Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.415/2015
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 1/2}
                   
1C_415/2015

Urteil vom 27. April 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
1. Forum Flugplatz Dübendorf,
2. Patrick Walder,
beide vertreten durch Lorenzo Marazzotta & Mischa Morgenbesser, Rechtsanwälte,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonsrat des Kantons Zürich,
Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich,

Regierungsrat des Kantons Zürich,
Neumühlequai 10, Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Stimmrechtsbeschwerde;
Teilrevision des kantonalen Richtplans,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 29. Juni 2015 des Kantonsrats des Kantons
Zürich.

Sachverhalt:

A. 
Der Militärflugplatz Dübendorf umfasst eine Fläche von rund 230 Hektaren und
stellt die grösste strategische Landreserve im Eigentum des Bundes dar. Am 3.
September 2014 entschied der Bundesrat, dass der Militärflugplatz künftig als
ziviles Flugfeld mit Bundesbasis weitergenutzt und auf einem bis zu 70 Hektaren
grossen Teil des Areals die Errichtung eines nationalen Innovationsparks durch
den Kanton Zürich ermöglicht werden soll.
Bereits am 25. Juni 2014 hatte der Regierungsrat des Kantons Zürich dem
Kantonsrat Antrag auf eine Teilrevision des kantonalen Richtplans gestellt. Der
Regierungsrat führte aus, die planungs- und baurechtlichen Vorgaben für die
künftige Nutzung des Flugplatzareals Dübendorf seien auf allen Planungsebenen
noch zu schaffen. Dies betreffe auf Bundesebene insbesondere die Sachpläne
Militär und Infrastruktur der Luftfahrt (bei einer Beibehaltung einer
aviatischen Nutzung) sowie auf kantonaler Ebene den Richtplan sowie einen
kantonalen Gestaltungsplan mit grundeigentümerverbindlichen Festlegungen. Der
geplante Innovationspark bezwecke die konzentrierte räumliche Verbindung von
Wissenschaft und Wirtschaft an einem Ort und solle mithilfe spezifischer
Infrastrukturen ideale Voraussetzungen für den Innovationsprozess schaffen.
Nach Einsichtnahme in die Anträge des Regierungsrats vom 25. Juni 2014
beschloss der Kantonsrat am 29. Juni 2015 mit 113 gegen 47 Stimmen eine
Teilrevision des kantonalen Richtplans. Die SVP-Fraktion hatte im Kantonsrat
erfolglos beantragt, der betreffende Beschluss sei dem Zürcher Stimmvolk zur
Abstimmung vorzulegen, damit dieses vor Beginn der kantonalen Planungsarbeiten
(Gestaltungsplan, Baubewilligungen u.a.m.) darüber befinden könne, ob es einen
Teil der grössten strategischen Landreserve im Kanton Zürich für den geplanten
Innovationspark freigeben wolle oder nicht.

B. 
Diesen Kantonsratsbeschluss vom 29. Juni 2015 betreffend Teilrevision des
kantonalen Richtplans fechten Patrick Walder und das Forum Flugplatz Dübendorf
mit Stimmrechtsbeschwerde vom 26. August 2015 beim Bundesgericht an. Sie
beantragen, der Beschluss des Kantonsrats sei dem fakultativen Referendum zu
unterstellen; in Gutheissung der Beschwerde sei der angefochtene Beschluss
erneut im Amtsblatt unter Ansetzung einer Referendumsfrist zu publizieren.
Mit Verfügung vom 29. September 2015 hat der Präsident der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung das Gesuch um aufschiebende Wirkung
abgewiesen.
Der Kantonsrat verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Die
Baudirektion des Kantons Zürich beantragt namens des Regierungsrats die
Beschwerdeabweisung. Die Beschwerdeführer halten an ihrem Standpunkt und an
ihren Anträgen fest.
Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung hat die Angelegenheit am 27. April 2016
in öffentlicher Sitzung beraten und entschieden.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschluss des Kantonsrats vom 29. Juni 2015 ist nach Art. 82 lit. c
sowie Art. 88 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 BGG i.V.m. § 19 und §§ 41 f. des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Zürich vom 24. Mai 1959 (VRG/ZH; LS
175.2) mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten anfechtbar
(vgl. auch Urteil 1C_586/2013 vom 7. Oktober 2014 E. 1, nicht publ. in: ZBl 116
/2015 S. 100). Mit der sog. Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 82 lit. c BGG kann
die Verletzung von politischen Rechten geltend gemacht werden; namentlich kann
gerügt werden, ein Gegenstand sei zu Unrecht nicht dem fakultativen Referendum
unterstellt worden (vgl. Urteil 1C_493/2009 vom 3. März 2010 E. 2, in: ZBl 111/
2010 S. 693).

