Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.43/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_43/2015

Urteil vom 6. November 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
A.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Wendling,
Beschwerdeführerin,

gegen

Einwohnergemeinde Vinelz, handelnd durch den Gemeinderat Vinelz, 3234 Vinelz,
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Rechtsamt, Reiterstrasse
11, 3011 Bern.

Gegenstand
Bootsanbindeplatz; nachträgliche Baubewilligung und Wiederherstellung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 16. Dezember 2014 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern.

Sachverhalt:

A. 
Die am Bielersee in der Gemeinde Vinelz gelegene Parzelle Nr. 342 steht heute
im Eigentum der A.________ AG. Am 19. Februar 1990 stellte der damalige
Grundeigentümer B.________ ein Baugesuch, um den bestehenden Hafen auszugraben
und den ebenfalls bestehenden Bootssteg in gleich bleibendem Umfang neu zu
errichten. Am 31. Mai 1990 erteilte der zuständige Kreisoberingenieur die
Wasserbaupolizeibewilligung.

In der Folge beschwerte sich ein Nachbar insbesondere über Pfähle, die
B.________ in den Seegrund eingerammt hatte. Die Einwohnergemeinde Vinelz
verfügte am 10. Juli 1996 gegenüber dem neuen Eigentümer der Parzelle,
C.________, die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Am 6. August
1996 stellte C.________ ein nachträgliches Baugesuch für das "Erstellen von
sechs gerammten Pfählen für das Anbinden von Schiffen". Dagegen gingen mehrere
Einsprachen ein. Das Gesuch war in der Folge längere Zeit hängig, und das
Eigentum an der Parzelle Nr. 342 wechselte zwei weitere Male die Hand: zunächst
gelangte die Parzelle an die Baugenossenschaft D.________, später an die
A.________ AG.

Mit Verfügung vom 17. Februar 2012 verweigerte das Amt für Gemeinden und
Raumordnung des Kantons Bern die Ausnahmebewilligung für das Bauen ausserhalb
der Bauzone. Gestützt darauf wies das Regierungsstatthalteramt des
Verwaltungskreises Seeland das nachträgliche Baugesuch ab und verfügte die
Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands, das heisst das Entfernen der
sechs Pfähle.

Eine von der A.________ AG dagegen eingelegte Beschwerde wies die Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) mit Entscheid vom 20.
März 2013 ab. Daraufhin erhob die Nerinvest Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit
Urteil vom 16. Dezember 2014 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern das
Rechtsmittel ab, soweit es darauf eintrat.

B. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht vom
19. Januar 2015 beantragt die A.________ AG, das verwaltungsgerichtliche Urteil
sei aufzuheben und die Baubewilligung zu erteilen. Eventualiter sei die Sache
zur Durchführung eines Augenscheins sowie "der Ausschöpfung des Sachplans
Seeverkehr" an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter sei eine
Ausnahmebewilligung nach Art. 24 ff. RPG (SR 700) zu erteilen,
subsubeventualiter sei der Bauabschlag zu bestätigen, aber auf die
Wiederherstellung zu verzichten. Weiter seien die beiden noch rechtshängigen
Einsprachen als öffentlich-rechtlich unbegründet abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden könne.

Die BVE und das Verwaltungsgericht beantragen die Abweisung der Beschwerde. Die
Einwohnergemeinde Vinelz verzichtet auf eine Vernehmlassung. Das Bundesamt für
Raumentwicklung (ARE) erachtet das angefochtene Urteil für richtig. Das
Bundesamt für Umwelt (BAFU) kommt zum Schluss, die angeordnete
Wiederherstellung sei aus umweltrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Die
Beschwerdeführerin hat dazu Stellung genommen.

Erwägungen:

1. 
Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über eine
öffentlich-rechtliche Angelegenheit (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d
BGG). Die Beschwerdeführerin ist als Baugesuchstellerin und als zur
Wiederherstellung des früheren Zustands Verpflichtete zur Beschwerdeführung
legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben
zu keinen Bemerkungen Anlass. Auf die Beschwerde ist unter dem Vorbehalt der
nachfolgenden Erwägungen einzutreten.

2. 
Die Parzelle Nr. 342 liegt teilweise im Bielersee. Es befinden sich darauf ein
Ferienhaus und ein Steg, welcher vom Ufer rund 20 m in den See hinausragt. Die
sechs umstrittenen Pfähle befinden sich auf der Ostseite des Stegs und haben je
einen Durchmesser von rund 40 cm und eine Höhe von rund 3 m ab Seegrund. Drei
der sechs Pfähle wurden direkt neben dem Steg eingerammt mit einem Abstand von
rund 7,3 und 7,5 m zueinander. Die drei weiteren Pfähle wurden parallel zu den
anderen freistehend in einem Abstand von rund 5,8 m weiter östlich in den
Seegrund eingelassen.

Weder aus dem angefochtenen Entscheid noch den Akten geht hervor, wann der Steg
genau gebaut wurde. Das Verwaltungsgericht hält in dieser Hinsicht fest,
aufgrund von Luftbildern sei erstellt, dass sich auf Parzelle Nr. 342
spätestens seit dem Jahr 1958 ein Steg befunden habe. Ein weiteres Bild aus dem
Jahr 1968 zeige ebenfalls einen Steg. Auf den Bildern lasse sich zudem jeweils
ein Boot erkennen, welches am Steg festgemacht sei. Ein später aufgenommenes
Luftbild aus dem Jahr 1976 zeige denselben Steg, nun jedoch erweitert mit einer
rechtwinkligen Badeplattform, welche mittlerweile nicht mehr bestehe. Wann
diese bauliche Veränderung genau vorgenommen worden sei, habe nicht geklärt
werden können. Die Grundkonstruktion des Stegs sei im Verlauf der Jahre in
ihren Ausmassen aber jedenfalls unverändert geblieben. 

Aus dem Entscheid der BVE geht hervor, dass gemäss Auskunft des Amts für
Grundstücke und Gebäude für die Schiffsliegeplätze auf der Parzelle Nr. 342 und
auf der benachbarten Parzelle Nr. 414 keine Bewilligungen erteilt worden sind.
Es seien auch keine Angaben für den gesteigerten Gemeingebrauch von
öffentlichen Gewässern bezahlt worden.

3.

3.1. Das Verwaltungsgericht prüfte das Baugesuch insbesondere auf seine
Vereinbarkeit mit Art. 11 des Baugesetzes des Kantons Bern vom 9. Juni 1985
(BauG; BSG 721.0). Diese Bestimmung lautet in ihrer bis zum 31. Dezember 2014
gültigen Fassung wie folgt (im Folgenden: aArt. 11 BauG) :

2. Bauvorhaben in und an Gewässern
1 In Gewässern und im geschützten Uferbereich sind Bauvorhaben nur zulässig,
wenn sie standortgebunden sind und im öffentlichen Interesse liegen. [Fassung
vom 28. 1. 2009]
2 Sofern keine überwiegenden Interessen entgegenstehen, können ausserdem die
folgenden privaten Bauvorhaben bewilligt werden:
a Hafen- und Landeanlagen, Bootsanbindestellen, Trockenplätze für Boote,
Schiffsbojen sowie Anlagen für den Bade- und Wassersport und die Fischerei,
alles jedoch nur auf den hiefür freigegebenen Gewässerflächen oder auf dem
festen Ufer;
b die Erneuerung, der Umbau und der Wiederaufbau von Bauten und Anlagen. Für
den Wiederaufbau gilt Artikel 82. [Fassung vom 4. 4. 2001]
3 Der geschützte Uferbereich von Gewässern wird durch das Gesetz vom 14.
Februar 1989 über Gewässerunterhalt und Wasserbau (Wasserbaugesetz, WBG [BSG
751.11]) und die gestützt darauf erlassenen Gemeindevorschriften bestimmt.
[Fassung vom 28. 1. 2009]
4 Das Gesetz über See- und Flussufer [BSG 704.1] sowie die Vorschriften der
besonderen Gesetzgebung und der Gemeinden bleiben vorbehalten.

