Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.201/2015
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_201/2015

Urteil vom 24. August 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Kneubühler,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
A.________AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Huber,

gegen

Stadt Zürich, Stadthaus, Stadthausquai 17, 8001 Zürich,
vertreten durch Rechtskonsulent Stadtrat Zürich Dr. Theodor H. Loretan.

Gegenstand
Formelle Enteignung,

Beschwerde gegen das Urteil vom 28. Januar 2015 des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer.

Sachverhalt:

A.

 Am 27. Juni 2007 beschloss der Stadtrat von Zürich das Strassenprojekt
"Flankierende Massnahmen N4/N20-Westumfahrung" zur Entlastung des Stadtgebiets
vom Durchgangsverkehr zwischen dem linken Zürichseeufer und dem Limmattal.
Gleichzeitig wies der Stadtrat unter anderem eine Einsprache der A.________AG
(damals: B.________AG) ab. Deren Grundstück Seebahnstrasse 269/Hohlsstrasse 147
im Halte von 473 m2 wird teilweise für den dort geplanten Verkehrsknoten
beansprucht; die Wohn- und Gewerbeliegenschaft der A.________AG muss
abgebrochen werden. Das Strassenprojekt wurde letztinstanzlich mit Urteil des
Bundesgerichts vom 30. August 2010 genehmigt (BGE 136 I 341).

B.
Mit Entscheid vom 4. Dezember 2012 legte die Schätzungskommission des 1.
Kreises des Kantons Zürich (nachfolgend Schätzungskommission) auf Ersuchen der
Stadt Zürich die Entschädigung für die Abtretung der Liegenschaft auf Fr.
5'424'000.-- fest. Dagegen erhoben sowohl die A.________AG wie auch die Stadt
Zürich Rekurs beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. In seinem Urteil vom
28. Januar 2015 wies dieses beide Rekurse ab. Es befand, die
Schätzungskommission habe die Enteignungsentschädigung zwar grosszügig
bemessen, das ihr zustehende Schätzungsermessen aber noch nicht überschritten.
Auf weitere Entschädigungen aus Inkonvenienzen habe die A.________AG keinen
Anspruch.

 Zwischenzeitlich hatte die A.________AG erfolglos ein Revisionsgesuch gegen
das Strassenbauprojekt eingereicht; eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten gegen das letztinstanzliche kantonale Urteil in der Sache wies
das Bundesgericht am 14. Oktober 2014 ab (Urteil 1C_231/2014).

C.

 Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts (Vorinstanz) vom 28. Januar 2015
führt die A.________AG (Beschwerdeführerin) am 17. April 2015 Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Sie beantragt die
Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz; eventuell sei der
vorinstanzliche Entscheid insoweit aufzuheben, als die Enteignungsentschädigung
tiefer als von ihr gewünscht festgelegt wurde.

 Am 5. Mai 2015 ersuchte die Stadt Zürich (Beschwerdegegnerin) darum, der
Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zu erteilen. Diesem Antrag folgte
der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung nicht und erteilte der
Beschwerde mit Verfügung vom 17. Mai 2015 die aufschiebende Wirkung.

 Die Vorinstanz beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde.

 Die Beschwerdeführerin hat am 17. August 2015 repliziert.

Erwägungen:

1.

1.1. Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts, der unter keinen Ausschlussgrund gemäss
Art. 83 BGG fällt und daher mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten an das Bundesgericht weitergezogen werden kann (vgl. Art. 82
Abs. 1 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d sowie Art. 90 BGG). Die Beschwerdeführerin
ist nach Art. 89 Abs. 1 BGG zur Anfechtung befugt.

 Das Urteil der Vorinstanz datiert vom 28. Januar 2015. Es wurde am 23. Februar
2015 versandt und der Beschwerdeführerin am 3. März 2015 eröffnet, so dass die
am 17. April 2015 der Schweizerischen Post übergebene Beschwerde unter
Berücksichtigung des Fristenstillstands an Ostern rechtzeitig erhoben wurde.
Auf die Beschwerde ist unter Vorbehalt der nachfolgenden Erwägungen
einzutreten.

