Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.472/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_472/2015

Urteil vom 21. Januar 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________AG,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Peter-René Wyder,

gegen

Regierungsstatthalteramt von Interlaken-Oberhasli.

Gegenstand
Ermächtigung zum Betreten der Wohnung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 22. Juli 2015 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern.

Sachverhalt:

A.
A.________ ist Geschäftsführer und Verwaltungsratspräsident der B.________AG,
die mit Waffen (insbesondere historischen), Munition und
Ausrüstungsgegenständen handelt. Er wohnt auf Mallorca, hält sich zeitweise
aber auch in seiner Liegenschaft an der Strasse X in U.________ auf. In jener
Liegenschaft befinden sich auch die Geschäftsräume der B.________AG.
Mit Verfügung vom 23. Oktober 2014 ermächtigte das Regierungsstatthalteramt
Interlaken-Oberhasli die Kantonspolizei Bern, die Wohnung von A.________ an der
Strasse X in U.________ zwischen dem 27. und dem 31. Oktober 2014 zwecks
vorsorglicher Sicherstellung aller vorhandenen Feuerwaffen zu betreten und zu
durchsuchen. Zur Begründung führte es aus, dass A.________ mehrfach und in
grober Weise gegen die Waffengesetzgebung verstossen habe, weshalb eine
gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung gegeben sei. Die
Kantonspolizei machte von der Betretungsermächtigung Gebrauch und stellte alle
vorhandenen Feuerwaffen sicher.
Am 25. November 2014 erhoben A.________ und die B.________AG Beschwerde beim
Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Sie beantragten, es sei die
Widerrechtlichkeit der Betretungsermächtigung festzustellen, die
sichergestellten Gegenstände seien zurückzugeben und eine Genugtuung von Fr.
500.-- sei auszurichten. Eventualiter seien die sichergestellten Gegenstände
unter Beizug einer fachkundigen Person zu inventarisieren und zu lagern.
Mit Urteil vom 22. Juli 2015 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab,
soweit es darauf eintrat. Die Betretungsermächtigung erachtete es im
Wesentlichen deshalb nicht als widerrechtlich, weil aufgrund der mehrfachen
Verletzung des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1997 über Waffen, Waffenzubehör und
Munition (Waffengesetz, WG; SR 514.54) von einer dringlichen und qualifizierten
Gefährdung polizeilicher Schutzgüter auszugehen gewesen sei. Auf die weiteren
Rechtsbegehren trat es mit der Begründung nicht ein, sie gingen über den
Streitgegenstand hinaus. Insbesondere falle die Beschlagnahme der Waffen in die
Kompetenz der Kantonspolizei und seien allfällige Entschädigungsansprüche in
einem separaten Staatshaftungsprozess geltend zu machen.

B.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 14. September 2015
beantragen A.________ (Beschwerdeführer 1) und die B.________AG
(Beschwerdeführerin 2), das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und
es sei festzustellen, dass die Betretungsermächtigung nichtig ist und das
Betreten und Durchsuchen der Liegenschaft zwecks vorsorglicher Sicherstellung
sämtlicher Feuerwaffen rechtswidrig war.
Das Regierungstatthalteramt und das Verwaltungsgericht beantragen die Abweisung
der Beschwerde. Die Beschwerdeführer halten in ihrer Stellungnahme dazu an
ihren Anträgen fest.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein Entscheid in einer öffentlich-rechtlichen
Angelegenheit (Art. 82 lit. a BGG).

1.2. Die Beschwerdeführer haben am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen
(Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG). Der Beschwerdeführer 1 ist Eigentümer der
Liegenschaft, die Beschwerdeführerin 2 hat dort ihre Geschäftsräume und ist
Eigentümerin der Waffen. Sie sind deshalb beide durch den angefochtenen
Entscheid besonders berührt (Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG). Art. 89 Abs. 1 lit. c
BGG verlangt weiter ein schutzwürdiges Interesse an der Beurteilung der
Eingabe, das auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung aktuell und praktisch
ist. Das Bundesgericht verzichtet jedoch ausnahmsweise auf das Erfordernis des
aktuellen praktischen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter
gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine
rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die
Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse
liegt (BGE 141 II 14 E. 4.4 S. 30; 139 I 206 E. 1.1 S. 208; je mit Hinweisen).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Obwohl von der beanstandeten
Betretungsermächtigung bereits Gebrauch gemacht worden ist und das Interesse an
deren Überprüfung deshalb nicht mehr aktuell ist, sind die Beschwerdeführer
somit zur Beschwerde berechtigt.

1.3. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen
Anlass. Auf die Beschwerde ist grundsätzlich einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführer beanstanden nicht, dass das Verwaltungsgericht sich nicht
mit ihrer Kritik an der Beschlagnahme der Waffen und mit ihren
Entschädigungsforderungen auseinandergesetzt hat. Auch im vorliegenden
Verfahren ist der Streitgegenstand entsprechend begrenzt: Zu prüfen ist nur, ob
die vorinstanzlich bestätigte Betretungsermächtigung zur Kontrolle der Waffen
gegen Bundesrecht verstösst.

3.

3.1. Zum Sachverhalt führt das Verwaltungsgericht aus, das Verhältnis zwischen
dem Beschwerdeführer 1 und der Kantonspolizei, insbesondere der Polizeiwache
Interlaken, sei belastet. Ein besonderes Misstrauen hege der Beschwerdeführer 1
gegenüber dem Polizisten C.________, der den im Jahr 2009 begangenen
Einbruchdiebstahl bearbeitet habe. Damals seien zwei Personen in die
Liegenschaft des Beschwerdeführers 1 eingestiegen und hätten diverse
Gegenstände behändigt. Weiter weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass die
Staatsanwaltschaft des Kantons Bern den Beschwerdeführer 1 mit Strafbefehl vom
26. Juli 2013 wegen einfacher Verkehrsregelverletzung und Hinderung einer
Amtshandlung schuldig gesprochen habe.
Im Jahr 2011 sei der Beschwerdeführer 1 zur Vereinbarung eines Termins für die
Kontrolle der Seriefeuerwaffen angeschrieben worden. Darauf habe er zunächst
nicht reagiert. Nach einem zweiten Versuch habe er sich mit dem Fachbereich
Waffen, Sprengstoff und Gewerbe (FB WSG) der Kantonspolizei in Verbindung
gesetzt statt mit der Polizeiwache Interlaken. Die Kontrolle sei in der Folge
vom FB WSG durchgeführt worden.
Im Jahr 2013 sei der Beschwerdeführer 1 wiederum aufgefordert worden, sich
zwecks Vereinbarung eines Kontrolltermins mit der Polizeiwache Interlaken in
Verbindung zu setzen. Nach Angaben der Kantonspolizei habe er sich auf keine
der drei schriftlichen Aufforderungen von Polizist C.________ gemeldet. Er
bestreite, eine Aufforderung erhalten zu haben, räume aber ein, dass die
Kontaktaufnahme "nicht einfach" sei. Seine Post bearbeite er "in
unregelmässigen Abständen".
Nicht bestritten sei hingegen, dass der Beschwerdeführer 1 am 13. August 2014
einen Einschreibebrief vom FB WSG erhielt. Hierauf habe er geantwortet. Er sei
darüber informiert worden, dass die Kontrolle nicht mehr vom Fachbereich
durchgeführt werden könne und dass er den Konflikt mit der Polizeiwache
Interlaken beilegen solle. Hierauf habe der Beschwerdeführer 1 mit der
Polizeiwache Interlaken einen Termin vereinbart. Am 4. September 2014 seien die
Polizisten D.________ und C.________ erschienen, um die Kontrolle
durchzuführen. Der Beschwerdeführer 1 habe die zu kontrollierenden
Seriefeuerwaffen im Hausgang hinter der Eingangstüre bereit gestellt. Er habe
die Waffen durch ein zerbrochenes Fenster in der Eingangstüre zeigen wollen.
Die Polizisten hätten hierauf erklärt, dass auch der Aufbewahrungsort und die
räumlich getrennt aufbewahrten Verschlüsse kontrolliert werden müssten. Der
Beschwerdeführer 1 habe daraufhin nur Polizist D.________, nicht aber Polizist
C.________ herein lassen wollen. Auf den Vorschlag, dass Polizist C.________ im
Eingangsbereich warten werde, sei er nicht eingegangen. Der Beschwerdeführer 1
selbst führe aus, dass das "Scheitern vorprogrammiert" gewesen sei, als die
Kantonspolizei mit zwei Polizisten erschienen sei.

3.2. Das Verwaltungsgericht hält gestützt auf diesen Sachverhalt fest, die
gesetzlich vorgesehenen Kontrollen hätten seit Längerem nicht reibungslos
durchgeführt werden können. Es sei von einer mehrfachen Verletzung des
Waffengesetzes - insbesondere von der mehrfachen Verletzung der Pflicht,
Kontrollen zu dulden (Art. 29 WG i.V.m. Art. 53 Abs. 2 der Verordnung vom 2.
Juli 2008 über Waffen, Waffenzubehör und Munition [Waffenverordnung, WV; SR
514.541]) - auszugehen. Ob der Beschwerdeführer 1 auf die Einladungen im Jahr
2013 nicht reagiert habe oder ob er diese gar nicht erhalten habe, könne
dahingestellt bleiben.
Die Kontrollen seien mit Blick auf das öffentliche Interesse zwingend geboten,
zumal die Beschwerdeführerin 2 über eine Waffenhandelsbewilligung verfüge und
im Besitz von sieben Seriefeuerwaffen sei. Die Gefahr für die polizeilichen
Schutzgüter sei umso grösser, je gefährlicher die zu kontrollierenden Waffen
seien. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, wenn das Regierungsstatthalteramt
auf eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr im Sinn von Art. 39 Abs. 1 lit. a
des Polizeigesetzes des Kantons Bern vom 8. Juni 1997 (PolG; BSG 551.1)
geschlossen habe. Der Eingriff in die Garantie der Unverletzlichkeit der
Wohnung gemäss Art. 8 EMRK, Art. 13 BV und Art. 12 Abs. 3 KV/BE (SR 131.212)
sei zulässig. Es sei zu befürchten gewesen, dass die Beschwerdeführer eine
abermals angekündigte Kontrolle verhindern würden und die Kontrollpflichten nur
mittels Betretungsermächtigung durchgeführt werden konnten. Ein milderes Mittel
habe nicht bestanden.

4.

4.1. Die Beschwerdeführer beanstanden zunächst in verschiedener Hinsicht die
Sachverhaltsfeststellungen durch das Verwaltungsgericht. Sie besässen keine
Waffenhandelsbewilligung mehr. Dies sei insofern relevant, als die Vorinstanz
gestützt auf die falsche Annahme Art. 29 Abs. 3 WG und Art. 53 Abs. 2 WV
angewendet habe.
Das Verwaltungsgericht hält dazu in seiner Vernehmlassung im
bundesgerichtlichen Verfahren fest, es habe sich auf den Handelsregisterauszug
verlassen, wonach die Beschwerdeführerin Handel mit Waffen, Munition und
Ausrüstungsgegenständen, insbesondere mit historischen Waffen zivilen oder
militärischen Ursprungs betreibe.
Die Beschwerdeführer legen zum Beweis ihrer Behauptung eine Bestätigung des FB
WSG vom 11. September 2015 vor. Dazu hätten sie freilich bereits im
vorinstanzlichen Verfahren Anlass gehabt, zumal bereits das
Regierungsstatthalteramt davon ausging, die Kontrolle stütze sich auf Art. 29
Abs. 3 WG (Art. 99 Abs. 1 BGG). Diese Bestimmung kommt nur auf Inhaber von
Waffenhandelsbewilligungen zur Anwendung.
Kontrollen sind im Übrigen nicht nur bei Inhabern von
Waffenhandelsbewilligungen gesetzlich erforderlich, wie aus Abs. 1 von Art. 29
WG hervorgeht:
Art. 29 Kontrolle
1 Die kantonalen Vollzugsorgane sind befugt, in Anwesenheit der Person, die
über eine Bewilligung nach diesem Gesetz verfügt, oder ihrer Stellvertretung:
a.die Einhaltung von Bedingungen und Auflagen zu kontrollieren, die mit der
Bewilligung verknüpft sind;
b. während der üblichen Arbeitszeit die Geschäftsräume des Inhabers oder der
Inhaberin einer Waffenhandelsbewilligung ohne Voranmeldung zu besichtigen und
die einschlägigen Akten einzusehen.
2 Sie stellen belastendes Material sicher.
3 Die Kontrolle und Einsichtnahme nach Absatz 1 ist bei Inhabern und
Inhaberinnen einer Waffenhandelsbewilligung regelmässig zu wiederholen.

Wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, ist nicht entscheidend, ob
sich die behördliche Kontrolle nur auf Abs. 1 oder auch auf Abs. 3 von Art. 29
WG stützt. Die Kritik der Beschwerdeführer an der Sachverhaltsfeststellung der
Vorinstanz ist insofern nicht entscheidwesentlich (Art. 97 Abs. 1 BGG).

4.2. Weiter kritisieren die Beschwerdeführer, die Vorinstanz spreche von sieben
der Kontrolle unterliegenden Seriefeuerwaffen. Sie hätten gemäss Waffenregister
jedoch Ausnahmebewilligungen für neun Waffen, wobei drei als gestohlen gemeldet
worden seien.
Das Verwaltungsgericht hält in seiner Vernehmlassung fest, es habe keine
Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die in den Akten genannte Anzahl der
Seriefeuerwaffen nicht mehr aktuell sei.
Inwiefern die beanstandete Ungenauigkeit für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein soll, legen die Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht
ersichtlich (Art. 97 Abs. 1 und Art. 42 Abs. 2 BGG).

4.3. Weiter sind die Beschwerdeführer der Ansicht, die Frage, ob sie 2013 eine
Aufforderung zur Kontrolle erhalten hätten, könne nicht dahingestellt bleiben.
Auch sei falsch zu sagen, der Beschwerdeführer 1 habe sich 2014 der Kontrolle
verweigert. Wie es sich damit verhält, ist nachfolgend zu prüfen.

4.4. Die Beschwerdeführer ergänzen die Sachverhaltsfeststellungen der
Vorinstanz schliesslich mit weiteren Ausführungen, ohne jedoch darzulegen, dass
die Ergänzungen wesentlich für den Ausgang des Verfahrens oder die
vorinstanzlichen Feststellungen unrichtig wären. Darauf ist nicht weiter
einzugehen.

5.

5.1. Inhaltlich rügen die Beschwerdeführer eine willkürliche Anwendung von Art.
39 Abs. 1 lit. a PolG und eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat-
und Familienlebens (Art. 8 EMRK), des Rechts auf Schutz der Privatsphäre (Art.
13 Abs. 1 BV) und der Eigentumsgarantie (Art. 26 Abs. 1 BV). Art. 39 Abs. 1
PolG zählt vier alternative Voraussetzungen auf (lit. a-d), unter denen die
Kantonspolizei Häuser, Wohnungen und Räumlichkeiten ohne Einwilligung der
berechtigten Person betreten und durchsuchen darf. Lit. a nennt die Abwehr
einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und
Ordnung. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, es habe nie eine direkte
Bedrohung bestanden. Die Kontrolle im Jahr 2011 sei ohne Beanstandungen
durchgeführt worden. Für das Jahr 2013 sei unbewiesen geblieben, ob eine
Aufforderung zur Kontrolle verschickt worden sei. 2014 schliesslich seien
allein die Modalitäten (der Zutritt beider Polizisten) diskutiert worden. Die
Überprüfung an sich sei nicht umstritten gewesen, obwohl nur für Inhaber einer
Waffenhandelsbewilligung eine zweijährliche Kontrolle gesetzlich vorgesehen sei
und für andere Personen eine derartige Häufigkeit unverhältnismässig erscheine.
Von einer mehrfachen Verletzung der Pflicht, Kontrollen zu dulden, könne
deshalb nicht gesprochen werden. Im Übrigen würden keine einschlägigen
Vorstrafen bestehen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer 1 wegen seines
Wohnsitzes im Ausland schwer zu erreichen sei, begründe keine Gefahr. Zur
Notwendigkeit der sorgfältigen Aufbewahrung der Waffen sei festzuhalten, dass
die Verschlüsse der Seriefeuerwaffen bereits 2011 gestohlen worden seien,
weshalb deren getrennte Aufbewahrung nach Art. 47 WV auch nicht mehr zu
kontrollieren sei. Nach der Sicherstellung der Waffen sei eine Überprüfung von
deren Aufbewahrung ohnehin nicht mehr möglich gewesen. Anhaltspunkte für eine
gesetzwidrige Aufbewahrung hätten zudem nicht bestanden. Ebensowenig habe es
Anlass zur Annahme gegeben, dass der Beschwerdeführer 1 eine weitere
angekündigte Kontrolle abermals verhindert hätte. Als mildere Massnahme wäre
mithin eine Wiederholung, verbunden mit der Androhung der zwangsweisen
Durchsetzung und der Sicherstellung der Waffen in Frage gekommen. Auch die
Kontrolle durch den FB WSG bzw. ein neutrales Polizeiorgan wäre als mildere
Massnahme denkbar gewesen.

5.2. Der mit der Betretung und Durchsuchung der Liegenschaft einhergehende
Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre nach Art. 13 Abs. 1 BV
ist unter anderem zulässig, sofern er auf einer gesetzlichen Grundlage beruht,
durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt und verhältnismässig ist (Art.
36 BV). Art. 8 Abs. 2 EMRK enthält für die entsprechende Konventionsgarantie
auf Achtung des Privat- und Familienlebens keine weitergehenden
Eingriffsvoraussetzungen. Zudem kommt im vorliegenden Kontext der von den
Beschwerdeführern ebenfalls angerufenen Eigentumsgarantie keine eigenständige
Bedeutung zu, zumal die Sicherstellung der Waffen nicht Verfahrensgegenstand
bildet.

5.3. Gemäss der zu den Akten gereichten Bestätigung des Fachbereichs WSG
verfügt der Beschwerdeführer 1 für insgesamt neun Waffen über eine
Ausnahmebewilligung gemäss Art. 28b WG. Die Kontrolle nach Art. 29 Abs. 1 lit.
a WG dient der Prüfung der Einhaltung von Bedingungen und Auflagen, die mit
dieser Bewilligung verknüpft sind. Eine wirksame Kontrolle bedingt das Recht,
die Räume zu betreten und zu besichtigen, wo die Waffen gelagert werden
(Botschaft vom 24. Januar 1996 zum Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und
Munition, BBl 1996 I 1072 Ziff. 27).
Art. 53 Abs. 2 WV sieht eine mindestens alle zwei Jahre durchzuführende
Kontrolle von Waffenhandlungen vor. Für Inhaber von Ausnahmebewilligungen
enthält die Verordnung keine Vorgaben. Dies bedeutet freilich nicht, dass eine
jedes zweite Jahr stattfindende Kontrolle rechtswidrig wäre. Dem Schreiben der
Kantonspolizei vom 25. September 2014 ist zu entnehmen, dass die Besitzer von
Seriefeuerwaffen im ganzen Kanton alle zwei Jahre kontrolliert werden. Dies ist
nicht zu beanstanden. Die Verordnung räumt der zuständigen kantonalen Behörde
insoweit ein Ermessen ein. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass den
Beschwerdeführern gemäss ihren eigenen Angaben schon mehrere Seriefeuerwaffen
und Verschlüsse abhanden kamen, was eine intensivere Überwachung rechtfertigt.

5.4. Die vom Regierungsstatthalteramt erteilte Betretungsermächtigung findet
ihre gesetzliche Grundlage direkt in Art. 29 WG. Die Norm statuiert mit
hinreichender Bestimmtheit nicht nur die Befugnis der kantonalen Vollzugsorgane
zur Kontrolle, sondern als Korrelat dazu auch die Pflicht der
Bewilligungsinhaber, diese Kontrolle zu dulden. Die Anordnung des
Regierungsstatthalteramts enthält insofern nichts, was sich nicht bereits aus
Art. 29 WG ergibt. Ein Rückgriff auf die Bestimmungen des kantonalen
Polizeirechts zu den Voraussetzungen für das Betreten und Durchsuchen von
Räumlichkeiten erweist sich deshalb als entbehrlich.
Darüber hinaus ist unter den gegebenen Umständen und angesichts der Bedeutung,
die der Kontrolle von Seriefeuerwaffen für die öffentliche Sicherheit zukommt,
auch nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz von einer gegenwärtigen
erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung im Sinne von Art.
39 Abs. 1 lit. a PolG ausging. Wenn die Beschwerdeführer sich in dieser
Hinsicht darauf berufen, es habe nie Anzeichen für eine (konkrete) Bedrohung
oder für eine gesetzwidrige Aufbewahrung gegeben, verkennen sie, dass ohne die
gesetzlich vorgesehenen Kontrollen die Behörden den Schutz vor missbräuchlicher
Verwendung von Waffen nicht gewährleisten können (vgl. Art. 1 Abs. 1 WG), was
für die Annahme einer entsprechenden Gefahr ausreichen muss.

5.5. Das Verhältnismässigkeitsprinzip (Art. 36 Abs. 3 BV) verlangt, dass eine
Massnahme für das Erreichen des im öffentlichen oder privaten Interesse
liegenden Zieles geeignet und erforderlich ist und sich für die Betroffenen in
Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung als zumutbar erweist. Es
muss eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation vorliegen. Eine Massnahme ist
unverhältnismässig, wenn das angestrebte Ziel mit einem weniger schweren
Grundrechtseingriff erreicht werden kann (BGE 140 I 2 E. 9.2.2 S. 24 mit
Hinweisen).
Das Betreten der Liegenschaft der Beschwerdeführer erscheint für die im
öffentlichen Interesse liegende Kontrolle der dort aufbewahrten Waffen ohne
Weiteres geeignet. Das Argument der Beschwerdeführer, nach der Sicherstellung
der Waffen sei eine Überprüfung von deren Aufbewahrung gar nicht mehr möglich
gewesen, überzeugt nicht. Die Aufbewahrung kann vor der Sicherstellung der
Waffen geprüft werden.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer war es zudem aus prinzipiellen
Erwägungen nicht geboten, im Sinne einer milderen Massnahme die Aufgabe einem
"neutralen" Polizeiorgan zu übertragen. Dem Bewilligungsinhaber das Recht
einzuräumen, Kontrollen durch ihm nicht genehme Personen zu verweigern, würde
dem Missbrauch Tür und Tor öffnen und könnte den Kontrollzweck im Ergebnis
vereiteln. Die Modalitäten der Kontrolle gemäss Art. 29 WG können deshalb nicht
der Disposition des Bewilligungsinhabers unterstellt werden.
Schliesslich war es den Beschwerdeführern auch zumutbar, das Betreten der
Liegenschaft zu dulden. Die Prüfung der Einhaltung des Waffengesetzes ist für
die öffentliche Sicherheit von grosser Bedeutung. Dass die Beschwerdeführer für
eine behördliche Kontrolle, die ihren eigenen Vorstellungen nicht entspricht,
kein Verständnis zeigen und die Tatsache, dass ihnen bereits Seriefeuerwaffen
entwendet wurden, unterstreichen die Notwendigkeit einer solchen Kontrolle noch
zusätzlich. Die Interessen der Beschwerdeführer an ihrem Hausrecht müssen
dahinter zurücktreten.

5.6. Die Einschränkung der von den Beschwerdeführern angerufenen Grundrechte
beruht somit einer gesetzlichen Grundlage, liegt im öffentlichen Interesse und
ist verhältnismässig. Die Kritik am angefochtenen Entscheid ist auch insofern
unbegründet.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den
Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführer haben
keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Regierungsstatthalteramt von
Interlaken-Oberhasli, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und der
Staatsanwaltschaft des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Januar 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Dold

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