Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.498/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_498/2015

Urteil vom 22. März 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Eusebio, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Störi.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________ und B.A.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Pascal Friolet,

gegen

Gemeinde Galmiz,
Oberamt des Seebezirkes,
Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion des Kantons Freiburg.

Gegenstand
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands,

Beschwerde gegen das Urteil vom 19. August 2015 des Kantonsgerichts des Kantons
Freiburg, II. Verwaltungsgerichtshof.

Sachverhalt:

A.
B.A.________ und A.A.________ sind Eigentümer der aneinandergrenzenden
Parzellen Nrn. 661 und 662 in Galmiz. Erstere liegt in der Bauzone und ist mit
einem Einfamilienhaus überbaut, letztere befindet sich in der
Landwirtschaftszone. B.A.________ und A.A.________ haben auf der Parz. Nr. 662
ohne Bewilligung verschiedene Bauten und Anlagen erstellt, u.a. ein
Gewächshaus, einen Schopf, einen Cheminéeofen, einen Spielplatz mit Schaukel
und Spielhaus sowie eine Aufschüttung mit Hecke.
Mit Schreiben vom 19. Juli 2007 forderte der Gemeinderat Galmiz B.A.________
und A.A.________ auf, ein nachträgliches Baugesuch für die Bauten und Anlagen
auf der Parzelle Nr. 662 zu stellen oder sie zu entfernen.
Mit einem weiteren Schreiben vom 2. April 2008 an B.A.________ und A.A.________
stellte der Gemeinderat Galmiz fest, es sei bis heute kein Baugesuch
eingegangen, weshalb er sie auffordere, die unbewilligten Bauten umgehend zu
entfernen. Sollten sie nicht innert 30 Tagen ab Erhalt des Schreibens
weggeräumt sein, werde er beim Oberamtmann des Seebezirks Anzeige erstatten.
Nachdem B.A.________ und A.A.________ seiner Aufforderung, die Bauten und
Anlagen zu entfernen oder ein Baugesuch einzureichen, nicht nachgekommen waren
überwies der Oberamtmann das Dossier am 25. Juni 2012 zuständigkeitshalber der
Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion des Kantons Freiburg.
Am 25. Februar 2015 verfügte die Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion,
B.A.________ und A.A.________ hätten den rechtmässigen Zustand bis zum 31. Mai
2015 wiederherzustellen (Dispositiv-Ziffer 1). Für den Fall der nicht
fristgerechten Wiederherstellung drohte sie die Ersatzvornahme auf Kosten der
Eigentümer an (Dispositiv-Ziffer 2). Weiter wies sie daraufhin, dass
Zuwiderhandlungen gegen die in Dispositiv-Ziffer 1 enthaltene Anordnung nach
Art. 292 StGB strafbar seien (Dispositiv-Ziffer 3) und behielt sich weitere
Strafmassnahmen nach Art. 173 des Raumplanungs- und Baugesetzes vom 2. Dezember
2008 (RPBG) vor (Dispositiv-Ziffer 4).
Am 19. August 2015 wies der II. Verwaltungsgerichtshof des Kantonsgerichts des
Kantons Freiburg die Beschwerde von B.A.________ und A.A.________ gegen diesen
Direktionsentscheid ab, soweit er darauf eintrat. Er setzte B.A.________ und
A.A.________ eine Frist von 3 Monaten ab Rechtskraft seines Urteils an, um die
Wiederherstellungsmassnahmen vorzunehmen.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen
B.A.________ und A.A.________, dieses Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
aufzuheben. Eventuell sei es vom Bundesgericht in dem Sinn abzuändern, als auf
die Wiederherstellung bzw. Entfernung des Teils der Aufschüttung auf Parz. Nr.
622 verzichtet werde. Subeventuell sei das Urteil aufzuheben und die Sache an
die Vorinstanz zu neuem Entscheid zurückzuweisen. Sie ersuchen zudem, der
Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

C.
Am 28. Oktober 2015 erkannte der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen
Abteilung der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu.

D.
Der Verwaltungsgerichtshof und die Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion
beantragen, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die
Gemeinde Galmiz hält fest, sie sei nicht Partei des Verfahrens und stelle daher
keine Anträge. Allerdings habe sie die nachträglich angepflanzte
Sichtschutzhecke nie formell bewilligt. Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE)
beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Die Gemeinde Galmiz verzichtet auf eine weitere Stellungnahme. Die
Beschwerdeführer halten an der Beschwerde fest.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts. Dagegen steht die Beschwerde nach Art.
82 ff. BGG offen; ein Ausnahmegrund ist nicht gegeben (Art. 83 BGG). Er
schliesst das Verfahren ab, womit es sich um einen Endentscheid im Sinn von
Art. 90 BGG handelt, und die Beschwerdeführer sind als dessen Adressaten und
Grundeigentümer befugt, ihn anzufechten. Sie rügen die Verletzung von
Bundesrecht, was zulässig ist (Art. 95 lit. a BGG). Die übrigen
Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, sodass
grundsätzlich auf die Beschwerde einzutreten ist (vgl. aber E. 3.1 hienach).

1.2. Auf die Durchführung eines Augenscheins kann verzichtet werden. Die
tatsächlichen Verhältnisse ergeben sich aus den Dokumentationen der kantonalen
Augenscheine mit ausreichender Klarheit. Der Antrag auf Durchführung einer
Ortsbesichtigung wird deshalb abgewiesen.

2.

2.1. Die Beschwerdeführer haben auf der Parzelle Nr. 662 zum einen ein Garten
mit Parkbäumen und -gebüschen und verschiedenen, teilweise auf einbetonierten
Fundamenten oder bekiestem Untergrund stehenden Bauten und Anlagen
(Spielgeräte, Pizzaofen, Schuppen, Gewächshäuser, etc.) eingerichtet. Zum
Andern haben sie entlang der Grenze zur Parzelle Nr. 661 einen Landstreifen von
175 m2 rund 1,2 m hoch aufgeschüttet und darauf eine Thuja-Hecke gepflanzt. Sie
bringen im Wesentlichen vor, die Wiederherstellung sei unverhältnismässig.

2.2. Vor dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit hält ein Grundrechtseingriff
stand, wenn er zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich
ist und das verfolgte Ziel in einem vernünftigen Verhältnis zu den eingesetzten
Mitteln, d.h. den zu seiner Verwirklichung notwendigen Freiheitsbeschränkungen,
steht. Ein Wiederherstellungsbefehl erweist sich dann als unverhältnismässig,
wenn die Abweichung vom Gesetz gering ist und die berührten allgemeinen
Interessen den Schaden, der dem Eigentümer durch den Abbruch entstünde, nicht
zu rechtfertigen vermögen (BGE 132 II 21 E. 6.4 S. 39 f). Grundsätzlich kann
sich auch die Bauherrschaft, die nicht gutgläubig gehandelt hat, gegenüber
einem Wiederherstellungsbefehl auf den Grundsatz der Verhältnismässigkeit
berufen. Sie muss indessen in Kauf nehmen, dass die Behörden aus
grundsätzlichen Erwägungen, nämlich zum Schutz der Rechtsgleichheit und der
baurechtlichen Ordnung, dem Interesse an der Wiederherstellung des
gesetzmässigen Zustandes erhöhtes Gewicht beimessen und die der Bauherrschaft
erwachsenden Nachteile nicht oder nur in verringertem Mass berücksichtigen (BGE
111 Ib 213 E. 6b; Urteil 1C_67/2012 vom 25. Juli 2012 E. 4.5 = URP 2013 S. 52).

3.

3.1. Die Beschwerdeführer beantragen in ihrem Hauptantrag zwar die vollständige
Aufhebung des angefochtenen Entscheids. In Bezug auf die Gartenanlage und deren
diverse Einrichtungen machen sie aber nur noch geltend, die ihnen vom
Verwaltungsgerichtshof für die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands
zugestandene Frist von drei Monaten sei unverhältnismässig. Angemessen wäre
vielmehr ein Jahr.
Zur Begründung dieser Rüge wird einzig ausgeführt, die Wiederherstellungsfrist
erweise sich "in Anbetracht der umfangreichen und kostspieligen Arbeiten als
offensichtlich unangemessen" kurz. Das genügt den Anforderungen an die
Begründung einer Verfassungsrüge (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2;
133 II 396 E. 3.2) nicht, darauf ist nicht einzutreten. Sie wäre im Übrigen
auch unbegründet. Die Entfernung der Bauten und Anlagen lässt sich
offensichtlich in wenigen Tagen bewerkstelligen, und es ist nicht ersichtlich,
inwiefern 3 Monate nicht ausreichen sollten, die erforderlichen Arbeiten zu
organisieren und auszuführen. Im Übrigen hat die Gemeinde das Verfahren gegen
die Beschwerdeführer mit der Zustellung des Schreibens vom 19. Juli 2007
eröffnet; zufolge des schleppenden Verfahrensgangs konnten und können sie den
Garten mitsamt den diversen Freizeitanlagen während rund 9 Jahren illegal
nutzen, wenn sie ihn nun innert dreier Monate ab Rechtskraft dieses
bundesgerichtlichen Urteils entfernen müssen. Gerade auch im Hinblick auf diese
Vorgeschichte ist die Wiederherstellungsfrist von drei Monaten keineswegs
verfassungswidrig kurz.

3.2. In Bezug auf die mit einer Thuja-Hecke bepflanzten Aufschüttung räumen die
Beschwerdeführer ein, dass diese in der Landwirtschaftszone liegt und
"offenbar" nicht bewilligt worden sei. Sie hätten indessen aufgrund der vom
Gemeinderat Galmiz erhaltenen Zusicherungen in gutem Glauben davon ausgehen
dürfen, dass die Aufschüttung bewilligt worden sei. Die Landwirtschaftszone
werde zudem nur geringfügig betroffen - die Aufschüttung von 175 m2entspräche
bloss 8 % der Fläche der Parzelle Nr. 662 -, und es handle sich auch nicht um
eine grundlegende Zweckänderung, da sie mit Rasen und Hecke weiterhin "grün"
gehalten werde. Der Umstand, dass die Parzelle Nr. 662 auch zur
Fruchtfolgefläche gehöre, falle bei der Interessenabwägung kaum ins Gewicht, da
der Kanton Freiburg über mehr Fruchtfolgefläche verfüge, als der Bund
vorschreibe. Die Fläche von 175 m2 würde zudem einen minimalen Bruchteil der
überschüssigen Fruchtfolgefläche darstellen, weshalb sie ohne merklichen
Verlust daraus entlassen werden könnte. Die Thuja-Hecke habe zudem einen hohen
(Geld-) Wert; die Verpflichtung zur kostenintensiven Abtragung der Aufschüttung
und Entfernung der Hecke treffe sie unverhältnismässig hart.
Die auf der Parzelle Nr. 662 in der Landwirtschaftszone vorgenommene
Aufschüttung und deren Bepflanzung mit einer Thuja-Hecke wurde nie bewilligt.
Als Bauherren, die an der Grenze der Bauzone ein Haus gebaut haben, muss den
Beschwerdeführern der Unterschied zwischen Baugebiet und Nicht-Baugebiet
bekannt gewesen sein, und sie konnten auch nicht in gutem Glauben davon
ausgehen, der Gemeinderat hätte die Aufschüttung bewilligt. Ihr Baugesuch für
das Einfamilienhaus hat klarerweise einzig die Parzelle Nr. 661 betroffen, und
auf dem "Gartenplan Neubau EFH" vom 14. März 2002, den der Gemeinderat Galmiz
laut Schreiben vom 4. April 2002 "eingehend studiert und als positiv
begutachtet" hat, ist weder die gleichzeitig die Zonengrenze bildende
Parzellengrenze zwischen den Parzellen Nrn. 661 und 662 eingezeichnet noch eine
als Sichtschutz dienende durchgehende Thuja-Hecke entlang dieser Grenze bzw.
jenseits der Einfamilienhausparzelle Nr. 661. Der Verwaltungsgerichtshof konnte
unter diesen Umständen ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgehen, dass
sich die Beschwerdeführer nicht auf den Schutz ihres guten Glaubens berufen
können.
Die Beschwerdeführer haben ihre zum Einfamilienhaus gehörende Gartenanlage um
175 m2 Landwirtschaftsland erweitert, ohne dafür je eine bau- oder eine
raumplanungsrechtliche Bewilligung beantragt oder gar erhalten zu haben. Die
Erweiterung der Einfamilienhausparzelle um diese Fläche ist keineswegs gering
oder gar vernachlässigbar, sondern ein substantieller, unzulässiger Eingriff
ins Nicht-Baugebiet. Dass die Fläche lediglich einen kleinen Bruchteil der
Fruchtfolgefläche des Kantons ausmacht, ändert daran nichts. Die Erweiterung
war von Anfang an rechtswidrig, was den Beschwerdeführern auch bewusst gewesen
sein muss. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang die von ihnen aufgeworfene
Frage, ob die umstrittenen 175 m2 zur Fruchtfolgefläche gehören und ob der
Kanton Freiburg eine zu grosse bzw. die bundesrechtlichen Minimalanforderungen
übersteigende Fruchtfolgefläche ausgeschieden hat oder nicht. So oder so liegt
die Fläche in der Landwirtschaftszone, wo ein Hausgarten mit Rasen und
Thuja-Hecke offensichtlich nicht zonenkonform ist.
Die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands trifft die Beschwerdeführer
nicht unverhältnismässig hart. Dass dabei der Wert der ursprünglichen
Investition in die rechtswidrige Anlage vernichtet wird, ist bei solchen
Wiederherstellungen regelmässig der Fall. Auch in diesem Zusammenhang gilt es
allerdings festzuhalten, dass sie von der rechtswidrigen Anlage und damit auch
von den darin investierten Geldern jahrelang profitieren konnten. Weder
dargetan noch ersichtlich ist, dass die Entfernung der Hecke und der
Aufschüttung von rund 210 m3 Volumen (175 m2 x 1.2 m) derart hohe Kosten
verursacht, dass sie für die Beschwerdeführer eine unzumutbare Härte darstellen
würde. Im bundesgerichtlichen Verfahren wiederholen sie jedenfalls die noch vor
dem Verwaltungsgerichtshof vorgebrachte Behauptung nicht, dass die Entfernung
der Aufschüttung Risse im Gartenschwimmbad verursachen würde und dieses undicht
werden liesse. Der angefochtene Wiederherstellungentscheid ist somit keineswegs
bundesrechtswidrig, die Beschwerde ist unbegründet.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Da mit dem Urteil
des Bundesgerichts die vollzugshemmende Wirkung des bundesgerichtlichen
Verfahrens entfällt, beginnt die vom Verwaltungsgerichtshof angesetzte
dreimonatige Wiederherstellungsfrist ohne Weiteres mit dessen Zustellung zu
laufen.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Gemeinde Galmiz, dem Oberamtmann
des Seebezirkes, der Raumplanungs-, Umwelt- und Baudirektion des Kantons
Freiburg, dem Kantonsgericht des Kantons Freiburg, II. Verwaltungsgerichtshof,
und dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. März 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Störi

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