Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.388/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 1/2}
                   
1C_388/2015

Urteil vom 23. März 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
Gemeinde Wangen-Brüttisellen,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Spoerri,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich,
vertreten durch die Baudirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Beschluss über die Teilrevision des kantonalen Richtplans,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 29. Juni 2015 über die Teilrevision des
kantonalen Richtplans des Kantonsrats des Kantons Zürich.

Sachverhalt:

A.
Am 29. Juni 2015 verabschiedete der Kantonsrat des Kantons Zürich die
Teilrevision des kantonalen Richtplans. Dabei legte er im Kapitel "6.6 Weitere
öffentliche Dienstleistungen" unter "6.6.2 Karteneinträge" unter anderem
Folgendes fest:
Nr.:       6
Objekt, Gemeinde:       Heliport mit Bundesbasis, Wangen-Brüttisellen
Trägerschaft:       Bund, Kanton Zürich, Private
Funktion:       S [Sicherheit bestehend]
Vorhaben:       Neubau Heliport mit Bundesbasis; ausschliesslich
zur       Stationierung der Luftwaffe, der Kantonspolizei und der       Rega;
Standortfestlegung im Rahmen der Sachplanung       des Bundes (vgl. Pt. 4.7.2)
Realisierungshorizont:       kurzfristig
Die Genehmigung der Teilrevision des kantonalen Richtplans durch den Bundesrat
steht noch aus.

B.
Mit Beschwerde in öffentlichen-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht
vom 7. August 2015 beantragt die Gemeinde Wangen-Brüttisellen, der angefochtene
Beschluss des Kantonsrats über die Teilrevision des kantonalen Richtplans vom
29. Juni 2015 sei insoweit aufzuheben, als darin ein Standort für einen
Heliport auf dem Gemeindegebiet von Wangen-Brüttisellen festgesetzt worden sei.
Mit Verfügung vom 3. September 2015 hat der Präsident der I.
öffentlich-rechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung
zuerkannt.
Die Baudirektion des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden könne. Die Beschwerdeführerin hält in ihrer
Replik an ihren Anträgen fest.
Mit Stellungnahme vom 3. Februar 2016 stellt das Bundesamt für Raumentwicklung
ARE Antrag auf Gutheissung der Beschwerde, da der Kanton Zürich mit der
Richtplanfestlegung unzulässigerweise in die Planungskompetenzen des Bundes
eingegriffen habe.
Mit Eingabe vom 19. Februar 2016 beantragt die Baudirektion unter Bezugnahme
auf die Stellungnahme des ARE, das Beschwerdeverfahren betreffend die
Teilrevision des kantonalen Richtplans sei bis zu deren Genehmigung durch den
Bundesrat zu sistieren. Die Beschwerdeführerin widersetzt sich diesem Antrag.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein Entscheid des Kantonsparlaments über die Änderung des
kantonalen Richtplans (Art. 6 ff. RPG [SR 700]). Ein Ausschlussgrund nach Art.
83 BGG liegt nicht vor. Die Festsetzung des Richtplans erfolgt durch den
Kantonsrat (§ 32 Abs. 1 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes vom 7.
September 1975 [PBG/ZH; LS 700.1]). Dabei kommen im Wesentlichen die Grundsätze
des kantonalen Rechtssetzungsverfahrens zur Anwendung. Der Richtplan unterliegt
deshalb der Beschwerde gegen einen kantonalen Erlass im Sinne von Art. 82 lit.
b BGG. Nach Art. 87 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde unmittelbar gegen den
kantonalen Erlass zulässig, sofern kein anderes Rechtsmittel ergriffen werden
kann. Das Zürcher Recht sieht kein Rechtsmittel gegen die Richtplanfestsetzung
vor (vgl. § 19 Abs. 2 lit. b des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom
24. Mai 1959 [VRG/ZH; LS 175.2]). Ausserdem kommt dem Richtplan insgesamt
vorwiegend politischer Charakter zu. Auch aus diesem Grund kann der Beschluss
des Kantonsrats über die Richtplanfestsetzung beim Bundesgericht direkt
angefochten werden (Art. 86 Abs. 3 BGG; vgl. zum Ganzen BGE 136 I 265 E. 1.1 S.
267).

1.2. Richtpläne sind nach Art. 9 Abs. 1 RPG einzig für Behörden verbindlich,
weshalb sie durch Private nicht direkt angefochten werden können. Hingegen
können Richtpläne, soweit sie sich an die Gemeinden richten, deren Autonomie
beeinträchtigen; den Gemeinden steht daher die Beschwerde nach Art. 89 Abs. 2
lit. c BGG offen (BGE 136 I 265 E. 1.3 S. 268; PIERRE TSCHANNEN, in: Kommentar
zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Art. 9 N. 11; vgl. auch HEINZ
AEMISEGGER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Art. 34 N. 27
ff.). Die Bindungswirkungen nach Art. 9 RPG können indes nur zum Teil durch den
kantonalen Festsetzungsbeschluss selbst ausgelöst werden. Bestimmend ist die
Tragweite der Genehmigungsbefugnis des Bundesrats gemäss Art. 11 RPG.

1.3. Bei  innerkantonalen Planinhalten wirkt die Genehmigung durch den
Bundesrat bloss deklaratorisch (Art. 11 Abs. 2 RPG e contrario), d.h. die
Verbindlichkeit wird bereits durch den kantonalen Beschluss bewirkt. Dem Kanton
steht es frei, die innerkantonalen Teile des Plans schon vor der
bundesrätlichen Genehmigung in Kraft zu setzen. Bei innerkantonalem Inhalt
stellt der Beschluss des Kantonsrats einen anfechtbaren Endentscheid im Sinne
von Art. 90 BGG dar (vgl. BGE 136 I 265 E. 1.2 S. 267 f.).

2. Soweit der Richtplan hingegen raumwirksame Aufgaben des Bundes oder der
Nachbarkantone betrifft, wirkt die Genehmigung des Bundesrats konstitutiv.
Insoweit ist der kantonale Planbeschluss nicht verbindlich, sondern bildet
lediglich die verfahrensnotwendige Voraussetzung der bundesrätlichen
Genehmigung (TSCHANNEN, a.a.O., Art. 10 N. 19 und Art. 11 N. 36). Gegen den
Genehmigungsentscheid des Bundesrats als solchen besteht kein Rechtsmittel
(TSCHANNEN, a.a.O., Art. 11 N. 41). Die Genehmigung hat indes nur den Charakter
einer provisorischen Rechtskontrolle. Sie bezweckt die Beseitigung kantonaler
Akte, die sich bereits aufgrund einer ersten, allgemeinen Prüfung als
bundesrechtswidrig erweisen. Mit der Erteilung der Genehmigung wird hingegen
nicht verbindlich festgestellt, dass der kantonale Beschluss rechtmässig ist.
Die erteilte bundesrätliche Genehmigung schliesst eine spätere Anfechtung des
kantonalen Planbeschlusses beim Bundesgericht nicht aus. Lediglich bei
Verweigerung der Genehmigung ist keine Anfechtung des Beschlusses möglich, da
dieser damit seinen Rechtsbestand verliert und als Anfechtungsobjekt entfällt
(vgl. BGE 103 Ia 130 E. 3a und b S. 133 f.; Pierre Tschannen, Der Richtplan und
die Abstimmung raumwirksamer Aufgaben, Diss. 1986, S. 392).

2.1. Sowohl militärische als auch zivilaviatische Angelegenheiten fallen in die
ausschliessliche Kompetenz des Bundes (vgl. Art. 60 Abs. 1 und Art. 87 BV). Die
Festsetzung eines Heliports mit Bundesbasis ist mithin eine Bundesaufgabe. Der
Bund erstellt gemäss Art. 13 Abs. 1 RPG die hierzu nötigen
behördenverbindlichen Sachpläne und stimmt diese aufeinander ab. Standort und
Zweckbestimmung des Heliports werden in den Sachplänen Militär und
Infrastruktur der Luftfahrt festzulegen sein.

2.2. Da die Festsetzung eines Heliports eine Bundesaufgabe darstellt, wirkt die
bundesrätliche Genehmigung der Teilrevision des kantonalen Richtplans in diesem
Punkt konstitutiv. Der Beschluss des Kantonsrats kann deshalb, soweit die
Festsetzung des Heliports betreffend, erst nach einem allfälligen positiven
Genehmigungsentscheid des Bundesrats beim Bundesgericht angefochten werden.
Mangels Vorliegen eines anfechtbaren Endentscheids ist auf die Beschwerde nicht
einzutreten. Damit wird der Antrag der Baudirektion um Verfahrenssistierung
gegenstandslos.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 4 BGG) und keine
Parteientschädigungen zugesprochen (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Regierungsrat des Kantons
Zürich, dem Kantonsrat des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Raumentwicklung
ARE schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. März 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
präsidierendes Mitglied:       Der Gerichtsschreiber:

Merkli       Stohner

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