
sie gegen einen Nutzungsplan mit Verfügungscharakter zulässige Rügen nicht
erhoben oder sind die Rügen rechtskräftig abgelehnt worden, so darf sie diese
Rügen in einem nachfolgenden Verfahren nicht mehr vorbringen.
Vorliegend hat der VCS Beschwerde gegen den Gestaltungsplan (als massgebliches
Verfahren für die UVP-Pflicht gemäss Art. 5 Abs. 3 Satz 2 UVPV) ans BVU
erhoben. Das BVU hiess die Beschwerde des VCS vollständig gut und hob im
Beschwerdeentscheid den Beschluss des Gemeinderats Spreitenbach betreffend
Gestaltungsplan HGO vollständig auf. Es hielt weitere Anordnungen nicht für
nötig und verzichtete insbesondere auf eine Rückweisung der Sache an die
Gemeinde. Insofern stellte sich damals die Frage der Qualifikation als Teil-
oder Zwischenentscheid nicht; vielmehr lag ein das Gestaltungsplanverfahren
abschliessender Endentscheid vor. Bei solchen Entscheiden beschränkt sich die
Rechtskraft auf das Dispositiv; die Erwägungen entfalten - anders als bei
Rückweisungsentscheiden - grundsätzlich keine Bindungswirkung für ein
allfälliges neues Verfahren. Aus den von der Migros zitierten Literaturstellen
ergibt sich nichts anderes, beziehen sie sich doch ausschliesslich auf
Rückweisungsentscheide (vgl. ALFRED KÖLZ/ISABELLE HÄNER/MARTIN BERTSCHI,
Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl., N. 1158
S. 404 f.; MICHAEL MERKER, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach
dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege, Zürich 1998, § 38 N.
62; MARCO DONATSCH, in: Alain Griffel (Hrsg.), Kommentar zum
Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 3. Aufl., § 64 N. 15). Der
VCS wurde daher durch den Entscheid des BVU nicht beschwert und hätte diesen
deshalb nicht anfechten können (vgl. MERKER, a.a.O., § 38 N. 146).
Immerhin begnügte sich der VCS vor Verwaltungsgericht nicht damit, der
Rechtsauffassung der beschwerdeführenden Bauherrschaft und der Gemeinde
Spreitenbach zu widersprechen, sondern brachte seine eigene Auffassung zum
Umfang der UVP vor, für den Fall, dass das Gericht den Eventualanträgen auf
Rückweisung der Sache mit Vorgaben für das weitere Verfahren stattgeben würde.
Das Verwaltungsgericht trat auf diese Vorbringen im angefochtenen Entscheid
auch ein (vgl. E. I/4.2), hielt sie aber mit Verweis auf die Erwägungen des
Beschwerdeentscheids für unbegründet (E. II/4.5). Unter diesen Umständen kann
dem VCS keine Verletzung der Mitwirkungspflicht oder des Grundsatzes von Treu
und Glauben im Verfahren vorgeworfen werden.

2.3. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

3. 
Art. 10a USG unterstellt der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) die Errichtung
oder Änderung von Anlagen (Abs. 1), welche Umweltbereiche erheblich belasten
können, so dass die Einhaltung der Vorschriften über den Schutz der Umwelt
voraussichtlich nur mit projekt- oder standortspezifischen Massnahmen
sichergestellt werden kann (Abs. 2).

