Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.150/2015
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_150/2015

Urteil vom 12. Mai 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Kneubühler,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Baudepartement des Kantons St. Gallen.

Gegenstand
Nichteinhalten landwirtschaftlicher Gewässerschutzvorschriften 2012,

Beschwerde gegen das Urteil vom 23. Januar 2015
des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen.

Sachverhalt:

A.

 A.________ führt in der Gemeinde Waldkirch einen Landwirtschaftsbetrieb mit
einer Nutzfläche von rund 10,7 ha. Dieser befindet sich im
Gewässerschutzbereich AU.

 Mit Verfügung vom 23. Oktober 2009 verpflichtete das Amt für Umwelt und
Energie des Kantons St. Gallen (AFU) A.________, mit Blick auf das vorhandene
Güllenlagervolumen den Viehbestand in den Wintermonaten auf maximal 21
Milchkühe und 8 Kälber zu reduzieren. Mit Verfügung vom 6. September 2011
wurden weitere Massnahmen angeordnet; unter anderem sei die Nutzung des
permanent zugänglichen, nicht in die Güllengrube entwässerten Laufhofs
unverzüglich einzuschränken.

B.

 Am 26. Oktober 2012 eröffnete das AFU A.________, er habe sowohl im Winter
2010/2011 als auch im Winter 2011/2012 die festgelegte Obergrenze für den
Tierbestand deutlich überschritten, ohne die Lagerkapazitäten für Gülle
vergrössert zu haben. Zudem sei festgestellt worden, dass aufgrund der nicht
sachgemässen Nutzung des Laufhofs der dort anfallende Hofdünger versickere.
Damit seien landwirtschaftsrelevante Gewässerschutzvorschriften im Jahr 2012
nicht eingehalten worden, was eine Kürzung der Direktzahlungen zur Folge haben
werde.

C.

 Den gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs wies das Baudepartement des Kantons
St. Gallen nach Durchführung eines Augenscheins am 21. Oktober 2013 ab.

 Auf die dagegen gerichtete Beschwerde von A.________ trat das
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen am 23. Januar 2015 mangels genügender
Beschwerdebegründung nicht ein. In einer materiellen Hilfsbegründung hielt es
fest, dass die Beschwerde abzuweisen wäre, wenn darauf eingetreten werden
könnte.

D.

 Dagegen hat A.________ am 13. März 2015 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten beim Bundesgericht erhoben. Er beantragt, der vorinstanzliche
Entscheid und die Verfügung vom 26. Oktober 2012 sei in Feststellung, dass kein
Nichteinhalten landwirtschaftlicher Gewässerschutzvorschriften vorliege,
aufzuheben. Eventualiter sei die Sache mit verbindlichen Weisungen an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

E.

 Das Baudepartement beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.

 Gegen den kantonal letztinstanzlichen Entscheid des Verwaltungsgerichts steht
grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans
Bundesgericht offen (Art. 82 lit. a, 86 Abs. 1 lit. d BGG).

1.1. Zwar bereitet die angefochtene Feststellungsverfügung eine Kürzung von
landwirtschaftlichen Direktzahlungen vor; dennoch ist sie nicht als Zwischen-,
sondern als Endentscheid zu qualifizieren (Art. 90 BGG) : Kürzungen oder
Verweigerungen von Beiträgen wegen Verstössen gegen landwirtschaftsrelevante
Vorschriften des Gewässerschutz-, des Umweltschutz- oder des Natur- und
Heimatschutzgesetzes sind gemäss Art. 70 Abs. 2 der bis zum 1. Januar 2014
geltenden Verordnung vom 7. Dezember 1998 über die Direktzahlungen an die
Landwirtschaft [Direktzahlungsverordnung, DZV; AS 1999 229] erst möglich, wenn
die Verstösse mit einem rechtskräftigen Entscheid festgestellt worden sind (für
die Rechtslage ab 1. Januar 2014 vgl. Art. 105 Abs. 2 der Verordnung vom 23.
Oktober 2013 [DZV; SR 910.13]; ab 1. Januar 2015 gilt Art. 105 Abs. 1 i.V.m.
Ziff. 2.11.1 und Ziff. 3.10.1 Anhang 8). Dies setzt voraus, dass die
Feststellungsverfügung selbstständig angefochten bzw. in Rechtskraft erwachsen
kann, noch bevor die Beitragsverfügung erlassen wird.

