Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.168/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_168/2015

Urteil vom 11. Mai 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Karlen, Eusebio, Chaix,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Verfahrensbeteiligte
Einwohnergemeinde Fischbach,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Urban Bieri,

gegen

1. Kanton Luzern,
handelnd durch die Dienststelle Immobilien, Stadthofstrasse 4, 6002 Luzern, und
diese
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Mühlebach,
2. X.________ und Y.________,
Beschwerdegegner,

Gemeinderat Fischbach,
Hauptstrasse 11, 6145 Fischbach,
Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement, Dienststelle Raum und Wirtschaft,
Murbacherstrasse 21, Postfach, 6002 Luzern.

Gegenstand
Bauen ausserhalb der Bauzonen,

Beschwerde gegen das Urteil vom 18. Februar 2015
des Kantonsgerichts Luzern, 4. Abteilung.

Sachverhalt:

A.

A.a. Auf dem Grundstück Nr.________ im Grundbuch der Gemeinde Fischbach/LU am
N.________, das ausserhalb der Bauzone in der Landwirtschaftszone liegt und
X.________ und Y.________ gehört, befindet sich das Gebäude Nr.________, das
früher als Altersheim diente. Die letzten neun Pensionäre verliessen das
Altersheim im August 2000. Mit Entscheid vom 31. Januar bzw. vom 7. Februar
2007 der zuständigen kantonalen und kommunalen Behörden wurde der Einbau einer
5½-Zimmerwohnung im Erdgeschoss des ehemaligen Altersheims im Sinne einer
raumplanungsrechtlichen Ausnahmebewilligung gestattet.

A.b. Am 6. Dezember 2011 ersuchte die Dienststelle Immobilien des Kantons
Luzern die Gemeinde Fischbach um Umnutzung des ehemaligen Altersheims in eine
Unterkunft für 35 bis ausnahmsweise maximal 55 Asylsuchende sowie der
5½-Zimmerwohnung in ein Verwaltungsbüro. Dazu sind insbesondere im
Gebäudeinnern Sanierungsarbeiten und im zweiten Obergeschoss die Montage eines
neuen Geländers auf der Terrasse vorgesehen. Im Aussenbereich sind nebst den
fünf bereits bestehenden Parkplätzen die Errichtung von fünf zusätzlichen
Parkplätzen sowie im Osten des Gebäudes eine Aufschüttung des Terrains für
einen Spiel- und Aufenthaltsbereich geplant. Überdies soll das Gebäude an die
öffentliche Kanalisation angeschlossen werden.

A.c. Am 11. Januar 2012 nahm der Gemeinderat Fischbach zuhanden der
Dienststelle Raumentwicklung, Wirtschaftsförderung und Geoinformation (heute:
Dienststelle Raum und Wirtschaft [rawi]) des Kantons Luzern Stellung. In einem
Schreiben vom 3. April 2012 an den Gemeinderat Fischbach verpflichtete sich der
Regierungsrat des Kantons Luzern auf die Reduktion der maximalen Belegung der
fraglichen Unterkunft von 55 auf 35 Insassen. Am 28. Mai 2012 erteilte die
Dienststelle rawi, unter Bedingungen und Auflagen, die erforderliche
raumplanungsrechtliche Ausnahmebewilligung sowie die feuerpolizeiliche
Bewilligung. Diesen Entscheid stellte sie der Gemeinde Fischbach zur
gemeinsamen Eröffnung mit dem kommunalen Bauentscheid zu.

A.d. Ohne den Entscheid der Dienststelle rawi über die Erteilung einer
Ausnahmebewilligung zu eröffnen und ohne den kommunalen Bauentscheid zu fällen,
erhob die Einwohnergemeinde Fischbach gegen den Entscheid der Dienststelle rawi
direkt Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim (damaligen) Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern. Die Grundeigentümer X.________ und Y.________ beteiligten sich
nicht am Verfahren. Am 21. Januar 2013 wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, die Beschwerde ab, soweit es darauf
eintrat. Auf Beschwerde der Einwohnergemeinde Fischbach hin stellte das
Bundesgericht mit Urteil vom 4. Februar 2014 die Nichtigkeit des
verwaltungsgerichtlichen Entscheides wegen klarer prozessualer Mängel unter
Missachtung der planungsrechtlichen Koordinationspflicht fest und wies die
Einwohnergemeinde Fischbach an, ohne Verzug selber über die Baubewilligung zu
entscheiden und ihren Bauentscheid zusammen mit den kantonalen Bewilligungen zu
eröffnen (Urteil des Bundesgerichts 1C_236/2013).

