Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.162/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]               
{T 0/2}
                             
1C_162/2015, 1C_164/2015

Urteil vom 15. Juli 2016

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Karlen, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
1C_162/2015
Interessengemeinschaft A.________,
bestehend aus :

1.        A1.________,
2.        A2.________,        
3.        A3.________,
4.        A4.________,
5.        A5.________,
6.        A6.________,
7.        A7.________,
8.        A8.________,
9.        A9.________,
10.        A10.________,
11.        A11.________,
12.        A12.________,
13.        A13.________,
14.        A14.________,
15.        A15.________,
Beschwerdeführer 1,
alle vertreten durch Fürsprecher Andreas Danzeisen,

und

1C_164/2015
1. B.C.________ und C.C.________,
2. D.________,
Beschwerdeführer 2,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Fritz Frey,

gegen

Schweizerische Bundesbahnen SBB AG,
Infrastruktur Recht, Vulkanplatz 11, Postfach, 8048 Zürich, handelnd durch
SBB AG, Konzern, Recht und Compliance, Postfach, 8048 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

Bundesamt für Verkehr (BAV),
Abteilung Infrastruktur, 3003 Bern.

Gegenstand
Plangenehmigung für Wendegleis in Feldmeilen,

Beschwerden gegen das Urteil vom 12. Februar 2015 des
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I.

Sachverhalt:

A. 
Die SBB beabsichtigen im Rahmen der 4. Teilergänzung des Zürcher S-Bahn-Netzes
verschiedene Angebotsverbesserungen. Unter anderem ist eine neue beschleunigte
Linie S20 von Zürich nach Stäfa mit Halt in Küsnacht, Meilen und Männedorf in
den Hauptverkehrszeiten vorgesehen, die der Entlastung der bestehenden Linie S7
dienen soll. Die Bahnstrecke verläuft von Zürich bis zum Bahnhof
Herrliberg-Feldmeilen doppelspurig, nachher einspurig. Die Realisierung der
neuen Linie S20 bedingt, dass die Züge der S16, die im Bahnhof
Herrliberg-Feldmeilen wenden, weggestellt werden können, um den Zügen der S20
die Durchfahrt zu ermöglichen. Zu diesem Zweck planen die SBB, südöstlich des
Bahnhofs Herrliberg-Feldmeilen bergseitig ein neues Gleis zu bauen (sog.
Wendegleis).
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) genehmigte am 3. Juni 2013 das von den SBB
ausgearbeitete Projekt und wies unter anderem die Einsprachen der
Interessengemeinschaft A.________, von B.C.________ und C.C.________ sowie von
D.________ unter Anordnung von Auflagen ab, soweit es darauf eintrat. Das
genehmigte Projekt umfasst den Bau eines Wendegleises für die Zugskompositionen
der S16, die Verschiebung und Anpassung des bisherigen Streckengleises von
Herrliberg-Feldmeilen nach Meilen, den Neubau von zwei Unterführungen und die
Anpassung einer Strassenunterführung, die Erneuerung des Ober- und Unterbaus
sowie weitere Massnahmen. Das Projekt ist "aufwärtskompatibel" ausgestaltet,
d.h. seine Geometrie entspricht dem ins Auge gefassten späteren
Doppelspurausbau nach Meilen. Die Kosten wurden in dem dem BAV unterbreiteten
Projekt auf rund 35 Mio. Franken beziffert.
Die Interessengemeinschaft A.________ sowie B.C.________ und C.C.________ und
D.________ erhoben gegen die Plangenehmigungsverfügung Beschwerde beim
Bundesverwaltungsgericht. Dieses wies ihre Rechtsmittel am 12. Februar 2015 ab,
soweit es darauf eintrat.

B. 
Die Interessengemeinschaft A.________ einerseits (Verfahren 1C_162/2015) sowie
B.C.________ und C.C.________ und D.________ anderseits (Verfahren 1C_164/2015)
beantragen dem Bundesgericht mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. Februar 2015
aufzuheben. Die Zweitgenannten ersuchen zudem eventualiter um Rückweisung der
Sache zur Ergänzung und Neuentscheidung an die Vorinstanz sowie subeventualiter
um Ergänzung der Plangenehmigungsverfügungen mit verschiedenen Auflagen.
Die SBB und das BAV stellen Antrag auf Abweisung der Beschwerden, soweit darauf
einzutreten sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung
verzichtet. Die Parteien halten in weiteren Eingaben an ihren Anträgen fest,
soweit sie sich nochmals geäussert haben.