1.2. Der Beschwerdeführer ist zur Beschwerde legitimiert, soweit das
Verwaltungsgericht auf seine Beschwerde nicht eingetreten bzw. diese hilfsweise
abgewiesen hat (Art. 89 Abs. 1 BGG). Seine Beschwerdeschrift vor Bundesgericht
enthält zu beiden Punkten (Nichteintreten und Abweisung) eine ausreichende
Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG). Auf die rechtzeitig erhobene Beschwerde ist
daher grundsätzlich einzutreten.

1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann
insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Dieses wendet das Bundesgericht grundsätzlich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs.
1 BGG). Die Verletzung von Grundrechten (einschliesslich die willkürliche
Anwendung von kantonalem Recht) prüft es dagegen nur insoweit, als eine solche
Rüge in der Beschwerde vorgebracht und genügend begründet worden ist (Art. 106
Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254 mit Hinweisen).

 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat, sofern dieser nicht offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 und
Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel können nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt
(Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.

 Im Folgenden ist zunächst zu prüfen, ob der Nichteintretensentscheid des
Verwaltungsgerichts bundesrechtskonform ist. Ist dies der Fall, ist die
Beschwerde schon aus diesem Grund abzuweisen, und bedarf es keiner Prüfung der
aufgeworfenen gewässerschutzrechtlichen Fragen mehr.

2.1. Das Verwaltungsgericht hielt fest, dass der Beschwerdeführer in der
Beschwerdeergänzung im Wesentlichen auf seine Argumentation im Rekurs an das
Baudepartement verwiesen habe. Er habe seine Stellungnahmen im vorinstanzlichen
Verfahren eingereicht, ohne sich mit den Feststellungen der Vorinstanz im
angefochtenen Entscheid konkret auseinanderzusetzen. Nach ständiger
Rechtsprechung sei es nicht Aufgabe der Beschwerdeinstanz, in vorinstanzlichen
Eingaben der Beteiligten nach Gründen zu suchen, aus denen der angefochtene
Entscheid unrichtig sein könnte (Cavelti/Vögeli, Verwaltungsgerichtsbarkeit im
Kanton St. Gallen, 2. Aufl. 2003, Rz. 921 mit Hinweisen). Mangels ausreichender
Begründung könne deshalb auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

2.2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 9 BV (Treu und
Glauben), Art. 29 Abs. 1 und 2 BV (Anspruch auf Durchführung eines gerechten
Verfahrens und auf rechtliches Gehör), Art. 29a BV (Rechtsweggarantie) und Art.
4 der St. Galler Kantonsverfassung vom 10. Juni 2001 (Verfahrensgarantien),
weil das Verwaltungsgericht gestützt auf seine angebliche Rechtsprechung, ohne
Nennung einer gesetzlichen Grundlage, auf seine Eingabe vom 31. Oktober 2013
nicht eingetreten sei, obwohl diese zweifellos den Anforderungen an eine
Laienbeschwerde genügt habe. Hierfür reiche es nach bundesgerichtlicher
Rechtsprechung aus, wenn die Eingabe den Rechtsstandpunkt bzw. die Argumente
hinreichend deutlich darlege und diese Argumente sich in sachlicher sowie
gebührender Form auf das betreffende Verfahren bezögen (Urteil 2C_487/2008 vom
2. Februar 2009 E. 1.2). Diese Anforderungen habe seine Beschwerde vom 31.
Oktober 2013 klarerweise erfüllt, da daraus hervorgegangen sei, was er mit
seiner Beschwerde erreichen wolle und was seines Erachtens von der Vorinstanz
und dem AFU unrichtig abgeklärt und entschieden worden war. Wäre seine
Beschwerde ungenügend begründet gewesen, so hätte die Vorinstanz auch nicht
über 15 Monate benötigt, um darüber zu entscheiden.

