Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.223/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 1/2}
                   
1C_223/2015

Urteil vom 23. März 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio, Chaix, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Gelzer.

Verfahrensbeteiligte
Schweizerische Eidgenossenschaft,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch das Eidgenössisches Departement für Verteidigung,
Bevölkerungsschutz und Sport VBS, Generalsekretariat VBS,

gegen

Kanton Zürich,
Beschwerdegegner, 
handelnd durch das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich
(AWEL), Rechtsdienst,
dieses vertreten durch die Rechtsanwälte Prof. Dr. Hans Rudolf Trüeb und Dr.
Daniel Zimmerli,

Gegenstand
Altlastensanierung der Schiessanlage Hüntwangen; Kostenverteilung,
Beschwerde gegen das Urteil vom 19. Februar 2015des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer.

Sachverhalt:

A.
Die 300-m-Schiessanlage der Gemeinde Hüntwangen wurde im Jahr 1920im Betrieb
genommen und Ende Oktober 2008 stillgelegt. Sie wurde vom Militärschiessverein
Hüntwangen (MSV) betrieben, der per Ende 2008 aufgelöst wurde. Mit Verfügung
vom 18. Dezember 2008 entzog das Amt für Militär und Zivilschutz des Kantons
Zürich die Betriebsbewilligung für die Schiessanlage der Gemeinde Hüntwangen,
weil das entsprechende Grundstück stark mit Blei und Antimon belastet war und
daher das Grundwasser gefährdete. Die Gemeinde Hüntwangen liess als
Grundeigentümerin ihre Schiessanlage im Jahr 2009 sanieren, bezahlte die
Sanierungskosten und ersuchte am 1. Juni 2010 das Amt für Abfall, Wasser,
Energie und Luft (AWEL) des Kantons Zürich um Erlass einer
Kostenverteilungsverfügung.
Am 3. März 2011 verfügte das Bundesamt für Umwelt (BAFU), dass 40 % der
anrechenbaren Sanierungskosten von Fr. 188'522.-- aus dem Altlastenfonds des
Bundes an den Kanton Zürich ausbezahlt werden.
Mit Verfügung vom 16. Januar 2013 auferlegte das AWEL die anrechenbaren
Sanierungskosten von Fr. 188'522.-- zu 16 % der Gemeinde Hüntwangen als
Standortinhaberin, zu 30% der Eidgenossenschaft, vertreten durch das
Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport
(VBS), als Zweckveranlasserin und zu 54 % dem Militärschiessverein (MSV)
Hüntwangen als weiterem Verhaltensstörer, wobei der diesem Verein zugewiesene
Anteil vom Kanton Zürich als Ausfallkosten zu übernehmen war. Dabei ging das
AWEL davon aus, die Altlast sei zu 63,5 % durch das Sportschiessen, zu 35,8 %
durch das ausserdienstliche Schiessen und zu 0,7 % durch das militärische
Schiessen entstanden.

B.
Diese Kostenverteilungsverfügung focht die Schweizerische Eidgenossenschaft,
vertreten durch das VBS, mit Rekurs an, den der Regierungsrat des Kantons
Zürich mit Beschluss vom 9. April 2014 abwies. Eine dagegen vom VBS
eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit
Urteil vom 19. Februar 2015 ab.

C.
Das VBS, bzw. die Schweizerische Eidgenossenschaft (Beschwerdeführerin) erhebt
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, das
Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. Februar 2015 sei
aufzuheben und die Kostenanteile des ausserdienstlichen Schiessens, die mit der
Altlastensanierung der Schliessanlage Hüntwangen anfielen, seien dem Kanton
Zürich aufzuerlegen.
Das Verwaltungsgericht beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Der Kanton Zürich (Beschwerdegegner) und der Regierungsrat des
Kantons Zürich schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Umwelt (BAFU) stellt in seiner Vernehmlassung keinen Antrag. Der
Beschwerdegegner reichte eine Replik ein, ohne neue Anträge zu stellen.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, der sich im
Wesentlichen auf Bundesumweltrecht stützt und somit eine öffentlich-rechtliche
Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG betrifft. Ein Ausschlussgrund
nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Da die Sanierung der Schiessanlage
abgeschlossen und deren Kosten mit dem angefochtenen Entscheid betragsmässig
festgelegt wurden, ist dieser als Endentscheid zu qualifizieren (Urteil 1C_570/
2011 vom 20. September 2011 E. 1 mit Hinweis, in: URP 2013 S. 38). In der
Beschwerde wird die Legitimation gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG damit begründet,
dass das angefochtene Urteil das VBS zur Tragung von Sanierungskosten
verpflichte. Diese Kosten wurden jedoch der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
vertreten durch das VBS auferlegt (Kostenverteilungsverfügung des AWEL vom 16.
Januar 2014, E. 5c; Beschluss des Regierungsrats vom 9. April 2014 E. 2).
Demnach ist die Schweizerische Eidgenossenschaft die gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG
legitimierte Partei (vgl. Urteil 1A.158/2005 vom 31. Oktober 2005 E. 1, nicht
publ. in: BGE 131 II 743, aber in: URP 2005 S. 714 f.).

1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die
Verletzung von Bundesrecht, Völkerrecht und kantonalen verfassungsmässigen
Rechten geltend gemacht werden (Art. 95 lit. a, b und c BGG). Die Verletzung
des übrigen kantonalen Rechts kann abgesehen von hier nicht relevanten
Ausnahmen vor Bundesgericht nicht gerügt werden.
Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist daher bezüglich der Anwendung von Bundesrecht nicht an die
Begründung der Parteien gebunden, sondern kann die Beschwerde auch aus andern
als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den Entscheid mit einer
Begründung bestätigen, die von jener der Vorinstanz abweicht (BGE 138 II 331 E.
1.3 S. 335 f. mit Hinweisen).

2.

2.1. Das Bundesgesetz vom 12. April 1907 über die Militärorganisation und das
Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung vom 3. Februar 1995
(Militärgesetz, MG) verpflichten die Gemeinden, für Schiessanlagen zur
Durchführung der obligatorischen Bundesübungen besorgt zu sein. In der Schweiz
gab es daher im Jahr 2006 rund 4'000 stillgelegte und 2'000 in Betrieb stehende
Gemeindeschiessanlagen mit Kugelfängen aus Wällen, welche insgesamt mehrere
zehntausend Tonnen Blei und andere Schwermetalle aus dem Schiessbetrieb
enthielten (KETTLER/SCHENK, VASA-Abgeltungen bei Schiessanlagen, Mitteilung des
BAFU als Vollzugsbehörde, 2007, Vorwort von Gérard Poffet, S. 7; vgl. auch
Wegleitung, Bodenschutz und Entsorgungsmassnahmen bei 300m-Schiessanlagen,
herausgegeben vom Generalsekretariat des EMD und dem Bundesamt für Umwelt Wald
und Landschaft, 1997, S. 5). Wenn schadstoffbelastete Kugelfänge Grundwasser
oder Boden gefährden, sind zur Beseitigung der Gefahr Sanierungsmassnahmen
erforderlich. Solche Massnahmen wurden im Bereich der Schiessanlage Hüntwangen
vorgenommen, wobei umstritten ist, wer gemäss Art. 32d des Umweltschutzgesetzes
(USG, SR 814.01) die Sanierungskosten zu tragen hat, die durch das
ausserdienstliche Schiessen verursacht wurden. Dieser Artikel lautet in der ab
dem 1. November 2006 gültigen Fassung:

1 Der Verursacher trägt die Kosten für notwendige Massnahmen zur Untersuchung,
Überwachung und Sanierung belasteter Standorte.
2 Sind mehrere Verursacher beteiligt, so tragen sie die Kosten entsprechend
ihren Anteilen an der Verursachung. In erster Linie trägt die Kosten, wer die
Massnahmen durch sein Verhalten verursacht hat. Wer lediglich als Inhaber des
Standortes beteiligt ist, trägt keine Kosten, wenn er bei Anwendung der
gebotenen Sorgfalt von der Belastung keine Kenntnis haben konnte.
3 Das zuständige Gemeinwesen trägt den Kostenanteil der Verursacher, die nicht
ermittelt werden können oder zahlungsunfähig sind.

2.2. Das Bundesgericht hatte am 27. September 2000 in Anwendung von Art. 32d
USG über die grundsätzliche Haftung des Bundes für die Kosten einer möglichen
Altlastensanierung einer Zivilschutzausbildungsanlage zu entscheiden. Das
Bundesgericht führte dazu zusammengefasst aus, der Bund verpflichte die Kantone
zwar zum Bau und Betrieb solcher Anlagen. Der blosse Umstand, dass das
Bundesrecht Kantonen, Gemeinden oder Privaten bestimmte Tätigkeiten
vorschreibe, führe jedoch (noch) nicht dazu, dass der Bund generell als
Verursacher für alle Umweltbelastungen zu betrachten sei, die sich aus diesen
Tätigkeiten ergäben. Vielmehr liege es grundsätzlich in der Verantwortung des
Verpflichteten, die vorgeschriebenen Tätigkeiten so auszuführen, dass daraus
keine unzulässigen Umwelteinwirkungen entstehen. Eine Kostenpflicht des Bundes
könnte sich höchstens dann ergeben, wenn die vom Bund vorgeschriebene Art und
Weise der Durchführung nach dem allgemeinen Lauf der Dinge unweigerlich zur
fraglichen Umwelteinwirkung bzw. Bodenbelastung geführt habe oder wenn der Bund
in rechtswidriger Verletzung seiner Aufsichtspflicht eine Bodenbelastung nicht
vermieden habe. Diese Voraussetzungen für eine Haftung des Bundes seien
bezüglich der Errichtung der vom Bund für den Zivilschutz vorgeschriebenen
Anlagen zum Üben der Brandbekämpfung nicht gegeben, da es Sache der Kantone
gewesen sei, bei Gefährdungen des Bodens Emissionsbegrenzungen festzulegen oder
die Verwendung von (umweltbelastenden) Stoffen im erforderlichen Mass zu
beschränken (Urteil 1A.366/1999 vom 27. September 2000 E. 1-3, in: URP 2000 S.
785 ff.).

2.3. In einem Urteil vom 31. Oktober 2005 kam das Bundesgericht zum Ergebnis,
der Bund sei bezüglich der durch das obligatorische Schiessen verursachten
Umweltbelastung in der 300-m-Schiessanlage in Goldau nicht unmittelbarer
Verursacher im Sinne von Art. 32d USG. Zur Begründung führte es unter Berufung
auf seine soeben dargestellte Rechtsprechung zur Haftung des Bundes für die
Kosten der Altlastensanierung von Zivilschutzanlagen aus, die ausserdienstliche
Schiesspflicht werde zwar vom Bund vorgeschrieben, der Bau und Betrieb der
Anlagen obliege jedoch den Kantonen respektive den Gemeinden, welche die
Aufgabe hätten, dabei unzulässige Umwelteinwirkungen zu vermeiden. Der Bund sei
daher nicht unmittelbarer Verursacher jener Bodenbelastungen, welche auf die
ausserdienstliche Schiesspflicht zurückzuführen seien, weil die Durchführung
von Schiessübungen nicht unweigerlich die Belastung des jeweiligen Standorts
zur Folge habe, da mit geeigneten Massnahmen (Standortwahl; Installation von
speziellen Kugelfängen) grundsätzlich das Entstehen einer Altlast verhindert
werden könne (BGE 131 II 743 E. 4).

2.4. Die Lehre stimmte dieser Rechtsprechung zum Teil zu (GRIFFEL/RAUSCH,
Kommentar zum Umweltschutzgesetz, Ergänzungsband zur 2. Aufl., 2011, N. 24 zu
Art. 2 USG; BEATRICE WAGNER PFEIFER, Umweltrecht, Besondere Regelungsbereiche,
2013, S. 172 Rz. 737). Zum Teil stiess sie jedoch auf Kritik. So wurde
eingewendet, die blosse bundesrechtliche Vorschrift, ausserdienstliche
Schiessübungen durchzuführen, begründe zwar noch keine (unmittelbare) Gefahr
einer Umweltbeeinträchtigung. Der Bund habe jedoch die umweltschädliche
Munition abgegeben und die Armeeangehörigen gezwungen, diese zu verwenden,
womit die Gefahrenschwelle überschritten worden und daher die Unmittelbarkeit
der damit verursachten Umweltbelastung gegeben sei, weshalb der Bund insoweit
als Verhaltensverursacher zu qualifizieren sei (DENIS OLIVIER ADLER, Das
Verhältnis zwischen Verursacherprinzip und Haftpflicht im Umweltrecht, 2011, S.
149). Zudem wurde vorgebracht, die vom Bund den Schiessvereinen und den
Kantonen geleisteten finanziellen Abgeltungen für die mit dem obligatorischen
Schiessen verbundenen Pflichten könnten als unmittelbaren "Beitrag" an die
Belastung - als Verursacheranteil - angesehen werden (LORENZ LEHMANN, Klarheit
durch neues Altlastenrecht? zur Revision von Art. 32c-e USG, PBG aktuell 2006,
Heft 4 S. 17 und S. 25 Fn. 29). Sodann wurde die Meinung vertreten, der Bund
sei zwar nur mittelbarer Verursacher der bei Schiessanlagen eingetretenen
Schadstoffbelastung, weil diese unmittelbar durch die Schützen verursacht
worden sei. Diese könnten jedoch nicht für die Kostenfolgen ihres Verhaltens
haften, soweit ihnen die obligatorische ausserdienstliche Schiesspflicht vom
Bund vorgeschrieben worden sei. Zudem regle das Bundesrecht detailliert, wie
die von den Kantone und Gemeinden zu errichtenden Schiessanlagen auszugestalten
seien. Die obligatorischen Schiessübungen könnten zudem nur durchgeführt
werden, weil der Bund die Schützenvereine mit der nötigen Munition versorge und
ihnen eine Abgeltung leiste. Demnach sei Bund bezüglich der durch das
obligatorische Schiessen verursachten Umweltbelastung als Zweckveranlasser ins
Recht zu fassen (HANS RUDOLF TRÜEB, Kostentragung bei der Sanierung von
Schiessanlagen, zugleich eine Besprechung von BGE 131 II 743, URP 2008 S. 558
ff.).

2.5. Die Vorinstanz weicht mit ihrem Entscheid von der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung gemäss BGE 131 II 743 ab. Sie stützt sich dabei zunächst auf die
oben zitierten Lehrmeinungen. Sodann ist sie der Auffassung, das Bundesgericht
habe seine Rechtsprechung im Urteil BGE 138 II 111 betreffend die
Littering-Gebühr in der Stadt Bern weiterentwickelt, so dass der Bund nach
neuem Verständnis als Verursacher der Bleiablagerungen bei Schiessanlagen
anzusehen sei. Demgemäss gelte auch der sog. Zweckveranlasser als Verursacher,
sofern ein hinreichend direkter funktionaler Zusammenhang zwischen seinem
Verhalten und dem entstandenen Umweltschaden bestehe, welcher eine normative
Zurechnung erlaube. Nach Auffassung der Vorinstanz trifft dies für das
Verhalten des Bundes bezüglich des ausserdienstlichen Schiessens und der zu
sanierenden Altlast, d.h. dem bleihaltigen Kugelfang, zu. Für diesen
Zusammenhang massgeblich erachtet sie zunächst die vom Bund statuierte
Schiesspflicht, dann aber auch das engmaschige Gefüge von Regelungen über das
ausserdienstliche Schiesswesen in der Verordnung des Bundesrats über das
Schiesswesen ausser Dienst vom 5. Dezember 2003 (Schiessverordnung; SR 512.31)
sowie in der Verordnung über die Schiessanlagen für das Schiesswesen ausser
Dienst vom 15. November 2004 (Schiessanlagen-Verordnung; SR 510.512). In diesen
Erlassen werde namentlich der Inhalt der Schiessübungen, die zu verwendende
Munition und die Ausgestaltung des Kugelfangs einlässlich geregelt, so dass den
Kantonen und den Gemeinden beim Vollzug kein wesentlicher Gestaltungsspielraum
verblieben sei. Vor diesem Hintergrund sei ein ausreichender Kausalzusammenhang
zwischen der Rolle des Bundes bei der Veranlassung, Normierung und Finanzierung
des ausserdienstlichen Schiesswesens und der Verursachung der entsprechenden
Altlast zu im Sinne von Art. 32d USG zu bejahen.

2.6. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, die Vorinstanz habe Art. 32d
USG verletzt, indem sie den Kanton Zürich als potentiellen Mitverursacher der
Sanierungskosten aus der Verantwortung gemäss Art. 32d USG entlassen habe, ohne
die Rolle des Kantons bzw. der kantonalen Militärbehörden näher zu untersuchen
und zu prüfen, wer vor Ort konkret welche Rolle und Verantwortlichkeit in Bezug
auf den Betrieb und Unterhalt der Schiessanlage gehabt habe. Trotz einer
weitgehenden Regelung des Bundes über das ausserdienstliche Schiessen hätten
die kantonalen Militärbehörden diesbezüglich sehr wohl einen
Gestaltungsspielraum gehabt. Über seine kantonale Militärbehörde entscheide der
Kanton, wo eine Schiessanlage gebaut werden könne und ob bestehenden Anlagen
die Betriebsbewilligung entzogen werden müsse. Die Schiessverordnung halte auch
fest, was zu geschehen habe, wenn in einer Gemeinde keine Schiessanlage gebaut
werden könne (z.B. Zuweisung zu einer fremden Gemeindeschiessanlage oder
Zusammenschluss mehrerer Gemeinden zu einer Gemeinschaftsschiessanlage). Würden
Schiessanlagen bezüglich der Sicherheitsvorschriften und technischen
Anforderungen nach den Vorgaben des Bundes gebaut, heisse dies nicht, dass in
Bezug auf die Einhaltung der Umweltgesetzgebung kein Spielraum bestehe. Gemäss
Art. 14 Abs. 1 der Schiessanlagen-Verordnung sei für Neu-, Um- und
Erweiterungsbauten von Schiessanlagen eine kantonale Baubewilligung einzuholen.
Im Rahmen des kantonalen Baubewilligungsverfahrens habe der Kanton gestützt auf
Art. 36 USG für den Vollzug des Umweltrechts zu sorgen und sicherzustellen,
dass mittels Anpassung des Standorts oder mit speziellen Kugelfängen das
Entstehen von Altlasten vermieden werden könne. Das VBS könne in diesem Bereich
weder Forderungen mit Kostenfolgen für den Erbauer der Schiessanlage stellen,
noch könne es Änderungen an der Anlage anordnen. Auch aus der Begutachtung der
Anlagen durch den Eidgenössischen Schiessoffizier könne keine umfassende
Aufsichtspflicht des Bundes für sämtliche umweltrechtlichen Belange im
Zusammenhang mit dem Schiessbetrieb abgeleitet werden. Nötigenfalls entziehe
der Kanton über die kantonale Militärbehörde die Betriebsbewilligung. Der
Kanton Zürich sei demzufolge zuständig und in der Lage gewesen, bezüglich der
Schiessanlage Hüntwangen vorsorgerelevante Massnahmen zum Schutz der Umwelt
anzuordnen, sei indessen seiner Vorsorgepflicht nicht nachgekommen.

3.
Die Vorinstanz wie auch der Beschwerdegegner streben eine Änderung der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Verantwortlichkeiten für
die Umweltschäden an, die durch den Betrieb von Schiessanlagen entstanden sind.
Insbesondere sind sie der Auffassung, der Bund sei als (Mit-) Verursacher der
Bleibelastungen des Bodens anzusehen, die durch das ausserdienstliche Schiessen
verursacht wurden.

3.1. Eine Praxisänderung muss sich auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen
können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso
gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss
erkannte Rechtsanwendung als zutreffend erachtet worden ist. Eine
Praxisänderung lässt sich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer
Erkenntnis des Gesetzeszwecks, veränderten äusseren Verhältnissen oder
gewandelten Rechtsanschauungen entspricht (BGE 141 II 297 E. 5.5.1 S. 303; 137
V 417 E. 2.2.2 S. 422; je mit Hinweisen). Einen ernsthaften, sachlichen Grund
für eine Praxisänderung kann unter anderem die genauere oder vollständigere
Kenntnis des gesetzgeberischen Willens darstellen (BGE 141 II 297 E. 5.5.1 S.
303; 138 II 162 E. 2.3 S. 166).

3.2. Solche Umstände sind vorliegend nicht gegeben.

3.2.1. Im Urteil BGE 138 II 111, auf das sich die Vorinstanz und der
Beschwerdegegner berufen, hat das Bundesgericht keine Neuinterpretation des
Störerbegriffs vorgenommen, die zu einer Praxisänderung hinsichtlich der
Haftung des Bundes für die Sanierungskosten von Schiessanlagen führen müsste.
In jenem Entscheid ging es um die Frage, wer im Sinne Art. 32a USG Verursacher
der Abfälle ist, die im öffentlichen Raum achtlos weggeworfen oder in
öffentlichen Abfallbehältern zurückgelassen werden (vgl. E. 3). Gemäss E. 5.3.3
des genannten Urteils ergibt sich der Verursacherbegriff, wenn - wie bei Art.
32a USG - die Umsetzung des Verursacherprinzips einer konkretisierenden
Gesetzgebung bedarf, in erster Linie aus der positivrechtlichen Regelung, wobei
der zuständige Gesetzgeber im Rahmen der umweltrechtlichen Grundsätze einen
Gestaltungsspielraum hat. Das Gesetz kann auch Personen als Verursacher
bezeichnen, die nicht Störer im polizeirechtlichen Sinne oder unmittelbare
Verursacher sind, sofern ein hinreichend direkter funktioneller Zusammenhang
besteht, der eine normative Zurechnung erlaubt (sog. Zweckveranlasser).

3.2.2. Das Bundesgericht hat sich im Urteil BGE 131 II 743 eingehend mit der
Frage auseinander gesetzt, inwieweit zwischen den zu sanierenden Altlasten und
den vom Bund statuierten gesetzlichen Rahmenbedingungen des ausserdienstlichen
Schiessens ein derartiger, hinreichend direkter Zurechnungszusammenhang
besteht. Es hat dies verneint und befunden, allein der Umstand, dass das
Bundesrecht Kantonen, Gemeinden oder Privaten bestimmte Tätigkeiten
vorschreibe, führe nicht dazu, dass der Bund generell als Verursacher für alle
Umweltbelastungen zu betrachten wäre, die sich aus diesen Tätigkeiten ergäben.
Die Kantone hätten es namentlich in der Hand gehabt, mit geeigneten Massnahmen
(Standortwahl; Installation von speziellen Kugelfängen) das Entstehen einer
Altlast zu verhindern. Daran ändere selbst der Umstand nichts, dass in früheren
Jahren die Kenntnis über schädliche Umwelteinwirkungen des Schiessbetriebes
gefehlt haben möge (BGE 131 II 743 E. 4.2 und E. 4.3 S. 749 f.). Aus BGE 138 II
111 ergibt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz und des
Beschwerdegegners für den vorliegenden Fall somit nichts. In diesem Urteil hat
das Bundesgericht bloss erkannt, dass das Gesetz auch Personen als Verursacher
bezeichnen kann, die nicht Störer im polizeirechtlichen Sinne oder unmittelbare
Verursacher sind; es handelt sich damit primär um eine Umschreibung jener
Personen, die der Gesetzgeber zulässigerweise als zahlungspflichtige
Verursacher bezeichnen kann. Ausserdem hat das Bundesgericht im Urteil BGE 131
II 743 einen hinreichenden Zusammenhang zwischen den entstandenen Umweltschäden
und dem Verhalten des Bundes gerade verneint, weshalb sich dessen Haftung nicht
mit der Rechtsfigur des Zweckveranlassers begründen lässt.

3.2.3. Die Einwände des Beschwerdegegners und der Vorinstanz erscheinen zwar
nachvollziehbar. Neue rechtliche Argumente oder Sachumstände, die in BGE 131 II
743 nicht berücksichtigt worden oder damals noch nicht bekannt gewesen wären,
bringen sie indes nicht vor. Es fehlen daher die nach der Rechtsprechung
erforderlichen ernsthaften, sachlichen Gründe, die eine Praxisänderung als
geboten erscheinen lassen. Ausserdem darf nicht ausser Betracht bleiben, dass
der Grundsatzentscheid von BGE 131 II 743 vor nunmehr mehr als zehn Jahren
ergangen ist und gestützt auf die dort statuierten Grundsätze zahlreiche
Sanierungen von schadstoffbelasteten Schiessanlagen erfolgt sind und im Gange
sind. Damit sprechen wesentliche Gründe der Rechtssicherheit, aber auch der
Rechtsgleichheit gegen eine Änderung der Praxis zur Kostenverteilung im
heutigen Zeitpunkt.

3.3. Hinzu kommt, dass die gesetzlichen Grundlagen hinsichtlich der
Kostentragung für die Sanierung von Schiessanlagen seit dem Urteil 131 II 743
angepasst worden sind. Wie nachfolgend aufzuzeigen ist, wurde das gesetzlich
vorgesehene Verursacherprinzip nach USG durch die Schaffung einer speziellen
Abgeltungsregelung für die Sanierung von Altlasten stark relativiert. Dies hat
im Ergebnis zu einer wesentlichen Ausweitung der - gemäss der Rechtsprechung
sehr beschränkten - finanziellen Beteiligung des Bundes an den Kosten der
Sanierung von Schiessanlagen geführt. Auch aus diesem Grund rechtfertigt sich
eine Änderung der Rechtsprechung nicht.

3.3.1. Am 14. Dezember 2000 wurde im Nationalrat ein Vorstoss eingereicht
(Motion 00.3702 von NR Heim) mit der Forderung, der Bund solle sich in dem
Ausmass an den Sanierungskosten für Schiessanlagen beteiligen, in dem diese
Kosten durch das ausserdienstliche obligatorische Schiessen verursacht worden
sind (AB 2001 N Beilagen, Frühjahrssession, S. 406 f.). In seiner Antwort vom
28. Februar 2001 ging der Bundesrat - in Übereinstimmung mit dem am 31. Oktober
2005 ergangenen BGE 131 II 743 - davon aus, die Belastungen, die auf die
obligatorischen Schiessübungen zurückzuführen seien, entstünden im Rahmen einer
vom Bund delegierten Aufgabe, weshalb grundsätzlich die Kantone bzw. die
Gemeinden als Verursacher im Sinne von Art. 32d USG kostenpflichtig seien; für
eine Unterstützung des Bundes sei nicht die Änderung der Verursacherregelung
des USG, sondern die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für Abgeltungen des
Bundes notwendig (AB 2001 N Beilagen, Frühjahrssession, S. 407 f.).

3.3.2. Aufgrund eines Entwurfs der Kommission für Umwelt, Raumplanung und
Energie des Nationalrats (UREK-N) beschloss der Bundesgesetzgeber am 16.
Dezember 2005 eine Revision des USG im Altlastenbereich, welche bei der
Sanierung von Schiessanlagen die Beteiligung des Bundes im Umfang von 40 % der
anrechenbaren Kosten vorsah (Art. 32e Abs. 3 USG; vgl. dazu Urteil 1C_566/2011
vom 4. Oktober 2012 E. 2, in: URP 2013 S. 42 ff.). Diese Regelung gilt in ihren
Grundzügen heute noch. Die Abgeltungen werden dabei einem Spezialfonds (sog.
VASA-Fonds) entnommen, der aus Abgaben gespiesen wird, den namentlich Inhaber
einer Deponie auf der Ablagerung von Abfällen zu entrichten haben (vgl. Art.
32e Abs. 1 USG). Gemäss der am 16. Dezember 2005 beschlossenen und am 1.
November 2006 in Kraft getretenen Version von Art. 32e Abs. 3 lit c USG konnte
eine Abgeltung nur verlangt werden, wenn zwei Jahre seit dem Inkrafttreten
dieser Änderung (d.h. nach dem 1. November 2008) keine Abfälle mehr auf die
entsprechende Schiessanlage gelangt waren. Dieser Zeitpunkt wurde im Rahmen
einer späteren Revision bei Standorten in Gewässerschutzzonen auf Ende 2012 und
bei den übrigen Standorten auf Ende 2020 verschoben. Nach der heute in Kraft
stehenden Fassung von Art. 32e Abs. 4 lit. c USG beträgt die Abgeltung aus dem
VASA-Fonds, sofern die in Abs. 3 lit. c umschriebenen Voraussetzungen erfüllt
sind, bei 300-m-Schiessanlagen pauschal Fr. 8'000.-- pro Scheibe und bei den
übrigen Schiessanlagen 40 % der anrechenbaren Kosten.

3.3.3. Mit dieser Regelung hat der Bund im Anschluss an BGE 131 II 743 eine
gesetzliche Grundlage geschaffen, um selbst in angemessener Weise an die Kosten
für die Sanierung von Schiessanlagen beizutragen, auch wenn er nach der oben
umschriebenen, engen Auslegung des Bundesgerichts nicht als Verursacher der
Umweltschäden anzusehen ist, die durch das ausserdienstliche Schiessen
entstanden sind. Der Bundesgesetzgeber ist davon ausgegangen, dass mit dieser
pauschalen Abgeltung die Forderungen verschiedener Kantone und der Motionen
00.3702 Heim und 01.3303 Hess nach einer angemessenen Beteiligung des Bundes an
den Sanierungskosten von Schiessanlagen im Wesentlichen erfüllt sind (Bericht
der UREK-N vom 20. August 2002 zur parlamentarischen Initiative Altlasten, BBl
2003 5009 f. Übersicht und S. 5024 f. Ziff. 2.3.2; Stellungnahme des Bundesrats
vom 28. Mai 2003, BBl 2003 5048 Ziff. 2.2.8). Namentlich dank der erheblichen
zeitlichen Verlängerung des Abgeltungsanspruchs trägt der Bund in beachtlichem
Umfang an die Kosten der Sanierung von Schiessanlagen bei. So hat das BAFU im
vorliegenden Fall dem Kanton Zürich mit Verfügung vom 4. März 2011 eine
Abgeltung für die Sanierung der Schiessanlage Hüntwangen im Umfang von 40 % der
anrechenbaren Sanierungskosten gesprochen. Auch aus diesem Grund rechtfertigt
es sich nicht, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.

4.
Nach dem Gesagten verstiess die Vorinstanz gegen Art. 32d USG, indem sie die
Kostenverteilungsverfügung des AWEL vom 16. Januar 2013 insoweit bestätigte,
als damit der Beschwerdeführerin als Verursacherin Sanierungskosten auferlegt
wurden, die auf das ausserdienstliche Schiessen zurückzuführen waren. Zur
Behebung dieser Bundesrechtsverletzung ist das angefochtene Urteil in
Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an das
AWEL zurückzuweisen, das die genannten Kosten dem Beschwerdegegner (bzw.
allenfalls der Gemeinde Hüntwangen) aufzuerlegen haben wird. Das
Verwaltungsgericht wird die Kosten- und Entschädigungsfolgen des kantonalen
Rechtsmittelverfahrens neu festzusetzen haben.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdegegner aufzuerlegen, da dieser in Verfolgung von Vermögensinteressen
prozessiert hat (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht
zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 19. Februar 2015 wird aufgehoben. Die Sache wird zu neuem
Entscheid im Sinne der Erwägungen an das kantonale Amt für Abfall, Wasser,
Energie und Luft und zur Neuverlegung der Kosten und Entschädigungen des
kantonalen Rechtsmittelverfahrens an das Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Regierungsrat des Kantons
Zürich, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, und
dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. März 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Gelzer

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