C. 
Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat den Beschwerden am 4.
September 2015 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Erwägungen:

1. 
Die beiden Beschwerden richten sich gegen den gleichen Entscheid und enthalten
zu einem wesentlichen Teil identische oder ähnliche Rügen. Es rechtfertigt sich
deshalb, die beiden Verfahren zu vereinigen.

2. 
Die Beschwerdeführer 1 ersuchen das Bundesgericht um Durchführung eines
Augenscheins. Die Vorinstanz sowie das BAV haben je einen solchen durchgeführt.
Die örtlichen Verhältnisse gehen aus den Projektplänen, den
Augenscheinprotokollen sowie weiteren Aktenstücken in der für die rechtliche
Beurteilung hinreichenden Klarheit hervor. Unter diesen Umständen erübrigt sich
die Durchführung eines Augenscheins im bundesgerichtlichen Verfahren. Das
Begehren ist abzuweisen.

3. 
Streitgegenstand bildet die eisenbahnrechtliche Plangenehmigung für das Projekt
eines neuen Wendegleises und Anpassungen der bisherigen Bahnanlagen. Die
Beschwerdeführer 1 machen geltend, bei der Beurteilung der Belastung durch
nichtionisierende Strahlen, die dieses Projekt bewirke, müsse jene
mitberücksichtigt werden, die vom Projekt "Schaltposten Meilen" ausgehe.
Letzteres Projekt bildet indessen nicht Teil der in diesem Verfahren zu
beurteilenden Plangenehmigung. Wie die Beschwerdegegnerin in ihrer
Vernehmlassung darlegt, hat das BAV über den Neubau des Schaltpostens Meilen in
einem separaten Plangenehmigungsverfahren entschieden und festgestellt, dass
dieser das Magnetfeld und damit die Belastung mit nichtionisierenden Strahlen
auf den Liegenschaften der Beschwerdeführer 1 nicht verändere. Falls Letztere
diese Auffassung nicht teilen sollten, konnten sie sich dagegen auf dem
Rechtsmittelweg zur Wehr setzen. Die Beschwerdeführer 1 behaupten zwar, die
beiden Projekte müssten gesamthaft beurteilt werden, doch ist ein solcher
Zusammenhang nicht ersichtlich und wird in der Beschwerdeschrift auch nicht in
nachvollziehbarer Weise aufgezeigt. Ihr Antrag auf Vereinigung der beiden
Verfahren ist deshalb abzuweisen. Der ebenfalls erhobene Vorwurf, die
Vorinstanz habe durch die Nichterwähnung ihrer Eingabe zu dieser Problematik
ihr rechtliches Gehör verletzt, erweist sich als unbegründet. Die Vorinstanz
war nicht gehalten, auf diese ausserhalb des Streitgegenstands liegende Frage
ausdrücklich einzugehen, wenn auch ein entsprechender Hinweis im Urteil zur
Klärung beigetragen hätte.