1.2. Über das Strassenprojekt und die damit verbundene Enteignung der
Liegenschaft der Beschwerdeführerin hat das Bundesgericht in seinem Urteil vom
30. August 2010 abschliessend entschieden und namentlich das - von der
Beschwerdeführerin wiederum bestrittene - öffentliche Interesse am
Strassenbauprojekt bejaht, ebenso wie die Verhältnismässigkeit der Enteignung.
Dieser Entscheid ist rechtskräftig und kann im vorliegenden Verfahren nicht
erneut zur Diskussion gestellt werden. Wesentliche sachverhaltliche Änderungen,
die zu einer Neubeurteilung des Strassenbauprojekts führen müssten, könnten
einzig mit dem Rechtsmittel der Revision geltend gemacht werden, was die
Beschwerdeführerin im August 2011 auch versucht hat (vgl. Sachverhalt Lit. B),
allerdings erfolglos. Dagegen ist es nicht zulässig, diese projektbezogenen
Fragen im Rahmen des Verfahrens auf Festsetzung der Enteignungsentschädigung
wieder aufzuwerfen.

1.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, wie die
Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diesen bloss
berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig oder in Verletzung
wesentlicher Verfahrensrechte ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 BGG). Die
beschwerdeführende Person muss rechtsgenügend dartun, dass und inwiefern der
festgestellte Sachverhalt bzw. die beanstandete Beweiswürdigung klar und
eindeutig mangelhaft, mit anderen Worten willkürlich, erscheint (Art. 42 Abs. 2
und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445; 138 I 274 E. 1.6
S. 280 f.; 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; je mit Hinweisen).

 Neue tatsächliche Vorbringen und Beweismittel sind im bundesgerichtlichen
Verfahren grundsätzlich unzulässig (Art. 99 BGG).

2.
Die Beschwerdeführerin erhebt verschiedene prozessuale Einwände gegen das
vorinstanzliche Verfahren. Diese sind vorweg zu beurteilen.

2.1. Die Beschwerdeführerin ist zunächst der Auffassung, Verwaltungsrichter
Bodmer hätte aufgrund seiner Freundschaft zum Rechtsvertreter der
Beschwerdegegnerin bereits zu Beginn des Verfahrens in den Ausstand treten
müssen, weshalb dieses zu wiederholen sei.

2.1.1. Wie sich dem angefochtenen Urteil entnehmen lässt, hat
Verwaltungsrichter Bodmer von Beginn des vorinstanzlichen Verfahrens bis zum
21. Januar 2014 zahlreiche Instruktionsverfügungen erlassen. Am angefochtenen
Urteil hat er dagegen - offenbar aus gesundheitlichen Gründen - nicht
mitgewirkt. Das Verwaltungsgericht hat erkannt, der Einwand gegen die Tätigkeit
von Verwaltungsrichter Bodmer als Instruktionsrichter sei verspätet erhoben
worden und folglich verwirkt. Ausserdem gebe es ohnehin keinen Ausstandsgrund,
da ihn keine besondere Freundschaft mit dem Rechtsvertreter der Stadt Zürich
verbinde.

2.1.2. Die Beschwerdeführerin beruft sich im Zusammenhang mit dem Ausstand auf
keine Bestimmung des kantonalen Rechts, sondern bloss auf Art. 30 Abs. 1 BV und
Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Nach diesen Bestimmungen hat jede Person, deren
Angelegenheit in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch
darauf, dass ihre Streitsache von einem unbefangenen, unvoreingenommenen und
unparteiischen Gericht beurteilt wird. Es soll garantiert werden, dass keine
sachfremden Umstände, die ausserhalb des Prozesses liegen, in sachwidriger
Weise zugunsten oder zulasten einer Partei auf das gerichtliche Urteil
einwirken (BGE 140 III 221 E. 4.1 S. 222 mit Hinweisen).

