Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.573/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_573/2015

Urteil vom 5. Juli 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Michael Fretz,

gegen

Einwohnergemeinde Reinach,
Gemeindeverwaltung Reinach,
Hauptstrasse 10, 4153 Reinach,
vertreten durch Advokatin Sara Oeschger,
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft,
Regierungsgebäude, Rathausstrasse 2, 4410 Liestal,
vertreten durch die Bau- und Umweltschutzdirektion des Kantons
Basel-Landschaft, Rechtsabteilung,
Rheinstrasse 29, Postfach, 4410 Liestal.

Gegenstand
Quartierplanvorschriften Bodmen,

Beschwerde gegen das Urteil vom 27. Mai 2015 des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht.

Sachverhalt:

A. 
Am 16. Dezember 2013 beschloss der Einwohnerrat Reinach die
Quartierplanvorschriften Bodmen auf den Parzellen Nr. 1609, Nr. 4984 sowie
einem Teil der Strassenparzelle Nr. 1598. Die bisherige Grundnutzung des
Quartierplan-Areals, nämlich Zone für öffentliche Werke und Anlagen (öW-Zone)
mit Zweckbestimmung Schule, wurde aufgehoben. Vorgesehen sind nunmehr ein
Kindergarten (Baubereich 1), Seniorenwohnungen (Baubereiche 2-5) und
Genossenschaftswohnungen für Familien (Baubereich 6).
Während der öffentlichen Planauflage reichten u.a. A.________, B.________,
C.________, D.________ und E.________ Einsprache ein.
Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft wies die Einsprachen am 26.
August 2014 ab, soweit er darauf eintrat, und genehmigte die
Quartierplanvorschriften Bodmen im Sinne der Erwägungen mit gewissen
Änderungen.
Dagegen erhoben die Einsprecher am 9. September 2014 Beschwerde beim
Kantonsgericht, Abteilung Verfassungs- und Verwaltungsrecht. Dieses führte am
27. Mai 2015 einen Augenschein mit Parteiverhandlung durch und wies
gleichentags die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.

B. 
Am 12. Mai 2014 beschloss der Einwohnerrat Reinach die Gesamtrevision der
Zonenvorschriften Siedlung, bestehend aus dem Zonenplan Siedlung und dem
Zonenreglement Siedlung. Darin wurde die öW-Zone im Bodmenareal aufgehoben und
in eine Zone mit Quartierplanpflicht umgezont, mit der Nutzung "Wohnen,
Kindergarten".
Auch dagegen erhoben C.________, D.________ und E.________ am 5. August 2014
Einsprache und stellten verschiedene Rechtsbegehren zur Anpassung des
Zonenreglements im Punkt "Zone mit Quartierplanpflicht, Im Bodmen".
Am 14. April 2015 wies der Regierungsrat die Einsprache gegen die
Gesamtrevision der Zonenvorschriften ab, soweit er darauf eintrat, und
genehmigte die Zonenvorschriften im Sinne der Erwägungen.
Die dagegen erhobene Beschwerde der Einsprecher wies das Kantonsgericht am 6.
Januar 2016 ab, soweit es darauf eintrat. Dieser Entscheid ist rechtskräftig
geworden.

C. 
Gegen den kantonsgerichtlichen Entscheid vom 27. Mai 2015 betreffend die
Quartierplanung Bodmen haben die im Rubrum genannten Einsprecher Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie
beantragen, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und dem Quartierplan Bodmen
sei die Genehmigung zu verweigern. Eventualiter sei das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Sache zur Neuentscheidung an die Vorinstanz, eventuell an
den Einwohnerrat, zurückzuweisen.

D. 
Die Einwohnergemeinde Reinach sowie die Bau- und Umweltschutzdirektion des
Kantons Basel-Landschaft beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit
darauf einzutreten sei. Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet.
Im weiteren Schriftenwechsel halten die Beteiligten an ihren Anträgen fest.

Erwägungen:

1. 
Gegen den kantonal letztinstanzlichen Endentscheid des Kantonsgerichts
betreffend eine Quartierplanung steht grundsätzlich die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a,
86 Abs. 1 lit. d und 90 BGG). Die Beschwerdeführer sind Eigentümer und Bewohner
der Parzelle Nr. 2940, die westlich an die vom Quartierplan erfasste Parzelle
Nr. 1609 mit dem Baubereich 6 für Familienwohnungen angrenzt. Sie sind damit
von der streitigen Quartierplanung stärker als jedermann betroffen und zur
Beschwerde gegen dessen Genehmigung legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die
rechtzeitig erhobene Beschwerde (Art. 100 Abs. 1 BGG) ist daher grundsätzlich
einzutreten.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht wendet das Bundesrecht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche
Anwendung von kantonalem Recht) prüft es dagegen nur insoweit, als eine solche
Rüge in der Beschwerde vorgebracht und genügend begründet worden ist (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und
Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt
(Art. 99 Abs. 1 BGG).

2. 
Die Beschwerdeführer rügen, es sei willkürlich und verletze die Planungs- und
Abstimmungspflicht gemäss Art. 2 Abs. 1 RPG, den Quartierplan Bodmen vor der
Gesamtrevision der Zonenplanung zu beschliessen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des
Quartierplans sei noch der Zonenplan Siedlung Stand 1998 massgebend gewesen,
der im fraglichen Gebiet eine öW-Zone mit Zwecksetzung Schule vorgesehen habe.
Der streitige Quartierplan weiche somit nicht nur von einzelnen
Zonenvorschriften ab (was nach § 40 des kantonalen Raumplanungs- und
Baugesetzes vom 8. Januar 1998 [RBG/BL; SGS 400] zulässig wäre), sondern führe
zu einer komplett neuen Grundnutzung des Areals (Wohnnutzung statt Zone für
öffentliche Werke). Dies gelte jedenfalls für den Baubereich 6
(Familienwohnungen), der in unzulässiger Weise die Grundkonzeption des
Zonenplans durchbreche. Nach Auffassung der Beschwerdeführer hätte die
Aufhebung der öW-Zone zwingend auf Stufe Zonenplan erfolgen müssen. Die blosse
Bezugnahme auf einen künftigen, noch nicht rechtskräftigen Zonenplan könne
nicht genügen.

2.1. Das Kantonsgericht hielt das Vorgehen der Gemeinde für zulässig: Die
kommunalen Zonenpläne seien Rahmennutzungspläne, während Quartierpläne
Sondernutzungspläne darstellten. Letztere könnten nach § 41 RBG/BL auch in
Zonen ohne Quartierplanpflicht erlassen werden. Eine Abhängigkeit im Sinn einer
Stufen- oder Entscheidfolge zwischen Zonenplan und Quartierplan bestehe nicht.
Quartierpläne würden im gleichen Verfahren erlassen wie Zonenpläne (§ 41 i.V.m.
§ 31 RBG/BL) und genössen daher die gleiche demokratische Legitimation. Sie
könnten von den Zonenvorschriften und der Erschliessungsplanung abweichende
Bestimmungen enthalten (§ 40 Abs. 1 RBG/BL); Zonenvorschriften gälten als
aufgehoben, soweit sie in Widerspruch zu einem rechtskräftigen Quartierplan
treten (§ 40 Abs. 2 RBG/BL). Die im Quartierplan vorgesehene Nutzungserhöhung
erfolge auch nicht völlig unbesehen von der Umgebung, sondern nehme auf die
dafür geltenden (neuen und alten) Zonenvorschriften Rücksicht.