3.1. Der Begriff der Anlage wird in Art. 7 Abs. 7 USG definiert und in
zahlreichen Bestimmungen des Umweltrechts vorausgesetzt. Darunter kann - je
nach Regelungszusammenhang - eine Einzelanlage, eine Gesamtanlage oder eine
räumlich und funktional zusammenhängende Mehrzahl von Anlagen zu verstehen sein
(vgl. ALAIN GRIFFEL/HERIBERT RAUSCH; USG-Kommentar, Ergänzungsband zur 2.
Auflage, 2011, Art. 7 N. 24).
Art. 8 USG und das darin zugrunde liegende Prinzip der ganzheitlichen
Betrachtungsweise verlangen - insbesondere für den Bereich der
Emissionsbegrenzung - eine gesamthafte Beurteilung aller Anlagen, die aufgrund
ihres räumlichen, zeitlichen und funktionalen Zusammenhangs als Gesamtanlage
erscheinen. Daraus wird gefolgert, dass die UVP-Pflicht sich auf alle Teile
erstrecken muss, die zusammen eine Gesamtanlage in diesem Sinne bilden (BGE 124
II 75 E. 7a S. 82, 293 E. 26b S. 346; 119 Ib 254 E. 7 S. 272 f.; Urteile 1A.355
/1996 vom 20.08.1997 E. 5c, in: RDAF 1998 I S. 185; URP 1998 S. 145; RDAF 1999
I S. 596; 1A.129/2005 vom 23. August 2005 in: URP 2005 S. 732; RDAF 2006 I S.
655, E. 3.2; HERIBERT RAUSCH / PETER M. KELLER, in: Kommentar USG, Zürich März
2001, N. 24 zu Art. 8 sowie N. 35a zu Art. 9; BEATRICE WAGNER PFEIFER,
Umweltrecht I, 3. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2009, Rz. 673 und 682; MANFRINI/
DÉLÈZE CONSTANTIN, in: Moor/Favre/Flückiger, Commentaire LPE, Bern 2010, art. 7
al. 6teret 7, N. 8; JOMINI, in: Moor/Favre/Flückiger, Commentaire LPE, art. 10a
N. 30).
Speziell für den (vom VCS thematisierten) Bereich der Luftreinhaltung bestimmt
Art. 2 Abs. 4 lit. a der Luftreinhalte-Verordnung vom 16. Dezember 1985 (SR
814.318.142.1; LRV), dass als neue Anlagen auch Anlagen gelten, die umgebaut,
erweitert oder instand gestellt werden, wenn dadurch höhere oder andere
Emissionen zu erwarten sind. Ist das zu bewilligende Projekt in diesem Sinne
als Änderung oder Erweiterung einer bereits bestehenden Anlage zu
qualifizieren, so müssen die erforderlichen Emissionsbegrenzungen für die
gesamte Anlage in der UVP geprüft und im Bewilligungsentscheid festgesetzt
werden, d.h. nicht nur hinsichtlich der neuen, sondern auch der bestehenden
Teile (BGE 131 II 103 E. 2.1.2 S. 108 f. mit Hinweisen).

3.2. Eine betriebliche Einheit verschiedener Anlagen (teile) setzt praxisgemäss
neben der räumlichen Nähe einen engen funktionalen Zusammenhang voraus: Die
einzelnen Teile müssen sich derart ergänzen, dass sie gemeinsam eine
betriebliche Einheit bilden oder bilden könnten (vgl. Urteil 1A.129/2005,
a.a.O., E. 3.2, zu einer Bauschuttaufbereitungsanlage und einem benachbarten
Lagerplatz für Mulden und Baumaterial).
Im Urteil 1A.110/2006 vom 19. April 2007 E. 2.7.1 (in: URP 2005 228 ff.) hielt
das Bundesgericht allerdings fest, dass der Einheitscharakter von verschiedenen
Vorhaben, die von unterschiedlichen Bauherrschaften errichtet werden, nicht
leichthin angenommen werden könne, da das USG keine planerische, sondern nur
eine projektbezogene UVP kenne. Gemeinsame umwelt- und planungsrechtliche
Vorgaben der Behörden (z.B. Pflicht zur Beteiligung an einem Parkleitsystem)
genügten nicht. Sofern es sich nicht um die gleiche Bauherrschaft handle, müsse
zumindest eine gemeinsame Organisation oder Zwecksetzung der verschiedenen
Bauherrschaften existieren (E. 2.7.2; vgl. auch Urteil 1C_381/2012 vom 4. Juni
2013 E. 2.1: Erfordernis der Abstimmung und Koordination der Projekte).
Im damaligen Fall verneinte das Bundesgericht einen betrieblichen Zusammenhang
zwischen zwei fast gleichzeitig bewilligten Projekten in Pratteln, trotz
räumlicher Nähe und ähnlichem Einkaufsangebot, weil die Planung nicht
aufeinander abgestimmt oder koordiniert worden sei: Der Media Markt solle in
einem Einzel-Gebäude untergebracht werden und sei von keiner anderen Anlage
abhängig. Jedes Gebäude verfüge über eine separate Tiefgarage mit getrennter
Einfahrt. Das gemeinsame Parkleitsystem werde von der Gemeinde für das gesamte
Gebiet vorgeschrieben. Zwar dürften Kunden des Media Markts mangels Platz im
hauseigenen Parkhaus auf dasjenige des Möbelhauses IKEA ausweichen, wodurch
Synergien genutzt würden. Indes handle es sich nicht um ein organisatorisches
Zusammengehen zwischen den beiden Bauherrschaften, sondern um eine
umweltrechtlich begründete Auflage der Gemeinde im Rahmen des
Quartierplanverfahrens (Urteil 1A.110/2006 vom 19. April 2007, a.a.O., E. 2.6).