4. 
Alle Beschwerdeführer rügen, die Vorinstanz habe eine Pflicht zur Durchführung
einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das umstrittene Projekt ohne
genügende Sachverhaltsabklärung verneint.
Es ist unbestritten, dass der geplante Bau eines neuen Wendegleises keine neue
Eisenbahnlinie im Sinne von Ziff. 12.1 des Anhangs der Verordnung vom 19.
Oktober 1988 über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPV; SR 814.011)
darstellt. Nach Ziff. 12.2 dieses Anhangs in Verbindung mit Art. 10a USG (SR
814.01) und Art. 1 UVPV besteht eine Pflicht zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung jedoch auch für andere Bahnanlagen, deren
Kostenvoranschlag (exkl. Sicherungsanlagen) sich auf mehr als 40 Millionen
Franken beläuft. Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, dass dieser Betrag nicht
erreicht werde. Sie stützt sich auf eine Zusammenstellung der Projektkosten der
SBB, die ihrerseits auf dem nach wie vor gültigen Kostenvoranschlag vom April
2013 basiert. Nach gewissen Abzügen, welche die Beschwerdeführer nicht in Frage
stellen, resultieren voraussichtliche Kosten von rund 27 Millionen Franken. Die
Vorinstanz erklärt deshalb, dass selbst bei einer Unschärfe von 10 % die Kosten
des Projekts deutlich unter 40 Millionen Franken lägen.
Die Beschwerdeführer erachten die von den SBB eingereichte Zusammenstellung der
Kosten nicht für ausreichend, um über die Pflicht zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung zu entscheiden. Diese Kritik überzeugt nicht:
Auch wenn nach Ziff. 12.2 des Anhangs zur UVPV der Aufwand gemäss
Kostenvoranschlag massgeblich ist, bedeutet das nicht, dass das Erreichen der
fraglichen Grenze nur anhand eines detaillierten Kostenvoranschlags gemäss
SIA-Normen beurteilt werden könnte, wie dies die Ausführungen der
Beschwerdeführer nahelegen. Die von den SBB eingereichte Kostenzusammenstellung
stützt sich auf den detaillierten Kostenvoranschlag, und die Beschwerdeführer
behaupten nicht, dass sie vom Letzteren abweiche. Beim Entscheid über die
UVP-Pflicht muss jedenfalls dann, wenn die voraussichtlichen Kosten den
Schwellenwert bei Weitem nicht erreichen, nicht jede Kostenposition auf ihre
Plausibilität überprüft werden. Die Kritik der Beschwerdeführer, die
veranschlagten Kosten seien nicht in jeder Hinsicht nachvollziehbar, stösst
daher ins Leere. Sie legen nicht näher dar, inwiefern die von der Vorinstanz
festgestellten Kosten offensichtlich unzutreffend sein sollten, sondern
begnügen sich mit der Äusserung von blossen Vermutungen. Schliesslich behaupten
auch die Beschwerdeführer nicht, dass mit einer Überschreitung des
Schwellenwerts von 40 Millionen Franken ernsthaft gerechnet werden müsse.
Unter diesen Umständen erweist sich die Rüge, die Vorinstanz habe den
Sachverhalt hinsichtlich des Bestehens der UVP-Pflicht ungenügend festgestellt,
als unbegründet.

5. 
Umstritten ist weiter, ob das Projekt für ein Wendegleis den Vorschriften über
den Lärmschutz entspreche. Die Vorinstanz hat die Lärmbelastung, die von den
vorbeifahrenden Zügen ausgeht, gesondert von jener geprüft, welche die auf dem
Wendegleis abgestellten Fahrzeuge verursachen. Die zuerst genannten Immissionen
hat sie als Eisenbahnlärm, jene der Heizungs-, Klima- und Lüftungsaggregate der
abgestellten Eisenbahnwagen als Industrie- und Gewerbelärm qualifiziert.
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen, die sich auf die von den SBB in
Auftrag gegebene Umweltbeurteilung stützen, überschreitet der Lärm der
vorbeifahrenden Züge auf den Liegenschaften der Beschwerdeführer selbst die
Planungswerte nicht. Die Beschwerdeführer 2 stellen diesen Befund unter Verweis
auf eine Tabelle in der Plangenehmigungsverfügung in Frage. Sie übersehen
jedoch, dass die fragliche Tabelle die Emissionen, d.h. den Lärm, der bei den
vorbeifahrenden Fahrzeugen entsteht, ausweist und nicht die bei ihren
Liegenschaften bewirkten Immissionen. Es ist nicht dargetan und auch nicht
ersichtlich, dass die vorinstanzlichen Feststellungen zur Lärmbelastung durch
vorbeifahrende Züge offensichtlich unzutreffend sind. Angesichts dieses
Ergebnisses musste die Vorinstanz auf das Begehren um Anordnung von
Schallschutzmassnahmen nicht eingehen, da darauf von vornherein kein Anspruch
besteht (vgl. Art. 20 und 25 USG).
Zum Standlärm der abgestellten Zugskompositionen enthalten die
Projektunterlagen und die Plangenehmigungsverfügung keine Angaben. Die
Vorinstanz hat eine detaillierte Lärmprognose, wie sie die Beschwerdeführer
verlangen, für die Beurteilung des Standlärms nicht als erforderlich erachtet.
Denn aus einer neuen Studie der Eidgenössische Materialprüfungs- und
Forschungsanstalt (EMPA) gehe hervor, dass die Planungswerte bei einer
Entfernung von rund 120 Metern in jedem Fall - d.h. ungeachtet der konkreten
Verhältnisse - eingehalten würden; für die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte
genüge bereits eine Distanz von rund 73 Metern. Die Grundstücke der
Beschwerdeführer liegen nach den vorinstanzlichen Feststellungen von den
abgestellten Zugskompositionen 120 Meter oder noch weiter entfernt. Einzig bei
der Parzelle von D.________ betrage die Entfernung lediglich 115 Meter, doch
habe der Augenschein gezeigt, dass diese von zwei weiteren Liegenschaften
zumindest teilweise gegen das Wendegleis abgeschirmt sei. Unter diesen
Umständen erachtete die Vorinstanz die Anforderungen des Lärmschutzes auch
bezüglich des Standlärms als erfüllt.
Die Beschwerdeführer rügen zwar die vorinstanzlichen Feststellungen bezüglich
des zu erwartenden Standlärms als mangelhaft, zeigen aber nicht auf, worin die
Mängel liegen sollten. Es trifft zwar zu, dass die Vorinstanz die zu
erwartenden Lärmimmissionen nicht konkret ermittelt hat. Doch hatte sie dazu
keine Veranlassung, wenn sich die Einhaltung der Grenzwerte bereits aufgrund
der aus den Plänen hervorgehenden Distanzen ergibt. Auch eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs ist nicht ersichtlich. Die Frage des Standlärms war bereits
Gegenstand des Plangenehmigungsverfahrens, und schon das BAV vertrat die
Auffassung, dieser falle angesichts der grossen Distanzen zu den Liegenschaften
der Einsprecher nicht ins Gewicht. Die Beschwerdeführer konnten sich zu den
Distanzen und zu den örtlichen Verhältnissen - insbesondere auch am
durchgeführten Augenschein - eingehend äussern. Die Kritik der
Beschwerdeführer, die Vorinstanz hätte die Einhaltung der Lärmgrenzwerte nicht
ohne weitere Abklärungen bejahen dürfen, erweist sich demnach ebenfalls als
unbegründet.

6.

6.1. Nach Auffassung der Beschwerdeführer verletzt der angefochtene Entscheid
auch das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip. Das umstrittene Projekt bewirke für
sie eine erhöhte Belastung durch Lärm, Erschütterungen, Körperschall und
nichtionisierende Strahlung. Auch wenn die Grenzwerte eingehalten seien, müsse
diejenige Projektvariante gewählt werden, die zu den geringsten Belastungen
führe. Die Vorinstanz habe keine bundesrechtskonforme Variantenprüfung
vorgenommen und dadurch das rechtliche Gehör der Beschwerdeführer verletzt und
den massgeblichen Sachverhalt unvollständig festgestellt. Die von ihnen
vorgelegten Varianten zeigten überdies, dass die vorinstanzliche Anwendung des
Vorsorgeprinzips unzutreffend und die vorgenommene Interessenabwägung
unzureichend sei.

6.2. Nach Art. 11 Abs. 2 USG sind Emissionen unabhängig von der bestehenden
Umweltbelastung im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch
und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Bei Projekten, welche
die lärmschutzrechtlichen Planungswerte einhalten, kommen zusätzliche
Massnahmen zum Lärmschutz im Sinne der Vorsorge jedoch nur in Betracht, wenn
sich dadurch mit relativ geringem Aufwand eine wesentliche zusätzliche
Reduktion der Emissionen erreichen lässt (BGE 127 II 306 E. 8 S. 318 mit
Hinweisen). Gestützt auf Art. 11 Abs. 2 USG kann deshalb nur die
umweltrechtliche Optimierung eines Projekts verlangt werden, aber nicht eine
alternative Neuplanung, jedenfalls wenn diese erhebliche neue Auswirkungen auf
Dritte hat (BGE 124 II 517 E. 5d S. 525). Diese Einschränkung scheinen die
Beschwerdeführer zu verkennen, wenn sie eine umfassende Prüfung von Varianten
verlangen. Die von ihnen erwähnte Rechtsprechung betrifft Fälle, in denen nicht
Art. 11 Abs. 2 USG anzuwenden, sondern aufgrund anderer Normen eine umfassende
Interessenabwägung vorzunehmen war.

6.3. Die Beschwerdeführer 2 und in ihrer nachträglichen Eingabe vom 4. Juni
2015 auch die Beschwerdeführer 1 machen unter Berufung auf das Vorsorgeprinzip
zunächst geltend, dass aus betrieblicher Sicht die Erstellung des projektierten
Wendegleises überhaupt nicht nötig sei. Die SBB könnten die Bedürfnisse anstatt
mit der geplanten S20 durch eine Verlängerung der S16 bis Meilen oder Stäfa
decken. Auch mit einer Änderung des Fahrplans könnte auf das projektierte
Wendegleis verzichtet werden. Zudem rügen sie, die Vorinstanz hätte auf ihren
Antrag, eine Verlängerung des bestehenden Gleises 1 als Alternativlösung zu
prüfen, eintreten müssen.

Mit diesen Forderungen gehen die Beschwerdeführer über eine umweltrechtliche
Projektoptimierung hinaus, wie sie im vorliegenden Fall, wo die lärmrechtlichen
Planungswerte eingehalten sind, verlangt werden kann. Mit einem Verzicht auf
die geplante S20 würde es den SBB verwehrt, das Bedürfnis der Bahnkunden nach
beschleunigten Zügen von und nach Zürich zu befriedigen, was unter den
gegebenen Umständen nicht als zumutbar erscheint. Hinsichtlich der Verlängerung
des Gleises 1 kommt hinzu, dass eine derartige Variante nicht den weiteren
verfolgten Zielen entspricht. Insbesondere wäre der erforderliche Ausbau dieses
Gleises nicht "aufwärtskompatibel", d.h. die investierten Mittel hätten keinen
Nutzen für einen künftigen Doppelspurausbau. Die Vorinstanz war deshalb nicht
gehalten, diese mit erheblichem Aufwand verbundenen Alternativlösungen zum
Projekt des Wendegleises zu prüfen.

6.4. Aus den gleichen Erwägungen ist auch der weitere Vorwurf, die Vorinstanz
habe die Varianten "Bahnhof Meilen" gar nicht und die Variante "Harbis" nur
ungenügend geprüft und dadurch ihr rechtliches Gehör verletzt, unbegründet.
Denn auch diese Varianten erforderten die Ausarbeitung gänzlich neuer Projekte,
welche die Kreuzung der Züge an einem anderen Ort, andere Fahrpläne und eine
andere S-Bahn-Linienführung vorsähen. Schliesslich erscheint auch nicht
erforderlich, die von den Beschwerdeführern eingereichte Alternativ-Variante
von Dr. E.________ den SBB zur Stellungnahme zu unterbreiten, zumal sich
dadurch nicht, wie vorausgesetzt, mit relativ geringem Aufwand eine wesentliche
zusätzliche Reduktion der Emissionen erreichen liesse.