2.2. Sondernutzungspläne gestalten die im Rahmennutzungsplan (Zonenplan)
festgelegte Grundordnung näher aus und schaffen davon abweichende Regelungen
(EJPD, Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Bern 1981,
Vorbemerkungen zu Art. 14-20 N. 1). Grundsätzlich ist es Sache des kantonalen
Gesetzgebers, die Arten von Sondernutzungsplänen zu definieren, das
Erlassverfahren zu regeln und zu bestimmen, inwieweit und unter welchen
Voraussetzungen Abweichungen von der Grundordnung zulässig sind. Dabei verfügen
die Kantone über einen weiten Gestaltungsraum (WALTER HALLER/PETER KARLEN,
Raumplanungs-, Bau- und Umweltrecht, Bd. 1, 3. Aufl. 1999, Rz. 309 S. 92).
Zu beachten sind in jedem Fall die Vorgaben des eidgenössischen
Raumplanungsgesetzes für Nutzungspläne (Art. 2 und Art. 14 ff. RPG; Art. 3 der
Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 [RPV; SR 700.1]). Danach hat die
Nutzungsplanung das ganze Planungsgebiet vollständig zu erfassen und soll aus
einer Gesamtsicht heraus erfolgen (BGE 118 Ia 165 E. 3c S. 172), unter
umfassender Abwägung und Abstimmung aller räumlich wesentlichen Interessen und
Gesichtspunkte (BGE 116 Ia 339 E. 3b/aa S. 341 f.). Der unkoordinierte Erlass
von Sondernutzungsordnungen für Teile des Gemeindegebiets widerspricht der
Planungspflicht von Art. 2 Abs. 1 RPG (Urteil 1P.670/1991 vom 4. Juni 1993 E.
7a, in: ZBl 95/1994 S. 140).

2.3. Werden Sondernutzungsplanungen im Zuge einer Gesamtrevision der kommunalen
Zonenplanung vorgezogen, müssen sie sich in deren planerisches Gesamtkonzept
einordnen (Urteil 1P.670/1991, a.a.O., E. 7b), d.h. sie dürfen nicht ohne Bezug
zur übrigen Ortsplanung erlassen werden (Urteil 1A.79/1996 vom 9. August 1996
E. 4d/bb, in: ZBl 98/1997 S. 231; RDAF 1998 I S. 568). Das Bundesgericht hielt
eine vorgezogene Teilplanung für eine Fraktion (im Rahmen der Totalrevision des
bundesrechtswidrigen kommunalen Zonenplans) nur für zulässig, wenn sich die
Teilplanung ins planerische Gesamtkonzept der Gemeinde einfüge und die weitere
Planung für den Rest des Gemeindegebiets nicht präjudiziere (Urteil 1P.14/2001
vom 5. April 2001 E. 3d, in: ZBl 103/2002 S. 579; RDAF 2003 I S. 501).
Im Urteil 1C_843/2913 vom 22. April 2015 E. 2.4 erachtete das Bundesgericht es
als zweckmässig und jedenfalls nicht bundesrechtswidrig, die Anpassung eines
Gestaltungsplans an die geplante Änderung der Grundordnung vorzubereiten und
gleichzeitig mit der Revision der BZO zu beschliessen. Indessen dürfe die
Anpassung nicht in Kraft treten, bevor die revidierte Zonenordnung
rechtskräftig geworden sei, sondern müsse mit dieser koordiniert werden, um
widersprüchliche Entscheide zu verhindern.

2.4. Der streitige Quartierplan wurde am 16. Dezember 2013 beschlossen, d.h.
rund 6 Monate vor den neuen Zonenvorschriften. Zu diesem Zeitpunkt waren die
Planungsarbeiten für die Gesamtrevision der Zonenplanung bereits abgeschlossen
(zu den Planungsphasen vgl. Planungsbericht zur Revision der Zonenplanung
Siedlung vom 13. Januar 2015, Ziff. 4.2.2 S. 9 f. und Ziff. 11 ff. S. 35 ff.) :
Der kommunale Richtplan vom 6. September 2005 hatte die Gemeinde beauftragt,
die Umzonung von öW-Zonen zur Deckung des Baulandbedarfs zu prüfen. Vom März
bis November 2010 erfolgte eine Bestandes- und Bedarfsanalyse für diese Zonen.
Der im Dezember vom Gemeinderat beratene Entwurf wurde 2011 überarbeitet und
2011/2012 vom Kanton vorgeprüft. Nach zweifachem öffentlichen
Mitwirkungsverfahren wurde die Zonenplanung Siedlung zur zweiten kantonalen
Vorprüfung eingereicht, die mit Bericht des Amts für Raumplanung vom 19. März
2013 abgeschlossen wurde. Am 28. Mai 2013 wurde die Zonenplanung Siedlung vom
Gemeinderat beschlossen und dem Einwohnerrat überwiesen und am 12. Mai 2014 von
diesem beschlossen. Der neue Zonenplan weist das Gebiet "Im Bodmen" einer Zone
mit Quartierplanpflicht zu; deren Nutzung wird in § 28 Abs. 2 lit. i des
Zonenreglements Siedlung mit "Wohnen, Kindergarten" umschrieben. Dies
entspricht der im Quartierplan vorgesehenen Nutzung. Unter diesen Umständen ist
der Gemeinde Reinach zuzustimmen, dass die angefochtene Quartierplanung
materiell genügend mit der Gesamtrevision der Zonenplanung koordiniert wurde.
Problematisch ist daher lediglich, dass das Inkrafttreten des Gestaltungsplans
nicht von der Rechtskraft des Zonenplans abhängig gemacht wurde. Eine
Rückweisung zur Nachholung dieser formellen Koordination (wie im Urteil 1C_843/
2013 vom 22. April 2015 E. 2.4 geschehen) erübrigt sich aber, ist doch
zwischenzeitlich die Gesamtrevision der Zonenvorschriften rechtskräftig
geworden.

3. 
Die Beschwerdeführer rügen weiter eine Verletzung des Planungsgrundsatzes von
Art. 3 Abs. 4 RPG, weil ein Schulstandort aufgegeben werde, obwohl das
nahegelegene Gebiet Brühl innerhalb von 5-10 Jahren für den Wohnungsbau
eingezont werden solle.
Es erscheint bereits fraglich, ob die Beschwerdeführer die Aufgabe des
Schulstandorts im Quartierplan beanstanden können, ohne gleichzeitig den
revidierten Zonenplan anzufechten, der die Zuweisung zu einem Gebiet mit
Quartierplanpflicht für die Wohnnutzung bestätigt. Die Frage kann jedoch
offenbleiben.
Das Gebiet Brühl lag bisher in der Landwirtschaftszone und wurde im neuen
Zonenplan Siedlung der Nutzungszone nach § 19 Abs. 1 lit. f RBG/BL zugewiesen,
d.h. einer Zone, deren Nutzung noch nicht bestimmt ist oder in der eine Nutzung
erst später zugelassen wird. Dabei handelt es sich unstreitig nicht um eine
Bauzone. Gemäss der von der Gemeinde in Auftrag gegebenen Modellierung genügen
die Bauzonenreserven der Gemeinde dem voraussichtlichen Bedarf für rund 19
Jahre (Planungsbericht zur Revision der Zonenplanung Siedlung vom 13. Januar
2015 S. 11), weshalb in absehbarer Zeit nicht mit einer Einzonung des Gebiets
Brühl gerechnet werden kann. Der Bau- und Umweltdirektion ist daher
zuzustimmen, dass es spekulativ und nicht sachgerecht wäre, bereits heute dafür
öW-Zonen festzulegen.

4. 
Die Beschwerdeführer rügen erstmals vor Bundesgericht, dass die im
Gestaltungsplan vorgesehene Freihaltezone für die künftige Offenlegung des
verdolten Erlenbachs entlang der Grenze von Parzelle Nr. 1608 nicht mit dem
Gewässerschutzrecht des Bundes vereinbar sei. Sie machen geltend, dass die
Gewässerräume im Kanton Basel-Landschaft noch nicht bundesrechtskonform
festgelegt worden seien, weshalb die Gewässerabstände gemäss der
Übergangsbestimmung zur Änderung der Gewässerschutzverordnung vom 4. Mai 2011
zur Anwendung gelangten. Danach sei für den offengelegten Erlenbach, mit einer
Gerinnesohle von 1 bis 2 m, ein beidseitiger Streifen von je 9 bis 10 m
freizuhalten. Die im Quartierplan vorgesehene Freihaltezone mit einer Breite
von nur 6 m sei daher zu gering dimensioniert, so dass der vorgesehene
Baubereich 6 innerhalb des Gewässerraums zu liegen komme.

4.1. Neue Rechtsvorbringen sind grundsätzlich noch vor Bundesgericht zulässig,
solange sie sich im Rahmen des Streitgegenstands bewegen; dies gilt jedenfalls,
soweit das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen anwendet (Art. 106 Abs. 1
BGG) und hierzu keine neuen Tatsachen festgestellt werden müssen (BGE 136 V 362
E. 4.1 S. 366 f. mit Hinweisen; speziell zum Gewässerraum vgl. auch BGE 139 II
470 E. 4.2 S. 480 f.).

4.2. Aus dem Planungsbericht zum Quartierplan Bodmen vom 5. Juni 2014 ergibt
sich, dass die heute verdolten Bäche Erlenbach und Leibach künftig offengelegt
werden sollen. Dies ist Gegenstand eines gesonderten Wasserbauprojekts, das
jedoch vorläufig zurückgestellt worden ist. Mit dem Freihaltebereich gemäss
Quartierplan soll der künftige Raumbedarf für das offengelegte Gewässer
gesichert werden.
Streitig ist somit nicht, ob der aktuell geltende Gewässerraum des verdolten
Erlenbachs verletzt wird, sondern ob der Quartierplan genügend Land freihält,
um die geplante Offenlegung und Verlegung der verdolten Bäche im Grenzbereich
der Parzellen Nrn. 1609 und 1608 zu ermöglichen. Wie das Departement in seiner
Vernehmlassung zutreffend festhält, wird der Gewässerraum erst bei der
künftigen Ausdolung festzusetzen sein, und zwar nach den Vorgaben von Art. 36a
GSchG (SR 814.20) und Art. 41a der Gewässerschutzverordnung vom 28. Oktober
1998 (GSchV; SR 814.201).

4.3. Nach Art. 41a Abs. 2 GSchV beträgt die Breite des Gewässerraums ausserhalb
von Schutzgebieten für Fliessgewässer mit einer Gerinnesohle von weniger als 2
m natürlicher Breite mindestens 11 m; für Fliessgewässer mit einer Gerinnesohle
von 2-15 m natürlicher Breite die 2,5-fache Breite der Gerinnesohle plus 7 m
(Abs. 2 lit. a und b). Geht man - mit dem Kanton und den Beschwerdeführern -
von einer natürlichen Gerinnesohle von 1 bis 2 m aus, betrüge der
Mindestgewässerraum somit insgesamt 11 bis 12 m.
Die so berechnete Breite des Gewässerraums muss allerdings nach Abs. 3 erhöht
werden, soweit dies aus den in lit. a bis d genannten Gründen erforderlich ist.
Vorliegend käme eine Erhöhung nach lit. c in Betracht, um den nach Art. 18b
Abs. 2 NHG und Art. 15 NHV erforderlichen ökologischen Ausgleich am Rand des
Siedlungsgebiets von Reinach sicherzustellen.

4.4. Gemäss Quartierplan weist der Freihaltebereich eine Breite von 6 m auf.
Zwischen ihm und dem Baubereich 6 liegt noch eine 6 m breite Grün- und
Freifläche, d.h. der Baubereich 6 hält einen Abstand von 12 m zur
Parzellengrenze (als geplante Gerinnemitte des offengelegten Bachs) ein.
Insofern erlaubt der Quartierplan einen Gewässerabstand (bei symmetrischer
Verteilung links und rechts der Gerinnemitte) von bis zu 24 m. Der definitive
Gewässerraum kann aber auch asymmetrisch ausgeschieden werden (BAFU,
Erläuternder Bericht zur Parlamentarischen Initiative Schutz und Nutzung der
Gewässer vom 20. April 2011, Art. 41a S. 10), d.h. in Richtung des angrenzenden
Gebiets "Brühl" erweitert werden. Da dieses nicht überbaut ist und ausserhalb
der Bauzone liegt (vgl. oben E. 3), besteht in jedem Fall genügend Platz für
den renaturierten Erlenbach. Die entsprechende Rüge der Beschwerdeführer
erweist sich als unbegründet.

5. 
Die Beschwerdeführer rügen weiter eine Verletzung der Ausstandspflicht des
Gemeindepräsidenten Urs Hintermann und des Geschäftsleiters der Gemeinde Peter
Leuthard, die beide als Sachpreisrichter Mitglied des Beurteilungsgremiums des
Studienauftrags Bodmen gewesen seien. Diese hätten daher bei der Empfehlung des
Gemeinderats an den Einwohnerrat nicht mitwirken dürfen.
Praxisgemäss müssen Ausstandsgründe unverzüglich nach Kenntnis geltend gemacht
werden, ansonsten sie als verwirkt gelten (BGE 140 I 271 E. 8.4.3 S. 275 mit
Hinweisen); eine Ausnahme wird nur bei offensichtlichen Befangenheitsgründen
gemacht (BGE 134 I 20 E. 4.3.2 S. 22). Die Beschwerdeführer legen nicht dar,
dass sie schon im kantonalen Verfahren die Verletzung von Ausstandsvorschriften
gerügt hätten, noch begründen sie, weshalb dies nicht schon früher möglich
gewesen wäre. Unter diesen Umständen ist auf die Rüge mangels genügender
Begründung nicht einzutreten (Art. 106 Abs. 1 BGG).

6. 
Schliesslich machen die Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
bzw. der Begründungspflicht geltend, weil das Kantonsgericht ihre Argumente im
Zusammenhang mit der Bestimmung der Gebäudehöhe und der
Verständigungsverhandlung nicht genügend gewürdigt habe.

6.1. Das Kantonsgericht setzte sich mit den Vorbringen der Beschwerdeführer zur
Gebäudehöhe (in E. 8 des angefochtenen Entscheides) auseinander und begründete,
weshalb die maximale Gebäudehöhe aufgrund der Festlegungen des Quartierplans
genügend bestimmbar sei. Damit hat es seine Begründungspflicht erfüllt; ob die
Begründung inhaltlich richtig ist, ist keine Frage des rechtlichen Gehörs,
sondern des materiellen Rechts.

6.2. Zur Verständigungsverhandlung begnügte sich das Kantonsgericht mit der
Feststellung, diese sei "rechtskonform" durchgeführt worden, ohne dies näher zu
begründen. Damit übernahm das Gericht offensichtlich die Argumentation des
Departements in dessen Vernehmlassung. Dieses hatte ausgeführt, aus dem
Protokoll der Verständigungsverhandlung vom 8. Mai 2014 ergebe sich, dass der
Gemeinderat auf die Forderungen der Beschwerdeführer eingegangen sei und einige
davon sogar berücksichtigt habe, weshalb die Verständigungsverhandlung
rechtskonform gewesen sei. Vor diesem Hintergrund wussten die Beschwerdeführer,
aus welchen Gründen ihre Rüge abgewiesen worden war und konnten dies
sachgerecht anfechten.

7. 
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 BGG). Die
Gemeinde Reinach obsiegt in ihrem amtlichen Wirkungskreis und hat daher keinen
Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt. Sie
haften solidarisch (Art. 66 Abs. 5 BGG).

3. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Einwohnergemeinde Reinach, dem
Regierungsrat und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Verfassungs-
und Verwaltungsrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juli 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

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