2.3. Aus den Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführer am 31. Oktober 2013
Beschwerde einreichte und zur Begründung lediglich anführte, er akzeptiere den
Entscheid des Baudepartements nicht. Ihm wurde daraufhin eine Frist gesetzt, um
die Beschwerde hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes und der
Begründung zu ergänzen, mit Hinweis auf Art. 64 in Verbindung mit Art. 48 Abs.
1 und 2 des St. Galler Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Mai
1965 (VRP/SG; sGS 951.1), andernfalls auf die Beschwerde nicht eingetreten
werden könne (Art. 48 Abs. 3 VRP/SG). Damit war für den Beschwerdeführer klar,
auf welche gesetzliche Grundlage sich die Begründungspflicht stützte, auch wenn
diese Normen im Endentscheid vom 23. Januar 2015 nicht nochmals zitiert wurden.

2.4. In der Beschwerdeergänzung vom 14. Dezember 2013 führte der
Beschwerdeführer aus, er habe seinem Rekurs an das Baudepartement eigentlich
keine Ergänzungen hinzuzufügen, und versichere hiermit, in keinem einzigen
Punkt gegen die Gewässerschutzvorschriften verstossen zu haben. Er erwarte
deshalb vom Verwaltungsgericht eine 100-prozentige Entlastung und Freispruch in
allen Punkten. Diesem Schreiben legte er zwei Eingaben aus dem Rekursverfahren
bei (Stellungnahme vom 30. Juni 2013 zum Protokoll des Augenscheins des
Baudepartements [Rekursakten act. 18] und Stellungnahme vom 12. September 2013
[Rekursakten act. 23]).

 Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdeergänzung lassen zwar die
Stossrichtung der Beschwerde erkennen (Entlastung vom Vorwurf der Verletzung
von Gewässerschutzvorschriften); dagegen fehlt eine Begründung in Bezug auf den
angefochtenen Entscheid des Baudepartements: Die eingereichten Stellungnahmen
stammen aus dem Rekursverfahren und beziehen sich daher auf den Entscheid des
AFU bzw. das Augenscheinprotokoll und nicht auf den Rekursentscheid. Insofern
durfte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, dass eine Auseinandersetzung mit
dem angefochtenen Entscheid des Baudepartements und dessen Motiven fehle.

2.5. Aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Begründungspflicht vor
Bundesgericht (Art. 42 Abs. 2 BGG) ergibt sich nichts anderes: Danach muss aus
der Beschwerdeschrift ersichtlich sein, in welchen Punkten und weshalb der
angefochtene Entscheid beanstandet wird (BGE 134 I 303 E. 1.3 S. 306 mit
Hinweisen). Dies setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz
mit den massgeblichen Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzt (BGE 139 I 306
E. 1.2 S. 309; 134 II 244 E. 2.1 S. 245 f.). Diese Anforderung ist nicht
erfüllt, wenn ein Beschwerdeführer pauschal auf seine vorinstanzlichen
Rechtsschriften verweist, ohne sich wenigstens kurz mit den Argumenten des
angefochtenen Entscheids auseinanderzusetzen (BGE 139 I 306 E. 1.2 S. 309; 134
I 303 E. 1.3 S. 306; 123 V 335 E. 1a S. 336). Diese Anforderung gilt auch für
juristische Laien, denn auch von ihnen kann verlangt werden, dass sie kurz
aufzeigen, weshalb sie mit den tatsächlichen und/oder rechtlichen Erwägungen
des angefochtenen Entscheids nicht einverstanden sind.

2.6. Die Vermutung des Beschwerdeführers, das Verwaltungsgericht sei auf seine
Beschwerde nur deshalb nicht eingetreten, um die vorliegende Sache nicht
materiell und in seinem Sinne entscheiden zu müssen, erscheint schon deshalb
abwegig, weil das Verwaltungsgericht in einer materiellen Hilfsbegründung
dargelegt hat, weshalb die Beschwerde auch in der Sache keinen Erfolg gehabt
hätte.

3.

 Nach dem Gesagten verletzte das Verwaltungsgericht St. Gallen keine
Verfahrensgarantien der Bundes- oder der Kantonsverfassung, als es auf die
Beschwerde nicht eintrat. Die Beschwerde ist daher abzuweisen. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Baudepartement und dem
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. Mai 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben