Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.280/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_280/2015

Urteil vom 2. Dezember 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen,
Gerichtsschreiber Forster.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Hoffmann,

gegen

Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich,
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich.

Gegenstand
Warnungsentzug des Führerausweises,

Beschwerde gegen das Urteil vom 18. März 2015
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich,
1. Abteilung, Einzelrichter.

Sachverhalt:

A.
Am 27. August 2014 verfügte das Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich gegen
A.________ wegen einer mittelschweren Widerhandlung gegen das SVG
(Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausserorts um 27 km/h)
einen Warnungsentzug des Führerausweises für die Dauer von einem Monat. Den vom
Lenker dagegen erhobenen Rekurs entschied die Sicherheitsdirektion des Kantons
Zürich am 21. November 2014 abschlägig. Die dagegen erhobene Beschwerde wies
das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, Einzelrichter, mit
Urteil vom 18. März 2015 ebenfalls ab.

B.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes gelangte der Lenker mit Beschwerde
vom 23. Mai (Posteingang: 28. Mai) 2015 an das Bundesgericht. Er beantragt die
Aufhebung des angefochtenen Entscheides und den Verzicht auf einen
Führerausweisentzug.
Der Beschwerde wurde mit Verfügung des Bundesgerichtes vom 25. Juni 2015 die
aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die kantonale Sicherheitsdirektion und das
Verwaltungsgericht haben je auf Vernehmlassungen verzichtet. Das kantonale
Strassenverkehrsamt und das Bundesamt für Strassen beantragen mit Schreiben vom
8. Juni bzw. 29. Juli 2015 die Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 82 ff. BGG sind erfüllt und geben zu
keinen Bemerkungen Anlass.

1.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105
Abs. 1-2 BGG).

1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
namentlich eine Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen
verfassungsmässigen Rechten gerügt werden (Art. 95 BGG). Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen, und es kann eine Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 133 II
249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht
gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen
Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen
werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

2.

2.1. In tatsächlicher Hinsicht macht der Beschwerdeführer geltend, die
Vorinstanz habe nicht auf die (für ihn ungünstigen) Sachverhaltsfeststellungen
der Strafgerichte abstellen dürfen. Zwar habe er laut Radarmessung die
zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten. Dies sei jedoch nicht geschehen,
um einem ihn mit übersetzter Geschwindigkeit überholenden Fahrzeug nachzueilen,
sondern um der Gefahr vorzubeugen, von einem allfälligen weiteren (dem
überholenden Personenwagen nacheilenden) Fahrzeug überraschend eingeholt zu
werden. Am fraglichen Tag sei er um ca. 14.40 Uhr kurz vor Rafz in die
Kantonsstrasse (Schaffhauserstrasse Richtung Zürich) eingebogen. Anschliessend
sei er von einem anderen Personenwagen mit stark überhöhter Geschwindigkeit
überholt worden. "Instinktiv" habe er erwartet, dass dem überholenden Auto ein
weiteres Fahrzeug (mit ebenfalls übersetzter Geschwindigkeit) folgen könnte
bzw. dass er in ein "Rennen" (zwischen zwei oder mehr Fahrzeugen) geraten sein
könnte. Nach den vor Ort herrschenden Verhältnissen habe er von dieser Annahme
sogar "ausgehen müssen". Daher habe er seinen Personenwagen ebenfalls
beschleunigt, "um sich den auf der Hauptverkehrsachse herrschenden
Verhältnissen anzupassen".