3.3. Das Verwaltungsgericht ging im angefochtenen Entscheid (E. 4.2 S. 16)
gestützt auf RAUSCH/GRIFFEL ( a.a.O., Art. 10a Rz. 23) davon aus, das
Erfordernis der gemeinsamen Zwecksetzung bzw. Organisation gelte nur für die
Frage der UVP-Pflichtigkeit; sei (wie hier) nur der Umfang der UVP-Pflicht
streitig, seien an den funktionalen Zusammenhang weniger strenge Anforderungen
zu stellen.
Soweit ersichtlich, wurde diese Frage vom Bundesgericht noch nicht entschieden,
weil die zu beurteilenden Anlagen (teile) stets demselben Bauherrn oder
Betreiber gehörten (oder die Bewilligung bzw. Konzession derselben Person hätte
erteilt werden müssen, wie in BGE 124 II 75 E. 5 S. 79 ff.).
Überdies kann es vom Anfechtungsobjekt abhängen, ob es um die UVP-Pflicht oder
"nur" um deren Umfang geht. So im zitierten Fall 1A.129/2005 zum Zusammenhang
von zwei Baugesuchen für eine - per se UVP-pflichtige
Bauschuttaufbereitungsanlage und einen - allein nicht UVP-pflichtigen -
Lagerplatz: Im Baugesuchsverfahren für den Lagerplatz war die UVP-Pflicht
streitig; im Bewilligungsverfahren für die Bauschuttaufbereitungsanlage stellte
sich die Frage des Umfangs der UVP.

