Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.502/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_502/2015

Urteil vom 18. Januar 2017

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Fonjallaz, Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Misic.

Verfahrensbeteiligte
1. Demokratische Juristinnen und Juristen Luzern,
2. JungsozialistInnen des Kantons Luzern,
3. Sozialdemokratische Partei des Kantons Luzern,
4. Grüne Partei des Kantons Luzern,
5. Luzerner Gewerkschaftsbund,
6. Junge Grüne Kanton Luzern,
7. A.________,
8. B.________,
9. C.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch Advokat Alain Joset,

gegen

Regierungsrat des Kantons Luzern,
vertreten durch Rechtskonsulent Josef Koch.

Gegenstand
Änderung des Gesetzes über die Luzerner Polizei
vom 22. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 
Nach Einsicht in die Botschaft des Regierungsrats vom 9. Dezember 2014
beschloss der Luzerner Kantonsrat am 25. Juni 2015 die nachfolgende Änderung
des Gesetzes über die Luzerner Polizei (PolG/LU; SRL Nr. 350) vom 27. Januar
1998:

7 Gebühren

§ 32 Grundsätze
1 [...].
2 Insbesondere kann [die Luzerner Polizei] ausserordentliche Aufwendungen, die
bei einem Polizeieinsatz entstehen, der Verursacherin oder dem Verursacher in
Rechnung stellen, namentlich wenn diese Aufwendungen vorsätzlich oder
grobfahrlässig verursacht werden oder wenn sie in überwiegend privatem
Interesse liegen.
3 [...].

§ 32a Kostenersatz bei Veranstaltungen
1 Bei Veranstaltungen mit kommerziellem Zweck stellt die Luzerner Polizei dem
Veranstalter die Kosten des Polizeieinsatzes in Rechnung.
2 Bei Veranstaltungen mit ganz oder teilweise ideellem Zweck stellt die
Luzerner Polizei im Einvernehmen mit dem Justiz- und Sicherheitsdepartement je
nach Anteil des ideellen Zwecks reduzierte Kosten in Rechnung. Bei Kundgebungen
wird unter Vorbehalt von § 32b auf die Rechnungstellung verzichtet.
3 Der Regierungsrat bestimmt in der Verordnung die Anzahl Einsatzstunden, die
im Rahmen der polizeilichen Grundversorgung unentgeltlich erbracht werden.

§ 32b Kostenersatz bei Veranstaltungen mit Gewaltausübung
1 Bei Veranstaltungen, bei denen Gewalt an Personen oder Sachen verübt wurde,
können dem Veranstalter und den an der Gewaltausübung beteiligten Personen
zusätzlich zum Kostenersatz nach § 32a die Kosten des Polizeieinsatzes ab
Beginn der Gewaltausübung in Rechnung gestellt werden.
2 Die Kosten des Polizeieinsatzes ab Beginn der Gewaltausübung werden zu
höchstens 40 Prozent auf den Veranstalter und zu 60 Prozent auf die an der
Gewaltausübung beteiligten Personen aufgeteilt.
3 Der Veranstalter wird nur kostenpflichtig, wenn er nicht über die
erforderliche Bewilligung verfügt oder Bewilligungsauflagen vorsätzlich oder
grobfahrlässig nicht eingehalten hat. Je nach Einhaltung der
Bewilligungsauflagen ist der vom Veranstalter zu tragende Anteil zu reduzieren.
Dem Veranstalter können höchstens 30 000 Franken in Rechnung gestellt werden.
4 Der Anteil, der von den an der Gewaltausübung beteiligten Personen zu tragen
ist, wird zu gleichen Teilen auf die einzelnen Personen aufgeteilt. Einer
einzelnen Person können höchstens 30 000 Franken in Rechnung gestellt werden.

Die Referendumsfrist lief am 26. August 2015 unbenutzt ab. Mit Publikation im
Kantonsblatt vom 29. August 2015 wurde festgestellt, dass die Änderung des
Polizeigesetzes rechtskräftig geworden sei und am 1. Januar 2016 in Kraft
trete.

B. 
Mit Eingabe vom 28. September 2015 führen die Demokratischen Juristinnen und
Juristen Luzern, die JungsozialistInnen des Kantons Luzern, die
Sozialdemokratische Partei des Kantons Luzern, die Grüne Partei des Kantons
Luzern, der Luzerner Gewerkschaftsbund, die Jungen Grünen Kanton Luzern sowie
drei Privatpersonen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das
Bundesgericht. Sie beantragen die Aufhebung von § 32b PolG/LU und demgemäss
auch von § 32a Abs. 2 PolG/LU, soweit dieser bei Kundgebungen den Verzicht auf
eine Rechnungsstellung an den Vorbehalt von § 32b PolG/LU knüpft.
Der Kantons- und der Regierungsrat des Kantons Luzern beantragen in einer
gemeinsamen Stellungnahme die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Verfahrensbeteiligten halten in weiteren Eingaben an ihren
Standpunkten und Anträgen fest.
Mit Verfügung vom 15. Dezember 2015 hat der Instruktionsrichter das Gesuch der
Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung abgewiesen.
Mit Schreiben vom 16. Januar 2017, das beim Bundesgericht am folgenden Tag
eingetroffen ist, haben sich der Regierungs- und Kantonsrat noch einmal
geäussert.
Am 18. Januar 2017 hat das Bundesgericht die Angelegenheit öffentlich beraten.
Anlässlich der Beratung haben die Beschwerdeführer auf ihr Äusserungsrecht in
Bezug auf die Eingabe des Regierungs- und Kantonsrats vom 16. Januar 2017
ausdrücklich verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten richtet sich
gegen einen kantonalen Erlass (Art. 82 lit. b BGG). Nach § 188 Abs. 2 lit. a
des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Luzern vom 3. Juli
1972 (VRG/LU; SRL 40) ist die abstrakte Normenkontrolle durch das
Kantonsgericht unter anderem bei kantonalen Gesetzen ausgeschlossen. Da somit
kein kantonales Rechtsmittel zur Verfügung steht, ist unmittelbar die
Beschwerde an das Bundesgericht zulässig (Art. 87 Abs. 1 BGG). Die
Beschwerdefrist ist eingehalten (Art. 101 BGG).

1.2. Zur Anfechtung eines kantonalen Erlasses ist berechtigt, wer durch den
Erlass aktuell oder virtuell besonders berührt ist und ein schutzwürdiges
Interesse an dessen Änderung oder Aufhebung hat (Art. 89 Abs. 1 lit. b und c
BGG). Das schutzwürdige Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Natur
sein. Virtuelles Berührtsein setzt voraus, dass der Beschwerdeführer von der
angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen
Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist (BGE 137 I 77 E. 1.4 S. 81 mit
Hinweis).
Diese Voraussetzungen werden von sämtlichen Beschwerdeführern erfüllt. Die
Beschwerdeführer 1-6 sind juristische Personen (Vereine). Sie organisieren und
unterstützen im Rahmen ihres Vereinszwecks Kundgebungen. Namentlich sind die
vier beschwerdeführenden politischen Parteien und der Gewerkschaftsbund im
1.-Mai-Komitee Luzern vertreten, welches das traditionelle 1.-Mai-Fest in
Luzern organisiert. Die Demokratischen Juristinnen und Juristen Luzern
ihrerseits haben verschiedentlich Demonstrationen aktiv unterstützt,
beispielsweise jene vom 9. September 2015 gegen das Nothilferegime in Luzern.
Die Legitimation der Demokratischen Juristinnen und Juristen zur abstrakten
Normanfechtung wird im Allgemeinen anerkannt (vgl. Urteil 1C_179/2008 vom 30.
September 2009 E. 1, nicht publ. in: BGE 136 I 87 mit Hinweisen) und ist auch
vorliegend anzuerkennen. Die drei Privatpersonen waren in der Vergangenheit
verschiedentlich in die Organisation von Kundgebungen eingebunden und traten in
diesem Zusammenhang als Antragsteller von Bewilligungsgesuchen auf. Zudem sind
sie auch als potenzielle Teilnehmer von Demonstrationen von der angefochtenen
Regelung mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen.

1.3. Da somit die Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Beschwerde einzutreten.

2. 
Die Beschwerdeführer bringen in der Hauptsache vor, die von ihnen angefochtenen
Bestimmungen des Luzerner Polizeigesetzes seien verfassungswidrig und würden
Art. 16 und Art. 22 BV sowie, damit in Zusammenhang stehend, Art. 36 BV
missachten (dazu sogleich E. 3-5 sowie E. 11). Des Weiteren rügen sie eine
Verletzung von Art. 127 Abs. 1 BV (nachfolgend E. 6 und E. 12), Art. 6 EMRK
(nachfolgend E. 7) und Art. 8 BV (nachfolgend E. 8).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei der Prüfung der
Verfassungsmässigkeit eines kantonalen Erlasses im Rahmen der abstrakten
Normkontrolle massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten
Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der mit den angerufenen
Verfassungs- oder EMRK-Garantien vereinbar ist. Das Bundesgericht hebt eine
kantonale Norm nur auf, sofern sie sich jeglicher verfassungs- und
konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen
in vertretbarer Weise zugänglich bleibt. Es ist grundsätzlich vom Wortlaut der
Gesetzesbestimmung auszugehen und der Sinn nach den überkommenen
Auslegungsmethoden zu bestimmen. Eine verfassungs- und konventionskonforme
Auslegung ist namentlich zulässig, wenn der Normtext lückenhaft, zweideutig
oder unklar ist. Der klare und eindeutige Wortsinn darf indes nicht durch eine
verfassungskonforme Interpretation beiseite geschoben werden. Im Einzelnen wird
auf die Tragweite des Grundrechtseingriffs, die Möglichkeit eines hinreichenden
verfassungsrechtlichen Schutzes bei einer späteren Normkontrolle, die konkreten
Umstände der Anwendung und die Auswirkungen auf die Rechtssicherheit
abgestellt. Der blosse Umstand, dass die angefochtene Norm in einzelnen Fällen
in verfassungswidriger Weise angewendet werden könnte, führt für sich allein
noch nicht zu deren Aufhebung (vgl. BGE 140 I 2 E. 4 S. 14; 137 I 31 E. 2 S. 39
f.; je mit Hinweisen; GIOVANNI BIAGGINI, Abstrakte und konkrete
Normenkontrolle, ius.full 4[2006] Nr. 3/4, S. 164 ff., 170 ff.).

3. 
Gemäss § 32a Abs. 2 Satz 2 PolG/LU bezieht sich der Vorbehalt von § 32b PolG/LU
auf Kundgebungen, d.h. auf Veranstaltungen ideellen Inhalts. Diese Kundgebungen
stehen unter dem Schutz der Meinungs- und Versammlungsfreiheit (Art. 16 und
Art. 22 BV).

3.1. Jede Person hat das Recht, ihre Meinung frei zu bilden und sie ungehindert
zu äussern und zu verbreiten (Art. 16 Abs. 1 und 2 BV; Art. 10 EMRK sowie Art.
21 UNO-Pakt II). Darunter fallen die verschiedensten Formen der Kundgabe von
Meinungen (BGE 132 I 256 E. 3 S. 258 mit Hinweis). Die Versammlungsfreiheit
gewährleistet den Anspruch, Versammlungen zu organisieren, an Versammlungen
teilzunehmen oder Versammlungen fernzubleiben (Art. 22 BV; Art. 11 EMRK; Art.
21 UNO-Pakt II). Zu den Versammlungen gehören unterschiedlichste Arten des
Zusammenfindens von Menschen im Rahmen einer gewissen Organisation mit einem
weit verstandenen gegenseitig meinungsbildenden oder meinungsäussernden Zweck
(vgl. BGE 137 I 31 E. 6.1 S. 44 mit Hinweisen).
Die Auferlegung von Kosten im Zusammenhang mit der Ausübung der Meinungs- und
Versammlungsfreiheit kann einen Grundrechtseingriff darstellen (vgl. Christoph
Errass, St. Galler Kommentar BV, 3. Aufl. 2014, N. 53 zu Art. 22 BV).
Grundrechtseingriffe bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und müssen durch ein
öffentliches Interesse gerechtfertigt sowie verhältnismässig sein (Art. 36 BV).
Mit den angefochtenen Bestimmungen des Luzerner Polizeigesetzes ist eine
gesetzliche Grundlage gegeben (Art. 36 Abs. 1 BV; zur Bedeutung des
Gesetzmässigkeitsprinzips im Abgaberecht vgl. nachfolgend E. 6.2). Als
öffentliches Interesse im Sinne von Art. 36 Abs. 2 BV kommt, wie im
vorliegenden Fall, insbesondere der Schutz der öffentlichen Ordnung und
Sicherheit in Betracht. Das Gebot der Verhältnismässigkeit gemäss Art. 36 Abs.
3 BV verlangt, dass eine behördliche Massnahme für das Erreichen des im
öffentlichen Interesse liegenden Ziels geeignet und erforderlich ist und sich
für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als
zumutbar erweist (vernünftige Zweck-Mittel-Relation). Polizeiliche Massnahmen
müssen sich gegen den Störer richten (persönliche Erforderlichkeit; vgl. statt
vieler Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl. 2016, Rz.
554). Die Zumutbarkeit des Eingriffs beurteilt sich anhand einer umfassenden
Interessenabwägung zwischen privaten und öffentlichen Interessen (vgl. zum
Ganzen BGE 132 I 49 E. 6 und 7 S. 57 ff.; Errass, a.a.O., N. 55 ff. zu Art. 22
BV).

3.2. Das Bundesgericht hat die Grundzüge der Meinungs- und Versammlungsfreiheit
für Kundgebungen auf öffentlichem Grund in BGE 132 I 256 E. 3 S. 258 ff. (mit
Hinweisen) zusammengefasst: Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit erhalten im
Zusammenhang mit Demonstrationen einen über reine Abwehrrechte hinausgehenden
Charakter und weisen ein gewisses Leistungselement auf. Die angesprochenen
Grundrechte gebieten in Grenzen, dass für Kundgebungen öffentlicher Grund zur
Verfügung gestellt wird. Ferner sind die Behörden verpflichtet, durch geeignete
Massnahmen wie etwa durch Gewährung eines ausreichenden Polizeischutzes dafür
zu sorgen, dass öffentliche Kundgebungen tatsächlich stattfinden können und
nicht durch gegnerische Kreise gestört oder verhindert werden. Demonstrationen
können einer Bewilligungspflicht unterstellt werden. Im Bewilligungsverfahren
darf die Behörde die gegen eine Kundgebung sprechenden polizeilichen Gründe,
die zweckmässige Nutzung des öffentlichen Grunds im Interesse der Allgemeinheit
und der Anwohner und die mit einer Kundgebung verursachte Beeinträchtigung von
Freiheitsrechten unbeteiligter Dritter mitberücksichtigen. Zu den polizeilichen
Gründen zählen namentlich die Aufrechterhaltung der Sicherheit und die
Abwendung unmittelbarer Gefahren von Ausschreitungen, Krawallen und
Gewalttätigkeiten sowie Übergriffen und Straftaten jeglicher Art. Die
öffentliche Ordnung lässt keinen Raum für Meinungskundgebungen, die mit
rechtswidrigen Handlungen (wie z.B. Sachbeschädigungen) verbunden sind oder
einen gewalttätigen Zweck verfolgen. In den grundrechtlichen Schutzbereich
fallen dementsprechend nur (ursprünglich) friedliche Versammlungen. Im
Bewilligungsverfahren ist dem ideellen Gehalt der Meinungs- und
Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen. Die verschiedenen Interessen sind nach
objektiven Gesichtspunkten gegeneinander abzuwägen und zu gewichten. Eine dem
Grundsatz der Verhältnismässigkeit genügende Gestaltung kann die Anordnung von
Auflagen und Bedingungen sowie eine entsprechende verhältnismässige Mitwirkung
der Veranstalter erfordern (vgl. hierzu nachfolgend E. 5.3.3). In diesem Sinne
besteht gestützt auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit grundsätzlich ein
bedingter Anspruch, öffentlichen Grund für Kundgebungen mit Appellwirkung zu
benützen.
Art. 22 BV schützt nach dem Gesagten nur friedliche Versammlungen. Entwickelt
sich bei einer anfänglich friedlichen Versammlung Gewalt in einem Ausmass, dass
die meinungsbildende Komponente völlig in den Hintergrund tritt, kann der
Schutz des Grundrechts entfallen. Kleinere Gruppen, die am Rand einer
Versammlung randalieren, können den Grundrechtsschutz für die Versammlung als
Ganzes hingegen nicht beseitigen (JÖRG PAUL MÜLLER/MARKUS SCHEFER, Grundrechte
in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 585; Maya Hertig, Basler Kommentar BV, 2015,
N. 8 f. zu Art. 22 BV). Der Umstand, dass es an einer ursprünglich friedlichen
Kundgebung zu Gewaltausübung kommt, lässt den Grundrechtsschutz somit nicht von
vorneherein dahinfallen.

3.3. In Ergänzung hierzu ist festzuhalten, dass die Meinungs- und
Versammlungsfreiheit nicht nur durch direkte Eingriffe wie Verbote und
Sanktionen beeinträchtigt werden können. Denkbar sind auch mittelbare
Beeinträchtigungen dieser Grundrechte in dem Sinne, dass der Betroffene sich
aufgrund einer behördlichen Reaktion nicht mehr getraut, erneut vom Grundrecht
Gebrauch zu machen. In Rechtsprechung und Lehre wird in diesem Zusammenhang vom
sog. "chilling effect" (auch "effet dissuasif") gesprochen (zur
Entwicklungsgeschichte dieser aus dem US-amerikanischen Verfassungsrecht
stammenden Metapher vgl. JULIAN STABEN, Der Abschreckungseffekt auf die
Grundrechtsausübung, 2016, S. 44 ff.; grundlegend das Urteil der Grossen Kammer
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in der Sache  Goodwin
gegen Vereinigtes Königsreich vom 27. März 1996, Nr. 17488/90, Receuil CourEDH
1996-II S. 500 § 39; weitere Nachweise bei CHRISTOPH GRABENWARTER/KATHARINA
PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 6. Aufl. 2016, § 23 N. 27 i.f.;
BGE 131 IV 23 E. 3.1 S. 28; vgl. auch BGE 136 I 167 E. 3.2.3 S. 172; 140 I 2 E.
10.6.3 S. 37; zum Ganzen auch MÜLLER/SCHEFER, a.a.O., S. 375; REGINA KIENER/
WALTER KÄLIN, Grundrechte, 2. Aufl. 2013, S. 212 und S. 219 f.; RHINOW/SCHEFER/
UEBERSAX, Schweizerisches Verfassungsrecht, 3. Aufl. 2016, N. 1564 f.; HÄFELIN/
HALLER/KELLER/THURNHERR, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 9. Aufl. 2016, S.
154; HERTIG, a.a.O., N. 40 zu Art. 16 BV). Die Ausübung der Grundrechte darf
durch negative Begleiterscheinungen nicht derart beschränkt werden, dass von
einer Abschreckungswirkung oder einem Einschüchterungseffekt zu sprechen ist.
Ein solcher besteht im vorliegenden Zusammenhang dann, wenn für die Ausübung
eines ideellen Grundrechts Polizeikosten verrechnet werden, welche die
Grundrechtsberechtigten von der Grundrechtswahrnehmung abhalten (Stefan
Leutert, Polizeikostentragung bei Grossveranstaltungen, 2005, S. 119; vgl. auch
Errass, a.a.O., N. 54 zu Art. 22). Entscheidend ist insoweit (auch) die Wahrung
des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit (Leutert, a.a.O., S. 121). Die
Kostenforderungen müssen mithin moderat ausgestaltet sein, so dass die
effektive Grundrechtsausübung tatsächlich möglich bleibt (LEUTERT, a.a.O., S.
120 f.).

3.4. Im zu beurteilenden Fall umstritten und nachfolgend zu prüfen sind
hauptsächlich die Verfassungskonformität von § 32b Abs. 3 PolG/LU in Bezug auf
die Kostenauflage an Veranstalter (E. 4-9) und von § 32b Abs. 4 PolG/LU
betreffend die Kostenauflage an Kundgebungsteilnehmer (E. 10-12).

4. 
Gemäss § 32b Abs. 3 PolG/LU wird der Veranstalter nur kostenpflichtig, wenn er
nicht über die erforderliche Bewilligung verfügt oder Bewilligungsauflagen
vorsätzlich oder grobfahrlässig nicht eingehalten hat. Je nach Einhaltung der
Bewilligungsauflagen ist der vom Veranstalter zu tragende Anteil zu reduzieren.
Dem Veranstalter können höchstens Fr. 30'000.-- in Rechnung gestellt werden.
Die Beschwerdeführer rügen das Gebot der Verhältnismässigkeit gemäss Art. 36
Abs. 3 BV als verletzt. Sie erachten es gestützt auf das Störerprinzip generell
für unzulässig, die Veranstalter von Kundgebungen als blosse Zweckveranlasser
zur Kostentragung zu verpflichten. Konkret bestreiten sie damit die persönliche
Erforderlichkeit des Eingriffs in die Versammlungsfreiheit (vgl. E. 3.1
hiervor). Zudem stufen sie auch die konkrete Ausgestaltung der Regelung als
unverhältnismässig ein. Des Weiteren vertreten sie die Auffassung, § 32b Abs. 3
PolG/LU habe eine unzulässige abschreckende Wirkung auf Grundrechtsträger (vgl.
zum Ganzen nachfolgend E. 5). Ferner sehen sie das gebührenrechtliche
Gesetzmässigkeitsprinzip und, damit in Zusammenhang stehend, das
Äquivalenzprinzip als verletzt an (nachfolgend E. 6). Ferner rügen die
Beschwerdeführer, § 32b Abs. 3 PolG/LU habe pönalen Charakter und stelle daher
eine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK dar. Die
strafrechtlichen Garantien würden vorliegend nicht eingehalten; Art. 6 EMRK sei
damit verletzt (nachfolgend E. 7). Schliesslich rügen sie eine Missachtung des
Gebots der Rechtsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV; nachfolgend E. 8).

5.

5.1. Aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip ergibt sich, dass sich die
polizeiliche Massnahme nur gegen den Störer, nicht aber gegen bloss mittelbare
Verursacher des polizeiwidrigen Zustands richten darf (vgl. auch § 6 PolG/LU).
Das Störerprinzip konkretisiert somit den Verhältnismässigkeitsgrundsatz in
persönlicher Hinsicht (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 2608). Das
Erfordernis der Unmittelbarkeit der Verursachung der Gefahr oder Störung
bedeutet, dass als polizeirechtlich erhebliche Ursachen nur solche Handlungen
in Betracht kommen, die bereits selber die Grenze zur Gefahr überschritten
haben; entferntere, lediglich mittelbare Verursachungen scheiden aus
(Unmittelbarkeitsprinzip; vgl. BGE 131 II 743 E. 3.2 S. 747 f.). Der Störer ist
polizeirechtlich verpflichtet, eine Gefahr oder Störung zu beseitigen oder die
Kosten für die Massnahmen zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustands zu
tragen. Diese Massnahmen umfassen nicht nur diejenigen, welche vom Störer
selber hätten vorgekehrt oder veranlasst werden können und lediglich wegen
zeitlicher Dringlichkeit direkt von der zuständigen kantonalen Behörde
angeordnet worden sind. Sie beinhalten auch Vorkehrungen, welche von
vorneherein technisch und rechtlich nur von den polizeilichen Organen und den
ihnen beigeordneten Spezialdiensten vorgenommen oder angeordnet werden können (
BGE 122 II 65 E. 6a S. 70).
Als Störer gilt erstens der Verhaltensstörer, der durch sein eigenes Verhalten
oder durch das Verhalten Dritter, für die er verantwortlich ist, die
öffentliche Ordnung und Sicherheit unmittelbar stört oder gefährdet (z.B.
randalierende Demonstranten). Zweitens wird der Zustandsstörer erfasst, der die
tatsächliche oder rechtliche Herrschaft über Sachen hat, welche die
Polizeigüter unmittelbar stören oder gefährden (z.B. Eigentümer einer
vorschriftswidrigen Baute). Drittens gilt schliesslich der Zweckveranlasser als
Störer, der durch sein Tun oder Unterlassen bewirkt oder bewusst in Kauf nimmt,
dass ein anderer die Polizeigüter stört oder gefährdet (z.B. der Organisator
einer Veranstaltung; vgl. zum Ganzen Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 2612
ff., mit Kritik an der Haftung des Zweckveranlassers; kritisch auch: Markus
Kern, Kommunikationsgrundrechte als Gefahrenvorgaben, 2012, S. 483 f.).
Massgebend ist der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Verhalten des
Zweckveranlassers und der Störung (Leutert, a.a.O., S. 141). Nach der Lehre
nehmen etwa die Verantwortlichen eines Fussballclubs, der für seine
gewalttätige Hooligan-Szene bekannt ist, zumindest in Kauf, dass es zu
Ausschreitungen und als Folge davon zu einem Polizeieinsatz kommt. Sie gelten
daher als Zweckveranlasser der Störungen (Tschannen/Zimmerli/ Müller,
Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, S. 545 ff., mit Hinweis auf LGVE
2006 II, Nr. 1 E. 6b). Als Ausprägung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes darf
der Zweckveranlasser nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der
polizeiliche Eingriff geeignet und erforderlich ist, um die Störung zu beheben,
und ihm der Eingriff zugemutet werden kann (vgl. Daniel Möckli/Andrea Töndury,
Vom Störerbild zum Störerprinzip - und zurück?, in: Rüssli/Hänni/Häggi Furrer
[Hrsg.], Staats- und Verwaltungsrecht auf vier Ebenen, Festschrift für Tobias
Jaag, 2012, S. 37).

5.2. In BGE 135 I 130 schützte das Bundesgericht eine Verordnungsregelung im
Kanton Neuenburg, welche den Organisatoren von Sportveranstaltungen als
Zweckveranlasser einen Anteil zwischen 60 und 80 % an den Kosten überwälzt, die
der Einsatz der Kantonspolizei für die Gewährleistung der Sicherheit bei
Sportveranstaltungen mit Gewaltpotenzial verursacht. Ebenso erachtete das
Bundesgericht eine Regelung im Demonstrationsgesetz des Kantons Genf als
verfassungskonform, welche es dem Staat erlaubt, auf Veranstalter finanziell
zurückzugreifen, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen und der Polizei
beispielsweise Informationen vorenthalten (Urteil 1C_225/2012 vom 10. Juli 2013
E. 4, in: SJ 2014 I S. 37).
An dieser Rechtsprechung, ist festzuhalten. Es ist somit zulässig, die
Organisatoren von Sportveranstaltungen wie auch Kundgebungsveranstalter, die
sich pflichtwidrig verhalten, zur Tragung von Kosten des Polizeieinsatzes zu
verpflichten. Kundgebungsveranstalter als Zweckveranlasser können folglich
grundsätzlich als Störer ins Recht gefasst werden, ohne dass hierdurch gegen
Art. 22 BV verstossen wird.
Zu klären bleibt, ob sich auch die konkrete Ausgestaltung in § 32b Abs. 3 PolG/
LU als verhältnismässig erweist.

5.3.

5.3.1. Für eine Kostenpflicht des Veranstalters als Zweckveranlasser setzt §
32b Abs. 1 PolG/LU voraus, dass an der Veranstaltung Gewalt an Personen oder
Sachen verübt wurde; in Rechnung gestellt werden können nur Kosten des
Polizeieinsatzes ab Beginn der Gewaltausübung.

5.3.2. Nach dem klaren Wortlaut von § 32b Abs. 3 PolG/LU wird der Veranstalter
nicht kostenpflichtig, wenn keine Bewilligung erforderlich ist oder keine
Auflagen verfügt werden (vgl. auch Vernehmlassung des Rechtskonsulenten des
Regierungsrats und des Kantonsrats des Kantons Luzern an das Bundesgericht vom
9. November 2015, S. 3). Spontane Kundgebungen, die keiner Bewilligung
bedürfen, werden somit von der Kostenpflicht nicht erfasst.

5.3.3. Werden Bewilligungsauflagen verfügt, müssen diese verhältnismässig
ausgestaltet sein (Art. 36 Abs. 3 BV; vgl. auch E. 3.2 hiervor). Die Bestimmung
von § 32b Abs. 3 PolG/LU lässt offen, welche Bewilligungsauflagen in Betracht
kommen. In der Botschaft des Regierungsrats vom 9. Dezember 2014 (nachfolgend:
Botschaft) wird erläuternd ausgeführt, eine übliche Bewilligungsauflage bei
Veranstaltungen sei die Bereitstellung eines genügenden Sicherheitsdiensts (S.
22 f.). Klarstellend ist hierzu festzuhalten, dass der Kundgebungsveranstalter
zwar dazu verpflichtet werden kann, im Rahmen seiner Möglichkeiten einen
Ordnungsdienst zu organisieren, welcher die Kommunikation mit der Polizei
sicherstellt und als Bindeglied zwischen den Demonstrierenden und der Polizei
fungiert. Hingegen kann es nicht Sache der Veranstalter sein, für ein
umfassendes Sicherheitsdispositiv zu sorgen. Es besteht ein staatliches
Gewaltmonopol. An Orten, die der Allgemeinheit offenstehen, ist es daher
Aufgabe der Polizei, für die Sicherheit zu sorgen (vgl. Urteil 1C_225/2012 vom
10. Juli 2013 E. 3.6 f., in: SJ 2014 I S. 37; vgl. zum Ganzen auch Markus
Mohler, Grundzüge des Polizeirechts in der Schweiz, 2012, S. 415 ff.; Christine
Gander, Sicherheit und Demonstrationen - Grenzen eines Grundrechts, Sicherheit
§ Recht 2/2008, S. 72 f.; Errass, a.a.O., N. 39 zu Art. 22 BV; Rainer J.
Schweizer/Markus H.F. Mohler, St. Galler Kommentar BV, a.a.O., N. 22 zu den
Vorbemerkungen zur Sicherheitsverfassung; siehe ferner Christoph Errass/Andreas
Zünd, Privatisierung von Polizeiaufgaben, Sicherheit § Recht 3/2012, S. 162
ff., insb. S. 174 und S. 183; zur Frage der Übertragung von
Durchsuchungsbefugnissen an private Sicherheitsdienste im sog. halböffentlichen
Raum [bspw. Fussballstadien, Transportmittel] vgl. BGE 140 I 2 E. 10.2 S. 29
f.). § 28 Abs. 3 PolG/LU hält unter dem Titel "Übertragung von Aufgaben an
Private" denn auch ausdrücklich fest, dass Aufträge, die polizeiliches Handeln
gemäss den §§ 9-21 PolG/LU bedingen, nicht an Private übertragen werden dürfen.
Damit sind namentlich die Anhaltung und Identitätsfeststellung (§ 9 PolG/LU),
die Durchsuchung von Personen (§ 14 PolG/LU) und von Sachen (§ 15 PolG/LU) und
die Ausübung unmittelbaren Zwangs (§ 20 PolG/LU) ausschliesslich Sache der
Polizei und können nicht an einen privaten Dienst delegiert werden. § 1a PolG/
LU behält für die Tätigkeit der Polizei in der Strafverfolgung und der
Strafuntersuchung die StPO (SR 312.0) explizit vor. Sämtliche Zwangsmassnahmen
im Sinne der StPO (Art. 196-298d StPO) können indes ebenfalls einzig durch
Strafbehörden (Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte) und nicht durch
Private angeordnet werden (Art. 198 StPO; siehe auch Urteil 1C_225/2012 vom 10.
Juli 2013 E. 3.7, in: SJ 2014 I S. 37).
Aufgrund der offenen Formulierung lässt sich die Bestimmung von § 32b Abs. 3
PolG/LU in Bezug auf mögliche Bewilligungsauflagen verfassungskonform auslegen.
Der Veranstalter kann von ihm als unverhältnismässig eingestufte Auflagen im
konkreten Anwendungsfall anfechten.

5.3.4. Der Veranstalter muss des Weiteren zumindest grobfahrlässig gegen die
Bewilligungsauflagen verstossen. Der Begriff der groben Fahrlässigkeit ist ein
zivilrechtlicher. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Haftpflichtige unter
Verletzung der elementarsten Vorsichtsgebote handelt und dadurch ausser Acht
lässt, was jedem verständigen Menschen in der gleichen Lage und unter den
gleichen Umständen hätte einleuchten müssen (Roland Brehm, Berner Kommentar OR,
4. Aufl. 2013, N. 197a zu Art. 41 OR; Alfred Koller, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2009, S. 743 f.; BGE 119 II 443
E. 2a S. 448). Das Verhalten des Fehlbaren muss schlechterdings unverständlich
erscheinen (Martin A. Kessler, Basler Kommentar OR I, 6. Aufl. 2015, N. 49 zu
Art. 41 OR).

5.3.5. Mit diesen Eingrenzungen (vgl. E. 5.3.1-5.3.4 hiervor) wird der Kreis
möglicher Störer mit § 32b PolG/LU entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer
nicht über das Erforderliche hinaus ausgeweitet. Vielmehr wird mit der
gesetzgeberischen Lösung ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Verhalten
des Veranstalters (zumindest grobfahrlässiger Verstoss gegen
Bewilligungsauflagen) und der Störung (Gewalt an Personen und Sachen)
vorausgesetzt, weshalb das Erfordernis der Unmittelbarkeit gewahrt ist. Damit
ist gleichzeitig gesagt, dass sich die entsprechende Einschränkung der
Meinungs- und Versammlungsfreiheit insoweit als verhältnismässig erweist.

5.4. Unter Verhältnismässigkeitsgesichtspunkten zu prüfen bleibt der von den
Beschwerdeführern beanstandete Abschreckungseffekt (vgl. bereits E. 3.3
hiervor).
Voraussetzung für eine Kostenpflicht des Veranstalters ist, wie bereits
ausgeführt, dass er verhältnismässig ausgestaltete Bewilligungsauflagen
vorsätzlich oder grobfahrlässig nicht eingehalten hat. Das Verhalten des
Veranstalters muss insoweit schlechterdings unverständlich erscheinen (vgl. E.
5.3.3 und 5.3.4 hiervor). Der Veranstalter kann folglich das Risiko auf
Kostenersatz durch eigenes Verhalten ausschliessen, da er einzig bei einem
zumindest grobfahrlässigen Verstoss gegen Bewilligungsauflagen kostenpflichtig
wird. Damit kann nicht gesagt werden, dass von § 32b Abs. 3 PolG/LU ein
unverhältnismässiger "chilling effect" ausgeht, welcher Organisatoren von
Kundgebungen als Grundrechtsträger von der Ausübung des Grundrechts der
Versammlungsfreiheit abschreckt. Da es die Veranstalter mithin selbst in der
Hand haben, eine Kostenpflicht zu verhindern, ist die Höhe der drohenden Gebühr
von bis zu Fr. 30'000.-- bei der Beurteilung des Abschreckungseffekts nicht von
entscheidender Bedeutung. Die Höhe ist indes für die Frage der Einhaltung des
Äquivalenzprinzips massgebend (dazu sogleich E. 6).

6.

6.1. Das Verwaltungsrecht zählt die Gebühren zu den Kausalabgaben.
Kausalabgaben sind Geldleistungen, welche als Entgelt für bestimmte staatliche
Leistungen oder besondere Vorteile zu bezahlen sind. Die Gebühr ist das Entgelt
für eine bestimmte, von der abgabepflichtigen Person veranlasste Amtshandlung
oder für die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung. Bei den Gebühren wird
wiederum unterschieden zwischen den Verwaltungsgebühren, den Benutzungsgebühren
und den Konzessionsgebühren. Die Verwaltungsgebühr ist das Entgelt für eine
staatliche Tätigkeit (vgl. zum Ganzen Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O, Rz. 2765
ff.; TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., S. 557 ff.; RENÉ WIEDERKEHR,
Kausalabgaben, 2015, S. 37 ff.; je mit weiteren Nachweisen).
Polizeieinsätze im Rahmen von Veranstaltungen stellen Amtshandlungen und als
solche staatliche Tätigkeiten dar. Bei den zu überwälzenden Kosten für
Polizeieinsätze handelt es sich somit um Verwaltungsgebühren.

6.2.

6.2.1. Im Bereich des Abgaberechts ist das Erfordernis der gesetzlichen
Grundlage (Gesetzmässigkeits- bzw. Legalitätsprinzip) ein selbständiges
verfassungsmässiges Recht, dessen Verletzung unmittelbar gestützt auf Art. 127
Abs. 1 BV geltend gemacht werden kann. Das Gesetzmässigkeitsprinzip verlangt
zum einen, dass eine Abgabe in einer generell-abstrakten Rechtsnorm vorgesehen
sein muss, die genügend bestimmt ist. Zum andern hat der Gesetzgeber die
wesentlichen Elemente einer Abgabe selbst festzulegen. Es sind dies der Kreis
der Abgabepflichtigen (Subjekt der Abgabe), der Gegenstand der Abgabe
(abgabebegründender Tatbestand) und die Höhe der Abgabe in den Grundzügen.
Delegiert das Gesetz die Kompetenz zur Festlegung einer Abgabe an eine
Verwaltungsbehörde, muss es zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den
Gegenstand der Abgabe sowie deren Bemessungsgrundlagen nennen, doch sind diese
Anforderungen für gewisse Arten von Kausalabgaben wie bei Verwaltungsgebühren
gelockert, soweit das Mass der Abgabe durch überprüfbare verfassungsrechtliche
Prinzipien (Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip; siehe hierzu sogleich E.
6.3) begrenzt wird (BGE 135 I 130 E. 7.2 S. 140; 140 I 176 E. 52 S. 180). In
diesen Fällen darf die Bemessung der Abgabe auf Verordnungsstufe geregelt
werden. Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip übernehmen dann als Surrogat die
Schutz- und Begrenzungsfunktion, welche dem formellen Gesetz zukommen würde (
BGE 121 I 230 E. 3e S. 235; vgl. auch Tschannen/Zimmerli/Müller, a.a.O., S. 573
ff., sowie Häfelin/Müller/ Uhlmann, a.a.O, Rz. 2762 f. und 2806 ff.).

6.2.2. Die Anforderungen an das Gesetzmässigkeitsprinzip werden durch § 32a und
§ 32b PolG/LU eingehalten. Als abgabepflichtig werden die Veranstalter
einerseits und die an der Gewaltausübung beteiligten Personen andererseits
erklärt. Damit ist der Kreis der Abgabepflichtigen hinreichend klar
umschrieben. Sollten sich Auslegungsfragen zu diesen Begriffen ergeben, können
zudem die Ausführungen in der Botschaft des Regierungsrats herangezogen werden
(vgl. darin insbesondere S. 20 ff.). Ebenso wird der abgabebegründende
Tatbestand genannt. Vorausgesetzt ist, dass an einer Veranstaltung Gewalt an
Personen und Sachen verübt wird (§ 32b Abs. 1 PolG/LU). Die ab Beginn der
Gewaltausübung anfallenden Kosten des Polizeieinsatzes können den
Abgabepflichtigen in Rechnung gestellt werden. Diese werden zu höchstens 40 %
auf den Veranstalter und zu 60 % auf die an der Gewaltausübung beteiligten
Personen aufgeteilt (§ 32b Abs. 2 PolG/LU). Diese Aufteilung basiert auf der
Überlegung, dass der Veranstalter als Zweckveranlasser zwar einen gewissen Teil
zur Störung der Polizeigüter beiträgt, dieser aber stets weniger als die Hälfte
der Störung ausmacht. Den grösseren Anteil an der Störung tragen die Personen,
welche sich an der Gewaltausübung beteiligen (Botschaft, S. 22). Die
prozentuale Kostenverteilung stützt sich damit auf sachliche Gründe. Sie
verbessert die Voraussehbarkeit der Gebühren und erleichtert die Anwendung der
Norm in der Praxis. Des Weiteren legt das Gesetz mit Fr. 30'000.-- eine
absolute Höchstgrenze für die Gebühren fest (§ 32b Abs. 3 und 4 PolG/LU).
Die weiteren Bemessungsgrundlagen der Gebühr werden zulässigerweise auf
Verordnungsstufe geregelt. So werden gemäss § 32a Abs. 3 PolG/LU i.V.m. § 4
Abs. 5 der Verordnung über den Gebührenbezug der Luzerner Polizei vom 10. Juni
2003 (GebVo/LU; SRL Nr. 682) pro Veranstaltung 200 Einsatzstunden im Rahmen der
polizeilichen Grundversorgung unentgeltlich erbracht. Die Gebühren für
Polizeieinsätze werden in § 5 GebVo/LU festgelegt. Demnach beträgt die
pauschale Grundgebühr für den Einsatz einer Polizistin oder eines Polizisten
Fr. 120.-- pro Stunde (Abs. 1 lit. a). In § 6 GebVo/LU werden die Gebühren für
zusätzliche Leistungen aufgelistet (beispielsweise für den Einsatz von
Personenwagen: pro km Fr. 2.--, Minimaltaxe Fr. 30.-- [Abs. 1 lit. a Ziff. 1]).
Ferner ist in der Botschaft des Regierungsrats ein Rechenbeispiel für die
entstehenden Gebühren bei einer durchschnittlichen Kundgebung mit
Gewaltpotenzial aufgeführt (S. 23). Mit diesen Regelungen und Hilfen lässt sich
die mutmassliche Gebührenhöhe hinreichend bestimmt voraussagen. Die genaue Höhe
des Kostenersatzes kann nicht im Voraus verbindlich festgelegt werden, da diese
vom effektiven Polizeieinsatz abhängt.

6.3.