A.e. Am 27. März 2014 erteilte der Gemeinderat Fischbach dem Kanton Luzern,
handelnd durch die Dienststelle Immobilien, die Baubewilligung für die
Umnutzung des Altersheims in ein Heim für Flüchtlinge und für die Umnutzung der
bestehenden 5½-Zimmerwohnung in ein Verwaltungsbüro auf dem Grundstück
A.________, Gemeinde Fischbach, unter Bedingungen und Auflagen. Auf die nach
Rückzug zweier Einsprachen verbliebenen 15 Einsprachen trat der Gemeinderat
mangels Legitimation der Einsprecher nicht ein und verwies diese hinsichtlich
der privatrechtlichen Einsprachepunkte an den Zivilrichter. Gleichzeitig
eröffnete der Gemeinderat mit Blick auf die Koordination der
Bewilligungsverfahren den Entscheid der Dienststelle rawi vom 28. Mai 2012.

B. 
Die Einwohnergemeinde Fischbach erhob gegen den Baubewilligungsentscheid sowie
insbesondere gegen denjenigen der Dienststelle rawi vom 28. Mai 2012 erneut
Beschwerde beim Kantonsgericht des Kantons Luzern, das inzwischen die Funktion
des Verwaltungsgerichts übernommen hatte. Am 18. Februar 2015 wies das
Kantonsgericht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 25. März 2015 an
das Bundesgericht beantragt die Einwohnergemeinde Fischbach, das Urteil des
Kantonsgerichts aufzuheben und die raumplanungsrechtliche Ausnahmebewilligung
für die strittige Umnutzung des Altersheims mit den entsprechenden baulichen
Anpassungen zu verweigern. Eventuell sei die Angelegenheit zu neuer Beurteilung
an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Zur Begründung wird im Wesentlichen
geltend gemacht, das Urteil des Kantonsgerichts beruhe auf offensichtlich
unrichtigen Sachverhaltsfeststellungen und verstosse gegen die
bundesrechtlichen Vorschriften über das Bauen ausserhalb der Bauzone.
Die Dienststelle rawi bezeichnet in ihrer Vernehmlassung das strittige
Bauvorhaben als bewilligungsfähig, ohne ausdrücklich einen Antrag zu stellen.
Das Kantonsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
einzutreten sei. Die Dienststelle Immobilien verweist für den Kanton Luzern auf
die Vernehmlassungen der Dienststelle rawi und des Kantonsgerichts. X.________
und Y.________ liessen sich nicht vernehmen. Das Bundesamt für Raumentwicklung
ARE beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Die Einwohnergemeinde Fischbach äusserte sich am 9. September 2015 nochmals zur
Sache. Die Dienststelle Immobilien verzichtete für den Kanton Luzern auf eine
nochmalige Stellungnahme. Weitere Eingaben gingen beim Bundesgericht nicht mehr
ein.

D. 
Die I. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat am 11. Mai 2016
in einer öffentlichen Beratung über die Beschwerde entschieden.

Erwägungen:

1.

1.1. Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden
gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses
Rechtsmittel steht auch auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur
Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund (BGE
133 II 249 E. 1.2 S. 251). Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um
einen kantonal letztinstanzlichen Entscheid (vgl. Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG).

1.2. Streitobjekt ist die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24c RPG
für die Umnutzung eines als Altersheim konzipierten und längere Zeit als
solches verwendeten Gebäudes ausserhalb der Bauzone zu einer Unterkunft für
Asylsuchende.

