Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.53/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_53/2015

Urteil vom 12. Mai 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt David Gruber,

gegen

Staatsrat des Kantons Wallis,
Regierungsgebäude, Postfach 478, 1951 Sitten.

Gegenstand
Parteientschädigung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 5. Dezember 2014
des Kantonsgerichts Wallis,
Öffentlichrechtliche Abteilung.

Sachverhalt:

A. 
Die Kantonale Baukommission des Kantons Wallis (KBK/VS) erteilte A.________ am
21. Juni 2012 die Bewilligung zum Umbau der bestehenden Alphütte in
"Grifeleggini" auf dem Gebiet der Gemeinde Oberems. Diese Baubewilligung ist in
Rechtskraft erwachsen.
Mit Schreiben vom 16. August 2012 teilte A.________ der KBK/VS mit, dass es am
31. Juli 2012 bei den Umbauarbeiten zu einem Zwischenfall gekommen sei.
Aufgrund einer Unachtsamkeit des Baggerführers sei die Alphütte teilweise
eingestürzt. Er habe sich in der Folge entschieden, die Hütte fachmännisch zu
demontieren. Sämtliche Teile der einzelnen Wände seien vorgängig nummeriert und
farblich gekennzeichnet worden, wodurch der Wiederaufbau problemlos möglich
sei.
Mit Entscheid vom 3. September 2012 (vorgängig angekündigt per E-Mail vom 27.
August 2012) widerrief die KBK/VS die Baubewilligung vom 21. Juni 2012 und
forderte A.________ auf, bis zum 30. Juli 2013 den rechtmässigen Zustand
wiederherzustellen, "indem er die Überreste des Gebäudes entfernt, das Gelände
wieder so herstellt, dass es dem natürlichen Geländeverlauf entspricht und die
Pflanzendecke wieder herstellt".
Diesen Entscheid focht A.________, vertreten durch Rechtsanwalt David Gruber,
mit Beschwerde vom 25. September 2012 beim Staatsrat des Kantons Wallis an und
beantragte die Aufhebung des Entscheids der KBK/VS vom 3. September 2012 und
die Zusprechung einer angemessenen Parteientschädigung.
Mit Entscheid vom 5. März 2014 hiess der Staatsrat die Beschwerde gut und hob
den Widerruf der Baubewilligung und die Wiederherstellungsverfügung der KBK/VS
vom 3. September 2012 auf. Der Staatsrat sprach A.________ zu Lasten der KBK/VS
eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 600.-- zu.
Am 4. April 2014 erhob A.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Kantonsgericht Wallis und beantragte, es sei ihm in Abänderung des Entscheid
des Staatsrats vom 5. März 2014 eine Parteientschädigung von Fr. 2'831.70 für
das vorinstanzliche Verfahren zuzusprechen.
Mit Urteil vom 5. Dezember 2014 wies das Kantonsgericht die Beschwerde von
A.________ ab.

B. 
Mit Eingabe vom 23. Januar 2015 führt A.________ Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Er beantragt, das
Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Angelegenheit sei im Sinne
der Erwägungen des Bundesgerichts zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht
zurückzuweisen.
Das Kantonsgericht und der Staatsrat beantragen die Beschwerdeabweisung. Die
KBK/VS verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 
Beim angefochtenen Urteil der Vorinstanz handelt es sich um einen
letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid in einer öffentlich-rechtlichen
Angelegenheit (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art.
90 BGG). Der Beschwerdeführer ist nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerde
berechtigt. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2.

2.1. Mit dem angefochtenen Urteil hat die Vorinstanz den Parteikostenentscheid
des Staatsrats bestätigt. Der Beschwerdeführer erachtet die ihm vom Staatsrat
zugesprochene Parteientschädigung von Fr. 600.-- als ungerechtfertigt tief und
rügt eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV) sowie eine Verletzung der
Begründungspflicht als Teilgehalt seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art.
29 Abs. 2 BV).