2.2. Unbestrittenermassen wurde der Beschwerdeführer im separaten
Strafverfahren wegen einfacher Verkehrsregelverletzung (Überschreitung der
zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausserorts um 27 km/h nach Abzug
einer Toleranzmarge) rechtskräftig gebüsst. Im angefochtenen Entscheid wird -
in Übereinstimmung mit der einschlägigen bundesgerichtlichen Praxis -
dargelegt, dass keine Veranlassung bestand, von den Sachverhaltsfeststellungen
des Bezirksgerichtes Bülach, des Zürcher Obergerichtes und des Bundesgerichtes
(Urteil 6B_632/2013 vom 14. Mai 2014) im konnexen Strafverfahren abzuweichen
(vgl. angefochtener Entscheid, E. 2, S. 5-7). Gestützt darauf geht die
Vorinstanz davon aus, dass der Beschwerdeführer auf der Schaffhauserstrasse (im
Raum Wil/ZH) die dort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h (ausserorts)
um mindestens 27 km/h überschritt; kurz zuvor sei er von einem anderen
Personenwagen mit ebenfalls übersetzter Geschwindigkeit überholt worden. Die
angebliche damalige Befürchtung des Beschwerdeführers, er könnte von einem
allfälligen nachfolgenden Fahrzeug von hinten gerammt werden (das dem ihn
überholenden Personenwagen möglicherweise nacheilen könnte), hätten schon das
Bezirksgericht Bülach und das Zürcher Obergericht als blosse Schutzbehauptung
eingestuft. Das Bundesgericht habe (in seinem Urteil vom 14. Mai 2014) erwogen,
dass der Beschwerdeführer nicht darlegte, inwiefern die Beweiswürdigung der
Strafgerichte schlechterdings nicht vertretbar wäre. Diese hätten im Übrigen
festgestellt, dass der Beschwerdeführer seine Geschwindigkeit wohl erhöht habe,
um dem ihn überholenden Fahrzeuglenker nachzueilen und ihn "zur Vernunft zu
bringen". Seine anderslautende Sachverhaltsdarstellung habe der
Beschwerdeführer erst im Verfahren vor dem Bezirksgericht Bülach vorgebracht.
Im Strafbefehlsverfahren vor dem Statthalteramt habe er noch nicht behauptet,
befürchtet zu haben, in ein "Raserrennen" geraten zu sein, und deshalb seine
Geschwindigkeit auf 107 km/h erhöht zu haben.

2.3. Was der Beschwerdeführer einwendet, lässt die Sachverhaltsfeststellungen
der Vorinstanz nicht als offensichtlich unzutreffend erscheinen. Dies gilt
namentlich für sein (sachlich nur schwer nachvollziehbares) Vorbringen, er
habe, nachdem er von einem Personenwagen mit übersetzter Geschwindigkeit
überholt worden sei, davon ausgehen "müssen", in ein Rennen zwischen zwei oder
mehr Fahrzeugen geraten zu sein, weshalb er seinerseits zur massiven
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit "genötigt" worden sei.

3.

3.1. Nach Widerhandlungen gegen Strassenverkehrsvorschriften, bei denen das
Verfahren nach dem Ordnungsbussengesetz ausgeschlossen ist, wird der
Führerausweis entzogen oder eine Verwarnung ausgesprochen (Art. 16 Abs. 2 SVG).
Bei leichten Widerhandlungen (und mangels qualifizierender bzw.
privilegierender Umstände) wird die fehlbare Person verwarnt (Art. 16a Abs. 3
SVG). Eine mittelschwere Widerhandlung begeht, wer durch Verletzung von
Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf
nimmt (Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG). Eine leichte Widerhandlung begeht, wer
durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die Sicherheit
anderer hervorruft, sofern ihn dabei nur ein leichtes Verschulden trifft (Art.
16a Abs. 1 lit. a SVG).