 Besondere Gegebenheiten namentlich hinsichtlich des Verhältnisses zwischen
einem Richter und einem Parteivertreter, welche den objektiven Anschein der
Befangenheit des Ersteren zu begründen und daher dessen Ausstand zu gebieten
vermöchten, können sich gleichermassen auf ein besonders freundschaftliches als
auch auf ein besonders feindschaftliches Verhältnis zwischen Richter und
Rechtsvertreter beziehen. In solchen Situationen kann nach der Rechtsprechung
des Bundesgerichts indessen nur bei Vorliegen spezieller Umstände und mit
Zurückhaltung eine Voreingenommenheit des Richters angenommen werden.
Erforderlich wäre, dass die Intensität und Qualität der beanstandeten Beziehung
vom Mass des sozial Üblichen abweicht und bei objektiver Betrachtung geeignet
ist, sich auf die Partei selbst und deren Prozess auszuwirken, und derart den
Anschein der Befangenheit hervorzurufen (BGE 139 I 121 E. 5.1 S. 125 mit
Hinweisen). Die blosse Kollegialität unter Gerichtsmitgliedern gebietet für
sich alleine noch keine Ausstandspflicht. Diese Praxis wurde mit Bezug auf
nebenamtliche Richter entwickelt, die hauptberuflich als Anwälte tätig sind.
Insbesondere hat das Bundesgericht erkannt, der pauschale Vorwurf, ein als
Anwalt auftretendes Gerichtsmitglied besitze bei seinen Kollegen regelmässig
erhöhte Autorität bzw. einen Insidervorteil, genüge bei objektiver
Betrachtungsweise nicht, den Anschein der Befangenheit des Gerichtsmitglieds zu
begründen, denn die Mitglieder eines Kollegialgerichts seien in ihrer Stellung
voneinander unabhängig (BGE 139 I 121 E. 5.3 S. 126 f.; 133 I 1 E. 6.5 S. 8
ff.; je mit Hinweisen).

2.1.3. Diese Rechtsprechung muss noch viel mehr gelten, wenn es sich, wie hier,
um einen Parteivertreter handelt, der bereits vor Jahren aus dem angerufenen
Gericht ausgeschieden ist. Wie die Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung
in glaubhafter Weise vorbringt, ist ihr Rechtskonsulent Theodor H. Loretan vor
nunmehr 10 Jahren aus dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ausgeschieden.
Hinweise auf eine besondere, den sozial üblichen Umgang zwischen ehemaligen
Arbeitskollegen übersteigende Freundschaft zwischen diesem und
Verwaltungsrichter Bodmer werden seitens der Beschwerdeführerin nicht geltend
gemacht, von der Beschwerdegegnerin bestritten und den Akten lassen sich keine
entsprechenden Anhaltspunkte entnehmen. Damit besteht gegenüber
Verwaltungsrichter Bodmer kein objektiv begründeter Anschein der Befangenheit.
Das Ausstandsgesuch der Beschwerdeführerin erweist sich als unbegründet. Die
Frage, ob der Anspruch auf Ausstand wegen Verspätung ohnehin verwirkt wäre,
braucht bei diesem Ergebnis nicht geprüft zu werden.

2.2. Die Beschwerdeführerin beanstandet sodann die Einladung zur öffentlichen
Verhandlung, welche die Vorinstanz am 28. Januar 2015 durchgeführt hat.

2.2.1. Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, das Verwaltungsgericht habe die
öffentliche Verhandlung vom 28. Januar 2015 nicht in hinreichender Weise
publiziert, sondern bloss auf der gerichtseigenen Homepage in einem Untermenu,
das erst durch mehrere Klicks zu öffnen sei. Ausserdem sei die Bekanntmachung
erst am 7. Januar 2015 erfolgt, d.h. bloss drei Wochen vor dem
Verhandlungstermin. Andere Zürcher Gerichte würden ihre Verhandlungen bis zu
drei Monate im Voraus ankündigen. Sodann habe die Publikation nicht die
wesentlichen Informationen enthalten, um es dem Publikum zu ermöglichen, über
den Besuch der Verhandlung zu entscheiden. Die Beschwerdeführerin sieht darin
einen Verstoss gegen Art. 6 Ziff. 1 EMRK und gegen Art. 30 Abs. 3 BV; eine
willkürliche Anwendung kantonaler Normen macht sie nicht geltend.

2.2.2. Art. 30 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verankern das Prinzip der
Justizöffentlichkeit. Diese erlaubt Einblick in die Rechtspflege und sorgt für
Transparenz gerichtlicher Verfahren. Damit dient sie einerseits dem Schutze der
direkt an gerichtlichen Verfahren beteiligten Parteien im Hinblick auf deren
korrekte Behandlung und gesetzmässige Beurteilung. Andererseits ermöglicht die
Justizöffentlichkeit auch nicht verfahrensbeteiligten Dritten nachzuvollziehen,
wie gerichtliche Verfahren geführt werden, das Recht verwaltet und die
Rechtspflege ausgeübt wird. Die Justizöffentlichkeit will für Transparenz der
Rechtsprechung sorgen und die Grundlage für das Vertrauen in die
Gerichtsbarkeit schaffen. Die demokratische Kontrolle durch die
Rechtsgemeinschaft soll Spekulationen begegnen, die Justiz benachteilige oder
privilegiere einzelne Prozessparteien ungebührlich oder Ermittlungen würden
einseitig und rechtsstaatlich fragwürdig geführt (BGE 139 I 129 E. 3.3 S. 133;
137 I 16 E. 2.2 S. 18; 134 I 286 E. 6.1 S. 289; 133 I 106 E. 8.1 S. 107; je mit
Hinweisen). Der demokratische Rechtsstaat hat sicherzustellen, dass sich
Medien, aber auch interessierte Institutionen und Private mit schutzwürdigen
Informationsinteressen über wichtige Bereiche der Justiztätigkeit ausreichend
informieren können. Der betreffende Anspruch steht nicht nur den Parteien des
Strafverfahrens zu, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit (BGE 134 I
286 E. 6.5 S. 291).

2.2.3. Die vorliegende Konstellation ist insofern speziell, als sich die
Beschwerdeführerin eine weitergehende Öffentlichkeit der Verhandlung vor dem
Verwaltungsgericht gewünscht hätte; normalerweise wehren sich die Parteien
gegen eine öffentliche Verhandlung an sich oder verlangen eine irgendwie
geartete Beschränkung der Öffentlichkeit (vgl. statt vieler BGE 137 I 16).
Weder die Bundesverfassung noch die EMRK enthalten Vorschriften über die
Bekanntgabe von bevorstehenden Gerichtsverhandlungen. Nach der Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist dem Gebot der
Verhandlungsöffentlichkeit Genüge getan, wenn das interessierte Publikum
frühzeitig Informationen über Zeit und Ort des Gerichtstermins erhalten kann,
der Ort für die Öffentlichkeit leicht zugänglich ist und die Verhandlungsräume
genügend Platz bieten (vgl. Jörg Paul Müller/Markus Schefer, Grundrechte in der
Schweiz, 4. Auflage 2008, S. 970 f.; Jens Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Auflage 2011,
N. 184 zu Art. 6 EMRK, je mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR). Diese
Voraussetzungen waren vorliegend auch nach der Darstellung der
Beschwerdeführerin erfüllt. Es trifft zwar zu, dass die Vorinstanz die
Verhandlung über den Rechtsstreit der Beschwerdeführerin nicht offensiv
publiziert hat. Es kann aber ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich
die interessierte Öffentlichkeit Kenntnis vom Gerichtstermin verschaffen
konnte, namentlich allfällige Vertreter der Medien, welche die Praxis der
Gerichte kennen und denen bei der praktischen Umsetzung des
Öffentlichkeitsgrundsatzes eine wichtige Transmissionsfunktion zukommt. Sodann
ist nicht zu sehen, weshalb die Vorankündigung der Verhandlung drei Wochen vor
dem Termin ungenügend sein sollte. Die Kritik der Beschwerdeführerin ist
unbegründet.

2.3. Als weitere prozessuale Rüge beanstandet die Beschwerdeführerin die
Zusammensetzung der erstinstanzlich entscheidenden Schätzungskommission.

2.3.1. Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, die Protokollführerin der
Schätzungskommission, Manuela Vock, sei nicht gesetzeskonform in ihr Amt
eingesetzt worden. Da ihr beratende Stimme zukomme, müsse sie - gleich wie die
Kommission selbst - für eine Amtsdauer gewählt werden, und zwar von der
Schätzungskommission als Behörde. Zudem sei dieser Vorgang protokollarisch zu
erfassen. All dies sei indes unbestrittenermassen nie erfolgt. Damit sei ihr
verfassungsmässiger Anspruch auf Beurteilung durch ein auf Gesetz beruhendes
Gericht verletzt.

2.3.2. Zur Begründung ihrer Auffassung stützt sich die Beschwerdeführerin zum
einen auf § 3 der Zürcher Verordnung über das Verfahren der
Schätzungskommissionen in Abtretungsstreitigkeiten vom 24. November 1960 (LS
781.2), zum andern auf Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Ob ein
Verstoss gegen das kantonale Recht vorliegt, untersucht das Bundesgericht bloss
unter dem Blickwinkel der Willkür, während es die Einhaltung der angerufenen
Verfassungs- und Konventionsbestimmungen frei prüft.
Gemäss § 3 Abs. 1 und 2 der genannten Verordnung bezeichnet die
Schätzungskommission einen Protokollführer; ist dieser nicht zugleich Mitglied
der Kommission, so hat er beratende Stimme. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung
erscheint es in der Tat naheliegend, dass die Ernennung des Protokollführers
durch das Plenum der Kommission erfolgt. Zwingend ist dieser Schluss allerdings
nicht. Nach § 2 der Verordnung besorgt nämlich der vom Verwaltungsgericht
bezeichnete Obmann der Schätzungskommission deren Geschäftsleitung, so dass es
nicht willkürlich erscheint, von einer - allenfalls stillschweigenden -
Delegation der Kompetenz zur Ernennung des Protokollführers an den Obmann
auszugehen, was auch für das Verbleiben im Amt nach den Erneuerungswahlen gilt.
Diese Annahme rechtfertigt sich umso mehr, als der Name von Manuela Vock und
deren Funktion als Protokollführerin in den Rechenschaftsberichten der
Kommission regelmässig aufgeführt worden ist. Die Rüge der Beschwerdeführerin
erweist sich daher als unbegründet, soweit sie eine Verletzung des kantonalen
Rechts beanstandet. Weshalb die Tätigkeit von Manuela Vock als
Protokollführerin einen Verstoss gegen Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1
EMRK darstellen soll, begründet die Beschwerdeführerin, wenn überhaupt, nicht
in der für Verfassungsrügen erforderlichen Dichte, weshalb auf diese Rüge nicht
weiter einzugehen ist.

 Schliesslich kann der Vorinstanz in diesem Zusammenhang auch keine Verletzung
ihrer Begründungspflicht vorgeworfen werden; eine Rechtsmittelinstanz darf zur
Begründung ihres Urteils auf Entscheide einer Vorinstanz verweisen, die sie als
zutreffend und vollständig erachtet. Vorliegend hat sich das Verwaltungsgericht
nicht damit begnügt, sondern hat sich mit den Vorbringen der Beschwerdeführerin
in der gebotenen Kürze auch ausdrücklich auseinander gesetzt.

3.

 Für den Fall, dass das Bundesgericht die formellen Einwände der
Beschwerdeführerin als unberechtigt erachten sollte, beanstandet diese im
Eventualstandpunkt die Höhe der Enteignungsentschädigung. Sie ist der
Auffassung, sie habe aus verschiedenen Gründen Anspruch auf eine höhere
Vergütung.

3.1. Die Beschwerdeführerin kritisiert zunächst die Festlegung des
Verkehrswerts der enteigneten Liegenschaft.

3.1.1. Sie macht geltend, der erstinstanzliche Entscheid sei "erst im Zeitpunkt
der Eröffnung des Anfechtungsobjekts, somit am 3. März 2015, in Rechtskraft
erwachsen", weshalb die im Dezember 2014 erfolgte Senkung des hypothekarischen
Referenzzinssatzes bei Mietverhältnissen hätte berücksichtigt werden müssen;
dies habe erhebliche Auswirkungen auf den Ertragswert (als Komponente des
Verkehrswerts) der Liegenschaft.

3.1.2. Die Vorinstanz hat in diesem Zusammenhang erwogen, für die Bestimmung
des Ertragswerts, den die Schätzungskommission dreifach gewichtet habe, falle
der Kapitalisierungssatz stark ins Gewicht. Die Rüge der Stadt Zürich, wonach
die Schätzungskommission auf einen zu tiefen Kapitalisierungssatz abgestellt
habe, sei insofern berechtigt, als diese im Widerspruch zur Schätzungspraxis
unmittelbar auf den Referenzzinssatz abgestellt habe; die Schätzungsliteratur
gehe von höheren Kapitalisierungssätzen aus. Allerdings habe die Kommission das
ihr zustehende Schätzungsermessen nicht überschritten.

3.1.3. Als Stichtag für die Bewertung des Enteignungsobjekts gilt im Kanton
Zürich - anders als bei bundesrechtlichen Enteignungen - der Tag, an welchem
der Schätzungsentscheid getroffen wird (vgl. Tobias Jaag/Markus Rüssli, Staats-
und Verwaltungsrecht des Kantons Zürich, 4. Auflage 2012, Rz. 3620). Dies ist
im vorliegenden Fall der 4. Dezember 2012. Am selben Tag sank der
Referenzzinssatz um einen Viertel Prozentpunkt, was in der Folge
unberücksichtigt blieb. Inwiefern dies eine willkürliche Anwendung des
kantonalen Enteignungs- oder Prozessrechts darstellen soll, zeigt die
Beschwerdeführerin nicht auf. Auch ein Verstoss gegen die verfassungsrechtliche
Eigentumsgarantie von Art. 26 BV ist nicht ersichtlich, zumal die Vorinstanz
den Kapitalisierungssatz, den die Schätzungskommission angewandt hat, als eher
zu tief erachtet hat (was tendenziell zur Annahme eines zu hohen Ertragswerts
führt) und die Beschwerdeführerin sich mit dieser Erwägung nicht auseinander
setzt.

3.2. Die Beschwerdeführerin ist sodann der Auffassung, sie habe Anspruch auf
eine höhere Entschädigung, da sie ihr Eigentum unfreiwillig abtrete. Sie beruft
sich dabei auf § 13 Abs. 1, zweiter Satz, des Zürcher Gesetzes betreffend die
Abtretung von Privatrechten vom 30. November 1879 (LS 781; im Folgenden: AbtrG/
ZH). Danach kann für die Unfreiwilligkeit der Abtretung ein Zuschlag von
höchstens 20% dieses Wertes gemacht werden. Die Vorinstanz führt dazu aus, ein
solcher Zuschlag könne nur in Ausnahmefällen zuerkannt werden, da jede
Zwangsabtretung unfreiwillig erfolge. Nach der Praxis des Verwaltungsgerichts
sei dafür eine besondere Beeinträchtigung in den persönlichen Verhältnissen
erforderlich, was vorliegend nicht zutreffe. Diese Erwägung steht in
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts. Demnach gleichen
Unfreiwilligkeitszuschläge nicht wirtschaftliche Einbussen aus, sondern bilden
den Gegenwert für die affektiven Bindungen des Eigentümers an sein Hab und Gut
und wollen die vom Enteigneten durch den zwangsweisen Entzug seines Eigentums
erlittene seelische Unbill abgelten. Der Unfreiwilligkeitszuschlag verfolgt
somit einen ähnlichen Zweck wie die haftpflichtrechtliche Genugtuung und lässt
sich demnach nur dann und nur insoweit rechtfertigen, als die Enteignung
überhaupt zu seelischer Unbill führen kann, was bei einer juristischen Person
wie es die Beschwerdeführerin ist, nie zutreffen kann (BGE 127 I 185 E. 5a S.
192 f. mit Hinweisen).

3.3. Die Beschwerdeführerin beansprucht unter dem Titel von Inkonvenienzen
sodann weitere Entschädigungen.

3.3.1. Zunächst macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe wegen des
laufenden Enteignungsverfahrens keinen Liefervertrag für Bier und Mineralwasser
abschliessen können, wodurch ihr Einkünfte in der Höhe von Fr. 10'000.-- pro
Jahr entgangen seien. Die Vorinstanz hat diesen Sachverhalt als nicht bewiesen
erachtet: das Vorbringen werde weder näher substanziiert noch belegt und
erscheine in der Sache auch unwahrscheinlich. Das Bundesgericht legt seinem
Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat, sofern
die diesbezüglichen Feststellungen nicht offensichtlich unrichtig sind (Art.
105 Abs. 1 und 2 BGG). Einen solchen Mangel vermag die Beschwerdeführerin nicht
aufzuzeigen, indem sie im bundesgerichtlichen Verfahren ihre eigene
Sachverhaltsdarstellung wiederholt. Die Vorinstanz hat auch die
bundesrechtlichen Beweisregeln nicht verletzt, indem sie in diesem Zusammenhang
die Beweislast der Beschwerdeführerin auferlegt hat. Es ist nicht Sache der
Stadt Zürich, zu beweisen, dass die Enteignete einen Liefervertrag für Bier und
Mineralwasser hätte abschliessen können.

3.3.2. Die Beschwerdeführerin beantragt sodann, ihr sei die anfallende
Grundstückgewinnsteuer zu ersetzen, da die Veräusserung unfreiwillig erfolge
und sich die Beschwerdegegnerin dadurch nicht noch sollte bereichern können.
Dasselbe macht sie für die direkten Steuern geltend, weil mit der Enteignung
eine zwangsweise Realisierung stiller Reserven einher gehe.

 Diese Forderung steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung. Das
Bundesgericht hat die Überwälzung der anfallenden Grundstückgewinnsteuer auf
den Enteigner seit jeher abgelehnt, denn die Enteignung ist nicht der
Rechtsgrund, sondern nur der äussere Anlass zur Besteuerung eines
Grundstückgewinns, der unabhängig von der Enteignung entstanden ist (BGE 100 Ib
71 E. 9 S. 72 ff. mit Hinweis auf BGE 50 I 141; Urteil P.914/1984 vom 10.
Dezember 1985 E. 5). Diese Überlegungen sind nach wie vor zutreffend und gelten
auch für die direkten Steuern.

3.3.3. Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, während des
Verkehrsprovisoriums sei ihre Liegenschaft "verbarrikadiert" und deshalb bloss
erschwert erreichbar gewesen. Aus diesem Grund habe sie die Mietzinse senken
müssen. Der entsprechende Einnahmeausfall sei ihr als Inkonvenienzentschädigung
zu ersetzen. Die Vorinstanz hat demgegenüber die Auffassung vertreten, bei den
genannten Beeinträchtigungen handle es sich um die Enteignung von
Nachbarrechten, die nur zu entschädigen sei, wenn - kumulativ - die drei
Bedingungen der Unvorhersehbarkeit der Immissionen, der sog. Spezialität der
Immissionen sowie der Schwere des immissionsbedingten Schadens gegeben seien
(vgl. etwa BGE 134 II 145 E. 5 S. 147 mit Hinweisen). Die Schätzungskommission
habe das Vorliegen dieser Voraussetzungen verneint und die Enteignete setze
sich mit deren Erwägungen kaum auseinander. Die Schätzungskommission habe zu
Recht erwogen, dass der beantragte Ersatz der Mietzinsausfälle nicht
unmittelbar mit der späteren Enteignung der Liegenschaft zusammen hänge. Die
Beschwerdeführerin habe die Mietzinsen freiwillig gesenkt.

 Die Beschwerdegegnerin bestreitet in ihrer Vernehmlassung, dass die
Beschwerdeführerin die Mietzinsen überhaupt gesenkt habe; dabei bezieht sie
sich auf den Mietspiegel, den die Schätzungskommission ihrem Entscheid zugrunde
gelegt habe.

3.3.4. Die Sachverhaltsfrage, ob die Beschwerdeführerin die Mietzinsen für ihre
Liegenschaft tatsächlich gesenkt hat, kann ebenso offen bleiben wie die Frage,
ob der vorinstanzlichen Begründung zu folgen wäre, wenn sie meint, die
Beschwerdeführerin habe die Mietzinsen aus freien Stücken gesenkt, da kein
Gerichtsurteil vorliege, das sie dazu zwinge. Die Vorinstanz hat sich nämlich
auch die Auffassung der Schätzungskommission zu eigen gemacht, wonach die
Voraussetzungen für eine entschädigungspflichtige Enteignung eines
nachbarlichen Abwehrrechts nicht gegeben seien, weil die Beeinträchtigungen
nicht als aussergewöhnlich gelten könnten. Nach der in BGE 94 I 286 E. 9 S. 301
ff. begründeten Praxis gelten Immissionen nur dann als übermässig im Sinne von
Art. 684 ZGB, wenn sie für den Grundeigentümer nicht voraussehbar waren, ihn in
spezieller Weise treffen und ihm einen schweren Schaden verursachen (BGE 134 II
145 E. 5 S. 147 mit Hinweisen).

 Mit dieser Rechtsprechung setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander.
Damit genügt sie den erhöhten Anforderungen an die Begründung von
Verfassungsrügen nicht; das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten
und von kantonalem und interkantonalem Recht nur, sofern eine entsprechende
Rüge klar und detailliert begründet wird; es ist anhand der Erwägungen des
angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Rechte
verletzt worden sein sollen (BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232 mit Hinweisen), was
die Beschwerdeführerin unterlassen hat. Sie behauptet zwar, es liege keine
(entschädigungslos hinzunehmende) Enteignung von Nachbarrechten vor, sondern
eine "in unmittelbarem Zusammenhang mit den vorinstanzlichen Verfahren zwischen
den Parteien stehende, ausservertragliche Schädigung", begründet aber ihre
abweichende rechtliche Würdigung nicht näher und legt nicht dar, weshalb die
vorinstanzliche Einschätzung qualifiziert fehlerhaft sein soll. Die Beschwerde
erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.

4.
Schliesslich beanstandet die Beschwerdeführerin die Höhe und die Verlegung der
Gerichtskosten durch die Vorinstanz.

 Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass die vorinstanzliche Gerichtsgebühr in
der Höhe von Fr. 50'000.-- den massgeblichen Gebührenrahmen nicht
überschreitet. Entgegen ihrer Auffassung kann ein Verfahren, in welchem beide
sich gegenüberstehenden Parteien ein Rechtsmittel ergreifen, zahlreiche heikle
Fragen aufgeworfen werden und eine Parteiverhandlung durchgeführt wird, ohne
weiteres als aufwändig gelten. Die Vorinstanz hat auch ihre Begründungspflicht
nicht verletzt, da Kostenentscheide in der Regel gar nicht speziell motiviert
werden müssen und nur ausnahmsweise, wenn von den allgemeinen Regeln der
Kostenverlegung abgewichen wird, eine kurze Begründung erforderlich ist (Urteil
1P.235/1999 vom 14. Juli 1999 E. 5b); eine solche hat das Verwaltungsgericht
abgegeben. Es hat die Verfahrenskosten beiden Parteien je zur Hälfte auferlegt.
Da die eine Partei eine höhere und die andere Partei eine tiefere
Enteignungsentschädigung verlangt hatte, als schliesslich zugesprochen wurde,
überzeugt diese Kostenverlegung. Der pauschale Verweis auf zahlreiche
Verfassungsbestimmungen durch die Beschwerdeführerin ändert daran nichts.

 Die Vorinstanz hat keiner Partei eine Parteientschädigung zugesprochen, da sie
die Voraussetzungen von § 17 Abs. 2 des Zürcher Verwaltungsrechtspflegegesetzes
vom 24. Mai 1959 (VRG; LS 175.2) als nicht erfüllt erachtet hat. Das ist nicht
zu beanstanden: die Beschwerdeführerin hat vor Verwaltungsgericht eine höhere
Entschädigung gefordert, als ihr die Schätzungskommission zugesprochen hatte
und ist folglich mit ihren Rechtsbegehren unterlegen. Damit besteht nach § 17
Abs. 2 VRG kein Anspruch auf Parteientschädigung.

5.
Damit ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die
Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie
hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Stadt Zürich und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 24. August 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Dold

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben