Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.313/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 0/2}
                             
1C_313/2015, 1C_317/2015

Urteil vom 10. August 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Eusebio, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Stohner.

Verfahrensbeteiligte
1C_313/2015
1. A1.________,
2. A2.________,
3. A3.________,
4. A4.________,
5. A5.________,
6. A6.________,
7. A7.________,
8. A8.________,
9. A9.________,
10. A10.________,
11. A11.________,
12. A12.________,
13. A13.________,
14. A14.________,
15. A15.________,
16. A16.________,
17. A17.________,
18. A18.________,
19. A19.________,
20. A20.________,
21. A21.________,
22. A22.________,
23. A23.________,
24. A24.________,

25. A25.________,
26. A26.________,
27. A27.________,
28. A28.________,
29. A29.________,
30. A30.________,
31. A31.________,
32. A32.________,
33. A33.________,
34. A34.________,
35. A35.________,
36. A36.________,
37. A37.________,
38. A38.________,
39. A39.________,
40. A40.________,
41. A41.________,
42. A42.________,
43. A43.________,
44. A44.________,
45. A45.________,
46. A46.________,
47. A47.________,
48. Interessengemeinschaft A48.________,
Beschwerdeführer 1-48,
alle vertreten durch Präsident Interssengemeinschaft A48.________,

und

1C_317/2015
49. A49.________,
50. A50.________,
51. A51.________,
52. A52.________,
53. A53.________,
54. A54.________,
55. A55.________,
56. A56.________,
57. A57.________,
58. A58.________,
Beschwerdeführer 49-58,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Heer,

gegen

1. Baugenossenschaft B.________,
2. Bau- und Mietergenossenschaft C.________,
3. Stiftung D.________,
Beschwerdegegnerinnen 1-3,
alle drei vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Sigrist,

Bausektion der Stadt Zürich, Amtshaus IV,
Lindenhofstrasse 19, Postfach, 8021 Zürich,
Baudirektion des Kantons Zürich,
Walcheplatz 2, Postfach, 8090 Zürich.

Gegenstand
Baubewilligung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 16. April 2015
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer.

Sachverhalt:

A. 
Die Stadt Zürich ist Eigentümerin der rund 30'000 m2 grossen Parzelle Kat.-Nr.
7471 am Rande von Zürich-Höngg. Das Grundstück liegt in der Wohnzone W3 und
wurde der Baugenossenschaft B.________, der Bau- und Mietergenossenschaft
C.________ sowie der Stiftung D.________ im Baurecht übertragen. Diese planen
den Bau einer ringförmigen, blockrandartigen Wohnsiedlung mit einem grossen
Innenhof. Das als "Ringling" bezeichnete Gebäude weist eine ununterbrochene
Fassadenlänge von rund 650 m und eine Höhe zwischen 18 und 25 m auf. Es sollen
277 Wohnungen entstehen. Vorgesehen sind weiter eine Tiefgarage mit 212
Autoabstellplätzen, ein Quartier- und Jugendtreff, ein Kindergarten und -hort,
ein Laden sowie ein Quartierplatz mit einem Café.
Mit Beschluss vom 8. Januar 2013 erteilte die Bausektion der Stadt Zürich der
Baugesuchstellerin die Baubewilligung. Zusammen mit der Baubewilligung wurde
die gewässerschutzrechtliche Bewilligung der Baudirektion des Kantons Zürich
vom 1. November 2012 eröffnet.
Gegen diesen Entscheid erhoben mehr als 80 Personen, vertreten durch den
Präsidenten der Interessengemeinschaft A48.________, am 14. Februar 2013 Rekurs
an das Baurekursgericht des Kantons Zürich. Am 15. Februar 2013 erhoben 13
weitere Personen Rekurs. Mit Entscheid vom 28. März 2014 vereinigte das
Baurekursgericht die beiden Verfahren und wies die Rekurse ab, soweit es darauf
eintrat.
Die unterlegenen Rekurrenten reichten gegen diesen Entscheid mit Eingaben vom
15. und vom 16. Mai 2014 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ein. Mit Urteil vom 16. April 2015
vereinigte dieses die Beschwerdeverfahren und wies die Beschwerden ab.