1.2. Das Beschwerderecht steht gemäss Art. 89 Abs. 3 BGG jeder Person zu, die
in der betreffenden Angelegenheit stimmberechtigt ist. Ein besonderes
(rechtliches) Interesse in der Sache selbst ist nicht erforderlich (vgl. BGE
134 I 172 E. 1.3.3 S. 176). Patrick Walder ist im Kanton Zürich stimmberechtigt
und daher zur Beschwerde legitimiert.
Ebenfalls als legitimiert gelten nach der Rechtsprechung die politischen
Parteien, die im Gebiet des betreffenden Gemeinwesens tätig sind, sowie
politische Vereinigungen, namentlich ad hoc gebildete, mit juristischer
Persönlichkeit ausgestattete Initiativ- und Referendumskomitees (BGE 134 I 172
E. 1.3.1 S. 175; Urteil 1C_174/2010 vom 14. Dezember 2010 E. 1.2, nicht publ.
in: BGE 136 I 389).
Das Forum Flugplatz Dübendorf ist ein Verein, welcher den Erhalt des
Flugplatzes Dübendorf und seiner Infrastruktur als Basis der Luftwaffe sowie
als strategische Reserve für die Landesverteidigung bezweckt. Der Verein
engagiert sich unter anderem für eine glaubwürdige Landesverteidigung und eine
effiziente Luftwaffe und gegen eine nicht aviatische Nutzung der bestehenden
Infrastruktur respektive gegen eine grossräumige Überbauung des
Flugplatzgeländes für nicht aviatische Zwecke. Seine Ziele will der Verein
unter anderem durch Öffentlichkeits- und Medienarbeit und durch politisches
Engagement erreichen. Zu diesem Zweck will er politische und militärische
Entscheidungsträger unterstützen und mit politischen Parteien zusammenarbeiten,
welche die gleichen Zielsetzungen verfolgen (vgl. Art. 2 der Vereinsstatuten).
Damit handelt es sich beim Forum Flugplatz Dübendorf um eine mit juristischer
Persönlichkeit ausgestattete politische Vereinigung, welche zur
Beschwerdeführung berechtigt ist.

1.3. Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung
von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige
anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts
normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. In ausgesprochenen
Zweifelsfällen schliesst es sich jedoch der von der obersten kantonalen Behörde
vertretenen Auffassung an; als oberste kantonale Organe anerkennt es Volk und
Parlament. Die Anwendung anderer kantonaler Vorschriften und die Feststellung
des Sachverhalts prüft das Bundesgericht nur unter dem Gesichtswinkel des
Willkürverbots (BGE 141 I 186 E. 3 S. 189 mit Hinweisen).

2.

2.1. Die Beschwerdeführer rügen, der angefochtene Kantonsratsbeschluss sei zu
Unrecht nicht dem fakultativen Referendum unterstellt worden. Zwar würden die
Festsetzung des kantonalen Richtplans und Richtplanänderungen im Allgemeinen
nicht dem fakultativen Referendum unterstehen. Es sei jedoch in jedem
Einzelfall zu prüfen, ob sich die "Referendumsunterstellungspflicht" aus Art.
33 Abs. 1 lit. e der Verfassung des Kantons Zürich vom 27. Februar 2005 (KV/ZH;
SR 131.211) ergebe. Dies sei vorliegend der Fall. Bei der angefochtenen
Richtplanänderung, mit welcher die Voraussetzung für eine Bundesunterstützung
geschaffen werden solle, handle es sich um den ersten, nicht mehr rückgängig zu
machenden Schritt zu einem Innovationspark am Standort Dübendorf. Mit der
Revision des Richtplans werde bezweckt, dass der Bund dem Kanton Zürich eine
der grössten strategischen Landreserven abgebe, was langfristige Auswirkungen
auf die allgemeinen Lebensgrundlagen habe (Verkehr, Verdichtung, Lärm usw.).