6.3.1. Das Kostendeckungsprinzip besagt, dass der Gebührenertrag die gesamten
Kosten des betreffenden Verwaltungszweigs nicht oder nur geringfügig
übersteigen soll (BGE 141 I 105 E. 3.3.2 S. 108). Das Äquivalenzprinzip
konkretisiert das Verhältnismässigkeitsprinzip und das Willkürverbot für den
Bereich der Kausalabgaben (Art. 5 Abs. 2 und Art. 9 BV). Es bestimmt, dass eine
Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der
Leistung stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen halten muss. Der Wert der
Leistung bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Nutzen, den sie dem Pflichtigen
bringt, oder nach dem Kostenaufwand der konkreten Inanspruchnahme im Verhältnis
zum gesamten Aufwand des betreffenden Verwaltungszweigs, wobei schematische,
auf Wahrscheinlichkeit und Durchschnittserfahrungen beruhende Massstäbe
angelegt werden dürfen (vgl. zum Ganzen BGE 141 I 105 E. 3.3.2 S. 108 f.). Das
Äquivalenzprinzip bezieht sich somit grundsätzlich auf das Verhältnis von
Abgabe und Leistung im konkreten Einzelfall (Individualäquivalenz; Häfelin/
Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 2785 ff.; Tschannen/ Zimmerli/Müller, a.a.O., S.
569).

6.3.2. Die Beschwerdeführer erachten die in § 32b Abs. 3 Satz 3 PolG/LU
festgelegte Höchstgebühr von Fr. 30'000.--, welche den Veranstaltern in
Rechnung gestellt werden kann, als mit dem Äquivalenzprinzip unvereinbar.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Wie dargelegt, muss die Höhe der
Gebühr im konkreten Einzelfall in einem vernünftigen Verhältnis zum objektiven
Wert der Leistung stehen. Es kann jedenfalls nicht von vorneherein
ausgeschlossen werden, dass eine Kostenauflage von gesamthaft Fr. 30'000.--
sich im Einzelfall als verhältnismässig erweisen könnte. Zu denken ist dabei an
den Fall einer von mehreren Veranstaltern organisierten Grosskundgebung, bei
welcher es (nach grobfahrlässiger oder vorsätzlicher Missachtung von
Bewilligungsauflagen seitens der Veranstalter) aufgrund massiver
Gewaltausschreitungen zu einem Grosseinsatz der Polizei kommt. Diesfalls könnte
ein Gesamtbetrag von Fr. 30'000.-- anteilsmässig auf die verschiedenen
Veranstalter aufgeteilt werden. Eine Solidarschuldnerschaft hingegen würde dem
Äquivalenzprinzip widersprechen oder bedürfte einer spezialgesetzlichen
Grundlage (vgl. Leutert, a.a.O., S. 125), die § 32b Abs. 3 PolG/LU nicht
enthält.
Zusammenfassend führt die abstrakte Normenkontrolle somit zum Ergebnis, dass §
32b Abs. 3 PolG/LU dem abgaberechtlichen Äquivalenzprinzip nicht widerspricht.
Den von der Kostenauflage betroffenen Veranstaltern steht im konkreten
Anwendungsfall der Rechtsmittelweg zur Überprüfung der Rechtmässigkeit der
erhobenen Abgabe nach Massgabe des Kostendeckungs- und des Äquivalenzprinzips
offen (vgl. auch sogleich E. 6.4).

6.4. Soweit die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Gebührenerhebung die
fehlende Unabhängigkeit der Rechnung stellenden Behörde, d.h. der Polizei,
beanstanden, erweist sich ihre Argumentation als nicht stichhaltig. Die
Gebührenentscheide der Luzerner Polizei werden von Gesetzes wegen im
Einvernehmen mit dem kantonalen Justiz- und Sicherheitsdepartement getroffen
(Art. 32a Abs. 2 PolG/LU). Der Rechtsschutz ist in Art. 26 f. des kantonalen
Gebührengesetzes vom 14. September 1993 (GebG/LU; SRL 680) geregelt. Die
gebührenpflichtige Person kann innert zehn Tagen seit Zustellung der Rechnung
unentgeltlich einen beschwerdefähigen Entscheid verlangen (§ 26 Abs. 1 GebG/
LU). Wird die Rechnung nach Mahnung nicht beglichen, erlässt die zuständige
Behörde vor einer Betreibung einen kostenpflichtigen, beschwerdefähigen
Entscheid (§ 26 Abs. 2 GebG/LU). Dagegen kann innert 30 Tagen seit Zustellung
Einsprache erhoben werden (§ 27 Abs. 1 GebG/LU). Gegen Einspracheentscheide ist
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht zulässig. Diesem steht
die Ermessenskontrolle zu, mit Ausnahme der Erlassfälle (§ 27 Abs. 2 GebG/LU).
Damit ist die Überprüfung durch eine verwaltungsunabhängige richterliche
Behörde gewährleistet.

7.

7.1. Die Beschwerdeführer machen geltend, § 32b Abs. 3 PolG/LU habe pönalen
Charakter und stelle daher eine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6
Ziff. 1 EMRK dar. Die strafrechtlichen Garantien würden vorliegend jedoch nicht
eingehalten; Art. 6 EMRK sei damit verletzt.

7.2.

7.2.1. Gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, die in dieser Hinsicht
dieselbe Tragweite besitzen, hat der Einzelne bei strafrechtlichen Anklagen
Anspruch darauf, dass seine Sache von einem durch Gesetz geschaffenen,
zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht ohne Einwirken sachfremder
Umstände entschieden wird. Bei strafrechtlichen Anklagen sind die
Verfahrensgarantien von Art. 6 EMRK und Art. 32 BV einzuhalten. Die
Unschuldsvermutung nach Art. 6 Ziff. 2 EMRK und die in Art. 6 Ziff. 3 EMRK
aufgezählten besonderen Rechte der Angeklagten gelten für alle Strafverfahren
und werden als spezifische Ausprägungen des Grundsatzes des fairen Verfahrens
i.S.v. Art. 6 Ziff. 1 EMRK verstanden (MEYER-LADEWIG/HARRENDORF/KÖNIG, in:
Meyer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer [Hrsg.], EMRK, Handkommentar, 4. Aufl.
2017, Rz. 211 und 221 zu Art. 6 EMRK; GRABENWARTER/PABEL, a.a.O., Rz. 112 und
139; Isabelle Häner, Mindestgarantien für Strafverfahren und ihre Bedeutung für
verwaltungsrechtliche Sanktionen, in: Isabelle Häner/Bernhard Waldmann [Hrsg.],
Verwaltungsstrafrecht und sanktionierendes Verwaltungsrecht, 2010, S. 31 f.).

7.2.2. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte
handelt es sich um eine strafrechtliche Anklage, wenn alternativ entweder das
nationale Recht eine staatliche Massnahme dem Strafrecht zuordnet oder wenn die
Natur des Vergehens oder wenn die Art und Schwere des Vergehens und/oder der
Sanktionen für den strafrechtlichen Charakter spricht (so genannte
Engel-Kriterien, zurückgehend auf das Urteil des EGMR  Engel gegen Niederlande
 vom 8. Juni 1976, Serie A Bd. 22; CHRISTOPH GRABENWARTER/KATHARINA PABEL,
a.a.O., S. 478 ff.; FRANK MEYER, in: Ulrich Karpenstein/Franz C. Mayer [Hrsg.],
Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Kommentar, 2.
Aufl. 2015, N. 23 ff. zu Art. 6 EMRK; MEYER-LADEWIG/HARRENDORF/KÖNIG, a.a.O.,
N. 23 ff. zu Art. 6 EMRK; JOCHEN ABRAHAM FROWEIN/WOLFGANG PEUKERT,
EMRK-Kommentar, 3. Aufl. 2009, N. 25 ff. zu Art. 6 EMRK; vgl. zum Ganzen BGE
139 I 72 E. 2.2.2 S. 78 f.; 140 II 384 E. 3.2.1 S. 388 f.; 142 II 243 E. 3.4 S.
252).

7.2.3. Die Klassifizierung nach nationalem Recht trägt als Kriterium der
souveränen Selbstbestimmung der Vertragsstaaten auf dem Gebiet des Strafrechts
Rechnung und ist zur Begründung der Anwendbarkeit von Art. 6 EMRK hinreichend,
aber nicht notwendig. Fehlt es wie vorliegend an einer formellen Zuordnung zum
strafrechtlichen Bereich - das Polizeigesetz stellt formell Verwaltungsrecht
dar -, sind die Natur des Vergehens und die Art und Schwere der Sanktion
massgeblich. Beide Kriterien gelten alternativ und können einen
strafrechtlichen Charakter eigenständig begründen. Verbleiben Zweifel bei der
Einschlägigkeit des zweiten und dritten Kriteriums, weil eine isolierte
Betrachtung derselben zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, kann jedoch eine
kumulative Herangehensweise erforderlich sein ("approche cumulative" vgl.
Urteil der Grossen Kammer des EGMR i.S.  Jussila gegen Finnland vom 23.
November 2006, Nr. 73053/01, Recueil CourEDH 2006-XIV, S. 40 § 31 i.f. mit
weiteren Hinweisen; MEYER-LADEWIG/HARRENDORF/KÖNIG, a.a.O., N. 30 zu Art. 6
EMRK; ROBERT ESSER, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Band 11: EMRK und IPBPR, 26.
Aufl. 2012, Rz. 70 zu Art. 6 EMRK).
Strafrechtlich ist die Natur des Vergehens, wenn der Sanktionstatbestand eine
abschreckende (präventive) und repressive, punitive Funktion hat und die Norm
für jedermann, d.h. generell-abstrakt, verpflichtend ist. Bei der Art und dem
Schweregrad der Sanktion als drittem Kriterium werden die (potenziellen)
Auswirkungen bzw. negativen Konsequenzen der Sanktion auf den Betroffenen
erfasst. Entscheidend ist hier ebenfalls, ob die Sanktion einen abschreckenden
und/oder punitiven Zweck verfolgt. Überschreiten Sanktionen mit derartigem
Zweck eine gewisse Mindestschwere, ist ihr strafrechtlicher Charakter
indiziert. Der Schweregrad bemisst sich grundsätzlich nach der abstrakten
Strafdrohung und nicht anhand der im Einzelfall tatsächlich verhängten
Sanktion. Für Geldsanktionen existieren keine verlässlichen Schwellenwerte.
Unter Umständen können auch verhältnismässig geringe Beträge genügen (z.B. Fr.
500.-- oder DM 1000.--; vgl. die Nachweise zur Rechtsprechung bei GRABENWARTER/
PABEL, a.a.O., S. 481). Massgeblich ist, ob die Verhängung der Geldsanktion
schwerwiegende Konsequenzen für den Betroffenen hat (vgl. zum Ganzen
GRABENWARTER/PABEL, a.a.O., S. 479 ff.; siehe auch BGE 121 II 22 E. 2a S. 24).

7.2.4. Das Bundesgericht hat sich insbesondere in zwei das Konkordat über
Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen betreffenden
Urteilen mit der Frage des strafrechtlichen Charakters von Sanktionen im Sinne
von Art. 6 Abs. 1 EMRK befasst.
In BGE 137 I 31 ist es zum Schluss gekommen, die umstrittenen Massnahmen der
Rayonverbote, der Meldeauflagen und des Polizeigewahrsams wiesen keinen
pönalen, repressiven Charakter auf, würden nicht wegen Erfüllung von
Straftatbeständen ausgesprochen und bezweckten nicht die Besserung der
betroffenen Person. Im Vordergrund der Massnahmen stünde vielmehr die
Prävention, nämlich Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen frühzeitig zu
erkennen und zu bekämpfen. Es liege daher keine strafrechtliche Anklage i.S.
von Art. 6 Abs. 1 EMRK vor (E. 4.3 f.).
Diese Rechtsprechung hat das Bundesgericht in BGE 140 I 2 bestätigt und
ergänzend festgehalten, das Konkordat sei einzig auf die Vorbeugung vor Gewalt
ausgerichtet und die vorgesehenen Massnahmen erschienen nach Art und Schwere
nicht als Bestrafung für erfolgtes gewalttätiges Verhalten, sondern als
notwendige Massnahmen zur Verhinderung künftiger Gewalttaten. Im Unterschied
dazu bezweckten strafrechtliche Mittel die nachträgliche Ahndung von Verstössen
(E. 6).

7.3.

7.3.1. § 32b Abs. 3 PolG/LU dient der Deckung der Kosten von Polizeieinsätzen
durch Erhebung einer Gebühr. Die Bestimmung bezweckt, dass die durch die
Polizeieinsätze entstehenden besonderen Kosten zumindest teilweise von den
Verursachern übernommen werden müssen. Der Rechtskonsulent des Regierungsrats
und des Kantonsrats erklärt in seiner Vernehmlassung, es solle dem
Verursacherprinzip bei der Tragung der Polizeikosten, die bei Veranstaltungen
entstehen, ein grösseres Gewicht beigemessen werden. Dieses Ziel, beim Staat
anfallende besondere Lasten durch eine Gebührenerhebung auszugleichen, ist mit
der Rechtsgleichheit vereinbar, soweit der Aufwand über den bei anderen
Veranstaltungen üblichen Rahmen, für deren polizeilichen Schutz keine Kosten
erhoben werden, hinausgeht (BGE 135 I 130 E. 6.3 S. 138 f.). Demonstrationen,
bei welchen Gewalt an Personen oder Sachen verübt wird, verursachen indessen
erfahrungsgemäss deutlich höhere Kosten als friedliche Veranstaltungen. Es
werden nach Art. 32b Abs. 1 PolG/LU zudem nur jene Kosten in Rechnung gestellt,
die ab Beginn der Gewaltausübung entstehen.

7.3.2. Mit § 32b Abs. 3 PolG/LU wird auch nicht an ein strafrechtlich
relevantes Verhalten des Veranstalters, sondern an die zumindest
grobfahrlässige Verletzung von Bewilligungsauflagen angeknüpft (vgl. E. 5.3.3
und 5.3.4 hiervor). Die Sanktion wird nicht als Bestrafung für eine Beteiligung
an gewalttätigem Verhalten ausgesprochen und hat keinen repressiven Charakter.
Bezweckt wird vielmehr, die Veranstalter in die Pflicht zu nehmen, damit diese
durch die Einhaltung der Bewilligungsauflagen ihre Verantwortung wahrnehmen.
Ziel ist, hierdurch gewalttätige Ausschreitungen verhindern zu können. Wie beim
Konkordat über Massnahmen gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen
(vgl. BGE 137 I 31 und 140 I 2 sowie E. 7.2.4 hiervor) steht die Prävention im
Vordergrund (eingehend zur Präventivwirkung von § 32b Abs. 3 PolG/LU vgl.
Botschaft des Regierungsrats, S. 17). Der Höchstbetrag von Fr. 30'000.-- ist
insoweit zu relativieren, als dieser unter Verhältnismässigkeitsgesichtspunkten
(vgl. E. 6.3.2 hiervor) dann in Betracht kommt, wenn mehrere Veranstalter
beteiligt sind. Zudem hat die Inrechnungstellung für einen Veranstalter in der
Regel nicht derart einschneidende Konsequenzen, dass aufgrund der Art und
Schwere der Sanktion auf einen strafrechtlichen Charakter der Bestimmung von §
32b Abs. 3 PolG/LU geschlossen werden könnte.

8. 
Die Beschwerdeführer erachten sodann das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1
BV) als verletzt. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine Kostenüberwälzung
nur in Zusammenhang mit Veranstaltungen eingeführt werde, eine solche aber bei
anderen Delikten bzw. Polizeieinsätzen ohne Veranstaltungskonnex (z.B. bei
groben Verkehrsregelverletzungen) nicht vorgesehen sei. Entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführer lässt sich eine unterschiedliche Behandlung der
Polizeieinsätze bei Veranstaltungen mit Gewaltausschreitungen und
beispielsweise bei Strassenverkehrsdelikten sachlich ohne Weiteres
rechtfertigen. Die Polizeieinsätze bei Veranstaltungen mit
Gewaltausschreitungen sind in aller Regel ungleich mittel- und kostenintensiver
als solche bei Verkehrsdelikten.

9. 
Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass sich § 32b Abs. 3 PolG/LU
verfassungskonform auslegen lässt.

10.
Nach § 32b Abs. 4 PolG/LU wird der Anteil, der von den an der Gewaltausübung
beteiligten Personen zu tragen ist, zu gleichen Teilen auf die einzelnen
Personen aufgeteilt. Einer einzelnen Person können höchstens Fr. 30'000.-- in
Rechnung gestellt werden.
Die Beschwerdeführer rügen in der Hauptsache wiederum einen unzulässigen
Abschreckungseffekt (dazu bereits E. 3.3 und E. 5.4 hiervor) und eine
Verletzung des Äquivalenzprinzips (vgl. auch E. 6 hiervor).

11.
Wie bereits ausgeführt, kann die Ausübung von Kommunikationsgrundrechten auch
auf indirekte Weise beeinträchtigt werden, indem missliebige Betätigungen zwar
nicht vorweg, aber in der Folge mit empfindlichen Rechtsnachteilen belegt
werden, mit der Konsequenz, dass die betroffene Person davon absieht, zukünftig
erneut von ihrem Grundrecht Gebrauch zu machen (BGE 131 IV 23 E. 3.1 S. 28; 140
I 2 E. 10.6.3 S. 37; Urteil 5A_888/2011 vom 20. Juni 2012 E. 5.3; vgl. auch das
Urteil der Grossen Kammer des EGMR i.S.  Stoll gegen Schweiz vom 10. Dezember
2007, Nr. 69698/01, Recueil CourEDH 2007-V, S. 247 f. § 110). In der Lehre wird
zudem darauf hingewiesen, dass ein Abschreckungseffekt auch aus einer vagen
gesetzlichen Regelung resultieren kann, die den rechtsanwendenden Behörden
einen derart grossen Spielraum belässt, dass die rechtlichen Konsequenzen einer
Meinungsäusserung für die Einzelnen kaum mehr abschätzbar sind (MÜLLER/SCHEFER,
a.a.O., S. 376 f.; HERTIG, a.a.O., N. 40 zu Art. 16 BV und N. 16 zu Art. 22 BV;
vgl. auch mit weiteren Nachweisen MELANIE KRÜSI, Das Zensurverbot nach Art. 17
Abs. 2 der Schweizerischen Bundesverfassung, 2011, S. 172).
Im vorliegenden Fall gewärtigen Kundgebungsteilnehmer, im Umfang von maximal
Fr. 30'000.-- für die Kosten eines Polizeieinsatzes haftbar gemacht zu werden,
was ein beträchtliches finanzielles Risiko darstellt. Ausserdem ist aufgrund
der Regelung von § 32b PolG/LU nicht von Anfang an klar, ob und ab welchem
Zeitpunkt sich die dort vorgesehene Kostenbeteiligung realisiert. Angesichts
dieser Umstände kann § 32b Abs. 4 PolG/LU grundsätzlich geeignet sein, einen
Abschreckungseffekt zu bewirken. Ob diese indirekte Beeinträchtigung der
Versammlungs- und der Meinungsfreiheit erheblich genug wäre, um für sich
alleine als unverhältnismässiger Eingriff qualifiziert zu werden, braucht
vorliegend jedoch nicht beantwortet zu werden, da sich die angefochtene
Bestimmung bereits aus abgaberechtlichen Gründen als unzulässig erweist (dazu
sogleich E. 12).

12.

12.1. Die Beschwerdeführer bringen weiter vor, es widerspreche dem das
Verhältnismässigkeitsprinzip konkretisierenden Äquivalenzprinzip, dass gemäss §
32b Abs. 4 PolG/LU der Anteil, der von den an der Gewaltausübung beteiligten
Personen zu tragen ist,  zu gleichen Teilen auf die einzelnen Personen
aufgeteilt wird. Mit dieser Pauschalisierung werde den subjektiven und
objektiven Anteilen an der Verursachung zu Unrecht keine Rechnung getragen.

12.2. In der Botschaft des Regierungsrats wird zu § 32b Abs. 4 PolG/LU
erläutert, es gehe nicht um eine straf- oder zivilrechtliche, persönliche
Vorwerfbarkeit, sondern um eine verwaltungsrechtliche Zuteilung von Gebühren an
bestimmte Personen; zur einfachen Handhabung würden die Gebühren nicht den
einzelnen Personen nach ihrer individuellen Gewaltausübung zugerechnet, sondern
zu gleichen Teilen zugeteilt (S. 22).

12.3. Wie dargelegt, widersprechen schematische, auf Wahrscheinlichkeit und
Durchschnittserfahrungen beruhende Bemessungsmassstäbe dem Äquivalenzprinzip
grundsätzlich nicht (vgl. E. 6.3.1 hiervor mit Hinweis auf BGE 141 I 105 E.
3.3.2 S. 108 f.). Solche Pauschalisierungen dürfen jedoch nicht zu sachlich
unhaltbaren oder rechtsungleichen Ergebnissen führen (Tschannen/Zimmerli/
Müller, a.a.O., S. 569). Einheitliche Pauschalen sind unter dem Aspekt der
Rechtsgleichheit nur bei geringfügigen Belastungen rechtmässig, wenn sich eine
Abstufung nach den individuellen Verhältnissen nicht rechtfertigt. Für die
Rechtfertigung der finanziellen Belastung eines Einzelnen müssen die Kosten
daher grundsätzlich individuell zugerechnet werden können. Es soll nur
derjenige belastet werden, der die Verwaltungstätigkeit auch tatsächlich
verursacht hat (Daniela Wyss, Kausalabgaben, 2009, S. 53 und S. 65 f.).
Bei der Bemessung der Kostentragungspflicht der Störer muss der Haftungsanteil
der einzelnen Störer gestützt auf das Äquivalenzprinzip nach sachgerechten
Kriterien festgelegt werden. Im Gegensatz zur polizeitaktisch ex ante
 vorzunehmenden Störerqualifikation hat die Kostenüberwälzung aufgrund einer
objektiven Betrachtung ex post zu erfolgen. Die Behörden haben die Kosten nach
Massgabe des konkreten Tatbeitrags und damit entsprechend dem Grad der
Verantwortung für die Störungssituation zu verlegen. Jeder Störer darf zur
Kostentragung seines Störungsanteils - und ausschliesslich für diesen Teil -
herangezogen werden (vgl. zum Ganzen Leutert, a.a.O., S. 147 f.; Tschannen/
Zimmerli/Müller, a.a.O., S. 549).

12.4. Einem passiven Kundgebungsteilnehmer, der sich trotz polizeilicher
Aufforderung nicht entfernt, kann nicht ein Verwaltungsaufwand in pauschaler
Weise bis zu einer Höhe von Fr. 30'000.-- individuell zugerechnet werden.
Insbesondere ist er nicht in gleichem oder vergleichbarem Ausmass wie die
tatsächlich Gewalt ausübenden Personen verantwortlich für die anfallenden
polizeilichen Kosten. § 32b Abs. 4 PolG/LU erlaubt jedoch keine Differenzierung
nach Massgabe des konkreten Störungsanteils, sondern schreibt vor, dass der
Anteil, der von den an der Gewaltausübung beteiligten Personen zu tragen ist,
zwingend zu gleichen Teilen auf die einzelnen Personen aufgeteilt wird. Diese
Lösung ist zwar einfach zu handhaben, in ihrer Undifferenziertheit jedoch mit
dem Rechtsgleichheits- und dem Äquivalenzprinzip nicht vereinbar, da
insbesondere keine Unterscheidung zwischen Randalierern und passiven
Kundgebungsteilnehmern, die sich trotz polizeilicher Aufforderung nicht
entfernen, vorgenommen werden kann.
Damit erweist sich die Rüge der Beschwerdeführer als begründet. § 32b Abs. 4
PolG/LU, wonach die Gebühren von bis zu Fr. 30'000.-- zu gleichen Teilen von
den an der Gewaltausübung beteiligten Personen zu tragen sind, verstösst gegen
das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip, welches das
Verhältnismässigkeitsprinzip und das Willkürverbot für den Bereich der
Kausalabgaben konkretisiert (Art. 5 Abs. 2 BV und Art. 9 BV; vgl. auch E. 6.3.1
hiervor).

13. 
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich § 32b Abs. 4 PolG/LU nicht
verfassungskonform auslegen lässt. Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde in
diesem Punkt und zur Aufhebung der angefochtenen Bestimmung. Bei diesem
Ergebnis muss auf die weiteren Rügen der Beschwerdeführer nicht mehr
eingegangen werden.

14. 
Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen.
Während § 32b Abs. 3 PolG/LU (Kostenauflage an Veranstalter) der
bundesgerichtlichen Überprüfung Stand hält, ist die Bestimmung von § 32b Abs. 4
PolG/LU (Kostenauflage an Kundgebungsteilnehmer) aufzuheben. Im Übrigen ist die
Beschwerde abzuweisen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist den Beschwerdeführern eine reduzierte
Gerichtsgebühr aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Kanton Luzern hat die
Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren im Ausmass ihres
Obsiegens zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).

 

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. § 32b Abs. 4 des Polizeigesetzes
des Kantons Luzern vom 22. Juni 2015 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die
Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3. 
Der Kanton Luzern hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren
mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Regierungsrat des Kantons Luzern
und dem Kantonsrat des Kantons Luzern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Januar 2017

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Misic

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