1.3. Nach Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG sind Personen, Organisationen und Behörden
zur Beschwerde berechtigt, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht
einräumt. Art. 34 Abs. 2 lit. c RPG sieht ein solches Beschwerderecht für
Kantone und Gemeinden vor gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über
Bewilligungen im Sinne der Art. 24-24d und 37a RPG. Da im vorliegenden Fall
eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24c RPG Streitgegenstand bildet, die
Gemeinde öffentliche Interessen verfolgt und es um konkrete Rechtsfragen eines
Einzelfalles geht (vgl. BGE 129 II 1 E. 1.1 S. 3 f.), ist die
beschwerdeführende Gemeinde zur Beschwerde legitimiert.

1.4. Mit der Beschwerde an das Bundesgericht kann, von hier nicht
interessierenden Möglichkeiten abgesehen, die Verletzung von Bundesrecht (vgl.
Art. 95 lit. a BGG) sowie die offensichtlich unrichtige Feststellung des
Sachverhalts (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) gerügt werden.

2.

2.1. Die beschwerdeführende Gemeinde stellt verschiedentlich die tatsächlichen
Feststellungen des Kantonsgerichts in Frage. Eine hier einzig massgebliche
offensichtlich unrichtige bzw. willkürliche Sachverhaltsfeststellung liegt vor,
wenn diese widersprüchlich oder aktenwidrig ist oder auf einem offensichtlichen
Versehen beruht bzw. klarerweise den tatsächlichen Verhältnissen widerspricht.
Nach Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen dabei neue Vorbringen und Tatsachen nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt.

2.2. Die Beschwerdeführerin sieht in der Beurteilung des Kantonsgerichts, das
Bauvorhaben entspreche einer bestimmungsgemässen Nutzung der bereits
bestehenden Immobilie, eine qualifiziert falsche Feststellung des Sachverhalts.
Dabei handelt es sich jedoch vorab um ein rechtliches Kriterium und nicht um
tatsächliche Feststellungen, weshalb darauf unter rechtlichen Gesichtspunkten
einzugehen sein wird. Analoges gilt für die Frage, ob es dem Grundstück an der
erforderlichen Betriebstüchtigkeit fehlt bzw. welche Tragweite insofern den
nötigen und geplanten Renovationsarbeiten zukommt. Umstritten sind weder der
aktuelle faktische Zustand des Grundstücks und des darauf stehenden Gebäudes
noch Art und Umfang der vorgesehenen Arbeiten. Damit ist die entsprechende
tatsächliche Grundlage im angefochtenen Entscheid in für das Bundesgericht
verbindlicher Weise erstellt.

2.3. Die einzige umstrittene Tatsache bildet die Frage, ob es auf Seiten der
Eigentümer eine Absicht des Weiterbetriebs der Immobilie als
Kollektivunterkunft gibt oder ob eine solche mit der Beendigung der Nutzung als
Altersheim endgültig aufgegeben wurde. Wieweit eine solche Absicht tatsächlich
erforderlich ist und ob für die Besitzstandswahrung nicht ein objektiv
unveränderter Referenzzustand genügt, ist allerdings strittig. Darauf wird
ebenfalls unter rechtlichen Gesichtspunkten einzugehen sein. Umstritten ist
insofern sodann die Zulässigkeit der von der Beschwerdeführerin eingereichten
Unterlagen (Botschaften) der Einwohnergemeinde Zell als damalige Betreiberin
des früheren Altersheims aus den Jahren 1979 und 1993. Wie es sich damit
verhält, kann offenbleiben. Selbst wenn die Einwohnergemeinde Zell schon vor
geraumer Zeit von einer Weiterführung des Altersheims abgesehen hätte, wie dies
später geschehen ist, bedeutet das nicht, dass auch die Grundeigentümer die
Weiternutzung des Grundstücks für eine kollektive Unterkunft definitiv
aufgegeben hätten. Das vorgebrachte Argument bzw. die angerufenen Dokumente
sind damit unerheblich. Ebenfalls umstritten ist die Zulässigkeit des Verweises
der Dienststelle rawi auf frühere behördliche Dokumente aus dem Jahre 2007, die
belegen sollen, dass selbst die kantonalen Behörden von einer kollektiven
Weiternutzung des Gebäudes ausgingen. Dabei handelt es sich zwar eher um ein
Gegenargument zur anders lautenden Behauptung der Beschwerdeführerin im
Zusammenhang mit der vorinstanzlichen Begründung des angefochtenen Entscheids
als um eine unzulässige neue Tatsache. Wie es sich damit verhält, kann aber
ebenfalls dahingestellt bleiben. Angesichts der zumindest teilweisen
Weiternutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken und der im Übrigen weitgehend
unveränderten Beibehaltung der Raumaufteilung erscheint es so oder anders nicht
offensichtlich unrichtig, davon auszugehen, dass die Möglichkeit einer Weiter-
oder Wiederverwendung der Liegenschaft als Kollektivunterkunft nie ganz
aufgegeben bzw. ausgeschlossen worden ist.