2.2. Gemäss Art. 8 RPG (SR 700) erstellt jeder Kanton einen Richtplan, worin er
mindestens festlegt, wie der Kanton sich räumlich entwickeln soll (Abs. 1 lit.
a), wie die raumwirksamen Tätigkeiten im Hinblick auf die anzustrebende
Entwicklung aufeinander abgestimmt werden (Abs. 1 lit. b) und in welcher
zeitlichen Folge und mit welchen Mitteln vorgesehen ist, die Aufgaben zu
erfüllen (Abs. 1 lit. c). Vorhaben mit gewichtigen Auswirkungen auf Raum und
Umwelt bedürfen einer Grundlage im Richtplan (Abs. 2). Nach Art. 9 RPG sind
Richtpläne für die Behörden verbindlich (Abs. 1). Haben sich die Verhältnisse
geändert, stellen sich neue Aufgaben oder ist eine gesamthaft bessere Lösung
möglich, so werden die Richtpläne überprüft und nötigenfalls angepasst (Abs.
2). Richtpläne werden in der Regel alle zehn Jahre gesamthaft überprüft und
nötigenfalls überarbeitet (Abs. 3).
Der Richtplan ist ein raumordnungspolitisches Führungsinstrument. Er dient der
Koordination raumwirksamer Tätigkeiten. Zugleich äussert sich der Richtplan zu
den erforderlichen Änderungen an der geltenden Nutzungsordnung, soweit sie auf
raumwirksame Tätigkeiten oder auf die anzustrebende Entwicklung hin abgestimmt
werden muss. Insofern ist der Richtplan Nutzungsrichtplan (vgl. Pierre
Tschannen, in: Aemisegger / Moor / Ruch /Tschannen [Hrsg.], Kommentar RPG,
2009, Vorbemerkungen zu Art. 6-12 N. 6 ff.).
In Ziffer 6.2.2 des angefochtenen Beschlusses des Kantonsrats über die
Teilrevision des kantonalen Richtplans vom 29. Juni 2015 werden unter dem Titel
"Nationaler Innovationspark, Hubstandort Dübendorf" die Eckwerte für die
Realisierung eines nationalen Innovationsparks auf dem Flugplatzareal Dübendorf
festgelegt. Festgehalten wird insbesondere, dass der Kanton für die
Realisierung des Innovationsparks einen kantonalen Gestaltungsplan erlässt,
welcher die zulässigen Bauten und Anlagen, deren Nutzung und dem innovativen
Standort angemessene Nachhaltigkeitsstandards sowie die öffentlichen Räume
festsetzt. Gemäss Richtplaneintrag sind Nutzungen zulässig, die unmittelbar dem
Ziel dienen, Akteure aus Forschung, Entwicklung und der Produkt- sowie
Dienstleistungserzeugung miteinander zu vernetzen und neues Wissen in
Wertschöpfungsprozesse zu überführen.

2.3. In der Lehre wird mit Blick auf die Funktion des Richtplans als (blosses)
Steuerungs- und Koordinationsinstrument bezweifelt, dass es sinnvoll ist,
Richtpläne dem Referendum zu unterstellen. Die beschränkte Bindungskraft des
Richtplans - insbesondere seine blosse Behördenverbindlichkeit - einerseits und
mögliche Komplikationen mit den Anforderungen des Stimmrechts (Art. 34 Abs. 2
BV) - insbesondere mit dem Grundsatz der Einheit der Materie - andererseits
legten es nahe, auf ein Referendumsrecht zu verzichten. Ein Referendum gegen
den kantonalen Richtplan, obwohl bundesrechtlich grundsätzlich zulässig, kennen
denn auch nur wenige Kantone, namentlich die Kantone Basel-Landschaft und Waadt
(vgl. zum Ganzen Pierre Tschannen, a.a.O., Art. 10 N. 15 f.; Bernhard Waldmann
/ Peter Hänni, Handkommentar Raumplanungsgesetz, 2006, Art. 10 N. 10; Beat
Rudin, Der Richtplan nach dem Bundesgesetz über die Raumplanung und der
Koordinationsplan des Kantons Basel-Landschaft, 1992, S. 183).
Im Kanton Zürich besteht keine ausdrückliche verfassungsrechtliche Grundlage,
welche den kantonalen Richtplan respektive Richtplanänderungen dem fakultativen
Referendum unterstellt. Dies wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten.
Diese berufen sich jedoch, wie dargelegt, auf Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH.
Diese Bestimmung ist nachfolgend mit Blick auf die Beurteilung der
Referendumsfähigkeit der angefochtenen Richtplanänderung auszulegen. Die
Verfassungsauslegung folgt den gleichen Kriterien wie die Gesetzesauslegung.
Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der massgeblichen Bestimmung.
Ist der Text nicht klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss
nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller
Auslegungselemente (sog. Methodenpluralismus, wobei die einzelnen
Auslegungselemente keiner hierarchischen Prioritätsordnung unterstehen). Dabei
kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zugrunde liegenden
Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die
Entstehungsgeschichte ist zwar nicht unmittelbar entscheidend, dient aber als
Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen (BGE 141 II 220 E. 3.3.1 S. 225).

