Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 1C.126/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
1C_126/2015

Urteil vom 5. November 2015

I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Fonjallaz, Präsident,
Bundesrichter Merkli, Eusebio
Gerichtsschreiberin Gerber.

Verfahrensbeteiligte
1. A.A.________ und B.A.________,
2. C.D.________,
3. D.D.________,
4. E.E.________ und F.E.________,
5. G.G.________,
6. I.________,
7. J.J.________ und K.J.________,
alle vertreten durch Rechtsanwältin Prof. Dr. Isabelle Häner,
Beschwerdeführer,

gegen

Flughafen Zürich AG, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Gfeller und
Rechtsanwältin Anja Haller,
Beschwerdegegnerin,

Eidgenössische Schätzungskommission Kreis 10,

Gegenstand
Enteignungsentschädigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I, vom 21.
Januar 2015.

Sachverhalt:

A.
Mit Eingabe vom 30. Januar 2006 meldeten die in Nürensdorf wohnhaften
A.A.________ und B.A.________, C.D.________ und D.D.________, E.E.________ und
F.E.________, H.G.________, J.J.________ und K.J.________ sowie L.________ bei
der Flughafen Zürich AG enteignungsrechtliche Entschädigungsforderungen an. Sie
beantragten, ihnen sei eine volle Entschädigung für den Minderwert ihrer
Liegenschaften aufgrund der übermässigen Lärmeinwirkungen des Flughafens Zürich
auszurichten. Dabei stützten sie sich sowohl auf die Enteignung
nachbarrechtlicher Abwehrrechte (nicht vorhersehbare, übermässige Immissionen)
als auch auf den direkten Überflug ihrer Grundstücke.

B.
Am 17. Dezember 2007 wies die Eidgenössische Schätzungskommission Kreis 10
(nachfolgend: ESchK) die Entschädigungsforderungen zahlreicher Enteigneter -
darunter auch E.E.________ und F.E.________ - ab, soweit diese ihr
Grundeigentum nach dem 1. Januar 1961 erworben hatten (Dispositiv-Ziffer 2),
und stellte fest, die Anflüge über das Gemeindegebiet von Nürensdorf seien
nicht als Überflüge "stricto sensu" zu qualifizieren (Dispositiv-Ziffer 3). Am
3. April 2008 fällte die ESchK einen gleichlautenden Entscheid, der unter
anderen A.A.________ und B.A.________, C.D.________ und D.D.________,
H.G.________, J.J.________ und K.J.________ sowie L.________ betraf.

C.
Dagegen führten (unter anderen) die genannten Grundeigentümer mit Eingaben vom
23. April und vom 6. Mai 2008 Beschwerde ans Bundesverwaltungsgericht. Sie
beantragten in erster Linie, der Schätzungsentscheid sei aufzuheben und es sei
die Unvorhersehbarkeit der Ostanflüge festzustellen; eventualiter sei der
Schätzungsentscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht vereinigte die Verfahren aus den Gemeinden
Bassersdorf, Elgg, Illnau-Effretikon, Kloten, Kyburg, Lindau, Nürensdorf,
Turbenthal, Weisslingen, Winterthur und Zell. Mit Urteil A-923/2008 vom 26. Mai
2009 hiess es die Beschwerden zur Nichtvorhersehbarkeit der Lärmimmissionen
gut. Es hob die vorinstanzlichen Entscheide in diesem Punkt auf und wies die
Sache an die ESchK zurück, mit der Anordnung, für die Frage der
Vorhersehbarkeit den 23. Mai 2000 als Stichdatum zu berücksichtigen
(Dispositiv-Ziffer 3).

Auf die Beschwerden betreffend direkten Überflug trat es zum Teil nicht ein
(Dispositiv-Ziffer 5.1); ein weiterer Teil wurde abgewiesen (Dispositiv-Ziffern
5.2 und 5.3). Ein letzter Teil der Beschwerden wurde gutgeheissen, die
Schätzungsentscheide vom 17. Dezember 2007, 3. und 18. April 2008 betreffend
Kloten und Nürensdorf aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der
Erwägungen an die ESchK zurückgewiesen (Dispositiv-Ziffer 5.4 und 5.5). Die
Beschwerden von E.E.________ und F.E.________, A.A.________ und B.A.________,
C.D.________ und D.D.________, H.G.________, J.J.________ und K.J.________
sowie L.________ wurden in Dispositiv-Ziffer 5 (betreffend direkte Überflüge)
nicht erwähnt.

D.
Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erhob die Flughafen Zürich AG
Beschwerde ans Bundesgericht. Mit Urteil 1C_284/2009 vom 8. Juni 2010
(teilweise publiziert in BGE 136 II 263) hob das Bundesgericht
Dispositiv-Ziffer 3 auf. Es hielt fest, dass massgeblicher Stichtag für die
Vorhersehbarkeit der Lärmimmissionen der 1. Januar 1961 sei.
Die Enteigneten, auf deren Rügen zum direkten Überflug das
Bundesverwaltungsgericht (in Dispositiv-Ziffer 5.1) nicht eingetreten war,
erhoben ebenfalls Beschwerde ans Bundesgericht. Mit Urteil 1C_286/ 2009 vom 13.
Januar 2010 (teilweise publiziert in BGE 136 II 165) hiess das Bundesgericht
die Beschwerde gut, hob Dispositiv-Ziffer 5.1 auf und ergänzte
Dispositiv-Ziffern 5.4 und 5.5 (Gutheissung und Rückweisung) in dem Sinne, dass
auch über die Entschädigungsansprüche dieser Beteiligten von der ESchK neu zu
entscheiden sei.

