Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.495/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_495/2015

Urteil vom 1. Februar 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Mattle.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Philipp Studer,

gegen

Einwohnergemeinde Wichtrach,
Baubewilligungsbehörde,
Stadelfeldstrasse 20, 3114 Wichtrach,
vertreten durch Fürsprecher Urs Eymann,
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern,
Rechtsamt, Reiterstrasse 11, 3011 Bern.

Gegenstand
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands,

Beschwerde gegen das Urteil vom 17. August 2015 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern.

Sachverhalt:

A. 
Die A.________ AG ist Eigentümerin der an die Kantonsstrasse - nämlich die
Bernstrasse - grenzenden Parzelle Nr. 508 in Wichtrach. Mit Gesamtbauentscheid
vom 2. Februar 2011 erteilte das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland der
A.________ AG unter Auflagen und Bedingungen die Bewilligung für den Aufbau
eines Wohn- und Gewerbehauses auf ein bestehendes Untergeschoss auf dem
südlichen Teil der genannten Parzelle.
Nach der Realisierung des Bauprojekts stellte die Einwohnergemeinde Wichtrach
fest, dass bei der Umgebungsgestaltung vom bewilligten Projekt abgewichen
worden ist bzw. dass nicht alle mit dem Gesamtbauentscheid verknüpften Auflagen
umgesetzt worden sind. Zum einen ist ein projektierter Grünstreifen mit der
geforderten niederen Bepflanzung entlang der Kantonsstrasse nicht angelegt
worden, zum anderen sind im Bereich der parallel zur Kantonsstrasse liegenden
Bauverbotszone in Missachtung einer entsprechenden Auflage zeitweise
Motorfahrzeuge ausgestellt worden. Die Einwohnergemeinde Wichtrach verfügte
gegenüber der A.________ AG am 7. Januar 2014 unter Androhung der
Ersatzvornahme die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands, namentlich die
Realisierung des Grünstreifens mit niederer Bepflanzung entlang der
Kantonsstrasse sowie die Umsetzung der Auflage, wonach im Bauverbotsstreifen
von fünf Metern parallel zum Fahrbahnrand keine die Sicht behindernden
Bepflanzungen, Einfriedungen, Ablagerungen und Einrichtungen stehen dürfen bzw.
wonach der Bauverbotsstreifen auch nicht durch weitere Zufahrten, Parkplätze
oder eine andere Vorplatzgestaltung verändert werden darf. Weiter hielt die
Gemeinde in der Verfügung fest, die Pflicht zur Wiederherstellung des
rechtmässigen Zustands werde aufgeschoben, wenn innert der gegen die
Wiederherstellungsverfügung laufenden Rechtsmittelfrist ein nachträgliches
Baugesuch eingereicht werde.

B. 
Gegen die Wiederherstellungsverfügung der Einwohnergemeinde Wichtrach erhob die
A.________ AG Beschwerde bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des
Kantons Bern (BVE). Sie beantragte die Aufhebung der angefochtenen Verfügung
und eventualiter, es sei das gleichzeitig eingereichte Baugesuch für neun
Abstellplätze zur Präsentation von zum Verkauf vorgesehenen Motorfahrzeugen
gutzuheissen. Die BVE teilte der A.________ AG mit, sie müsse sich entscheiden,
ob sie ein nachträgliches Baugesuch einreichen wolle oder ob sie die Beschwerde
gegen die Wiederherstellungsverfügung behandelt haben wolle. Sie forderte die
A.________ AG auf, mitzuteilen, ob das nachträgliche Baugesuch an die Gemeinde
weitergeleitet werden solle oder ob an der Beschwerde gegen die
Wiederherstellungsverfügung festgehalten werde. In der Folge teilte die
A.________ AG der BVE mit, dass in jedem Fall zuerst das Hauptbegehren zu
beurteilen sei. Mit Entscheid vom 18. September 2014 wies die BVE die
Beschwerde der A.________ AG ab, soweit sie darauf eintrat.
Gegen den Entscheid der BVE erhob die A.________ AG Beschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit dem Antrag, der angefochtene, die
Wiederherstellungsverfügung bestätigende Entscheid sei aufzuheben. Eventualiter
sei das gleichzeitig mit der Beschwerde an die BVE eingereichte nachträgliche
Baugesuch an die zuständige Baubewilligungsbehörde weiterzuleiten. Mit Urteil
vom 17. August 2015 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es
darauf eintrat.

C. 
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. August 2015 hat die A.________
AG am 23. September 2015 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen
Urteils sowie der Wiederherstellungsverfügung der Gemeinde Wichtrach vom 7.
Januar 2014 und des Beschwerdeentscheids der BVE vom 18. September 2014.
Eventualiter sei auf das nachträgliche Baugesuch einzutreten und die Sache zur
Beurteilung an die Baubewilligungsbehörde zurückzuweisen.
Die Einwohnergemeinde Wichtrach beantragt Beschwerdeabweisung. Die BVE und die
Vorinstanz beantragen unter Hinweis auf das angefochtene Urteil ebenfalls die
Abweisung der Beschwerde. Mit Eingabe vom 24. November 2015 hält die
Beschwerdeführerin an ihrer Beschwerde fest.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit dem angefochtenen Urteil schützt das Verwaltungsgericht die Anordnung
der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands im Zusammenhang mit einem
Bauprojekt. Die Beschwerde richtet sich somit gegen einen kantonal
letztinstanzlichen Endentscheid in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit,
gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
grundsätzlich offen steht (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs.
2 sowie Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführerin, welche am vorinstanzlichen
Verfahren teilgenommen hat, ist als Adressatin des angefochtenen Urteils und
als Eigentümerin der Parzelle, welche von der Wiederherstellungsverfügung
betroffen ist, beschwerdelegitimiert (vgl. Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die
Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten (vgl. aber E. 2 hiernach).

1.2. Die Beschwerdeführerin beantragt, es seien Parteibefragungen,
Zeugeneinvernahmen und ein Augenschein durchzuführen. Diese Anträge sind
abzuweisen, weil sich der für den vorliegenden Entscheid rechtlich relevante
Sachverhalt mit hinreichender Klarheit aus den Akten ergibt und nicht
ersichtlich ist, inwiefern die Abnahme weiterer Beweise zusätzliche
entscheidwesentliche Erkenntnisse liefern könnten.

2.

2.1. Der Gesamtbauentscheid vom 2. Februar 2011 wurde nicht angefochten und ist
mitsamt den damit verbundenen Auflagen und Bedingungen in Rechtskraft
erwachsen. Die Beschwerdeführerin erhebt verschiedene Rügen, die nicht auf die
Überprüfung der Anordnung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands
abzielen, sondern auf eine Überprüfung des Gesamtbauentscheids vom 2. Februar
2011 bzw. der damit verbundenen Auflagen und Bedingungen hinauslaufen. Insoweit
ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Nicht weiter einzugehen ist
insbesondere auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin, wonach die in der
Wiederherstellungsverfügung angesprochenen Abstellplätze ihrer Ansicht nach gar
nicht bewilligungspflichtig waren bzw. wonach ihr diese unter Berücksichtigung
der aus Art. 9 und Art. 26 BV fliessenden und in Art. 3 des Baugesetzes des
Kantons Bern vom 9. Juni 1985 (BauG; BSG 721.0) konkretisierten
Besitzstandsgarantie hätten bewilligt werden müssen.

2.2. Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass ihr gleichzeitig mit der
Beschwerde an die BVE eingereichtes, nachträgliches Baugesuch bisher nicht
behandelt worden sei. Die BVE und die Vorinstanz hätten insoweit geltendes
Recht verletzt.
Die BVE teilte der Beschwerdeführerin am 7. April 2014 mit, sie sei nicht
zuständig, das nachträgliche Baugesuch als erste Instanz zu beurteilen, und die
Beschwerdeführerin müsse sich in Anwendung von Art. 46 Abs. 2 lit. b BauG
entscheiden, ob das nachträgliche Baugesuch an die Gemeinde weitergeleitet
werden solle oder ob sie stattdessen an der Beschwerde gegen die
Wiederherstellungsverfügung festhalten wolle. Diese kantonalrechtliche
Regelung, wonach ein allfälliges nachträgliches Baugesuch von den zuständigen
Behörden zu prüfen ist, bevor die Rechtsmittelbehörden die Anordnung der
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands überprüfen, erscheint denn auch
sachlich gerechtfertigt und wird von der Beschwerdeführerin nicht in Frage
gestellt.
Die Beschwerdeführerin bestand indessen ausdrücklich darauf, dass die BVE
zunächst ihre Beschwerde gegen die Wiederherstellungsverfügung behandle. Damit
tat sie gleichzeitig kund, dass sie an der vorgängigen Prüfung des
nachträglichen Baugesuchs durch die zuständigen Behörden nicht interessiert
war. Die Beschwerdeführerin legt in ihrer Beschwerde ans Bundesgericht nicht in
genügender Weise dar, inwiefern die Nichtbehandlung bzw. Nichtweiterleitung des
nachträglichen Baugesuchs durch die BVE und die Vorinstanz unter diesen
Umständen bundesrechtswidrig oder sonst im Sinne von Art. 95 BGG
rechtsverletzend gewesen sein soll. Insoweit ist auf die Beschwerde ebenfalls
nicht einzutreten (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG).

2.3. Nicht einzutreten ist schliesslich auf den Antrag der Beschwerdeführerin,
das Bundesgericht solle auf das nachträgliche Baugesuch eintreten und die Sache
an die Baubewilligungsbehörde zurückweisen. Darüber, wie ein nachträgliches
Baugesuch zu behandeln gewesen wäre, hat die zuständige Baubewilligungsbehörde
nicht entschieden, zumal ein nachträgliches Baugesuch bei der zuständigen
Behörde gar nicht eingereicht worden ist (vgl. E. 2.2 hiervor). Insoweit liegt
somit kein beim Bundesgericht anfechtbarer, kantonal letztinstanzlicher
Entscheid im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG vor. Daran ändert auch der
Umstand nichts, dass sich die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid auf den
Standpunkt stellte, ein bei der zuständigen Behörde eingereichtes
nachträgliches Baugesuch wäre unter den gegebenen Umständen ohnehin nicht
zulässig und nicht bewilligungsfähig gewesen.

3. 
Die Beschwerdeführerin beanstandet die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung.

3.1. Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Von der beschwerdeführenden Person kann die
Feststellung des Sachverhalts wiederum nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich (Art. 9 BV) ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (Art. 42 Abs. 2
BGG i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor
Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der
Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).
Zum Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) gehört das Recht des
Betroffenen auf Abnahme der rechtzeitig und formrichtig angebotenen
rechtserheblichen Beweismittel. Indes kann der Richter das Beweisverfahren
schliessen, wenn die Anträge nicht erhebliche Tatsachen betreffen.
Gleichermassen kann er Beweisanträge ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs
ablehnen, wenn er aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung
gebildet hat und ohne Willkür in vorweggenommener antizipierter Beweiswürdigung
annehmen kann, dass seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht
geändert würde (BGE 141 I 60 E. 3.3 S. 64 mit Hinweis).

3.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe in Verletzung
von Art. 29 Abs. 2 BV die von ihr gestellten Beweisanträge abgewiesen. Wie die
Vorinstanz im angefochtenen Urteil ausgeführt hat, ergab sich der rechtlich
relevante Sachverhalt indessen in genügender Weise aus den ihr vorliegenden
Akten. Soweit sich die Beweisanträge der Beschwerdeführerin überhaupt auf den
entscheidwesentlichen Sachverhalt bezogen, war nicht ersichtlich, welchen
Erkenntnisgewinn die Abnahme weiterer Beweise - namentlich Parteibefragungen,
Zeugeneinvernahmen oder ein Augenschein - hätte bringen können, und durfte die
Vorinstanz ohne Willkür annehmen, dass ihre Überzeugung durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert würde. Die Rüge, die Abweisung der gestellten
Beweisanträge verletze Art. 29 Abs. 2 BV, ist unbegründet.

3.3. Weiter bringt die Beschwerdeführerin vor, die Vorinstanz habe in
tatsächlicher Hinsicht ausser Acht gelassen, dass auf dem Platz entlang der
Kantonsstrasse schon früher Motorfahrzeuge abgestellt worden seien, dass die
kommunalen Behörden davon Kenntnis gehabt hätten und dass entsprechende
Abstellplätze vor der Realisierung des Bauprojekts von den Behörden toleriert
worden seien. Wie nachfolgend aufzuzeigen ist, sind diese Vorbringen für den
Ausgang des Verfahrens nicht wesentlich (vgl. E. 6.3.2 hiernach), weshalb die
Beschwerdeführerin mit der Rüge, die Vorinstanz habe den Sachverhalt insoweit
offensichtlich unrichtig festgestellt, nicht durchzudringen vermag.

4. 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Einwohnergemeinde Wichtrach habe die
Wiederherstellungsverfügung vom 7. Januar 2014 getroffen, ohne sie vorgängig
korrekt anzuhören. Die Vorinstanz habe zwar eine Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör bejaht, diese aber zu Unrecht als geheilt betrachtet und
damit Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 26 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Bern vom 6.
Juni 1993 (KV; SR 131.212) sowie Art. 21 ff. des Gesetzes des Kantons Bern über
die Verwaltungsrechtspflege vom 23. Mai 1989 (VRPG; BSG 155.21) verletzt.

4.1. Zum Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) gehört das Recht
des Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine Rechtsstellung eingreifenden
Entscheids zur Sache zu äussern (vgl. auch Art. 21 VRPG i.V.m. Art. 26 Abs. 2
KV).
Eine nicht besonders schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs kann
ausnahmsweise als geheilt gelten, wenn der Mangel im Verfahren vor der
Rechtsmittelinstanz kompensiert wird, die betroffene Person namentlich die
Möglichkeit erhält, sich vor einer Rechtsmittelinstanz zu äussern, welche die
von der Gehörsverletzung betroffenen Aspekte mit derselben Kognition überprüfen
kann wie die untere Instanz. Unter dieser Voraussetzung ist darüber hinaus - im
Sinne einer Heilung des Mangels - selbst bei einer schwerwiegenden Verletzung
des Anspruchs auf rechtliches Gehör von einer Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz abzusehen, wenn und soweit die Rückweisung zu einem formalistischen
Leerlauf und damit zu unnötigen Verzögerungen führen würde, die mit dem (der
Anhörung gleichgestellten) Interesse der betroffenen Partei an einer
beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 138 II 77
E. 4 und 4.3 S. 84 f.; 137 I 195 E. 2.3.2 S. 197 f. mit Hinweisen).

4.2. Die Vorinstanz kam im angefochtenen Entscheid zum Schluss, die Gemeinde
Wichtrach habe der Beschwerdeführerin vor dem Erlass der
Wiederherstellungsverfügung zwar Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, sie
aber nicht korrekt über die bemängelten Punkte informiert und hierdurch den
Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör verletzt. Dass die
Vorinstanz im angefochtenen Entscheid zum Ergebnis gelangte, die festgestellte
Gehörsverletzung seitens der Einwohnergemeinde Wichtrach wiege nicht so schwer,
dass eine Heilung im Verfahren vor der BVE ausgeschlossen gewesen sei, ist
nicht zu beanstanden. Wie die Vorinstanz sodann richtig ausführte, verfügte die
BVE gemäss Art. 66 lit. c VRPG bei ihrem Entscheid über die gleiche umfassende
Überprüfungsbefugnis wie die Gemeinde, konnte die Beschwerdeführerin ihre
Rechte im Verfahren vor der BVE vollumfänglich wahrnehmen und wurde die
Gehörsverletzung von der BVE im Kostenpunkt berücksichtigt.
Unter diesen Umständen hätte eine Rückweisung der Sache an die Gemeinde zu
einem prozessualen Leerlauf und einer unnötigen Verzögerung des Verfahrens
geführt, weshalb die Vorinstanz weder Art. 29 Abs. 2 BV noch sonst Bundesrecht
verletzt hat, wenn sie davon ausgegangen ist, die festgestellte
Gehörsverletzung sei im Verfahren vor der BVE geheilt worden. Inwiefern die von
der Beschwerdeführerin angeführten kantonalen Bestimmungen in diesem
Zusammenhang eine über Art. 29 Abs. 2 BV hinausgehende Bedeutung haben sollten,
ist weder dargetan noch ersichtlich.

5. 
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz eine Verletzung ihrer
Begründungspflicht vor und rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung von Art.
5 BV sowie Art. 52 Abs. 1 lit. b VRPG.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass die
Behörde die Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen
tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus
folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen (vgl. auch
Art. 52 Abs. 1 lit. b VRPG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass sie sich mit
allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne
Vorbringen ausdrücklich abhandelt. Vielmehr kann sie sich auf die für den
Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst
sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft
geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen
kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden,
von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid
stützt (BGE 139 V 496 E. 5.1 S. 503 f.; 139 IV 179 E. 2.2 S. 183; 138 IV 81 E.
2.2 S. 84; 136 I 229 E. 5.2 S. 236).
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Entscheid. Namentlich hat die
Vorinstanz auch ausreichend begründet, weshalb sie die von der
Beschwerdeführerin beantragten Beweisanträge abgewiesen hat (vgl. dazu E. 3.2
hiervor). Die Beschwerdeführerin konnte sich über die Tragweite des
vorinstanzlichen Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der
Sache an das Bundesgericht weiterziehen. Eine Verletzung der aus Art. 29 Abs. 2
BV folgenden Begründungspflicht ist der Vorinstanz nicht vorzuwerfen. Inwiefern
Art. 52 Abs. 1 lit. b VRPG oder Art. 5 BV in diesem Zusammenhang eine über Art.
29 Abs. 2 BV hinausgehende Bedeutung haben sollten, ist weder dargetan noch
ersichtlich.

6. 
In materieller Hinsicht rügt die Beschwerdeführerin, die mit der Verfügung vom
7. Januar 2014 angeordneten Massnahmen zur Wiederherstellung des rechtmässigen
Zustands stünden im Widerspruch zum Verhältnismässigkeitsprinzip, dem
Vertrauensgrundsatz sowie der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Sie sei
wirtschaftlich darauf angewiesen, entlang der Kantonsstrasse weiterhin
Motorfahrzeuge ausstellen zu dürfen.

6.1. Gemäss Art. 46 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BauG setzt die Baupolizeibehörde
dem jeweiligen Grundeigentümer oder Baurechtsinhaber eine angemessene Frist zur
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes unter Androhung der
Ersatzvornahme, wenn ein Bauvorhaben ohne Baubewilligung oder in Überschreitung
einer Baubewilligung ausgeführt wurde oder bei der Ausführung eines bewilligten
Vorhabens Vorschriften missachtet wurden.

6.2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Befugnis der Behörden,
im Falle einer rechtswidrig errichteten bzw. genutzten Baute die
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands anzuordnen, im Interesse der
Rechtssicherheit grundsätzlich auf 30 Jahre beschränkt (BGE 132 II 21 E. 6.3 S.
35 sowie mit gewissen Vorbehalten BGE 136 II 359 E. 8 S. 367). Auch vorher ist
die Anordnung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands im Einzelfall
unzulässig, wenn sie allgemeinen Prinzipien des Verfassungs- und
Verwaltungsrechts entgegensteht. Dazu gehören namentlich die in Art. 5 Abs. 2
und 3 sowie Art. 9 BV festgehaltenen Grundsätze der Verhältnismässigkeit und
des Schutzes des guten Glaubens (BGE 136 II 359 E. 6 S. 364 f.).
Die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands kann unterbleiben, wenn die
Abweichung vom Erlaubten nur unbedeutend ist oder die Wiederherstellung nicht
im öffentlichen Interesse liegt, ebenso, wenn der Bauherr in gutem Glauben
angenommen hat, die von ihm ausgeübte Nutzung stehe mit der Baubewilligung im
Einklang, und ihre Fortsetzung nicht schwerwiegenden öffentlichen Interessen
widerspricht (BGE 132 II 21 E. 6 S. 35 mit Hinweis). Eine Berufung auf den
guten Glauben fällt nur in Betracht, wenn die Bauherrschaft bei zumutbarer
Aufmerksamkeit und Sorgfalt annehmen durfte, sie sei zur Bauausführung oder
Nutzung berechtigt (BGE 136 II 359 E. 7.1 S. 365). Auf die Verhältnismässigkeit
berufen kann sich auch ein Bauherr, der nicht gutgläubig gehandelt hat. Er muss
aber in Kauf nehmen, dass die Behörden aus grundsätzlichen Erwägungen,
namentlich zum Schutz der Rechtsgleichheit und der baulichen Ordnung, dem
Interesse an der Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustands erhöhtes Gewicht
beimessen und die dem Bauherrn allenfalls erwachsenden Nachteile nicht oder nur
in verringertem Masse berücksichtigen (BGE 132 II 21 E. 6.4 S. 39 f.).

6.3.

6.3.1. Die Beschwerdeführerin hat am 6. Dezember 2010 revidierte Projektpläne
vom 1. Dezember 2010 eingereicht, unter anderem den Plan Nr. 352 "Grundriss
Erdgeschoss/Schnitt A", der vom Regierungsstatthalter bewilligt wurde, was aus
dem entsprechenden Stempel vom 2. Februar 2011 und dem ausdrücklichen Verweis
im rechtskräftigen Gesamtbauentscheid auf das Projektänderungsgesuch vom 6.
Dezember 2010 ersichtlich ist. Auf dem erwähnten Plan sind im Bereich der
parallel zur Kantonsstrasse liegenden Bauverbotszone wie schon in den
ursprünglich eingereichten und anschliessend noch überarbeiteten
Baugesuchsplänen keine Parkplätze bzw. Abstellplätze für Motorfahrzeuge
eingezeichnet. Hingegen ist darauf im Gegensatz zu den ursprünglich
eingereichten Plänen entlang der Kantonsstrasse ein Grünstreifen abgebildet.
Im rechtskräftigen Gesamtbauentscheid vom 2. Februar 2011 wird sodann darauf
hingewiesen, dass unter anderem der Amtsbericht 3 der Gemeinde Wichtrach vom 6.
Januar 2011 sowie der Amtsbericht Strassenbaupolizei des Oberingenieurkreises
II vom 19. Februar 2010 Bestandteil der Gesamtbaubewilligung bilden und dass
deren Auflagen und Bedingungen in allen Teilen einzuhalten sind. Bestandteil
des rechtskräftig bewilligten Projekts bildet somit namentlich auch die Auflage
gemäss Amtsbericht 3 der Gemeinde Wichtrach, wonach der Grünstreifen entlang
der Bernstrasse mit einer niedrigen Bepflanzung, z.B. Sträuchen und Büschen,
aufzuwerten ist. Das gleiche gilt für die Auflage gemäss Amtsbericht
Strassenbaupolizei, wonach im Bauverbotsstreifen von fünf Metern parallel zum
Fahrbahnrand an der Kantonsstrasse keine die Sicht behindernden Bepflanzungen,
Einfriedungen, Ablagerungen und Einrichtungen stehen dürfen bzw. der
Bauverbotsstreifen auch nicht durch weitere Zufahrten, Parkplätze oder eine
andere Vorplatzgestaltung verändert werden darf.
Damit steht fest, dass das von der Beschwerdeführerin realisierte Projekt
insofern vom rechtskräftig bewilligten Projekt abweicht, als entlang der
Kantonsstrasse kein Grünstreifen errichtet worden ist. Weiter ist klar, dass
die Nutzung des Bauverbotsstreifens entlang der Kantonsstrasse als Parkplatz
bzw. Abstellplatz für Ausstellungsfahrzeuge zur rechtskräftig erteilten
Baubewilligung im Widerspruch steht. Die Abweichung vom rechtskräftig
bewilligten Projekt ist nicht unbedeutend. Die umzusetzenden Massnahmen dienen
unter anderem der Verkehrssicherheit und liegen somit im öffentlichen
Interesse.

6.3.2. Die Beschwerdeführerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie
habe in gutem Glauben angenommen, die von ihr ausgeübte Nutzung stehe mit der
Baubewilligung im Einklang. Von vornherein ausser Betracht fällt dies
hinsichtlich des nicht realisierten Grünstreifens, zumal dieser im von der
Beschwerdeführerin selbst eingereichten, bewilligten Plan Nr. 352 "Grundriss
Erdgeschoss/Schnitt A" vom 1. Dezember 2010 ersichtlich ist und ausserdem im
Amtsbericht 3 der Gemeinde Wichtrach erwähnt wird. Auf den guten Glauben kann
sich die Beschwerdeführerin aber auch hinsichtlich der nicht bewilligten
Ausstellungsplätze nicht berufen, weil die Baubewilligungsbehörde die Auflagen
und Bedingungen des Amtsberichts Strassenbaupolizei ebenfalls ausdrücklich zum
Bestandteil der Baubewilligung erklärt hat und daraus ohne Weiteres hervorgeht,
dass im fraglichen Bereich keine Motorfahrzeuge abgestellt werden dürfen.
Bei zumutbarer Aufmerksamkeit und Sorgfalt durfte die Bauherrschaft unter
diesen Umständen nicht annehmen, sie sei berechtigt, den projektierten
Grünstreifen wegzulassen bzw. im fraglichen Bereich Motorfahrzeuge
auszustellen. Angesichts der klaren Auflage im Amtsbericht Strassenpolizei
unerheblich ist, dass die Beschwerdeführerin entlang der Kantonsstrasse schon
früher Motorfahrzeuge abgestellt hat und ob die kommunalen Behörden davon
Kenntnis hatten bzw. ob entsprechende Abstellplätze vor der Realisierung des
Bauprojekts von den Behörden toleriert worden sind.

6.3.3. Die Anordnung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands dient der
Durchsetzung der Nutzungsordnung und der Verkehrssicherheit, woran ein
gewichtiges öffentliches Interesse besteht. Eine diesem Ziel dienende mildere
Massnahme ist nicht ersichtlich. Nicht zu sehen ist sodann, inwiefern die
privaten Interessen der nicht gutgläubig handelnden Beschwerdeführerin an der
Beibehaltung des rechtswidrigen Zustands die öffentlichen Interessen an der
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands aufwiegen sollten. Die
Beschwerdeführerin dringt mit der Rüge, die Anordnung der Wiederherstellung des
rechtmässigen Zustands sei unverhältnismässig und stehe im Widerspruch zum
Grundsatz von Treu und Glauben, nicht durch.

6.4. Schliesslich kann sich die Beschwerdeführerin auch nicht mit Erfolg auf
die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV) berufen, zumal diese keinen Anspruch auf
eine Nutzung ihres Grundstücks vermittelt, die zur rechtskräftig erteilten
Baubewilligung im Widerspruch steht.

7. 
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (vgl. Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen für das
bundesgerichtliche Verfahren sind keine auszurichten (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Einwohnergemeinde Wichtrach, der
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Mattle

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