2.4. Das Kantonsgericht stellte demnach den massgeblichen Sachverhalt nicht
offensichtlich unrichtig fest.

3.

3.1. In rechtlicher Hinsicht ist nicht die Notwendigkeit einer Baubewilligung
strittig (wie etwa im Urteil des Bundesgerichts 1C_285/2015 vom 19. November
2015). Die nötigen baurechtlichen Bewilligungen liegen vielmehr vor und bilden
gerade den Streitgegenstand. Hingegen rügt die Beschwerdeführerin einen
Verstoss gegen Art. 24c RPG bzw. gegen die darin enthaltene Regelung der
Besitzstandsgarantie. Anwendbar ist die bis zum 31. Oktober 2012 geltende
Fassung von Art. 24c RPG vom 20. März 1998 [AS 2000 2042]), wovon bereits das
Verwaltungsgericht ausgegangen und was unbestritten geblieben ist. Danach
werden bestimmungsgemäss nutzbare Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen,
die nicht mehr zonenkonform sind, in ihrem Bestand grundsätzlich geschützt
(Abs. 1). Solche Bauten und Anlagen können mit Bewilligung der zuständigen
Behörde erneuert, teilweise geändert, massvoll erweitert oder wiederaufgebaut
werden, sofern sie rechtmässig erstellt oder geändert worden sind. In jedem
Fall bleibt die Vereinbarkeit mit den wichtigen Anliegen der Raumplanung
vorbehalten (Abs. 2). Dies bedingt eine Interessenabwägung (BGE 115 Ib 472 E.
2e/aa S. 486 f.; Urteil des Bundesgerichts 1C_311/2010 vom 28. August 2013 E.
5.3 mit Hinweisen).

3.2. Art. 24c RPG wird in Art. 41 ff. der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni
2000 (RPV; SR 700.1) konkretisiert. Einschlägig ist hier ebenfalls noch die
ursprüngliche Fassung dieser Bestimmungen, wie sie bis zum 31. Oktober 2012 in
Kraft waren (AS 2000 2047). Gemäss Art. 41 RPV ist Art. 24c RPG anwendbar auf
Bauten und Anlagen, die seinerzeit in Übereinstimmung mit dem materiellen Recht
erstellt oder geändert wurden, durch die nachträgliche Änderung von Erlassen
oder Plänen jedoch zonenwidrig geworden sind. Als derartige altrechtliche
Bauten gelten grundsätzlich solche, die vor dem 1. Juli 1972 errichtet wurden,
weil erst mit dem damaligen Inkrafttreten der bundesgesetzlichen Bestimmungen
über den Gewässerschutz erstmals eine Trennung von Bau- und Nichtbaugebieten
eingeführt wurde (BGE 129 II 396 E. 4.2.1 S. 398). Nach Art. 42 RPV sind
Änderungen an Bauten und Anlagen gemäss Art. 24c RPG zulässig, wenn die
Identität der Baute oder Anlage einschliesslich ihrer Umgebung in den
wesentlichen Zügen gewahrt bleibt; Verbesserungen gestalterischer Art sind
zulässig (Abs. 1). Massgeblicher Vergleichszustand für die Beurteilung der
Identität ist der Zustand, in dem sich die Baute oder Anlage im Zeitpunkt der
Zuweisung zum Nichtbaugebiet befand (Abs. 2). Ob die Identität der Baute im
Wesentlichen gewahrt bleibt, ist unter Würdigung der gesamten Umstände zu
beurteilen; bei Zweckänderungen sind dabei insbesondere auch Nutzungsart,
-intensität, Emissionen und Erschliessung zu berücksichtigen (Art. 42 Abs. 3
RPV; BGE 132 II 21 E. 7.1.2 S. 43 mit Hinweisen; 133 II 409 E. 3 S. 416 f.;
Urteile des Bundesgerichts 1C_311/2010 vom 28. August 2013 E. 5.3 und 1C_77/
2010 vom 11. Oktober 2010 E. 8.5).

3.3. Das Gebäude, dessen Gebrauch hier in Frage steht, liegt in der
Landwirtschaftszone. Es wurde vor dem 1. Juli 1972 erstellt und nie
landwirtschaftlich genutzt. Seine Verwendung als Altersheim ist seit diesem für
die Bauzonenzuweisung von Gebäuden und Anlagen in der Schweiz massgeblichen
Zeitpunkt zonenfremd. Auch die geplante Nutzung als Unterkunft für Asylsuchende
ist weder zonenkonform noch standortgebunden. Eine Ausnahmebewilligung nach
Art. 24c RPG ist daher für die Realisierung des Projekts unerlässlich.

3.4. Die ursprüngliche Verwendung des Gebäudes als Altersheim ging gestaffelt
zu Ende. Die durchgehende Altersheimnutzung wurde schon 1996 aufgegeben. Die
letzten neun Insassen zogen allerdings erst Ende August 2000 aus und wurden bis
dahin offenbar Tag und Nacht beaufsichtigt und betreut. Die damalige Leiterin
bewohnte und unterhielt das Heim bis Ende November 2006 weiter. Anfang 2007
wurden die ehemaligen Zimmer der Altersheimleitung im südlichen Gebäudeteil in
eine - rechtskräftig bewilligte - 5½-Zimmerwohnung umgebaut, die bis 2010
bewohnt war. Die ebenfalls im südlichen Gebäudeteil vorhandene Kapelle diente
noch rund 20-25 Mal pro Jahr für Hochzeiten und Taufen sowie für Messen.
Jährlich 10-15 Mal traf das für Hochzeits- und Tauffeste auch auf den
Speisesaal zu, den überdies die Dorfvereine regelmässig benutzten. Gemäss dem
strittigen Bauprojekt soll das Gebäude neu zu einer Unterkunft für bis zu 35
Asylsuchende umgenutzt werden, wobei geplant ist, die 5½-Zimmerwohnung im
Erdgeschoss in ein Verwaltungsbüro umzugestalten.

3.5. Ausgangspunkt für die Beurteilung der Identität der künftigen mit der
ehemaligen Nutzung ist der Zustand, in dem sich die Baute oder Anlage im
Zeitpunkt der Zuweisung zum Nichtbaugebiet befand (vgl. Art. 42 Abs. 2 RPV).
Gemäss insofern bei den Verfahrensbeteiligten weitgehend übereinstimmender
Auffassung sind Nutzungen, die seither aufgegeben worden sind, nicht mehr zu
berücksichtigen. Die Meinungen gehen allerdings zur Frage auseinander, ob hier
die ursprüngliche Nutzung in der Zwischenzeit aufgegeben worden ist bzw. was
vorauszusetzen ist, damit davon ausgegangen werden kann.

3.5.1. Die Aufgabe der Nutzung setzt einen klaren Bruch voraus, indem entweder
das Objekt als solches aufgegeben oder indem eine künftige Wiederverwendung zu
einem zumindest vergleichbaren Zweck ausgeschlossen wird. Das kann sich
insbesondere dadurch ergeben, dass eine bestehende Baute oder Anlage nicht mehr
unterhalten wird und sich daher wegen Verfalls zur Nutzung nicht mehr eignet.
Der gesetzliche Bestandesschutz erstreckt sich nicht auf Bauten, die sich nicht
mehr in gebrauchstauglichem Zustand befinden (vgl. das Urteil des
Bundesgerichts 1C_356/2010 vom 21. Februar 2011 E. 2.4). Das blosse Leerstehen
während einer vorübergehenden Dauer, etwa weil es zwischenzeitlich an einem
geeigneten Nutzer fehlt, genügt für sich allein noch nicht; andernfalls könnten
beispielsweise stillgelegte militärische Anlagen ausserhalb des Baugebietes
kaum je einer neuen Nutzung zugeführt werden, wie dies selbst der Bund
verschiedentlich anstrebt (vgl. etwa das Urteil des Bundesgerichts 1C_336/2015
vom 19. Januar 2016). In gleichem Sinne entfiel die Besitzstandsgarantie gemäss
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur früheren, teilweise mit Art. 24c RPG
vergleichbaren Bestimmung von Art. 24 Abs. 2 RPG nicht bei einem Unterbruch der
bisherigen Nutzung von einigen wenigen, wohl aber bei einem solchen von 20
Jahren (vgl. das Urteil des Bundesgerichts 1A.265/1997 vom 19. März 1998).

3.5.2. Im vorliegenden Fall geht es um eine kollektive Wohnnutzung der
fraglichen Liegenschaft. Sowohl die Verwendung eines Gebäudes als Altersheim
als auch diejenige zwecks Beherbergung von Asylsuchenden dient einer
Kollektivunterkunft zu Wohnzwecken. Für einen zwischenzeitlichen anderen
Gebrauch ist entscheidend, ob aus einer objektiven Sicht die Gebäudenutzung als
Kollektivunterkunft endgültig aufgegeben bzw. ob die Baute in einer Weise
umgestaltet wurde, dass sie einer entsprechenden Nutzung nicht mehr zugänglich
ist. Eine vorübergehende Teilumnutzung schadet jedenfalls dann nicht, wenn
diese zeitlich befristet erfolgt und eine der ursprünglichen Nutzung
vergleichbare Verwendung innert vernünftiger Frist und mit massvollem Aufwand
wieder aufgenommen werden kann und dies aus objektiver Sicht auch als
realistisch erscheint. Diesfalls ist von einer genügenden raumplanerischen
Kontinuität bei der bestimmungsgemässen Verwendung einer Baute auszugehen.

3.6. An diesen rechtlichen Kriterien sind im vorliegenden Fall die konkreten
Verhältnisse zu messen.

3.6.1. Der frühere Altersheimbetrieb wurde bis zum August 2000 in reduziertem
Umfang aufrechterhalten. Da bis zum Schluss die Betreuung der Insassen
gewährleistet blieb, kann nicht davon ausgegangen werden, der Betrieb sei schon
vor diesem Zeitpunkt definitiv eingestellt worden. In der Folge wohnte die
frühere Heimleiterin weiterhin im Gebäude. Bis Ende November 2006 scheinen alle
Beteiligten eine andere Nutzung desselben nicht konkret verfolgt zu haben. Mit
dem damaligen Einbau einer 5½-Zimmerwohnung sowie der Verwendung des Gebäudes
für Feste und Vereinsveranstaltungen erfolgte zwar eine gewisse Abweichung von
der vorbestandenen Nutzung; betroffen war aber nur ein kleiner Teil des
Gebäudes, und die Verwendung für Veranstaltungen mit vielen Personen ist einer
Heimnutzung auch nicht fremd, sondern in dieser enthalten. Obwohl das Gebäude
seit dem Jahr 2000 nur noch reduziert verwendet wurde, diente es doch weiterhin
auch der Wohnnutzung. Die Teilverwendung bezweckte dabei ebenfalls die
Zwischennutzung des Gebäudes zur Überbrückung einer vorübergehenden mangelnden
Nachfrage des vollständigen Gebrauchs der Baute. Die künftige Weiternutzung als
Kollektivunterkunft wurde dadurch nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es gibt
keine Anhaltspunkte dafür, dass auf Seiten der Eigentümer ein entsprechendes
Interesse aufgegeben worden wäre. Die Liegenschaft wurde zudem so unterhalten,
dass die Weiternutzung als Kollektivunterkunft möglich blieb.

3.6.2. Das fragliche Gebäude ist demnach weiterhin für eine Kollektivunterkunft
geeignet. Dessen frühere Nutzung als Altersheim ist mit der geplanten
Beherbergung von Asylsuchenden durchaus vergleichbar. Der erforderliche Aufwand
für die Umwandlung der Baute erweist sich als beschränkt und geht nicht über
eine teilweise Änderung bzw. Erneuerung im Sinne von Art. 24c Abs. 2 RPG
hinaus. Insbesondere handelt es sich beim nötigen Rückbau der bestehenden
Wohnung sowie bei den weiteren baulichen Anpassungen um begrenzte Vorhaben ohne
Erweiterung von Nutzungsgrad und -fläche. Die Anpassungen berühren die
Gebäudekonstruktion grundsätzlich nicht, sondern betreffen in erster Linie den
Innenausbau und sind sekundärer Natur. Dass namentlich Heizungs-, Sanitär- und
Küchenanlagen renoviert werden müssen, ist angesichts der seit ihrer Errichtung
vergangenen Zeitdauer ohnehin nicht aussergewöhnlich. Analoges gilt für die
unerlässlichen baulichen Anpassungen an Sicherheitsvorschriften wie neue
Geländer für die Terrassen sowie an die Brandschutznormen.

3.6.3. Im Aussenbereich ist zunächst die Tragweite der Erstellung von
zusätzlichen fünf Parkplätzen umstritten. Zwar trifft es zu, dass bisher erst
fünf Parkplätze als solche ausgewiesen sind und diese Zahl durch bauliche
Anpassungen und Markierungen auf zehn erhöht werden soll. Die entsprechenden
Platzverhältnisse erlauben aber bereits heute das Abstellen von mindestens zehn
Fahrzeugen und wurden im Bedarfsfall auch so genutzt. Der Ausbau dient demnach
in erster Linie einem geordneteren Parkierungsregime und führt für sich allein
kaum zu einem erheblich vergrösserten Verkehrsaufkommen, zumal Asylsuchende in
der Regel nicht über Motorfahrzeuge verfügen (vgl. das Urteil des
Bundesgerichts 1C_40/2010 vom 9. März 2010 E. 3). Sodann erscheinen die
Terrainveränderungen von ca. 500-600 m3 rein quantitativ nicht unbedeutend. Sie
bezwecken jedoch in erster Linie eine bessere Einpassung der bestehenden Baute
in die Landschaft und erweisen sich insofern als qualitativ wertvoll und
insgesamt als massvoll. Selbst der Ausbau der Kanalisation stellt nicht eine
übermässige Erweiterung dar und ist nicht zuletzt die Folge veränderter
Rechtsregeln bzw. einer angepassten Praxis, nachdem im Jahre 2007 die
landwirtschaftliche Verwertung des häuslichen Abwassers für die damals
eingebaute Wohnung ausnahmsweise noch ausdrücklich bewilligt worden war. Damals
wurde im Übrigen die bestimmungsgemässe Nutzung des fraglichen Grundstückes von
keiner Seite, auch nicht von der Gemeinde, in Frage gestellt. Insgesamt führt
das Bauvorhaben mithin weder zu einer erheblichen Erweiterung der zonenwidrig
genutzten Fläche noch zu einer massgeblichen Veränderung der Identität der
bestehenden Baute noch der Intensität von deren Nutzung.

3.6.4. Weiter erweisen sich die zeitlichen Verhältnisse als überschaubar.
Zwischen dem Auszug der letzten Altersheiminsassen im Sommer 2000 und der
Einreichung des Umnutzungsgesuchs des Kantons liegen zwar rund elf Jahre. Das
Gebäude blieb aber bis Ende 2006 von dessen ehemaliger Leiterin bewohnt, und
die Teilumnutzung nach dem Umbau des Verwaltungsteils in eine Wohnung dauerte
nur knapp fünf Jahre und wurde von heimnahen Nutzungen für diverse
Veranstaltungen begleitet. Auch wenn es an einer lückenlosen völlig
gleichbleibenden Nutzung fehlt, gibt es doch keinen klaren Bruch. Vielmehr ist
die Verwendung des Gebäudes nach der Einstellung der damaligen
Altersheimnutzung zwar mit etwas geringerer Intensität, zu einem guten Teil
aber doch als Wohnnutzung und für Anlässe mit zahlreichen Teilnehmern
weitergeführt worden. Der grössere Teil der Baute ist noch immer auf die
unveränderte Zweckbestimmung einer Kollektivunterkunft ausgerichtet, und die
erforderlichen Umbau- und Renovationsarbeiten sind ebenfalls überschaubar. Die
notwendige raumplanerische Kontinuität erweist sich als gewahrt. Damit ist von
einem unveränderten Referenzzustand auszugehen, der weiterhin der
Besitzstandsgarantie untersteht.

3.7. Mit Blick auf die für Bauten ausserhalb der Bauzone nötige
Interessenprüfung (vgl. Art. 24c Abs. 2 [alte Fassung] bzw. Abs. 5 [neue
Fassung] RPG) fällt ins Gewicht, dass hier von einer genügenden
raumplanerischen Kontinuität ausgegangen werden kann. Zudem führt die geplante
Nutzung im Vergleich zur früheren zu keiner wesentlichen Mehrbelastung der
Infrastruktur. Die Auswirkungen auf die Raumordnung und Umwelt verändern sich
ebenfalls nur unwesentlich. Die vorgesehene Nutzung als Unterkunft für
Asylsuchende ist auf dieselbe Maximalbelegung von 35 Insassen angelegt wie das
ehemalige Altersheim. Die zonenwidrig genutzte Fläche wird überdies nicht
erweitert, es wird kein zusätzlicher Wohnraum geschaffen und es gibt keine
wesentlichen Veränderungen am äusseren Erscheinungsbild des Gebäudes. Für die
vorgesehene künftige Verwendung besteht sodann im Hinblick auf die dem Kanton
obliegende Pflicht, die Beherbergung der ihm vom Bund zugewiesenen
Asylsuchenden sicherzustellen, ein erhebliches öffentliches Interesse (vgl.
Art. 27 f. AsylG; Urteil des Bundesgerichts 1C_704/2013 vom 17. September 2014
E. 6.4.5). Angesichts der gesamten Umstände stehen daher der Erteilung der
Ausnahmebewilligung nach Art. 24c RPG keine überwiegenden Interessen entgegen.
An dieser Beurteilung ändert auch das von der beschwerdeführenden Gemeinde
angerufene Urteil des Bundesgerichts 1C_109/ 2014 vom 4. März 2015 nichts, mit
dem das Bundesgericht über die Zulässigkeit einer kantonalen Volksinitiative im
Asylbereich zu befinden hatte. Zwar hielt das Bundesgericht damals fest, dass
neue Bauten und Anlagen gemäss Art. 22 und 24 RPG nur dann ausserhalb einer
Bauzone bewilligt werden könnten, wenn sie standortgebunden seien, was bei
Unterkünften für Asylsuchende, die üblicherweise in die Wohnzone gehörten, kaum
je zutreffen dürfte. Zu beachten ist jedoch, dass die Initiative die Errichtung
von solchen Unterkünften im Nichtbaugebiet als Regel vorsah.
Ausnahmebewilligungen nach Art. 24c RPG für bestimmte Einzelfälle, die wie hier
ausnahmsweise die Umnutzung von bestehenden wesensgleichen Gebäuden ausserhalb
der Bauzone zulassen, werden dadurch nicht ausgeschlossen, was im Übrigen auch
die beschwerdeführende Gemeinde nicht verkennt.

3.8. Der angefochtene Entscheid verstösst somit nicht gegen Bundesrecht.

4. 
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
Verfahrenskosten sind keine zu erheben (vgl. Art. 66 Abs. 4 BGG), und es ist
keine Parteientschädigung zuzusprechen (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Gemeinderat Fischbach, dem
Kanton Luzern, handelnd durch die Dienststelle Immobilien, den
Beschwerdegegnern 2, dem Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement, Dienststelle
Raum und Wirtschaft (rawi), dem Kantonsgericht Luzern, 4. Abteilung, und dem
Bundesamt für Raumentwicklung ARE schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Mai 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Der Gerichtsschreiber: Uebersax

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