B. 
Gegen dieses Urteil führen 70 Personen, vertreten durch den Präsidenten der
Interessengemeinschaft A48.________, mit Eingabe vom 9. Juni 2015 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Mit Eingabe vom
10. Juni 2015 erheben 13 weitere am vorinstanzlichen Verfahren Beteiligte
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Die
Beschwerdeführer beantragen die Aufhebung des angefochtenen Urteils des
Verwaltungsgerichts vom 16. April 2015 und der Baubewilligung vom 8. Januar
2013.
Mit Verfügungen vom 15. und 16. Juli 2015 erkannte das präsidierende Mitglied
der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung den Beschwerden die aufschiebende
Wirkung zu.
Das Verwaltungsgericht und die Beschwerdegegnerinnen beantragen, die
Beschwerden seien abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Die
Baudirektion des Kantons Zürich und die Stadt Zürich stellen Antrag auf
Beschwerdeabweisung. Das Bundesamt für Umwelt BAFU hat eine Stellungnahme
eingereicht, ohne ausdrücklich Anträge zu stellen.
Im weiteren Schriftenwechsel halten die Verfahrensbeteiligten an ihrem
Standpunkt und an ihren Anträgen fest.

Erwägungen:

1.

1.1. Die vorliegenden Beschwerden richten sich gegen denselben Entscheid und
hängen inhaltlich eng zusammen. Die Verfahren 1C_313/ 2015 und 1C_317/2015 sind
deshalb zu vereinigen.

1.2. Dem angefochtenen Urteil der Vorinstanz liegt eine baurechtliche
Streitigkeit und damit eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit zugrunde. Das
Bundesgerichtsgesetz enthält auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts
keinen Ausschlussgrund von der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten (Art. 82 lit. a und Art. 83 BGG). Die Beschwerdeführer hatten
im vorinstanzlichen Verfahren Parteistellung (Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG). Als
Nachbarn im baurechtlichen Sinne sind sie durch das angefochtene Urteil
besonders berührt (lit. b) und haben ein schutzwürdiges Interesse an dessen
Aufhebung (lit. c). Sie sind zur Beschwerdeführung berechtigt. Damit kann offen
bleiben, ob auch die Interessengemeinschaft A48.________ selbst zur
Beschwerdeführung legitimiert ist.

1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die
Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen
Rechten geltend gemacht werden (Art. 95 lit. a, b und c BGG). Die Verletzung
des übrigen kantonalen Rechts kann abgesehen von hier nicht relevanten
Ausnahmen vor Bundesgericht nicht gerügt werden. Zulässig ist jedoch die Rüge,
die Anwendung dieses Rechts führe zu einer Verletzung von Bundesrecht,
namentlich des verfassungsmässigen Willkürverbots (BGE 138 I 143 E. 2 S. 149
f.). Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts liegt Willkür in der
Rechtsanwendung vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar
ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm
oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das Bundesgericht hebt einen
Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die Begründung, sondern auch das
Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder
gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5).

2.

2.1. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches
Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV, da die Vorinstanz mehrere Beweisanträge
abgelehnt habe. Insbesondere hätte die Vorinstanz ihrem Antrag auf Durchführung
eines Augenscheins stattgeben müssen. Zumindest aber hätte sie, wie beantragt,
ein 3D-Computermodell des Bauprojekts beiziehen müssen. Physische Modelle wie
das erstellte Gipsmodell würden lediglich eine Vogelperspektive bieten, was
ungenügend sei. Schliesslich habe die Vorinstanz ihren Antrag auf Einholung
eines Fachgutachtens zur Vereinbarkeit des Bauprojekts mit § 71 des Planungs-
und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (PBG/ZH; LS 700.1) zu
Unrecht abgewiesen.

2.2. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV ergibt
sich für die Parteien das Recht, Beweisanträge zu stellen, und für die Behörden
die Pflicht, rechtzeitig und formgültig angebotene Beweisbegehren
entgegenzunehmen und zu berücksichtigen. Keine Verletzung des rechtlichen
Gehörs liegt indes vor, wenn ein Gericht auf die Abnahme beantragter
Beweismittel verzichtet, weil es aufgrund der bereits abgenommenen Beweise
seine Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür (vgl. Art. 9 BV) in
vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass seine Überzeugung durch
weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 136 I 229 E. 5.2 und 5.3 S.
236 f.). Der Entscheid darüber, ob ein Augenschein angeordnet wird, steht im
pflichtgemässen Ermessen der anordnenden Behörde. Eine dahin gehende Pflicht
besteht nur, wenn die tatsächlichen Verhältnisse auf andere Weise nicht
abgeklärt werden können (vgl. Urteil 1C_285/2015 vom 19. November 2015 E. 2.2).

2.3. Die Sachlage ist in den Akten ausführlich dokumentiert. Die Baupläne, die
Fotodokumentationen, das Gipsmodell des Bauprojekts im Massstab 1:500 sowie die
diversen Eingaben der Verfahrensbeteiligten ermöglichten der Vorinstanz eine
verlässliche Beurteilung. Indem die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung
auf die Durchführung eines Augenscheins und auf die Erstellung eines
3D-Computermodells des Bauprojekts verzichtet hat, hat sie nicht gegen Art. 9
BV und Art. 29 Abs. 2 BV verstossen.
Ebenso wenig war die Vorinstanz gehalten, ein Gutachten zur Vereinbarkeit des
Projekts "Ringling" mit § 71 PBG/ZH einzuholen. Gutachten von Sachverständigen
sind anzuordnen, wenn der Behörde die zur Feststellung des Tatsächlichen
erforderlichen Sachkenntnisse fehlen. Die sachverständige Person hat sich in
ihrem Gutachten auf Aussagen zu ihrem Fachgebiet zu beschränken und darf dem
Gericht insbesondere die rechtliche Würdigung und Subsumption nicht abnehmen.
Die Beurteilung der Vereinbarkeit des Projekts mit § 71 PBG/ZH betrifft eine
Rechtsfrage, deren Beantwortung der Vorinstanz oblag.

3. 
Umstritten ist, ob das Bauvorhaben aus lärmschutzrechtlicher Sicht
bewilligungsfähig ist.

3.1. Gemäss Art. 22 USG (SR 814.01) werden Baubewilligungen in lärmbelasteten
Gebieten für neue Gebäude, die dem längeren Aufenthalt von Personen dienen, nur
erteilt, wenn die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden (Abs. 1) oder
die Räume zweckmässig angeordnet und die allenfalls notwendigen zusätzlichen
Schallschutzmassnahmen getroffen werden (Abs. 2). Art. 31 Abs. 1 der
Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) präzisiert, dass
Neubauten und wesentliche Änderungen von Gebäuden mit lärmempfindlichen Räumen
nur bewilligt werden dürfen, wenn die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden
können durch die Anordnung der lärmempfindlichen Räume auf der dem Lärm
abgewandten Seite des Gebäudes (lit. a) oder durch bauliche oder gestalterische
Massnahmen, die das Gebäude gegen Lärm abschirmen (lit. b). Können die
Immissionsgrenzwerte durch Massnahmen nach Art. 31 Abs. 1 LSV nicht eingehalten
werden, so darf die Baubewilligung gemäss Art. 31 Abs. 2 LSV nur erteilt
werden, wenn an der Errichtung des Gebäudes ein überwiegendes Interesse besteht
und die kantonale Behörde zustimmt. Gemäss Art. 39 Abs. 1 LSV werden die
Lärmimmissionen bei Gebäuden in der Mitte der offenen Fenster lärmempfindlicher
Räume ermittelt. Nach Art. 2 Abs. 6 lit. a LSV gelten Räume in Wohnungen,
ausgenommen Küchen ohne Wohnanteil, Sanitärräume und Abstellräume, als
lärmempfindliche Räume.