2.2. Die Frage der Parteientschädigung in Verwaltungssachen ist in Art. 91 des
kantonalen Gesetzes über das Verwaltungsverfahren und die
Verwaltungsrechtspflege vom 6. Oktober 1976 (VVRG/VS; SGS 172.6) und im
kantonalen Gesetz betreffend den Tarif der Kosten und Entschädigungen vor
Gerichts- oder Verwaltungsbehörden vom 11. Februar 2009 (GTar/VS; SGS 173.8)
geregelt.
Gemäss Art. 91 Abs. 1 VVRG/VS gewährt die Beschwerdeinstanz der ganz oder
teilweise obsiegenden Partei auf Begehren die Rückerstattung der notwendigen
Kosten, die ihr entstanden sind (Auslagen).
Nach Art. 4 GTar/VS umfasst die Parteientschädigung die Entschädigung an die
berechtigte Partei und die Kosten des Rechtsbeistands. Sie deckt grundsätzlich
die durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten (vgl. Abs. 1). Die
Kosten des Rechtsbeistands umfassen das Honorar, welches sich nach den Artikeln
27 ff. des vorliegenden Gesetzes berechnet, und weitere Auslagen (Abs. 3).
Gemäss Art. 27 Abs. 1 GTar/VS hält sich das Honorar zwischen einem in diesem
Kapitel vorgesehenen Minimum und Maximum; berücksichtigt wird die Natur und
Bedeutung des Falls, die Schwierigkeit, der Umfang, die vom Rechtsbeistand
nützlich aufgewandte Zeit und die finanzielle Situation der Partei. Nach Art.
37 Abs. 2 GTar/VS wird das Honorar für das Verfahren bei einer
Verwaltungsbeschwerde festgesetzt auf Fr. 550.-- bis Fr. 8'800.--.

2.3. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil erwogen, die Behörden seien bei
der Festlegung der Parteientschädigung nicht an die von den Rechtsvertretern
diesbezüglich gestellten Begehren gebunden. Im zu beurteilenden Fall stellten
sich keine komplexen Rechtsfragen und die rechtliche Begründung in der
Beschwerde umfasse lediglich sechs Seiten; eine Replik sei nicht eingereicht
worden. Bei der Beurteilung des Arbeits- und Zeitaufwands dürfe beachtet
werden, dass das Verwaltungsverfahren im Unterschied zum Zivilprozess von der
Untersuchungsmaxime beherrscht werde, wodurch in zahlreichen Fällen die
Tätigkeit des Anwalts erleichtert werde. Die Tätigkeit des Rechtsvertreters
werde in casu nur insoweit berücksichtigt, als er sich bei der Erfüllung an
einen vernünftigen Rahmen gehalten habe, unter Ausschluss nutzloser oder sonst
wie überflüssiger Schritte und Besprechungen. Der gestellten
Entschädigungsforderung könne das Gericht nicht entsprechen, da nicht der
tatsächliche übermässige Arbeits- und Zeitaufwand, sondern bloss der nützliche
Aufwand zu entschädigen sei. Unter Berücksichtigung dieser Regeln und der
Tatsache, dass der Fall durch den Beschwerdeführer verursacht worden sei, sei
die Entschädigung für das Verfahren vor dem Staatsrat mit einem Pauschalhonorar
von Fr. 600.-- (inkl. Auslagen) angemessen.

2.4. Der Beschwerdeführer bringt vor, der Staatsrat habe die Kriterien von Art.
27 Abs. 1 GTar/VS, die bei der Festsetzung des Honorars innerhalb des
vorgegebenen Rahmens (Fr. 550.-- bis Fr. 8'800.--) zu berücksichtigen seien,
willkürlich angewendet und mit Fr. 600.-- eine Entschädigung zugesprochen,
welche nicht einmal den Aufwand für das Verfassen der Rechtsschrift decke. Die
Vorinstanz habe diesen Entscheid geschützt, sich dabei aber nicht mit der
eingereichten Kostenliste befasst und in Verletzung der Begründungspflicht
nicht dargelegt, welche Arbeitsleistungen des Rechtsvertreters ihrer Ansicht
nach als nicht nützlich zu betrachten seien. Sämtliche erbrachten Leistungen
seien ausgewiesen. Die erste Besprechung habe 60 Minuten gedauert. Für das
Aktenstudium und die Redaktion der 12 Seiten umfassenden Verwaltungsbeschwerde
an den Staatsrat sei ein Zeitaufwand von 240 Minuten notwendig gewesen.
Erforderlich gewesen seien weiter das Aktenstudium der Stellungnahme der KBK/
VS, eine weitere Besprechung sowie die Beantwortung von Rückfragen. Insgesamt
habe sich der Zeitaufwand für das von August 2012 bis März 2014 dauernde
Verfahren vor dem Staatsrat auf angemessene 595 Minuten bzw. 9 Stunden und 55
Minuten belaufen; die notwendigen Auslagen hätten Fr. 142.80 betragen.
Ausgehend von einem Honorar von Fr. 250.-- pro Stunde ergebe sich ein
Gesamtbetrag von Fr. 2'831.70 (inkl. MWST). Inwiefern sich die
Untersuchungsmaxime vorliegend auf den Arbeitsaufwand des Rechtsvertreters
erleichternd ausgewirkt haben soll, sei in keiner Weise ersichtlich. Solche
Aussagen der Vorinstanz machten vielmehr deutlich, dass der
Parteikostenentscheid auf einer willkürlichen Grundlage beruhe und die
zugesprochene Entschädigung von Fr. 600.-- auch im Ergebnis unhaltbar tief sei.
Der angefochtene Entscheid sei deshalb aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

2.5. Die Rügen des Beschwerdeführers sind stichhaltig. Zwar liegt der
zugesprochene Betrag von Fr. 600.-- innerhalb des in Art. 37 Abs. 2 GTar/VS
vorgesehenen Rahmens (Fr. 550.-- bis Fr. 8'800.--). Der Entscheid des
Staatsrats, welcher von der Vorinstanz bestätigt worden ist, beruht jedoch auf
einer willkürlichen Anwendung der gemäss Art. 27 Abs. 1 GTar/VS massgeblichen
Kriterien (Berücksichtigung von Natur, Bedeutung, Schwierigkeit und Umfang des
Falls und der vom Anwalt "nützlich aufgewandten Zeit"). Der Widerruf der
erteilten Baubewilligung und die Verfügung der Wiederherstellung waren für den
Beschwerdeführer persönlich von grosser Bedeutung. Es stellten sich mehrere,
nicht triviale Rechtsfragen, wie insbesondere jene des Bestandesschutzes,
welche der Rechtsvertreter in seiner Beschwerdeschrift behandelte. Ein
Arbeitsaufwand von vier Stunden für das Aktenstudium und das Verfassen der
12-seitigen Beschwerdeschrift (wovon sechs Seiten rechtliche Erwägungen)
erscheint nicht übertrieben. Die Vorinstanz geht gestützt auf das einschlägige
kantonale Recht ausdrücklich davon aus, dass die gesamte vom Rechtsvertreter
nützlich aufgewandte Zeit zu entschädigen ist. Da die Vorinstanz den
Stundenansatz des Rechtsvertreters nicht in Frage stellt, wären mit einer
Entschädigung von Fr. 600.-- nur knapp 2,5 Arbeitsstunden abgegolten, was die
vom Rechtsvertreter nützlich aufgewandte Zeit klarerweise nicht abdeckt. Die
Vorinstanz begründet ihre Ansicht, der Rechtsvertreter habe einen übermässigen
Arbeitsaufwand betrieben, nicht näher. Insbesondere geht sie mit keinem Wort
auf die eingereichte Kostenliste ein und legt nicht dar, welche der Schritte
oder Besprechungen nutzlos oder überflüssig gewesen sein sollen. Indem die
Vorinstanz den vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers betriebenen Aufwand
von knapp 10 Stunden ohne nachvollziehbare Begründung als übermässig bezeichnet
und die beantragte Entschädigung um über 75 % gekürzt hat, ist sie in Willkür
verfallen. Der pauschale Hinweis der Vorinstanz auf die im Verwaltungsverfahren
geltende Untersuchungsmaxime, welche in zahlreichen Fällen die Arbeit des
Anwalts erleichtere, vermag eine hinreichende Begründung nicht zu ersetzen. Die
Untersuchungsmaxime hat im zu beurteilenden Fall nichts daran geändert, dass
der Beschwerdeführer zur Rechtswahrung gegen den Widerruf der Baubewilligung
und die Verfügung der Wiederherstellung Beschwerde führen und darin darlegen
musste, weshalb der Entscheid der KBK/VS Recht verletzt. Das Verfahren vor dem
Staatsrat wurde mithin durch den Entscheid der KBK/VS ausgelöst und nicht durch
den Beschwerdeführer verursacht.

3. 
Zusammenfassend erweist sich die dem Beschwerdeführer vom Staatsrat
zugesprochene und von der Vorinstanz bestätigte Pauschalentschädigung von Fr.
600.-- als unhaltbar tief. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen und das
angefochtene Urteil aufzuheben. Die Angelegenheit ist, wie vom Beschwerdeführer
beantragt, zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird
dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Staatsrat eine
Parteientschädigung zuzusprechen haben, welche den Kriterien von Art. 27 Abs. 1
GTar/VS Rechnung trägt und die vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers
nützlich aufgewandte Zeit abdeckt.
Dem Ausgang des bundesgerichtlichen Verfahrens entsprechend sind keine
Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Wallis hat dem
Beschwerdeführer eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68
Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts Wallis vom 5.
Dezember 2014 aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zu neuem
Entscheid an das Kantonsgericht zurückgewiesen.

2. 
Für das Verfahren vor dem Bundesgericht werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Der Kanton Wallis hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem
Bundesgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.

4. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Staatsrat des Kantons Wallis un d
dem Kantonsgericht Wallis, Öffentlichrechtliche Abteilung, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 12. Mai 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner

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