3.4. Näher zu betrachten ist die Rechtsprechung zu Art. 2 Abs. 4 LRV:
In BGE 131 II 103 (E. 2.1.2 S. 107 f. mit Hinweisen) qualifizierte das
Bundesgericht die Errichtung eines neuen Migros-Fachmarkts mit Gartencenter,
Tankstelle und Parkhaus im Seedamm-Center Pfäffikon als Erweiterung des
bestehenden Einkaufszentrums: Es handle sich um eine gemeinsame Anlage i.S.v.
Art. 7 Abs. 7 USG und Art. 2 Abs. 4 LRV, mit der Folge, dass die Einwirkungen,
u.a. in Form von Luftverunreinigungen, gesamthaft zu beurteilen seien. Zu
berücksichtigen seien daher alle Emissionen, die durch die bestimmungsgemässe
Nutzung der Anlage verursacht werden, einschliesslich der von den
Beschäftigten, Besuchern und Kunden verursachten Verkehrsemissionen in der
Umgebung der Anlage. Massnahmen zur Reduktion der vom Verkehr verursachten
Luftverunreinigung müssten in Anwendung des Massnahmenplans für die gesamte
Anlage festgesetzt werden, d.h. nicht nur hinsichtlich der neuen, sondern auch
der bereits bestehenden Parkplätze.
Im Urteil 1A.239/2006 vom 10. Juli 2007 ging es um die Nutzungserweiterung
einer Sport- und Erholungsanlage (Erlenpark) mit Hallen- und Freibad, Eisbahn,
Tennisplätze, Fussballplatz, Roller- und Freizeitpark, Restaurant und
Seminarräumlichkeiten durch ein Open-Air-Kino. Der Park wurde von einer
mehreren Gemeinden gehörenden AG betrieben; Gesuchstellerin für das
Open-Air-Kino war eine Firma zur Organisation von kulturellen Veranstaltungen.
Auch hier wurde aus luftreinhalterischer Sicht von einer gesamten (neuen)
Anlage i.S.v. Art. 2 Abs. 4 LRV ausgegangen (E. 3).
Im Urteil 1A.293/2005 vom 10. Juli 2006 (in: URP 2006 S. 894; RDAF 2007 I S.
495) war eine Überbauungsordnung streitig, welche die Schaffung eines neuen
Dorfzentrums mit Läden, Dienstleistungs- und Wohnnutzung sowie einem
öffentlichen Platz bezweckte. Kernstück der geplanten Überbauung war ein neuer
Coop-Laden. Alle Beteiligten gingen davon aus, dass die nach der
Überbauungsordnung zulässigen unter- und oberirdischen Parkplätze zusammen mit
den geplanten Bauten Teil einer neuen (Gesamt-) Anlage im Sinne von Art. 7 Abs.
7 USG und Art. 2 Abs. 4 LRV bildeten (E. 3.1).
In den genannten Entscheiden war der funktionelle Zusammenhang der
verschiedenen Anlagenteile nicht umstritten, weshalb sich keine Aussagen zu
Notwendigkeit und Umfang der gemeinsamen Organisation oder Planung finden.
Gemeinsam ist den Fällen, dass es sich um verschiedene Bauherrschaften und
selbstständig betreibbare Einrichtungen handelte (Fachmärkte bzw.
Freizeiteinrichtungen), die aber nach aussen als Einheit auftraten
(Einkaufszentrum bzw. Freizeitpark) oder über gewisse Gemeinschaftsanlagen
verfügten (gemeinsame Parkanlagen im Fall 1A.293/2005). Dies setzt ein Minimum
an gemeinsamer Organisation und Planung voraus.

3.5. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Gesamtanlage in der
Regel nur angenommen werden kann, wenn zwei (oder mehrere) Einzelanlagen
zumindest in Teilbereichen zusammenwirken, und zwar über das durch behördliche
Auflagen Gebotene hinaus. Gehören die Einzelanlagen demselben Eigentümer/
Betreiber oder besteht eine gemeinsame Organisation oder Planung, so kann ein
funktionaler Zusammenhang eher angenommen werden (JOMINI, a.a.O., Art. 10a Rz.
30); umgekehrt kann ein gemeinschaftliches Auftreten oder Zusammenwirken ein
Indiz für eine gemeinschaftliche Zwecksetzung und Koordination der Einheiten
sein.

4. 
Vorliegend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der geplante Fachmarkt
eine Erweiterung des Einkaufszentrums "Tivoli" darstelle und mit diesem eine
Gesamtanlage i.S.v. Art. 2 Abs. 4 lit. a LSV bilde. Der neue Fachmarkt werde
direkt an das bestehende Einkaufszentrum "Tivoli" angebaut und mit diesem eng
vernetzt (niveaufreie Verbindung für Fussgänger; gemeinsames Parking), was auch
bauliche Massnahmen beim "Tivoli" bedinge. Aufgrund der engen räumlichen und
funktionalen Verbindung erscheine der neue Fachmarkt als Erweiterung des
Tivoli, weshalb von einer abgestimmten und koordinierten Planung auszugehen
sei, d.h. der Zusammenhang werde nicht allein durch die planungsrechtlichen
Vorschriften der Gemeinde hergestellt. Das Verwaltungsgericht wies überdies
darauf hin, dass die Beschwerdegegnerin, die Franchisepartnerin der OBI sei,
auch massgeblich im Tivoli auftrete.
Den Eventualantrag des VCS, zusätzlich Shoppi, Limmatpark und Umwelt-Arena in
die UVP einzubeziehen, wies das Verwaltungsgericht "aus den erwähnten Gründen"
ab. Es führte aus, eine wesentliche Änderung dieser Anlagen oder ein räumlicher
und funktioneller Zusammenhang zum Gestaltungsplan HGO habe das BVU zu Recht
verneint.

4.1. Der VCS wirft dem Verwaltungsgericht eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs vor, weil es sich mit seinen Vorbringen zum Gesamtkomplex Shoppi/Tivoli/
Limmatpark/Umweltarena nicht auseinandergesetzt habe.
Tatsächlich ist nicht ersichtlich, welches die "erwähnten Gründe" sein sollen,
befasst sich das Verwaltungsgericht in den vorangegangenen Erwägungen doch
ausschliesslich mit dem Tivoli. Es bleibt daher nur der pauschale Verweis auf
die Begründung des BVU. Ein solcher Verweis ist nicht per se unzulässig, setzt
aber voraus, dass die Begründung der Vorinstanz genügt und vor
Verwaltungsgericht keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Vorbringen
erfolgen, auf welche das Gericht eingehen müsste (BGE 141 IV 244 E. 1.2.3 S.
246). Vorliegend reichte der VCS vor Verwaltungsgericht neue Beweismittel ein
(vgl. Beilagen 2-9 zur Beschwerdeantwort vom 30. Januar 2014) und stellte
verschiedene Beweisanträge (Edition von Dokumenten, Augenschein), zu denen sich
das Verwaltungsgericht nicht äusserte. Zudem warf er dem BVU vor, den
Verkehrsbericht der Ballmer + Partner AG zum Einkaufszentrum Shoppi Tivoli vom
21. Juli 2011 nicht gewürdigt zu haben (vgl. dazu unten E. 6.2).

4.2. Unter diesen Umständen durfte sich das Verwaltungsgericht nicht mit einem
blossen Verweis auf die Erwägungen des BVU begnügen. Es verletzte daher seine
Begründungspflicht und den Anspruch des VCS auf rechtliches Gehör. Im Folgenden
ist zu prüfen, ob dieser Verfahrensmangel im bundesgerichtlichen Verfahren
geheilt werden kann, indem das Bundesgericht aufgrund der in den Akten
liegenden Unterlagen, notfalls unter Ergänzung des Sachverhalts mit den
beantragten Beweismitteln (Art. 105 Abs. 2 BGG), eine eigene rechtliche
Beurteilung vornimmt. Dies ist zunächst für das Einkaufszentrum Shoppi (unten
E. 5), dann für den Limmatpark (E. 6) und schliesslich für die Umweltarena (E.
7) zu prüfen.

5. 
Shoppi und Tivoli wurden 1970 bzw. 1974 als selbstständige Einkaufszentren mit
je eigener Parkierungsanlage verschiedener Betreiber/Eigentümer eröffnet. Sie
werden durch die Landstrasse voneinander getrennt. 2001 wurden jedoch die
Verwaltungen zusammengelegt (Gründung der "Shoppi Tivoli Management AG") und
2002-2004 ein Neu- und Umbauprojekt geplant. 2008 wurde die "CenterMall"
eröffnet, welche die Verkaufsflächen von Tivoli und Shoppi verbindet. Nach
Umbau der "TivoliMall" erfolgte 2010 die Neueröffnung des "Shoppi Tivoli" und
2014 die Neueröffnung der "ShoppiMall". Seither wird für das "Shoppi Tivoli"
als grösstes Einkaufszentrum der Schweiz geworben, mit einer Verkaufsfläche von
78'376 m2, einer Gesamtfläche von 151'600 m2, über 150 Geschäften und 4'200
Parkplätzen (vgl. zum Ganzen die Internetseite Shoppi Tivoli "Wir über uns";
http://www.shoppitivoli.ch/ueber-uns.html). Der Mietermix des Shoppi Tivoli
soll sämtliche Einkaufs- und Dienstleistungsbedürfnisse der Besucher "unter
einem Dach" abdecken (so Medienmitteilung der Shoppi Tivoli Management AG vom
8. September 2010 zur Neueröffnung).
Aufgrund der räumlichen Verbindung (CenterMall), der gemeinsamen Organisation
("Shoppi Tivoli Management AG") und dem einheitlichen Auftritt nach aussen
bilden die Fachmärkte und Geschäfte in Shoppi und Tivoli heute eine
Gesamtanlage, mit Verkaufs- und Parkierflächen beidseits der Landstrasse. Das
Verkehrsaufkommen kann daher nicht gesondert dem "Shoppi" einerseits oder dem
"Tivoli" andererseits zugeordnet werden, sondern nur dem Gesamtkomplex "Shoppi
Tivoli".
Unter diesen Umständen bildet der neue Fachmarkt OBI eine Ergänzung des
Einkaufszentrums "Shoppi-Tivoli" und nicht des "Tivoli" allein. Die UVP muss
sich daher auf das gesamte Verkehrsaufkommen und die Parkierungsanlagen des um
den Fachmarkt "OBI" erweiterten Einkaufszentrums "Shoppi Tivoli" erstrecken.

6. 
Schwieriger ist die Beurteilung beim "Limmatpark". Es handelt sich um ein Büro-
und Geschäftshaus mit eigenem Parkhaus, das nordöstlich des Tivoli, auf der
gegenüberliegenden Seite der Industriestrasse, liegt. Es wurde 1972 als
Gewerbebau erstellt und seither erweitert und mit sechs Bürogeschossen
aufgestockt. Aufgrund der unterschiedlichen Nutzung kann ein funktionaler
Zusammenhang der Büroflächen mit dem Einkaufzentrum Shoppi Tivoli
ausgeschlossen werden; näher zu prüfen sind dagegen die Verkaufs- und
Parkierungsflächen.

6.1. Die Verkaufsflächen Limmatpark werden durch eine Fussgängerverbindung
(Passerelle über der Industriestrasse) mit dem Tivoli (TivoliMall) verbunden.
Allerdings weist die Gemeinde Spreitenbach darauf hin, dass dies dem
Passerellenkonzept entspricht, das auf den Richtplan und den Überbaungsplan
Pfadacker aus den 70er Jahren zurückgeht und im gesamten Quartier durchgesetzt
wird. Es handelt sich daher - ebenso wie die Parkplatzbewirtschaftung und die
Beteiligung am Parkleitsystem - um eine planungsrechtliche Vorgabe der
Behörden, die für sich allein keinen engen funktionalen Zusammenhang zu
begründen vermag.
Aus den Gestaltungsplanakten ergibt sich, dass die Verkaufsflächen des
Limmatparks nicht durch die Shoppi-Tivoli Management AG verwaltet werden; dies
wird vom VCS nicht bestritten. Damit fehlt es an einer gemeinsamen Verwaltung.
Allerdings ergeben sich aus den vom VCS eingereichten Unterlagen Anhaltspunkte
für ein Zusammenwirken der Einkaufszentren: auf der Internetseite wie auch im
Orientierungsplan "Shoppi Tivoli" wird für die Geschäfte diesseits und jenseits
der Industriestrasse geworben, ohne zwischen Limmatpark und Shoppi Tivoli zu
differenzieren. Die Verkaufsflächen des Limmatparks werden als "LimmatMall"
bezeichnet, in Anlehnung an TivoliMall, CenterMall und ShoppiMall; damit wird
der Eindruck erweckt, es handle sich um drei Standbeine desselben
Einkaufszentrums (mit den Parkhäusern Limmat, Tivoli und Shoppi). Dieser
Eindruck wird auch optisch, durch die einheitliche Ausschilderung, verstärkt,
wie die vom VCS vor Verwaltungsgerichteingereichten Fotos belegen.

6.2. Der VCS beruft sich insbesondere auf einen Verbund bei den
Parkierungsflächen. Hierfür stützt er sich auf den Verkehrsbericht "Shoppi
Tivoli" der Verkehrsplaner Balmer + Partner AG vom 21. Juli 2011 (nachfolgend
Verkehrsbericht Shoppi Tivoli). Dieser wurde für den Parkierungsnachweis im
Rahmen des Baubewilligungsverfahrens erstellt, bildete aber (zusammen mit dem
Verkehrsbericht Handels- und Gewerbezone Ost vom 21. Juli 2011; nachfolgend:
Verkehrsbericht HGO) Teil der Auflageakten HGO. Es ist daher nicht ersichtlich,
weshalb auf diesen - von der Gemeinde eingeholten und von Fachleuten erstellten
Bericht zur Parkierungssituation - nicht abgestellt werden dürfte, wie die
Beschwerdegegnerin und die Gemeinde geltend machen.
Im Verkehrsbericht wird eine Gesamtsicht des Verkehrs über das "ganze
Einkaufszentrum" (EKZ) gegeben, bestehend aus Shoppi, Tivoli und Limmatpark (S.
1). Dieser Ansatz entsprach der Aufgabenstellung der Gemeinde (vgl. Ziff. 1.1),
wurde aber auch von den Verkehrsplanern für richtig erachtet: Das Gutachten
betont, dass die Parkierungssituation nur im Verbund beurteilt werden könne (S.
3). Der Bericht legt dar, dass (unter Einbezug von geplanten Zusatznutzungen im
Tivoli) für insgesamt 97'000 m2 Verkaufsflächen 3'613 Parkfelder in den
Parkierungsanlagen zur Verfügung stehen (Shoppi: 1'330, Tivoli: 1'110 und
Limmatpark 1'173); hinzukämen weitere Parkfelder ausserhalb der
Parkierungsanlagen, die ebenfalls dem Einkaufscenter dienten (112
Kurzzeitparkfelder Shoppi, 250 Parkfelder Gemeinde Spreitenbach, 380 Parkfelder
in der Umwelt-Arena). Das Parkhaus Tivoli sei sehr stark ausgelastet (zu
Spitzenzeiten zu 100 %); dagegen wiesen die Parkhäuser Limmat und Shoppi
Reserven auf. Allerdings steige die Verkaufsfläche bereits mit den geplanten
Zusatznutzungen in Shoppi und Tivoli auf 97'000 m2 an, ohne dass die Anzahl der
3'613 Parkfelder zunehme. Damit erhöhe sich (unter Berücksichtigung aller
bewirtschafteter Parkfelder) die Zahl der Fahrten pro Parkfeld beim Maximum von
7.5 auf 9.2 und im Mittel der Werktage von 4.5 auf 4.9. Es seien daher nicht
genug Reserven vorhanden, um die Zusatznutzung OBI ohne zusätzliche Parkplätze
abzudecken. Mit dem Baugesuch würden deshalb 300 zusätzliche Parkplätze für die
Verkaufsnutzung bereitgestellt (S. 3).
Aus Anhang 9 des Verkehrsberichts (Verteilschlüssel Parkplätze/Eigentümer) geht
hervor, dass von den Parkfeldern der Ebenen A-D (Ebene E ist für die
Limmatdruck AG reserviert) 852 der Stockwerkeigentümergemeinschaft Tivoli
gehören; im Verkehrsbericht HGO [S. 8 unten] wird daher für das Tivoli - unter
Berücksichtigung des Anteils im Limmatpark - von 1'962 Parkfeldern ausgegangen.
Die übrigen rund 320 Parkfelder gehören der Swiss Prime Site, die ebenfalls
Investor im Shoppi Tivoli ist.
Unter diesen Umständen ist ein massgebender funktioneller Zusammenhang zwischen
dem Limmat-Parkhaus und dem Shoppi Tivoli zu bejahen: Dieses steht nicht nur de
facto den Nutzern des Shoppi Tivoli offen und wird - vor allem an Spitzentagen
- von diesen belegt, sondern gehört auch zu einem grossen Teil den Eigentümern
des Shoppi Tivoli, mit der Folge, dass es auch längerfristig für das
Einkaufszentrum Shoppi Tivoli zur Verfügung steht. Die Forderung des VCS
erscheint daher berechtigt, für die Beurteilung der Verkehrssituation und der
dadurch verursachten Emissionen von einem einheitlichen Einkaufszentrum
Shoppi-Tivoli-Limmatpark mit drei gemeinsamen Parkhäusern auszugehen, das als
Gesamtanlage i.S.v. Art. 2 Abs. 4 LRV in die UVP einzubeziehen ist.

7. 
Zu beurteilen bleibt der Einbezug der Umwelt-Arena.

7.1. Diese liegt zwischen Türliacker- und Landstrasse und ist durch eine rund
90 m lange Fussgängerpasserelle mit dem Tivoli verbunden. Damit besteht ein
räumlicher Zusammenhang zum Tivoli, auch wenn dieser weniger eng ist als
derjenige zu Shoppi und Limmatpark.
Die 2012 eröffnete Arena enthält keine Verkaufsflächen, sondern ist eine
Ausstellungsplattform für Themen der Nachhaltigkeit in den Bereichen Natur und
Leben, Energie und Mobilität, Bauen und Modernisieren sowie erneuerbare
Energien. Zudem bietet sie Räumlichkeiten für Veranstaltungen wie Konzerte,
Sportevents oder Seminare an. Damit fehlt es auf den ersten Blick an einem
funktionalen Zusammenhang zum Einkaufszentrum Shoppi Tivoli. Die
Fussgängerpasserelle sowie die Parkplatzbewirtschaftung und die Beteiligung am
Parkleitsystem wurden sämtlich von der Gemeinde in der Baubewilligung
vorgeschrieben und vermögen daher keinen engen funktionalen Zusammenhang zu
begründen.

7.2. Allerdings sind im Parkhaus der Umwelt-Arena 380 Plätze für das Shoppi
Tivoli vorgesehen (vgl. Verkehrsbericht HGO S. 8 unten). Da dies unstreitig
ist, kann auf den vom VCS beantragten Beizug der Verträge und auf einen
Augenschein verzichtet werden.
Diese 380 Parkplätze sind betrieblich Teil des Einkaufszentrums Shoppi Tivoli.
Daran ändert der Einwand der Gemeinde nichts, dass es sich lediglich um
"Überlaufparkplätze" handle, die nur an wenigen Tagen im Jahr genutzt würden,
wenn die Abstellplätze des Shoppi nicht genügten. Aufgrund der im
Verkehrsbericht Shoppi Tivoli geschilderten angespannten Parkierungssituation
ist zu bezweifeln, dass sich die Nutzung auf wenige Tage beschränkt. Bedeutsam
ist vielmehr, dass die Parkplätze - wie die in den Akten liegenden Fotos
belegen - als "weitere Parkplätze Shoppi Tivoli" öffentlich ausgeschildert
sind; sie können damit nicht nur faktisch von Besuchern des Einkaufszentrums
genutzt werden (wie beim gemeinsamen Parkleitsystem im Fall 1A.110/2006),
sondern erscheinen als Teil der Parkierungsanlagen des Shoppi Tivoli.

8. 
Nach dem Gesagten ist die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Rückweisung der
Sache an die Gemeinde mit der Massgabe zu bestätigen, dass die UVP nicht nur
auf das Tivoli, sondern auf den Gesamtkomplex Shoppi-Tivoli-Limmatpark (ohne
die Büroflächen des Limmatparks und das Parkdeck E des Limmat-Parkhauses) sowie
die 380 für das Shoppi Tivoli zur Verfügung stehenden Parkplätze der
Umweltarena auszudehnen ist. Im Übrigen ist die Umweltarena nicht Teil der
Gesamtanlage i.S.v. Art. 2 Abs. 4 LRV; der von ihr verursachte Verkehr ist
daher nur (aber immerhin) bei der Ermittlung der Gesamtbelastung des Gebiets
mit Immissionen zu berücksichtigen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens obsiegt der VCS in der Sache überwiegend,
aber nicht vollständig. Da er jedoch aufgrund des Begründungsmangels (oben E.
4) insgesamt Anlass zur Beschwerde hatte, sind ihm keine Kosten aufzuerlegen
und eine ungekürzte Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 66 und 68 BGG). Die
vorinstanzlichen Kosten werden vom Verwaltungsgericht neu verlegt werden
müssen.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 3. Kammer, vom 28. November 2014 im
Sinne der Erwägungen ergänzt. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen für das
vorinstanzliche Verfahren an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden der Genossenschaft Migros Aare
auferlegt.

4. 
Die Genossenschaft Migros Aare hat den VCS für das bundesgerichtliche Verfahren
mit Fr. 5'000.-- zu entschädigen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Spreitenbach, dem
Departement Bau, Verkehr und Umwelt und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau, 3. Kammer, den weiteren Beteiligten sowie dem Bundesamt für Umwelt
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Januar 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

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