3.2. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung von Art. 39 Abs. 1 LSV. Sie
bringen vor, die vom Kanton Zürich angewendete "Lüftungsfensterpraxis" sei mit
dieser Bestimmung nicht vereinbar. Die Lärmimmissionsgrenzwerte müssten an
allen Fenstern lärmempfindlicher Räume eingehalten werden, was vorliegend
unbestrittenermassen nicht der Fall sei.

3.3. Nach der Vollzugspraxis des Kantons Zürich genügt es, wenn die
Immissionsgrenzwerte an mindestens einem, zum Lüften geeigneten Fenster pro
lärmempfindlichem Raum eingehalten werden. Die Vorinstanz hat diese sog.
"Lüftungsfensterpraxis" angewendet und gefolgert, die bundesrechtlichen
Lärmschutzvorgaben seien eingehalten. Insbesondere seien die der
Schallreduktion dienenden, fest ummauerten Patio-Balkone zulässig.

3.4. Das BAFU kommt in seiner Stellungnahme an das Bundesgericht vom 26.
Oktober 2015 zum Schluss, die "Lüftungsfensterpraxis" sei bundesrechtswidrig.
Das Bauvorhaben sei deshalb aus lärmschutzrechtlicher Sicht in der vorliegenden
Form nicht bewilligungsfähig. Allerdings sei nicht geprüft worden, ob eine
Ausnahmebewilligung nach Art. 31 Abs. 2 LSV erteilt werden könnte; hierzu könne
sich das BAFU deshalb nicht äussern.

3.5. Das Bundesgericht hat sich in einem kürzlich ergangenen Urteil eingehend
mit der Auslegung von Art. 22 USG sowie von Art. 31 und Art. 39 LSV befasst und
sich dabei mit der "Lüftungsfensterpraxis" auseinandergesetzt. Es hat
entscheidend auf den Zweckgedanken von Art. 39 Abs. 1 LSV abgestellt und
geschlossen, die "Lüftungsfensterpraxis" führe zur Aushöhlung des vom
Gesetzgeber gewollten Gesundheitsschutzes. Genüge es für die Erteilung einer
Baubewilligung, wenn die Immissionsgrenzwerte am ruhigsten Fenster jedes
lärmempfindlichen Raums eingehalten seien, könne sich die Projektgestaltung auf
die Abschirmung dieses Lüftungsfensters beschränken; weitere Massnahmen würden
aus Kostengründen nicht ergriffen und könnten auch nicht verlangt werden (vgl.
zur Publikation bestimmtes Urteil 1C_139/2015 vom 16. März 2016 E. 4.4). Zwar
könnten Zielkonflikte zwischen dem Lärmschutz und der raumplanerisch gebotenen
Siedlungsverdichtung nach innen (vgl. Art. 1 Abs. 2 lit. a bis und Art. 3 Abs.
3 lit. a bis RPG [SR 700]) bestehen. Seit dem Erlass des USG und der LSV in den
1980er Jahren habe sich die raumplanerische Problematik der Zersiedlung und des
Bodenverbrauchs verschärft. Das wichtige raumplanerische Anliegen der
hochwertigen Siedlungsentwicklung nach innen könne jedoch mittels Erteilung von
Ausnahmebewilligungen berücksichtigt werden. Bauvorhaben, die aus dieser Sicht
wünschenswert erschienen, werde eine Ausnahmebewilligung erteilt werden können,
wenn die Immissionsgrenzwerte nicht wesentlich überschritten seien, sofern
deren Einhaltung nicht in städtebaulich befriedigender Weise erreicht und
mittels Lüftungsfenstern an der lärmabgewandten Seite und allfälligen weiteren
Massnahmen ein angemessener Wohnkomfort sichergestellt werden könne (vgl. zur
Publikation bestimmtes Urteil 1C_139/2015 vom 16. März 2016 E. 4.6).

3.6. Aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ergibt sich somit, dass die
"Lüftungsfensterpraxis" Art. 39 Abs. 1 LSV widerspricht. Die
Immissionsgrenzwerte müssen mithin an sämtlichen Fenstern lärmempfindlicher
Räume eingehalten werden, was im zu beurteilenden Fall unbestrittenermassen
nicht der Fall ist. Das Bauvorhaben kann deshalb nicht gestützt auf Art. 31
Abs. 1 LSV bewilligt werden.
In Betracht käme nach dem Gesagten allenfalls die Erteilung einer
Ausnahmebewilligung gemäss Art. 31 Abs. 2 LSV. Ob diese Voraussetzungen (vgl.
E. 3.5 hiervor) vorliegend erfüllt wären, bedürfte einer vertieften Prüfung,
ist jedoch nicht vom Bundesgericht als erste Instanz zu beurteilen. Eine
Rückweisung zur Neubeurteilung erübrigt sich indes, da die Baubewilligung
ohnehin aus anderen Gründen zu verweigern ist (vgl. sogleich E. 4).

4. 
Die Beschwerdeführer rügen eine willkürliche Anwendung von § 71 PBG/ZH.

4.1. Arealüberbauungen im Sinne von §§ 69-73 PBG/ZH sind Überbauungen von
Grundstücken mit einer bestimmten in der kommunalen Bauordnung festgesetzten
Mindestfläche nach einer einheitlichen Baueingabe (§ 69 PBG/ZH).
Arealüberbauungen dürfen je nach den Bestimmungen in der Bauordnung
insbesondere bezüglich der höchstzulässigen Geschosszahl und der zulässigen
Ausnützung von der Regelbauweise abweichen (vgl. § 72 Abs. 1 PBG/ZH). Gemäss
Art. 8 Abs. 2 der Bau- und Zonenordnung der Stadt Zürich vom 23. Oktober 1991
mit Änderungen bis 20. August 2014 (BZO/Zürich; AS-Nr. 700.100) muss die
Arealfläche mindestens 6'000 m2 betragen. In der Wohnzone W3, in welcher sich
die Bauparzelle befindet, darf die zonengemässe Vollgeschosszahl auf sieben
Vollgeschosse erhöht werden; die maximale Gebäudehöhe beträgt 25 m (vgl. Art. 8
Abs. 4 BZO/Zürich). Die Ausnützungsziffer darf verglichen mit der Regelbauweise
heraufgesetzt werden (vgl. im Einzelnen Art. 8 Abs. 5 BZO/Zürich). Die
Voraussetzungen von Art. 8 BZO/ZH sind vorliegend eingehalten, wobei die
maximal zulässige Geschosszahl und Gebäudehöhe ausgeschöpft werden.

Im Gegenzug - als Ausgleich für die erheblichen Privilegierungen nach § 72 Abs.
1 PBG/ZH - stellt § 71 PBG/ZH besondere Anforderungen an die Gestaltung und die
Einordnung, welche über das in § 238 Abs. 1 PBG/ZH geforderte Mass für die
Regelbauweise hinausgehen. Nach letzterer Bestimmung sind Bauten, Anlagen und
Umschwung für sich und in ihrem Zusammenhang mit der baulichen und
landschaftlichen Umgebung im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen so zu
gestalten, dass eine befriedigende Gesamtwirkung erreicht wird. Als lex
specialis verlangt § 71 Abs. 1 PBG/ZH darüber hinausgehend, dass Bauten und
Anlagen sowie deren Umschwung besonders gut gestaltet sowie zweckmässig
ausgestattet und ausgerüstet sein müssen. Nach § 71 Abs. 2 PBG/ZH sind bei der
Beurteilung insbesondere folgende Merkmale zu beachten: Beziehung zum Ortsbild
sowie zur baulichen und landschaftlichen Umgebung; kubische Gliederung und
architektonischer Ausdruck der Gebäude; Lage, Zweckbestimmung, Umfang und
Gestaltung der Freiflächen; Wohnlichkeit und Wohnhygiene; Versorgungs- und
Entsorgungslösung; Art und Grad der Ausrüstung.
§ 71 Abs. 1 PBG/ZH eröffnet den Verwaltungsbehörden einen
Entscheidungsspielraum, welcher durch § 71 Abs. 2 PBG/ZH insoweit strukturiert
wird, als in einer nicht abschliessenden Aufzählung die massgeblichen
Beurteilungskriterien aufgeführt werden (vgl. zum Ganzen Fritzsche/Bösch/Wipf,
Zürcher Planungs- und Baurecht, 5. Auflage 2011, S. 134). Mit andern Worten ist
die Frage, ob eine besonders gute Gestaltung vorliegt, anhand der in § 71 Abs.
2 PBG/ZH genannten und allfälligen weiteren Kriterien zu beurteilen.
Nach dem massgebenden gesetzgeberischen Konzept im Kanton Zürich werden somit
die bei Arealüberbauungen gewährten substanziellen Privilegierungen bei der
Bauweise nach § 72 Abs. 1 PBG/ZH (insb. Geschosszahl; Gebäudehöhe; Ausnützung)
durch die Vorgaben von § 71 PBG/ZH (insb. besonders gute Gestaltung; Beziehung
zum Ortsbild sowie zur baulichen und landschaftlichen Umgebung) kompensiert.

4.2. Das Baurekursgericht, auf dessen Entscheid vom 28. März 2014 die
Vorinstanz in ihrer Urteilsbegründung verwiesen hat, erwog, das Baugrundstück
weise eine für städtische Verhältnisse ungewöhnlich grosse Fläche auf, weshalb
der Standort für eine eigenständige, grossvolumige Überbauung geeignet sei. Die
Bauvolumina würden anders angeordnet, als es in der Umgebung üblich sei und es
würden andere architektonische Gestaltungselemente verwendet. Damit setzten
sich das Baukonzept und die Fassadengestaltung des Projekts grundlegend von der
in der Umgebung vorhandenen Architektur ab. Die geplante Überbauung werde
zweifellos unüblich und eigenwillig in Erscheinung treten, was aber nicht als
Mangel gewertet werden könne. Es sei jedenfalls vertretbar, das in sich
harmonisch gestaltete Projekt nicht als Störfaktor, sondern als Bereicherung
des baulichen Umfelds zu betrachten. Insgesamt sei die Würdigung der
Baubewilligungsbehörde, das Bauvorhaben sei im Sinne von § 71 PBG/ZH gut
gestaltet und passe sich in die Umgebung ein, nicht zu beanstanden.

4.3. Die Vorinstanz hat sich in ihrer Urteilsbegründung im Wesentlichen darauf
beschränkt, auf die Ausführungen des Baurekursgerichts zu verweisen. Ergänzend
hat sie festgehalten, eine Arealüberbauung müsse qualifizierten ästhetischen
Anforderungen gerecht werden. Zu berücksichtigen seien insbesondere die
Beziehung der Baute zum Ortsbild sowie zur baulichen und landschaftlichen
Umgebung. Die Bauparzelle liege am Rand des städtischen Siedlungsgebiets. Im
Quartier sei kein einheitliches Bebauungskonzept erkennbar (Mehrfamilienhäuser
aus den 1960er- bis 2000er-Jahren mit Flachdächern und neuere Steildachbauten).
Angesichts dieser Vielfalt von Gebäudeformen und Materialisierungen brauche das
Projekt "Ringling" nicht auf eine vorbestehende Siedlungsstruktur Rücksicht zu
nehmen. Vielmehr dürfe sich das Bauvorhaben einer eigenständigen, zeitgemässen
Architektursprache bedienen. Dazu zählten auch die ummauerten Patio-Balkone,
welche die Fassaden auflockerten und der Siedlung ein unverwechselbares Gesicht
verliehen.

4.4. Die Beschwerdeführer machen zusammenfassend geltend, die Dimensionen des
Projekts "Ringling" mit einer geschlossenen Fassade von rund 650 m Länge und
einer Gebäudehöhe von bis zu 25 m passten nicht zur bestehenden
Siedlungsstruktur in Zürich-Höngg. Es handle sich um eine auffallende Baute
ohne jeglichen Quartierbezug.
Im Entscheid des Baurekursgerichts vom 28. März 2014 werde einzig behauptet,
der projektierte Bau sei gut gestaltet und es sei vertretbar, ihn nicht als
Störfaktor zu betrachten. Dies genüge jedoch zur Erfüllung der Anforderungen
von § 71 Abs. 1 PBG/ZH gerade nicht, da dieser eine  besonders gute Gestaltung
verlange. Es werde kein einziger Aspekt aufgezeigt, der für eine besonders gute
Qualität der Überbauung "Ringling" spreche. Die Erwägung der Vorinstanz, wonach
angesichts der Vielfalt von Gebäudeformen und Materialisierungen nicht auf die
bestehende Siedlungsstruktur Rücksicht genommen werden müsse, stehe in
Widerspruch zu den Vorgaben von § 71 Abs. 2 PBG/ZH. In der Umgebung des
Bauprojekts sei die Bebauung kleinteilig, offen, unterbrochen und
zurückhaltend. Das Projekt Ringling falle hingegen durch seine grossvolumige,
geschlossene und verbundene Bebauung auf. Das Projekt erdrücke die bestehende
Siedlung, nehme mithin auf diese keine Rücksicht.
Keine besonders gute Qualität könne der Arealüberbauung auch mit Blick auf die
Wohnlichkeit und die Wohnhygiene attestiert werden. Die
Lärmimmissionsgrenzwerte seien überschritten und die zwecks Schallreduktion
fest ummauerten Patio-Balkone, welche die freie Sicht der Bewohner
verhinderten, hätten verglichen mit offenen Balkonen nur Nachteile.

4.5. Die Vorbringen der Beschwerdeführer erweisen sich als begründet.
Das Projekt "Ringling" profitiert sehr weitgehend von den Privilegierungen als
Arealüberbauung gemäss § 72 Abs. 1 PBG/ZH i.V.m. § 8 BZO/Zürich. Es will sich
bewusst grundlegend von der baulichen Umgebung abgrenzen; die
Grossmassstäblichkeit der Gebäudevolumetrie ist Teil des architektonischen
Konzepts. Das Baurekursgericht betont denn auch die Unüblichkeit und
Eigenwilligkeit der Überbauung, indem es ausführt, das Baukonzept und die
Fassadengestaltung des Projekts würden sich grundlegend von der in der Umgebung
vorhandenen Architektur abheben. Die Fotodokumentationen und das Gipsmodell des
Bauprojekts im Massstab 1:500 stützen diese Einschätzung. Die Andersartigkeit
des Projekts sticht deutlich hervor. Dies liegt zwar bis zu einem gewissen Grad
in der Natur von Arealüberbauungen, welche mit § 69 ff. PBG/ZH ausdrücklich
zugelassen sind. Im zu beurteilenden Fall fällt die geplante Baute jedoch klar
aus dem Rahmen des in der Umgebung Üblichen. Sie tritt in keiner Weise in eine
Beziehung zum Ortsbild sowie zur baulichen und landschaftlichen Umgebung. Eine
Eingliederung in die bauliche Umgebung und die Rücksichtnahme auf diese fehlen
vollständig.
Dies aber widerspricht § 71 PBG/ZH, welcher über § 238 PBG/ZH und die für die
Regelbauweise verlangte befriedigende Gesamtwirkung hinausgehend eine besonders
gute Gestaltung und eine Rücksichtnahme auf die bauliche Umgebung verlangt. Man
mag es mit dem Baurekursgericht als " vertretbar" erachten, das Projekt "nicht
als Störfaktor zu betrachten"; daraus ergibt sich aber ohne weiteres, dass das
Bauvorhaben nicht als besonders gut gestaltet gelten kann, wenn, wie § 71 Abs.
2 PBG/ZH dies vorschreibt, die Beziehung zum Ortsbild sowie zur baulichen und
landschaftlichen Umgebung der Massstab sein soll. Indem sich das vorliegende
Projekt "Ringling" in einen bewussten Gegensatz zum vorbestehenden Ortsbild
setzt und die kleinteilige und offene Bauweise der Umgebung ignoriert, erfüllt
es die Anforderungen, die § 71 PBG/ZH an Arealüberbauuungen stellt,
offensichtlich nicht. Während das Baurekursgericht sich mit seiner Auffassung
in einen klaren Widerspruch zu den Vorgaben von § 71 PBG/ZH setzt, versagt die
Vorinstanz der Bestimmung zumindest teilweise die Anwendung, indem sie
festhält, angesichts der Heterogenität der Gebäudeformen in der Umgebung
brauche das Projekt "Ringling" auf die vorbestehende Siedlungsstruktur keine
Rücksicht zu nehmen.
Die kantonalen Instanzen behaupten selbst nicht, das Projekt trete in eine
Beziehung zum Ortsbild sowie zur baulichen und landschaftlichen Umgebung und
legen auch nicht dar, inwiefern es besonders gut gestaltet sein soll. Ausgehend
von diesen besonderen Umständen im vorliegenden Fall erweist sich die Rüge der
willkürlichen Anwendung respektive Nicht-Anwendung von § 71 PBG/ZH als
begründet.
Zudem ist zweifelhaft, dass das Projekt mit Blick auf die Wohnlichkeit und die
Wohnhygiene von besonders guter Qualität ist (Überschreitung der
Lärmimmissionsgrenzwerte; nahezu vollständig ummauerte Balkone).

4.6. Zusammenfassend erfüllt das geplante Bauprojekt die Vorgaben von § 71 PBG/
ZH offensichtlich nicht. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz ist nach
dem Gesagten nicht haltbar. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen
Entscheids und zur Verweigerung der Baubewilligung.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren von den
Beschwerdeführern erhobenen Rügen.

5. 
Die Beschwerden sind folglich gutzuheissen, der angefochtene Entscheid
aufzuheben und die Baubewilligung zu verweigern (Art. 107 Abs. 2 BGG). Die
Sache ist zu neuem Entscheid im Kosten- und Entschädigungspunkt an die
Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind den unterliegenden
Beschwerdegegnerinnen aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). Diese haben die
obsiegenden Beschwerdeführer im Verfahren 1C_317/2015 angemessen zu
entschädigen (Art. 68 BGG). Den nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführern
im Verfahren 1C_313/2015 steht keine Entschädigung zu.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerdeverfahren 1C_313/2015 und 1C_317/2015 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerden werden gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 16. April 2015 und der Bauentscheid der Bausektion der Stadt
Zürich vom 8. Januar 2013 werden aufgehoben. Die Angelegenheit wird zur
Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen für das kantonale Verfahren an
die Vorinstanz zurückgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren von Fr. 8'000.-- werden
den Beschwerdegegnern auferlegt.

4. 
Die Beschwerdegegner haben den Beschwerdeführern im Verfahren 1C_317/2015 eine
Parteientschädigung von Fr. 6'000.-- auszurichten.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Bausektion der Stadt Zürich, der
Baudirektion des Kantons Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich,
1. Abteilung, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. August 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Stohner

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