6.5. Nach Auffassung der Beschwerdeführer 1 verletzt schliesslich auch die
vorinstanzliche Ablehnung der von ihnen unterbreiteten Variante "Wendegleis
Süd" das Vorsorgeprinzip. Diese Variante sieht vor, das Wendegleis anstatt
bergseitig auf der Seeseite zu bauen und das Streckengleis nicht 5 bis 7 Meter
gegen ihre Liegenschaften zu verlegen. Ihre Immissionsbelastung wäre dadurch
geringer. Vor allem aber könnten die Beschwerdeführer ihre Gärten weiter
nutzen, die auf dem der SBB gehörenden Land liegen, das nun für das neu
verlegte Streckengleis genutzt werden soll.
Die Vorinstanz gelangt aufgrund einer eingehenden Analyse der betrieblichen
Abläufe zum Schluss, dass die Variante "Wendegleis Süd" dem umstrittenen
Projekt nicht ebenbürtig sei. Um eine möglichst reibungslose
Verkehrsabwicklung, einen stabilen Fahrplan und die Betriebssicherheit zu
gewährleisten, müsse das Wendegleis bergseitig erstellt werden. Insbesondere
führe die Variante "Wendegleis Süd" zu vermehrten Kreuzungskonflikten, was
angesichts des dichten Verkehrs der Zürcher S-Bahn stark ins Gewicht falle,
weil sich Verspätungen rasch auf das ganze Netz auswirkten.
Die Beschwerdeführer 1 stellen die vorinstanzlichen Feststellungen zu den
Kreuzungskonflikten in Frage, zeigen aber in keiner Weise auf, dass sie
offensichtlich unzutreffend sind. Vielmehr ist ihre Behauptung, die Situation
würde unabhängig davon, ob das Wendegleis auf der Berg- oder Seeseite gebaut
werde, optimiert, offenkundig falsch. Auch der Vorwurf, eine substanzielle
Prüfung ihrer Variante habe nicht stattgefunden, entbehrt angesichts des
vorinstanzlichen Augenscheins und der sehr eingehenden Auseinandersetzung damit
im angefochtenen Entscheid jeglicher Grundlage.
Ist indessen auf die Feststellungen der Vorinstanz abzustellen, verlangt das
umweltrechtliche Vorsorgeprinzip nicht, die Variante "Wendegleis Süd" dem
umstrittenen Projekt vorzuziehen. Selbst unter der Annahme, dass es sich dabei
noch um eine Projektoptimierung handelt, deren Prüfung nach Art. 11 Abs. 2 USG
geboten ist, erschiene sie angesichts der festgestellten Nachteile nicht als
betrieblich tragbare Massnahme im Sinne der erwähnten Rechtsprechung. Zu
berücksichtigen ist ausserdem, dass die Variante die Immissionssituation der
Beschwerdeführer 1 nicht in einem erheblichen Mass verbessern würde. Ihr
verständliches Interesse, ihre Gärten auf dem Land der SBB weiter benutzen zu
können, ist unter dem Gesichtspunkt des umweltrechtlichen Vorsorgeprinzips
nicht massgeblich.

6.6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz bei ihrer
Beurteilung der von den Beschwerdeführern vorgeschlagenen Projektänderungen
bzw. -varianten das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip nicht verletzt hat.

7. 
Die Beschwerdeführer 2 sehen in der von der Vorinstanz bestätigten
Positionierung der Fahrleitungsmasten 51N und 52N eine Verletzung des Prinzips
der Lastengleichheit und der Verhältnismässigkeit. Denn die vorgesehene Lage
beeinträchtige die Sicht auf der Liegenschaft Kat.-Nr. 7585, was durch eine
geringfügige und technisch ohne Weiteres mögliche Versetzung vermieden werden
könnte.
Eine Positionierung der Fahrleitungsmasten auf der Höhe der jeweiligen Grenzen
zwischen den Grundstücken, die entlang der Bahnlinie liegen, würde das
Blickfeld der angrenzenden Liegenschaften am wenigsten stören und die
Grundeigentümer gleichmässig belasten. Eine solche Festlegung der Standorte der
Masten scheitert jedoch daran, dass technische Vorgaben die Abstände der Masten
bestimmen und diese nicht mit den Grundstücksgrenzen übereinstimmen. Ausserdem
ist zu berücksichtigen, dass sich die Verschiebung eines Masts meist auch auf
die Standorte der übrigen auswirkt. Nach den Feststellungen, welche die
Vorinstanz am Augenschein vom 12. März 2014 getroffen hat, stören die beiden
geplanten neuen Masten die Aussicht von der Liegenschaft Kat.-Nr. 7585 zudem
nicht in schwerwiegender Weise. Die Beschwerdeführer 2 behaupten nichts
Gegenteiliges. Die Ablehnung der Mastenverschiebung und die damit einhergehende
Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer ist unter diesen Umständen sachlich
gerechtfertigt und erweist sich auch nicht als unverhältnismässig.

8. 
Die Beschwerdeführer 1 wenden sich gegen die vorübergehende Inanspruchnahme
ihrer gemeinsamen Parzelle Kat.-Nr. 9569 für den Bau der neuen Unterführung
Feldgüetli. Vorgesehen ist, 43 m2 dieses Grundstücks während einiger Monate als
Installationsplatz zu nutzen. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen
existieren keine anderen gleich geeigneten Orte. Die Beschwerdeführer 1 zeigen
nicht auf, inwiefern diese Feststellung offensichtlich unzutreffend und eine
gleich taugliche Alternative bestehen sollte. Unter diesen Umständen sind die
von der Vorinstanz näher dargelegten enteignungsrechtlichen Voraussetzungen für
die vorübergehende Inanspruchnahme erfüllt.

9. 
Die Vorinstanz hat den Beschwerdeführern 1 gestützt auf die allgemeine Regelung
betreffend die Verfahrenskosten vier Fünftel der auf sie entfallenden
Verfahrenskosten auferlegt (Art. 63 Abs. 1 VwVG). Einen Fünftel hat sie
gestützt auf die enteignungsrechtliche Spezialnorm von Art. 116 Abs. 1 EntG (SR
711) der Beschwerdegegnerin auferlegt und Letztere verpflichtet, ihnen eine
Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen. Die Beschwerdeführer 1 sind
der Auffassung, vorliegend sei ausschliesslich Art. 116 Abs. 1 EntG massgebend,
weshalb ihnen die Vorinstanz keine Verfahrenskosten hätte auferlegen dürfen,
jedoch eine volle Parteientschädigung hätte zusprechen müssen.
Nach Art. 116 Abs. 1 EntG trägt der Enteigner die Kosten des Verfahrens vor dem
Bundesverwaltungsgericht, einschliesslich einer Parteientschädigung an den
Enteigneten (Satz 1). Werden Begehren ganz oder zum grösseren Teil abgewiesen,
so können die Kosten auch anders verteilt werden (Satz 2). Unnötige Kosten
trägt in jedem Fall, wer sie verursacht hat (Satz 3). Die Vorinstanz hält Art.
116 Abs. 1 EntG nur insoweit für anwendbar, als sich die Beschwerdeführer 1
gegen die vorläufige Inanspruchnahme ihrer Parzelle Kat.-Nr. 9569 gewehrt
hatten, hingegen nicht mit Bezug auf die übrigen Rügen gegen das genehmigte
Projekt. Diese Sichtweise ist unzutreffend, da die Enteignung durch das Projekt
als Ganzes bewirkt wird und somit gegen das Projekt als Ganzes gerichtete Rügen
auch die Enteignungsfrage betreffen. Im Ergebnis verstösst die vorinstanzliche
Kosten- und Entschädigungsregelung indessen nicht gegen Art. 116 Abs. 1 EntG.
Diese Bestimmung lässt eine Kostenauflage und einen Verzicht auf eine
Parteientschädigung auch dann zu, wenn die Begehren ganz abgewiesen werden, wie
dies vorliegend der Fall ist. Es darf auch berücksichtigt werden, dass das
Projekt nur in ganz untergeordnetem Umfang Eigentum der Beschwerdeführer 1
beansprucht.

10. 
Die Beschwerden erweisen sich demnach in allen Punkten als unbegründet und sind
abzuweisen.

Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind den Beschwerdeführern 1 und
2 zu gleichen Teilen aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdegegnerin
hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Verfahren 1C_162/2015 und 1C_164/2015 werden vereinigt.

2. 
Die Beschwerden werden abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 8'000.-- werden in der Höhe von Fr. 4'000.-- den
Beschwerdeführern 1 je zu gleichen Teilen und in der Höhe von Fr. 4'000.-- den
Beschwerdeführern 2 je zu gleichen Teilen auferlegt.

4. 
Der Beschwerdegegnerin wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Verkehr und dem
Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Juli 2016

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Merkli

Der Gerichtsschreiber: Dold

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