Das Verwaltungsgericht legte dar, bei aArt. 11 BauG handle es sich um eine
Schutzvorschrift im Sinne von Art. 17 Abs. 2 RPG. Das strittige Bauvorhaben
liege ausserhalb der Bauzone im Bielersee und unbestrittenermassen nicht auf
einer freigegebenen Gewässerfläche gemäss aArt. 11 Abs. 2 lit. a BauG. Ein
öffentliches Interesse am Bootsanbindeplatz bestehe nicht (aArt. 11 Abs. 1
BauG). Zu prüfen sei weiter, ob das Vorhaben unter die Besitzstandsgarantie
falle und deshalb zu bewilligen sei. Art. 24c RPG, der für bestehende
zonenwidrige Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen eine erweiterte
Besitzstandsgarantie vorsehe, verlange in Abs. 5 eine umfassende
Interessenabwägung. Soweit das positive Verfassungs- und Gesetzesrecht einzelne
Aspekte der Interessenabwägung konkret regle, sei das Bauvorhaben allerdings
vorweg nach diesen Sondernormen zu prüfen. Bei aArt. 11 BauG handle es sich um
eine solche Sondernorm. aArt. 11 Abs. 2 lit. b BauG lasse private Bauvorhaben
zu, sofern keine überwiegenden Interessen entgegen stünden und es sich um eine
Erneuerung, einen Umbau oder einen Wiederaufbau handle. Eine (massvolle)
Erweiterung sei im Unterschied zu Art. 24c RPG nicht vorgesehen. Vorliegend
gehe es weder um einen Wiederaufbau noch eine Erneuerung oder einen Umbau.
Vielmehr bedeuteten die sechs Pfähle eine Erweiterung der bestehenden Anlage,
die nach Art. 11 Abs. 2 lit. b BauG nicht bewilligungsfähig sei. Es erübrige
sich folglich die Prüfung der weiteren Voraussetzungen für die Anwendung der
Besitzstandsgarantie. So könne bei diesem Ergebnis insbesondere offen bleiben,
ob der frühere Steg und die rechtwinklige Badeplattform rechtmässig erstellt
worden seien.

3.2. Weiter prüfte das Verwaltungsgericht, ob eine Bewilligung nach Art. 24 RPG
in Betracht falle, wobei es dies grundsätzlich ausschloss, da das Vorhaben der
Schutzbestimmung von aArt. 11 BauG widerspreche. Zudem gehe das öffentliche
Interesse an der Freihaltung der Gewässer dem privaten Interesse der
Beschwerdeführerin an einer ausgebauten Bootsanbindevorrichtung vor.

3.3. Das Verwaltungsgericht ging schliesslich auf den Hinweis der
Beschwerdeführerin ein, dass im Gewässer vor der Nachbarparzelle ein Badesteg
bewilligt worden sei. Die BVE habe festgestellt, dass diese Bewilligung zu
Unrecht erfolgt sei. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht bestehe
indessen nicht, selbst wenn die beiden Bauten als vergleichbar angesehen
würden. Wie bereits ausgeführt worden sei, stünden der Erweiterung des Stegs
überwiegende öffentliche Interessen entgegen. Zudem gebe es auch keine
Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeinde Badestege weiterhin auf diese Art
bewilligen werde. Folglich sei eine Baubewilligung auch unter diesem Titel
nicht möglich.

3.4. Zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands hielt das
Verwaltungsgericht fest, dass die in Art. 46 Abs. 3 BauG vorgesehene
fünfjährige Frist nicht anwendbar sei, da es sich um einen bundesrechtlich
geregelten Sachverhalt handle. Dass die Gemeinde erst rund sechs Jahre nach dem
Einrammen der Pfähle die Wiederherstellung angeordnet habe, sei deshalb nicht
zu beanstanden. Zudem seien zwingende öffentliche Interessen betroffen, wie sie
gemäss Art. 46 Abs. 3 BauG der Wiederherstellungsfrist vorbehalten würden. Die
Wiederherstellung sei zudem verhältnismässig, insbesondere da der Steg auch
ohne freistehende Pfähle benutzbar sei und für den Rückbau nicht mit besonders
hohen Kosten oder Schwierigkeiten zu rechnen sei.

4.

4.1. Zum vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt bringt die
Beschwerdeführerin vor, es sei heute offensichtlich, dass die rechtserheblichen
Beweise nur ungenügend erstellt seien, da auf den von ihr beantragten
Augenschein verzichtet worden sei. Das Verwaltungsgericht benutze diese
Ungenauigkeiten für beliebige willkürliche Behauptungen und Rechtsfolgen. Die
Gesamtnutzung der Anlagen in der festgestellten modifizierten Form sei nahezu
gleich gross. In der Projektion der früheren rechtwinkligen
Plattformkonstruktion fänden sich heute zwei Pfähle, die nicht verbunden seien.
Drei neue Pfähle seien als statisch notwendiger Teil in die Konstruktion des
Stegs integriert. Es sei keine neue Konstruktion mit den separaten,
nachträglichen Pfählen entstanden.

4.2. Inwiefern die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen offensichtlich
unrichtig sein sollen (Art. 97 Abs. 1 BGG), geht aus diesen Ausführungen nicht
hervor. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass die drei seitlich des Stegs
angebrachten Pfähle für dessen Statik notwendig sind, deckt sich zudem nicht
mit ihren eigenen weiteren Ausführungen. So bringt sie im Zusammenhang mit der
Frage der Wiederherstellung vor, der Steg sei bereits vor dem Einrammen der
sechs Pfähle zum Anbinden eines Boots verwendet worden und dies würde nach dem
Entfernen der Pfähle nicht anders sein. Am besagten Platz würden ein oder zwei
Boote am Badesteg angebracht. Von den Sachverhaltsfeststellungen des
Verwaltungsgerichts abzuweichen, besteht angesichts dieser Ausführungen kein
Anlass.

Was die Beschwerdeführerin mit dem von ihr beantragten Augenschein hätte
aufzeigen wollen und weshalb die Vorinstanz das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs.
2 BV) verletzte, indem sie davon absah, geht aus der Beschwerde nicht hervor.
Auf die Rüge ist nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).

5. 
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die fünfjährige Frist nach Art. 46 Abs. 3
BauG sei im Zeitpunkt des nachträglichen Baugesuchs abgelaufen gewesen und ein
zwingendes öffentliches Interesse an der Wiederherstellung im Sinne dieser
Bestimmung gebe es auch nicht. Auf die Erwägung der Vorinstanz, die fünfjährige
Frist gemäss Art. 46 Abs. 3 BauG sei vorliegend gar nicht anwendbar, da es sich
um einen bundesrechtlich geregelten Sachverhalt handle, geht die
Beschwerdeführerin nicht ein. Ihre Rüge genügt insofern den
Begründungsanforderungen von Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG nicht,
weshalb darauf nicht einzutreten ist.

6. 
Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie habe Anspruch auf Gleichbehandlung im
Unrecht, da bis zum Jahr 2012 der Bau von Badestegen in der Gemeinde bewilligt
worden sei.

Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht nur dann ausnahmsweise
ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht, wenn eine ständige rechtswidrige
Praxis einer rechtsanwendenden Behörde vorliegt und die Behörde zu erkennen
gibt, dass sie auch in Zukunft nicht von dieser Praxis abzuweichen gedenke (BGE
136 I 65 E. 5.6 S. 78 mit Hinweisen). Wird eine ständige Praxis zum ersten Mal
einer gerichtlichen Prüfung unterzogen und dabei als rechtswidrig erkannt, ist
davon auszugehen, dass die Behörde ihre Praxis entsprechend anpasse (Urteil
1C_436/2014 vom 5. Januar 2015 E. 5.1 mit Hinweisen).

Das Verwaltungsgericht legte dar, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die
von der Beschwerdeführerin geltend gemachte rechtswidrige Praxis weitergeführt
worden sei. Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Darstellung nicht. Vor dem
Hintergrund der dargelegten Rechtsprechung ist somit eine Verletzung des
Rechtsgleichheitsgebots (Art. 8 Abs. 1 BV) zu verneinen.

7.

7.1. Die Beschwerdeführerin macht unter den Titeln "Bestandesgarantie" und
"Ausnahmebewilligung" geltend, der Bootsliegeplatz müsse so konstruiert werden,
dass das Schiff in allen Richtungen ideal eingespannt sei. Dies erforderten die
spezielle Bisenexpostition und die durch Wakeboarder verursachten Wellen. Es
liege beinahe ein Notstand vor. Die Pfähle würden dem Bootsführer zudem
erlauben, sich bei Wind und Wellen zweckmässig in seinen Liegeplatz hinein zu
manövrieren. Mithin dienten sie dem sicheren und energiefreundlichen
Manövrieren unter Schonung der Umwelt. Eine Erweiterung der Nutzung liege nicht
vor. Im Gegenteil sei durch den Rückbau der Plattform die unbebaute Seefläche
vergrössert worden. Das von der Vorinstanz betonte übergeordnete
Rechtsschutzinteresse der breiten Öffentlichkeit an der Freihaltung der
Gewässer sei vollkommen unhaltbar.

7.2. Das Verwaltungsgericht hat eine Interessenabwägung im Rahmen ihrer
Erwägungen zu Art. 24 RPG vorgenommen. Zudem warf es die Frage auf, ob die am
1. Januar 2015 (und damit nach dem angefochtenen Urteil) in Kraft getretene
Änderung von Art. 11 BauG zu berücksichtigen sei (im Folgenden: nArt. 11 BauG).
Die revidierte Bestimmung sieht insbesondere vor, dass sich die Nutzung des
Gewässerraums nach Bundesrecht richtet (Abs. 1) und dass die bundesrechtlichen
Vorschriften für Bauten und Anlagen im Gewässerraum auch für Bauvorhaben  in
 Gewässern gelten (Abs. 3, Hervorhebung hinzugefügt). Das Verwaltungsgericht
kam jedoch zum Schluss, dass nArt. 11 BauG für die Beschwerdeführerin nicht
vorteilhafter sei, denn Art. 41c Abs. 2 GSchV lasse im Rahmen der
Besitzstandsgarantie zwar den Unterhalt und einfache Erneuerungsarbeiten zu,
nicht aber Umbauten, Erweiterungen und Nutzungsänderungen.

7.3. Abweichend von der vorinstanzlichen Auffassung hat das Bundesgericht in
einem neueren Urteil entschieden, dass Art. 41c Abs. 2 GSchV keine
eigenständige Bedeutung zukommt, soweit Art. 24c RPG anwendbar ist (Urteil
1C_345/2014 vom 17. Juni 2015 E. 4.1.3). Danach ist insbesondere auch eine
massvolle Erweiterung zulässig (vgl. Art. 24c Abs. 2 RPG). Für den vorliegenden
Fall bleibt dies jedoch ohne Bedeutung für das Ergebnis. Eine
Interessenabwägung, wie sie das Verwaltungsgericht unter dem Titel von Art. 24
RPG vornahm, ist auch nach Art. 24c Abs. 5 RPG erforderlich. Nach dieser
Bestimmung bleibt in jedem Fall die Vereinbarkeit mit den wichtigen Anliegen
der Raumplanung vorbehalten, was ebenfalls eine Interessenabwägung verlangt
(vgl. BGE 115 Ib 472 E. 2e/aa S. 486 f.; Urteile 1A.251/2003 vom 2. Juni 2004
E. 3, in: ZBl 106/2005 S. 380; 1C_311/2012 vom 28. August 2013 E. 5.3, in: ZBl
115/2014 S. 207; je mit Hinweisen).

7.4. Konkret erwog das Verwaltungsgericht, das öffentliche Interesse an der
Freihaltung der Gewässer, das auch in Art. 11 BauG kodifiziert worden sei,
stehe der Erweiterung bestehender Bauten und Anlagen in Gewässern und im
geschützten Uferbereich entgegen. Für die sechs Pfähle spreche einzig das
private Interesse der Beschwerdeführerin an einer ausgebauten
Bootsanbindevorrichtung. Dieses Interesse sei jedoch insoweit zu relativieren,
als sie den Steg wie in der Vergangenheit ohne freistehende Pfähle weiterhin
als Bootsanbindeplatz für ein Boot benützen könne; mehr könne auch nicht auf
dem Ausnahmeweg von Art. 24 RPG bewilligt werden.

7.5. Diese Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden. Das Raumplanungsrecht
sieht vor, dass die natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden, Luft, Wasser, Wald
und die Landschaft zu schützen (Art. 1 Abs. 2 lit. a RPG) und die Landschaft zu
schonen sind (Art. 3 Abs. 2 RPG); See- und Flussufer sollen freigehalten und
deren öffentlicher Zugang und Begehung erleichtert werden (lit. c). Naturnahe
Landschaften und Erholungsräume sollen erhalten bleiben (lit. d). Seen und ihre
Ufer sind grundsätzlich einer Schutzzone zuzuweisen (Art. 17 Abs. 1 lit. a RPG)
oder mit anderen geeigneten Massnahmen zu schützen (Abs. 2). Art. 18 Abs. 1bis
des Bundesgesetzes vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR
451) sieht zudem vor, dass Uferbereiche besonders zu schützen sind.

Hieraus folgt, dass Seeflächen von Bundesrechts wegen grundsätzlich
freizuhalten sind (Urteil 1C_634/2013 vom 10. März 2014 E. 5.4, in: URP 2014 S.
663). Wie das Verwaltungsgericht festhielt, findet dieser Grundsatz auch in
Art. 11 BauG Ausdruck, wonach privaten Interessen dienende Bauvorhaben auf die
dafür freigegebenen Gewässerflächen beschränkt sind (aArt. 11 Abs. 2 lit. a
BauG bzw. nArt. 11 Abs. 4 BauG).

Die bei den Akten liegenden Fotos zeigen, dass die sechs umstrittenen Pfähle
relativ massiv sind. Sie sind dicker und auch höher als jene, die für die
Konstruktion des Stegs verwendet wurden und treten damit optisch klar in
Erscheinung. An ihrem Weiterbestehen gibt es keine raumplanerischen Interessen
(vgl. dazu Urteil 1C_634/2013 vom 10. März 2014 E. 5.4, in: URP 2014 S. 663
bezüglich eines der Öffentlichkeit dienenden Seestegs, vgl. auch Urteil 1A.251/
2003 vom 2. Juni 2004 E. 3.4, in: ZBl 106/2005 S. 380). Vielmehr dienen sie
einzig der Beschwerdeführerin. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht in dieser
Hinsicht davon aus, dass deren privates Interesse nicht stark ins Gewicht
fällt. Zwar ist das Anbinden ihres Boots an den sechs Pfählen für sie
vorteilhafter, doch bringt sie auch selbst vor, dass vor deren Errichtung der
Steg demselben Zweck gedient habe.

Die Vereinbarkeit der sechs Pfähle mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung
ist aus diesen Gründen zu verneinen. Daran ändert auch nichts, dass früher am
Stegende eine kleine Badeplattform bestand, wie ein Foto aus dem Jahr 1976
zeigt. Deren Entfernung zu einem offenbar unbekannten Zeitpunkt führt nicht
dazu, dass später die privaten Interessen der Grundeigentümerin an einer
Bootsanbindevorrichtung die genannten öffentlichen Interessen an unverbauten
Seeflächen zu überwiegen vermöchten.

8.

8.1. Die Beschwerdeführerin ist schliesslich der Ansicht, die Wiederherstellung
des rechtmässigen Zustands sei unverhältnismässig. Es könne ihr nicht zugemutet
werden, die Pfähle nach derart langer Zeit zu entfernen. Zwar verursache das
Entfernen wenig Aufwand, zu berücksichtigen sei aber der Zustand, der danach
bestehe. Das Boot könne nicht mehr ausgewogen an seinem Liegeplatz eingebunden
werden und riskiere erheblich mehr Schäden. Dennoch sei festzuhalten, dass es
an der betreffenden Stelle bleiben werde, sofern nicht eine geeignetere Lösung
gefunden werde. Der Gewinn durch den Rückbau sei entsprechend gering. Im
schlechtesten Fall würde die Wiederherstellung dazu führen, dass es regelmässig
aus dem Wasser zu nehmen wäre, mangels geeigneter Anlegestellen. Die Umwelt,
die Nachbarn, die Fauna und die auf dem geplanten Seeuferweg vorbei wandernden
Passanten wären beeinträchtigt.

8.2. Die Wiederherstellung bedeutet eine Eigentumsbeschränkung und ist folglich
nur zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im öffentlichen
Interesse liegt und verhältnismässig ist (Art. 36 BV). Ein gewichtiges
öffentliches Interesse stellt die Trennung des Baugebiets vom Nichtbaugebiet
dar (BGE 132 II 21 E. 6.4 S. 40 mit Hinweis). Werden widerrechtlich errichtete,
dem Raumplanungsgesetz widersprechende Bauten nicht beseitigt, sondern auf
unabsehbare Zeit geduldet, so wird dieser Grundsatz unterminiert und
rechtswidriges Verhalten belohnt. Formell rechtswidrige Bauten, die
nachträglich nicht bewilligt werden können, müssen deshalb grundsätzlich
beseitigt werden (BGE 136 II 359 E. 6 S. 364 mit Hinweisen).

8.3. Der Umstand, dass seit der Errichtung einer rechtswidrigen Baute eine
lange Zeit verstrichen ist, kann dazu führen, dass der
Wiederherstellungsanspruch verwirkt. Dieselbe Rechtsfolge kann sich aus Gründen
des Vertrauensschutzes (Art. 9 BV) aus einem jahrelangen Dulden eines
rechtswidrigen Zustands durch die Behörden ergeben (BGE 132 II 21 E. 6.3 S. 39;
Urteil 1C_726/2013 vom 24. November 2014 E. 4; je mit Hinweisen). Solches macht
die Beschwerdeführerin jedoch zu Recht nicht geltend. Inwiefern darüber hinaus
der Zeitablauf dazu geführt hätte, dass der Beschwerdeführerin ein Rückbau
nicht mehr zumutbar wäre, ist nicht ersichtlich. Die Vorinstanz weist in dieser
Hinsicht darauf hin, dass der Beschwerdeführerin kein Nachteil entstanden sei,
sie vielmehr die Bootsanbindevorrichtung während der Verfahrensdauer habe
benutzen können.

8.4. Auch im Übrigen erscheint der Wiederherstellungsbefehl nicht als
unverhältnismässig. Dass die Abweichung vom Gesetz bloss gering wäre, kann nach
dem Ausgeführten nicht gesagt werden (vgl. Urteil 1C_561/2012 vom 4. Oktober
2013 E. 4.1 mit Hinweisen). Das Verwaltungsgericht hielt zudem fest, dass für
den Rückbau nicht mit besonders hohen Kosten oder Schwierigkeiten zu rechnen
sei, was die Beschwerdeführerin nicht bestreitet. Im nachträglichen Baugesuch
von 1996 sind Baukosten von Fr. 1'000.-- angegeben. Es werden mithin keine
bedeutenden Sachwerte vernichtet. Die Beschwerdeführerin argumentiert denn auch
nicht mit den Rückbaukosten, sondern mit dem Wegfall des Nutzens, den ihr der
mit den sechs Pfählen eingerahmte Bootsanbindeplatz verschaffte. Dabei
übersieht sie, dass allein wegen des Nutzens, den jemand aus einer
rechtswidrigen Baute zieht, eine Wiederherstellungsverfügung nicht unzumutbar
ist. Die Vorinstanz hält in dieser Hinsicht zudem fest, dass der Steg auch ohne
die freistehenden Pfähle benutzt werden könne. Diese tatsächliche Feststellung
erweist sich aufgrund der behaupteten nachteiligen Folgen, die gemäss der
Beschwerdeführerin "im schlechtesten Fall" resultieren könnten, wenn sie das
Schiff regelmässig aus dem Wasser nehmen müsste, nicht als willkürlich. Die
Kritik ist unbegründet.

9. 
Die Beschwerde ist aus den genannten Gründen abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Damit tritt der angefochtene Entscheid in Rechtskraft und
beginnt die angeordnete Wiederherstellungsfrist von drei Monaten zu laufen.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 68 Abs. 1 BGG). Sie hat keinen Anspruch
auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Einwohnergemeinde Vinelz, der
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Bern, dem Bundesamt für Raumentwicklung und dem Bundesamt für Umwelt
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. November 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Dold

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