3.2. Aus Gründen der Rechtsgleichheit hat das Bundesgericht für die Beurteilung
der Schwere von Geschwindigkeitsüberschreitungen genaue (objektivierte) Regeln
aufgestellt. Danach wäre eine Überschreitung der zulässigen
Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausserorts um mindestens  30 km/h
 grundsätzlich als  schwere Widerhandlung einzustufen, und zwar auch bei
ansonsten günstigen objektiven und subjektiven Umständen des konkreten
Einzelfalles. Als  mittelschwerer Fall zu behandeln (bzw. als Fall, bei dem
altrechtlich noch ein fakultativer Warnungsentzug Platz greifen konnte) ist die
Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ausserorts um
mindestens  25 km/h (BGE 132 II 234 E. 3.1 S. 237 f.; 124 II 475 E. 2a S. 477
f.; je mit Hinweisen). Nach dieser Praxis ist die vorliegend zu beurteilende
Geschwindigkeitsüberschreitung um 27 km/h (ausserorts) grundsätzlich als
mittelschwere Widerhandlung einzustufen. Die weiteren konkreten Umstände des
vorliegenden Falles sind bei der Bemessung der Entzugsdauer (im gesetzlichen
Rahmen) zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 3 SVG; vgl. E. 4).

3.3. Die Annahme einer mittelschweren Widerhandlung (im Sinne von Art. 16b Abs
1 lit a SVG) erweist sich als bundesrechtskonform.

4.

4.1. Nach einer mittelschweren Widerhandlung wird der Führerausweis (von hier
nicht massgeblichen qualifizierten Fällen abgesehen) für mindestens einen Monat
entzogen (Art. 16b Abs. 2 lit a SVG). Bei der Festsetzung der Dauer des
Führerausweisentzugs sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen,
namentlich die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das Verschulden, der Leumund
als Motorfahrzeugführer sowie die berufliche Notwendigkeit, ein Motorfahrzeug
zu führen. Die Mindestentzugsdauer darf jedoch nicht unterschritten werden
(Art. 16 Abs. 3 SVG).

4.2. Die kantonalen Instanzen haben die konkreten Umstände des vorliegenden
Falles gewürdigt und bei der Bemessung der Entzugsdauer die für mittelschwere
Fälle tiefstmögliche Dauer von einem Monat festgelegt. Berücksichtigt haben sie
dabei insbesondere die Gefährdung der Verkehrssicherheit, das Verschulden des
Lenkers, dessen Leumund als Fahrzeugführer oder die berufliche Notwendigkeit,
ein Motorfahrzeug zu führen (vgl. angefochtener Entscheid, E. 4, S. 8 f.). Die
Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Umständen des vorliegenden Falles
ermöglichen weder eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindestentzugsdauer,
noch den Verzicht auf einen Führerausweisentzug. Die Vorinstanz hat in diesem
Zusammenhang auch das Vorliegen von (Putativ-) "Notwehr" oder eines
rechtfertigenden (Putativ-) "Notstandes" zutreffend verneint (vgl.
angefochtener Entscheid, E. 4.3, S. 10 f.). Ebenso legt das Verwaltungsgericht
in bundesrechtskonformer Weise dar, dass hier keine Verletzung des
Beschleunigungsgebotes in Administrativsachen vorliegt, welche allenfalls eine
Unterschreitung der gesetzlichen Mindestentzugsdauer erlauben könnte (vgl.
angefochtener Entscheid, E. 4.4, S. 11 f.). Zwar rügt der Beschwerdeführer auch
noch eine Verletzung des Grundsatzes "ne bis in idem", da neben der Busse (im
separaten Strafverfahren) auch noch ein Warnungsentzug des Führerausweises
verfügt wurde. Die Rüge erweist sich jedoch als unbegründet, soweit sie
ausreichend substanziiert erscheint. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den
Standpunkt, die Begründung des angefochtenen Entscheides vermöge ihn "nicht zu
überzeugen". Er setzt sich mit den - der Bundesgerichtspraxis entsprechenden -
Erwägungen der Vorinstanz (angefochtener Entscheid, E. 4.5, S. 12 f.) aber
nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise nachvollziehbar auseinander
(vgl. Art 42 Abs. 2 Satz 1 BGG). Die zusätzliche Berufung auf das
Verhältnismässigkeitsgebot hat im vorliegenden Zusammenhang keine über das
bereits Dargelegte hinausgehende selbstständige Bedeutung.

5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht
zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, Einzelrichter, und dem Bundesamt für Strassen,
Sekretariat Administrativmassnahmen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Dezember 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Forster

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