2.4. Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH bestimmt, dass Beschlüsse des Kantonsrats von
grundlegender Bedeutung, die langfristige Auswirkungen auf die allgemeinen
Lebensgrundlagen haben, auf Verlangen hin dem Volk zur Abstimmung zu
unterbreiten sind.
Aus dem Wortlaut ergibt sich nicht eindeutig, ob Beschlüsse des Kantonsrats
über Richtplanänderungen in den Anwendungsbereich von Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/
ZH fallen.
Bei den Beratungen im Zürcher Verfassungsrat zu Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH
wurden Atomanlagen, Deponien, Genmanipulationen, das Klonen, gewagte
Forschungsprogramme oder problematische Praktiken an Spitälern als mögliche
Anwendungsfälle dieses sog. "Ökologiereferendums" genannt. Mit dem Begriff der
allgemeinen Lebensgrundlagen werden die äusseren Bedingungen des menschlichen,
tierischen und pflanzlichen Lebens bezeichnet, d.h. Luft, Wasser und Boden bzw.
Nahrung in einer Menge und Qualität, die das Leben ohne wesentliche
Beeinträchtigung oder Schädigung ermöglicht. Zu den allgemeinen
Lebensgrundlagen gehört auch die Absenz von schädlichen oder störenden
Strahlungen, Erschütterungen, Lärmimmissionen usw. (vgl. zum Ganzen Protokoll
des Zürcher Verfassungsrats 7. Sitzung vom 31. Januar 2002, S. 371 ff.;
Christian Schuhmacher, in: Häner / Rüssli / Schwarzenbach [Hrsg.], Kommentar
zur Zürcher Kantonsverfassung, 2007, Art. 33 N. 29 ff.). In der Lehre herrscht
Skepsis, dass Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH grosse praktische Bedeutung erlangen
wird, da die meisten Vorlagen, welche die Voraussetzungen erfüllten, ohnehin
unter das Ausgaben- oder Gesetzesreferendum fielen (Christian Schuhmacher,
Initiative und Referendum in der neuen Zürcher Kantonsverfassung, in: ZBl 110/
2009 S. 32 ff., S. 42).
Weder bei den Beratungen im Zürcher Verfassungsrat noch in den Kommentierungen
in der Lehre zu Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH wurde bzw. wird die Bestimmung in
Zusammenhang mit Richtplanänderungen gebracht. Dies erscheint auch stringent,
bezieht sich doch Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH nach seinem Sinn und Zweck auf
Grossvorhaben (wie die Erstellung von Atomanlagen oder Deponien) mit
definitivem Charakter im Sinne langfristiger, unmittelbarer Auswirkungen auf
die Lebensgrundlagen. Richtplänen hingegen fehlt dieser definitive Charakter.
Die im Richtplaneintrag aufgeführten planerischen Zielvorstellungen und
Eckwerte des nationalen Innovationsparks wie insbesondere die zulässigen
Nutzungen sind vage umschrieben (vgl. E. 2.2 hiervor). Die Festlegung des
Innovationsparks im Richtplan stellt zwar einen gemäss Art. 8 Abs. 2 RPG
notwendigen, aber keinen hinreichenden bzw. keinen definitiven Schritt dar.
Erst die konkrete Planung - vorliegend die Festsetzung in einem kantonalen
Gestaltungsplan - und das nachfolgende Baubewilligungsverfahren haben
grundeigentümerverbindlichen Charakter. Der für Private nicht verbindliche
Richtplaneintrag als solcher hat damit keine unmittelbaren langfristigen
Auswirkungen auf die allgemeinen Lebensgrundlagen.
Dieses sich aus der historischen und teleologischen Auslegung ergebende
Ergebnis wird durch die systematische Auslegung gestützt. Gemäss Art. 54 KV/ZH
ist der Kantonsrat zuständig für die Rechtsetzung und beschliesst - unter
ausdrücklichem Vorbehalt der Volksrechte (Abs. 2) - über Vorlagen zur Änderung
der Verfassung, über Gesetze sowie über interkantonale und internationale
Verträge, soweit für letztere nicht der Regierungsrat zuständig ist (Abs. 1).
Nach Art. 55 KV/ZH mit dem Randtitel "Planung" beschliesst der Kantonsrat zudem
über die Grundzüge der räumlichen Entwicklung (Abs. 2). Im Unterschied zu Art.
54 KV/ZH steht jedoch Art. 55 KV/ZH nicht unter dem Vorbehalt der Volksrechte.
Beschlüsse des Kantonsrats über die Grundzüge der räumlichen Entwicklung sind
denn auch nicht unter den dem fakultativen Referendum unterstehenden Vorlagen
(vgl. Art. 33 Abs. 1 KV/ZH) aufgeführt.

2.5. Ergänzend ist festzuhalten, dass die obersten kantonalen Behörden die
gleiche Auffassung vertreten. Neben dem Kantonsrat, der den angefochtenen
Beschluss nicht dem fakultativen Referendum unterstellte, gelangte auch der
(bis zum 1. Juli 2010 für Stimmrechtsrekurse gegen Kantonsratsbeschlüsse
zuständige) Regierungsrat mit Beschluss Nr. 1486/2007 vom 3. Oktober 2007 bei
der Beurteilung der Referendumsfähigkeit von Richtplänen unter ausdrücklicher
Bezugnahme auf Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH zum Ergebnis, dass Richtpläne und
Richtplanänderungen weder dem obligatorischen noch dem fakultativen Referendum
unterstehen. Auch das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich geht in seiner
Rechtsprechung davon aus, dass gegen Richtplanänderungen das Referendum nicht
offen steht (vgl. etwa Verwaltungsgerichtsurteile VB.2013.00444 vom 16. Januar
2014 E. 8.3 und VB.2012.00015 vom 10. Juli 2013 E. 7.3). Die drei obersten
Behörden des Kantons Zürich (Legislative, Exekutive und Judikative) sind somit
übereinstimmend der Auffassung, dass Richtplanänderungen nicht dem Referendum
unterstehen.
Schliesslich hat auch das Bundesgericht im BGE 141 I 186 E. 4.3 betreffend
"Kulturlandinitiative" unter Hinweis auf Art. 32 f. KV/ZH und den erwähnten
Regierungsratsbeschluss Nr. 1486/2007 - wenn auch ohne Bezugnahme auf die
Bestimmung von Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH - festgehalten, im Kanton Zürich
werde der Richtplan vom Kantonsrat festgesetzt, der Festsetzungsbeschluss
unterstehe aber nicht dem Referendum. Dem Kantonsrat stehe es gemäss kantonalem
Verfassungsrecht nicht zu, eine den Stimmberechtigten in der Form einer
allgemeinen Anregung unterbreitete, angenommene Volksinitiative unmittelbar mit
einer Revision des kantonalen Richtplans umzusetzen, da hierdurch den
Stimmberechtigten die Möglichkeit genommen würde, anlässlich eines
obligatorischen bzw. fakultativen Referendums über eine Umsetzungsvorlage in
Verfassungs- oder Gesetzesform abzustimmen.

2.6. Die Auslegung von Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH (E. 2.4 hiervor), welche mit
der kantonalen Praxis und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung übereinstimmt
(E. 2.5 hiervor), führt zusammenfassend zum Ergebnis, dass die angefochtene
Richtplanänderung entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht in
Anwendung von Art. 33 Abs. 1 lit. e KV/ZH dem fakultativen Referendum
untersteht. Für die Frage der Referendumsfähigkeit nicht von Relevanz ist, dass
mit der zu beurteilenden Teilrevision des Richtplans die Voraussetzung für eine
Bundesunterstützung geschaffen werden soll.

3. 
Die Beschwerde ist folglich abzuweisen. Bei diesem Ausgang sind die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs.
1 und 5 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden den Beschwerdeführern auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Regierungsrat des Kantons Zürich
und dem Kantonsrat des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 27. April 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben