Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.449/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_449/2015

Urteil vom 25. Februar 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Chaix,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Pascal Baumgardt,

gegen

Politische Gemeinde St. Gallen,
St. Galler Stadtwerke,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch die Direktion Technische Betriebe, Rechtsdienst, St.
Leonhard-Strasse 15, 9001 St. Gallen,

Baudepartement des Kantons St. Gallen, Lämmlisbrunnenstrasse 54, 9001 St.
Gallen.

Gegenstand
Baubewilligung (Neubau Fernwärmezentrale mit Salzlager und Einstellraum,
Photovoltaikanlage und Korrekturgesuch, Änderung Gebäudeposition),

Beschwerde gegen den Entscheid vom 28. Juli 2015 des Verwaltungsgerichts des
Kantons St. Gallen.

Sachverhalt:

A. 
Die A.________ AG ist Eigentümerin eines in der Stadt St. Gallen in der
Wohnzone W4a gelegenen Grundstücks, welches an das der politischen Gemeinde St.
Gallen gehörende Grundstück Gbbl. Nr. W3225 angrenzt. Seit der am 26. März 2012
genehmigten und am 1. Mai 2012 in Kraft getretenen Zonenplanänderung liegt das
Grundstück Gbbl. Nr. W3225 nunmehr vollständig in der Zone für öffentliche
Bauten und Anlagen, nachdem es zuvor teilweise der Wohnzone W4a zugeteilt war.
Am 12. April 2012 reichten die Stadtwerke St. Gallen ein Baugesuch (Nr. 50'444)
zur Erstellung einer Fernwärmezentrale mit den Grundmassen 19,3 m x 49,3 m auf
dem Grundstück Gbbl. Nr. W3225 ein. Gemäss Gesuch befinden sich im
Untergeschoss des Betriebsgebäudes die Öltankanlage, Reserveräume für den
Gasbetrieb, Mittelspannungstrafos sowie die Fernwärmeleitungen zur
Netzeinspeisung. Im Erdgeschoss sind das Kesselhaus, das Salzlager und ein
Lagerraum untergebracht. Im Zwischengeschoss über dem Lagerraum sind die
Kommandozentrale und der Wechselrichterraum für die auf dem Dach installierte
Photovoltaikanlage vorgesehen. Im zweiten Obergeschoss befinden sich eine
Garderobe und eine Dusche. Dachaufbauten sollen auf der Südseite die Montage
von Solarpanels und auf der Nordseite durch die Anbringung von Glasfenstern den
Lichteinfall ermöglichen. Im Weiteren sind im nordwestlichen Bereich zwei
Kaminanlagen vorgesehen, über welche die Abluft aus den Heizkesseln abgeführt
werden soll.
Gegen dieses Bauvorhaben erhob die A.________ AG Einsprache. Mit Entscheid vom
22. Juni 2012 wies die Baubewilligungskommission der politischen Gemeinde St.
Gallen die Einsprache ab und erteilte die Baubewilligung mit Auflagen und
Bedingungen. Mit Eingabe vom 23. Juli 2012 führte die A.________ AG Rekurs an
das Baudepartement des Kantons St. Gallen. Sie rügte darin unter anderem eine
Grenzabstandsverletzung.
Mit Blick auf diese Rüge reichte die Baugesuchstellerin am 28. Mai 2013 ein
Korrekturgesuch Nr. 50'444.1 zum Baugesuch Nr. 50'444 ein, in welchem die Lage
des Betriebsgebäudes leicht gegen Norden gedreht und verschoben wurde, um einen
Abstand von mindestens 10 m zu den Grenzen der südlich gelegenen Grundstücke
einzuhalten. Die von der A.________ AG gegen das Korrekturgesuch erhobene
Einsprache wies die Baubewilligungskommission der politischen Gemeinde St.
Gallen mit Entscheid vom 9. August 2013 ab und bewilligte die Korrektur. Diesen
Entscheid focht die A.________ AG am 5. September 2013 ebenfalls mit Rekurs
beim Baudepartement des Kantons St. Gallen an.
Mit Entscheid vom 3. März 2014 vereinigte das Baudepartement die beiden
Rekursverfahren (Rekurse vom 23. Juli 2012 und vom 5. September 2013) und wies
die Rekurse ab, soweit es darauf eintrat, wobei es den Beschluss der
Baubewilligungskommission vom 22. Juni 2012 mit einer Auflage/Bedingung
präzisierte.
Gegen diesen Entscheid erhob die A.________ AG mit Eingabe vom 18. März 2014
Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Dieses führte am
28. Juli 2015 einen Augenschein durch. Mit Urteil vom gleichen Tag hiess das
Verwaltungsgericht die Beschwerde teilweise gut. Es hielt zusammenfassend fest,
zu berücksichtigen sei, dass die A.________ AG betreffend das Baugesuch 50'444
zu Recht eine Verletzung des Grenzabstands gerügt habe. Diesen Mangel habe die
Baugesuchstellerin erst durch die Einreichung eines Korrekturgesuchs behoben.
Damit sei der Rekurs in diesem Rügepunkt gegenstandslos geworden, wobei die
Baugesuchstellerin die Gegenstandslosigkeit zu vertreten habe. Das
Baudepartement habe dies im Kosten- und Entschädigungspunkt zu Recht zugunsten
der A.________ AG berücksichtigt. Entsprechend hätte es aber den Rekurs vom 23.
Juli 2012 nicht vollumfänglich abweisen dürfen, sondern teilweise gutheissen
müssen; dies sei zu korrigieren. Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die
Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.

B. 
Mit Eingabe vom 14. September 2015 führt die A.________ AG Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Sie beantragt die
Aufhebung des angefochtenen Entscheids vom 28. Juli 2015 und die Verweigerung
der Baubewilligungen für die Baugesuche Nrn. 50'444 und 50'444.1. Eventualiter
sei die Angelegenheit zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz oder an die
politische Gemeinde St. Gallen zurückzuweisen.
Mit Verfügung vom 3. November 2015 wies der Präsident der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung das Gesuch um aufschiebende Wirkung ab.
Die Vorinstanz und das Baudepartement des Kantons St. Gallen beantragen die
Beschwerdeabweisung. Die politische Gemeinde St. Gallen beantragt, die
Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für
Umwelt BAFU verzichtet auf eine Stellungnahme.
Die Beschwerdeführerin hält in weiteren Eingaben an ihren Anträgen fest.

Erwägungen:

1.

1.1. Dem angefochtenen Urteil der Vorinstanz liegt eine baurechtliche
Streitigkeit und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zugrunde. Das
Bundesgerichtsgesetz enthält auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts
keinen Ausschlussgrund von der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten (Art. 82 lit. a und Art. 83 BGG). Die Beschwerdeführerin hatte
im vorinstanzlichen Verfahren Parteistellung (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG). Als
Eigentümerin eines an die Bauparzelle angrenzenden Grundstücks ist sie durch
das angefochtene Urteil besonders berührt (lit. b) und hat ein schutzwürdiges
Interesse an dessen Aufhebung (lit. c). Sie ist zur Beschwerdeführung
legitimiert.

1.2. In der Replik bringt die Beschwerdeführerin eine Rüge vor, die sie in der
Beschwerdeschrift nicht erhoben hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts
ist eine Beschwerdeergänzung auf dem Weg der Replik nur insoweit statthaft, als
die Ausführungen in der Vernehmlassung eines anderen Verfahrensbeteiligten dazu
Anlass geben. Ausgeschlossen sind hingegen Anträge und Rügen, die die
Beschwerdeführerin bereits vor Ablauf der Beschwerdefrist hätte erheben können
(BGE 135 I 19 E. 2.2 S. 21; siehe auch Laurent Merz, in: Basler Kommentar BGG,
2. Aufl. 2011, Art. 42 N. 42 mit Hinweisen).
Auf die erstmals in der Replik vorgebrachte Rüge der Verletzung des rechtlichen
Gehörs wegen unterlassener Zustellung des Augenscheinprotokolls vor der
Entscheidfällung ist nicht einzutreten, da hierzu nicht erst eine vorgängige
Eingabe anderer Verfahrensbeteiligter Anlass gegeben hat.

1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten können
Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 BGG gerügt werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1
S. 254). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten - einschliesslich der
willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung (Art. 9 BV) - gilt eine qualifizierte Rügepflicht
(Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 281 f.; 136 I 229 E. 4.1 S.
235).
Willkür liegt nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts vor, wenn der
angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid
jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das Ergebnis
unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar
zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3 S. 319 mit Hinweis).

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung.
Die Vorinstanz habe anlässlich des Augenscheins, welcher am Morgen um 8.30 Uhr
durchgeführt worden sei, festgestellt, dass keine Beschattung ihrer
Liegenschaft durch die auf der Nordseite geplante Fernwärmezentrale erfolge.
Dabei habe die Vorinstanz indes übersehen, dass dies am späten Nachmittag sehr
wohl der Fall sei. Die Sache sei insoweit zur ergänzenden
Sachverhaltsfeststellung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

2.2. Die Beschwerdeführerin belegt ihre Behauptung der Beschattung des Gebäudes
ab dem späten Nachmittag nicht. Selbst wenn sie indes zutreffen sollte, führt
dies nicht zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids, da die
Sachverhaltsfeststellung einen untergeordneten, nicht entscheidwesentlichen
Aspekt betrifft (vgl. auch E. 4.5.1 hiernach).

3.

3.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, mit der Zulassung einer
Projektänderung in Form eines neuen Baugesuchs während des hängigen Verfahrens
bestehe die Gefahr sich widersprechender Entscheide über dieselbe Sache, womit
Rechtsunsicherheit entstünde. Dies verletze die Koordinationspflicht gemäss
Art. 25a RPG.

3.2. Die Vorinstanz hat erwogen, mit der praxisgemäss zulässigen Einreichung
eines Korrekturgesuchs mit leicht veränderter Positionierung des Gebäudes
zwecks Einhaltung des gesetzlichen Grenzabstands sei das ursprüngliche
Baugesuch in diesem Punkt ersetzt worden. Entsprechend lägen entgegen der
Behauptung der Beschwerdeführerin keine sich gegenseitig ausschliessenden
Baugesuche vor, womit auch keine Gefahr sich widersprechender Entscheide
bestehe.

3.3. Die Beschwerdeführerin macht keine willkürliche Anwendung kantonalen oder
kommunalen Rechts geltend. Sie behauptet nicht, dass die Zulassung
untergeordneter Projektänderungen durch Korrekturgesuche während hängigen
Verfahrens gegen das kantonale Baugesetz oder die kommunale Bauordnung
verstösst.
Vielmehr rügt sie einzig eine Verletzung der bundesrechtlichen
Koordinationspflicht gemäss Art. 25a RPG. Diese Rüge ist unbegründet, da
aufgrund der nachträglichen Projektänderung betreffend Gebäudepositionierung
nicht verschiedene Bewilligungen inhaltlich aufeinander abgestimmt und
koordiniert eröffnet werden mussten. Es bestand auch keine Gefahr sich
widersprechender Entscheide. Die ursprünglich erteilte, noch nicht
rechtskräftige Baubewilligung wurde in Bezug auf die Gebäudepositionierung
durch die Bewilligung des Korrekturgesuchs ersetzt. Das Baudepartement
vereinigte alsdann die Rekursverfahren und fällte einen Entscheid.

4.

4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, Art. 13 Abs. 2 der Bauordnung der
politischen Gemeinde St. Gallen vom 29. August 2000/ 15. November 2005 (BO/St.
Gallen) sei zu unbestimmt gefasst, was gegen das Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs.
1 BV) verstosse (vgl. nachfolgend E. 4.3). Zumindest wäre der Erlass eines
Sondernutzungsplans notwendig gewesen (vgl. nachfolgend E. 4.4). Sollte Art. 13
Abs. 2 BO/St. Gallen doch als anwendbar erachtet werden, so ergebe eine
sorgfältige Abwägung der involvierten öffentlichen und privaten Interessen,
dass das Bauprojekt deutlich überdimensioniert sei und nicht bewilligt werden
könne; besonders störend seien die massiven Kaminanlagen (vgl. nachfolgend E.
4.5).

4.2.

4.2.1. Art. 13 BO/St. Gallen bestimmt, dass die Zahl der Geschosse, die
Gebäudehöhe, die Gebäudelänge, die Gebäudetiefe sowie der grosse und der kleine
Grenzabstand für die einzelnen Zonen gemäss der Tabelle im Anhang geregelt
werden (Abs. 1). In Zonen, für welche die Tabelle keine Regelung enthält und
für welche keine Sonderbauvorschriften erlassen worden sind, werden die
Grundmasse und Gestaltungsanforderungen unter Berücksichtigung der öffentlichen
und privaten Interessen im Einzelfall festgelegt. Gegenüber benachbarten Zonen
gelten mindestens die Abstände der angrenzenden Bauklassen (Abs. 2).

4.2.2. Die Tabelle zu Art. 13 BO/St. Gallen gemäss Anhang enthält für die Zone
für öffentliche Bauten und Anlagen keine Regelung und es wurden vorliegend
keine Sonderbauvorschriften erlassen. Anwendung findet folglich Art. 13 Abs. 2
BO/St. Gallen. Gegenüber dem der Wohnzone W4a zugehörenden Grundstück der
Beschwerdeführerin gilt ein grosser Grenzabstand von 10 m (vgl. Tabelle zu Art.
13 BO/St. Gallen gemäss Anhang BO/St. Gallen). Dieser ist unbestrittenermassen
eingehalten. Die Grundmasse des geplanten Gebäudes (Geschosszahl, Gebäudehöhe,
-länge und -tiefe) sind alsdann unter Berücksichtigung der öffentlichen und
privaten Interessen im Einzelfall festzulegen.
Zu prüfen ist vorab, ob diese Bestimmung, wie von der Beschwerdeführerin
vorgebracht, gegen das Legalitätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 BV) verstösst.

4.3.

4.3.1. Die Vorinstanz hat erwogen, die Unterschiedlichkeit der möglichen
Nutzungsarten in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen bedinge eine
offene Regelung ohne Bauklassen und detaillierte Nutzungsbestimmungen. Die Norm
sei genügend bestimmt, da die Abstandsvorschriften der benachbarten Bauklassen
als anwendbar erklärt würden und zudem in jedem Fall öffentliche und private
Interessen zu berücksichtigen seien.

4.3.2. Diese Ausführungen verletzen kein Bundesrecht.
Art. 13 Abs. 2 BO/St. Gallen enthält eine klare Regelung des Grenzabstands,
indem die Abstandsvorschriften der benachbarten Bauklassen für anwendbar
erklärt werden. Im Übrigen ist die Vorschrift offen gefasst.
Nach der bundesgerichtlichen Praxis ist es indes zulässig, die Bauvorschriften
in der Zone für öffentliche Bauten und Anlagen offen zu umschreiben, da die
öffentlichen Nutzungsarten sehr unterschiedlich sein können (z.B. Schulhaus,
Spital, Kehrichtverbrennungsanlage usw.). In einem die Gemeinde Arosa
betreffenden Fall erwog das Bundesgericht, das kommunale Baugesetz sehe für die
Zone für öffentliche Bauten und Anlagen keine fest definierten Kennzahlen für
die maximale Ausnützungsziffer sowie für die Gebäudehöhe und -länge vor,
sondern bestimme einzig, dass die Vorschriften der angrenzenden Zonen
angemessen zu berücksichtigen seien. Der Gemeinde stehe insoweit ein gewisser
Spielraum zu, der pflichtgemäss und willkürfrei auszuüben sei. Dies habe die
Gemeinde getan. Das Projekt (ein Pflegeheim) sei hinsichtlich der Gebäudemasse
nicht unhaltbar (vgl. Urteil 1C_234/ 2012 vom 29. August 2012 E. 4.5 mit
Hinweisen; siehe auch nachfolgend E. 4.5.2).
Ausgehend von der dargestellten bundesgerichtlichen Praxis, welche in der Zone
für öffentliche Bauten und Anlagen offene Regelungen als zulässig erachtet,
verletzt auch die vorliegend zu beurteilende Bestimmung von Art. 13 Abs. 2 BO/
St. Gallen kein Bundesrecht. Indem die Abstandsvorschriften der benachbarten
Bauklassen für anwendbar erklärt werden und die Baubehörde zur Berücksichtigung
der öffentlichen und privaten Interessen verpflichtet wird, ist dem
Bestimmtheitserfordernis bzw. dem Legalitätsprinzip nach Art. 5 Abs. 1 BV
Genüge getan.

4.4.

4.4.1. Die Vorinstanz hat ausgeführt, entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführerin sei der Erlass eines Sondernutzungsplans nicht notwendig
gewesen. Das kantonale Gesetz über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht
(Baugesetz, BauG/SG; sGS 731.1) vom 6. Juni 1972 sehe keine Überbauungs- oder
Gestaltungsplanpflicht vor. Vorbehalten blieben Sondernutzungspläne für Bauten
und Anlagen von überörtlicher Bedeutung gemäss Art. 69bis Abs. 2 BauG/SG. Als
solche gälten nach Art. 69bis Abs. 1 BauG/SG Bauten und Anlagen, die sich wegen
ihrer Grösse oder Bedeutung auf die Siedlungs-, Verkehrs- oder
Versorgungsstruktur der umliegenden Gemeinden erheblich auswirkten. Der
geplanten Fernwärmezentrale komme keine solche überörtliche Bedeutung zu, da
diese im Wesentlichen der Versorgung der Stadt St. Gallen bzw. eines Teils
derselben diene.

4.4.2. Die Beschwerdeführerin begründet ihre Auffassung, wonach der Erlass
eines Sondernutzungsplans erforderlich gewesen wäre, nicht und rügt insoweit
auch keine willkürliche Anwendung kantonalen (oder kommunalen) Rechts. Eine
solche ist auch nicht ersichtlich.

4.5.

4.5.1. Die Vorinstanz hat weiter festgehalten, die Berücksichtigung der
öffentlichen und privaten Interessen im Sinne von Art. 13 Abs. 2 BO/ St. Gallen
führe zu folgendem Ergebnis: Das öffentliche Interesse an der Realisierung der
Fernwärmezentrale sei ausgewiesen, da die Gewährleistung der Wärmeversorgung
eine zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand darstelle. Das Projekt diene der
Umsetzung des Energiekonzepts 2050 und damit dem Ziel der nachhaltigen Deckung
des künftigen Wärmebedarfs. Das geplante Betriebsgebäude sei 49,3 m lang und
19,3 m breit. Gemessen an der Oberkante der Dachaufbauten sei das Gebäude 16,76
m hoch; die massgebliche Gebäudehöhe betrage indes gemäss Art. 20 Abs. 1 BO/St.
Gallen i.V.m. Art. 60 BauG/SG 14,66 m. Die beiden Kaminanlagen erreichten eine
Höhe von 22,66 m. Damit würden die in der Wohnzone W4a geltenden Grundmasse
(Gebäudelänge 40 m, Gebäudetiefe 14 m und Gebäudehöhe 14,5 m; vgl. Tabelle zu
Art. 13 BO/St. Gallen gemäss Anhang BO/St. Gallen) zwar überschritten. Die
Ausmasse seien jedoch bei der Fernwärmezentrale im Wesentlichen technisch
bedingt. Die Überschreitung sei auch nicht derart massiv, dass sich die Baute
nicht mit der bestehenden Bausubstanz und der Umgebung vertrage. Die privaten
Interessen der Beschwerdeführerin würden durch die Dimensionen des Gebäudes
nicht erheblich tangiert und vermöchten das öffentliche Interesse an der
Realisierung nicht aufzuwiegen. Das Bauvorhaben sei in der geplanten Form
bewilligungsfähig.

4.5.2. Die Vorinstanz hat die massgeblichen öffentlichen und privaten
Interessen berücksichtigt. Sie hat das öffentliche Interesse an der
Realisierung der Fernwärmezentrale zur Gewährleistung der Wärmeversorgung zu
Recht als gewichtig eingestuft.
Im Urteil 1C_234/2012 vom 29. August 2012 E. 4.5 in Sachen Gemeinde Arosa kam
das Bundesgericht, wie erwähnt (vgl. E. 4.3.2 hiervor), zum Schluss, das
Projekt sei hinsichtlich der Gebäudemasse nicht unhaltbar. Das Bundesgericht
erwog, die vorgesehene Gebäudelänge von 60,98 m und die geplante Gebäudehöhe
von 16,02 m (in einer Gebäudeecke) berücksichtigten die in der angrenzenden
Dorfzone geltenden Vorschriften (Gebäudelänge von höchstens 50 m und
Gebäudehöhe von maximal 13,90 m) angemessen.
Im zu beurteilenden Fall hat die Vorinstanz die Grundmasse der geplanten
Fernwärmezentrale willkürfrei errechnet. Die Abweichungen von der angrenzenden
Zone (Wohnzone W4a) bewegen sich in einem ähnlichen Rahmen wie im Fall 1C_234/
2012 vom 29. August 2012 (Gebäudelänge 49,3 m statt 40 m; Gebäudetiefe 19,3 m
statt 14 m; massgebliche Gebäudehöhe 14,66 m statt 14,5 m). Entscheidend ins
Gewicht fällt, dass - wie von der Vorinstanz willkürfrei festgestellt - die
Ausmasse der Fernwärmezentrale im Wesentlichen technisch bedingt sind und sich
das projektierte Gebäude mit der bestehenden Bausubstanz und der Umgebung
verträgt. Diese Feststellungen gelten auch bezüglich der Höhe und des Umfangs
der beiden Kaminanlagen. Gegenteiliges wird von der Beschwerdeführerin mit
ihrer allgemein gehaltenen Kritik nicht substanziiert aufgezeigt.
Zusammenfassend sind somit die Schlussfolgerungen der Vorinstanz, die privaten
Interessen der Beschwerdeführerin würden durch die Dimensionen des Gebäudes
nicht erheblich tangiert und vermöchten das öffentliche Interesse an der
Realisierung nicht aufzuwiegen, ohne Weiteres haltbar. Eine willkürliche
Anwendung von Art. 13 Abs. 2 BO/ St. Gallen ist zu verneinen.

5. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die kommunalen und kantonalen Behörden haben
keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Baudepartement des Kantons St. Gallen, dem
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Umwelt
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Februar 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner

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