E.
E.E.________ und F.E.________, A.A.________ und B.A.________, C.D.________ und
D.D.________, H.G.________, J.J.________ und K.J.________ sowie L.________
gelangten nicht mit Beschwerde ans Bundesgericht.
Am 8. April 2013 teilte die Flughafen Zürich AG der ESchK mit, sie gehe davon
aus, dass die Verfahren über Entschädigungsforderungen aufgrund direkter
Überflüge für die vorgenannten Grundeigentümer aufgrund der zwischenzeitlich
ergangenen Urteile nicht mehr pendent seien.
Die Grundeigentümer beantragten gleichentags, für mindestens eines der
betroffenen Grundstücke sei ein volles Schätzungsverfahren bezüglich
Enteignungsentschädigung aufgrund direkter Überflüge durchzuführen. Anstelle
der verstorbenen H.G.________ traten G.G.________ und I.________ ins Verfahren
ein.
Mit Zwischenbeschluss vom 21. Januar 2014 stellte die ESchK fest, dass in Bezug
auf die im Rubrum erwähnten Enteigneten keine abgeurteilte Sache (res iudicata)
vorliege; es sei deshalb für mindestens eine Person ein Schätzungsverfahren
durchzuführen, um den Entschädigungsanspruch aufgrund direkter Überflüge zu
prüfen.

F.
Gegen diesen Zwischenbeschluss erhob die Flughafen Zürich AG Beschwerde ans
Bundesverwaltungsgericht. Dieses hiess die Beschwerde am 21. Januar 2015 gut.
Es hob den Zwischenbeschluss der ESchK auf und stellte fest, dass über die von
den Beschwerdegegnern geltend gemachten enteignungsrechtlichen
Entschädigungsforderungen bereits rechtskräftig entschieden worden sei.

G.
Dagegen erhoben A.A.________ und B.A.________, C.D.________ und D.D.________,
E.E.________ und F.E.________, G.G.________ und I.________ sowie J.J.________
und K.J.________ (nachfolgend: die Beschwerdeführer) am 26. Februar 2015
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht. Sie
beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben, unter Bestätigung des
Zwischenbeschlusses der ESchK vom 21. Januar 2014. Es sei festzustellen, dass
die von ihnen geltend gemachten enteignungsrechtlichen
Entschädigungsforderungen nicht rechtskräftig entschieden und deren Verfahren
fortzusetzen seien.

H.
Die Flughafen Zürich AG (nachfolgend: die Beschwerdegegnerin) beantragt, die
Beschwerde sei abzuweisen und der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts zu
bestätigen. Dementsprechend sei festzustellen, dass mit Bezug auf die von den
Beschwerdeführern geltend gemachten enteignungsrechtlichen
Entschädigungsforderungen wegen direkten Überflügen bereits rechtskräftig
entschieden worden sei.

I. 
Im weiteren Schriftenwechsel halten die Parteien an ihren Anträgen und
Standpunkten fest.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist ein Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts (Art. 86 Abs. 1
lit. a BGG), der festhält, dass über die streitigen Entschädigungsansprüche aus
direktem Überflug bereits rechtskräftig entschieden sei. Damit wird das vor
ESchK eingeleitete Schätzungsverfahren beendet, d.h. es handelt sich um einen
Endentscheid (Art. 90 BGG). Dagegen steht die Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht grundsätzlich offen.
Die vorinstanzlich unterlegenen Beschwerdeführer sind zur Beschwerde
legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2.
Das Bundesverwaltungsgericht hielt im angefochtenen Entscheid vom 21. Januar
2015 fest, dass die Anspruchsgrundlage des direkten Überflugs im Urteil A-1923/
2008 nur für diejenigen Beschwerden behandelt worden sei, in denen die Thematik
explizit gerügt worden war. Für alle anderen Beschwerden - namentlich auch
diejenigen der Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens - sei davon
ausgegangen worden, sie hätten den Entscheid der ESchK unter diesem
Gesichtspunkt nicht angefochten. Dies erkläre, weshalb ihre Beschwerde in
diesem Punkt nicht gutgeheissen und nicht an die Vorinstanz zurückgewiesen
worden sei. Sowohl aus Disp.-Ziff. 5 als auch aus den entsprechenden Erwägungen
ergebe sich klar, dass die Beschwerdegegner nicht Teil der Grundeigentümer
bildeten, deren Beschwerden in puncto Direktüberflug gutgeheissen und zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen wurden. Für sie sei es damit
bei Disp.-Ziff. 3 der Schätzungsentscheide vom 17. Dezember 2007 und 3. April
2008 geblieben, die insoweit in Rechtskraft erwachsen seien. Mit Bezug auf die
direkten Überflüge liege somit eine abgeurteilte Sache vor. Allfällige
Verfahrensfehler der Schätzungskommission und des Bundesverwaltungsgerichts
hätten mit Beschwerde ans Bundesgericht geltend gemacht werden müssen.

3.
Die Beschwerdeführer machen dagegen geltend, sie hätten 2008 vor
Bundesverwaltungsgericht die vollumfängliche Aufhebung der Schätzungsentscheide
und (im Eventualantrag) die Rückweisung der Sache an die ESchK verlangt; damit
hätten sie auch die negativen Entscheide zum direkten Überflug angefochten,
auch wenn sich die Beschwerdebegründung auf die Frage der Unvorhersehbarkeit
konzentriert habe. Massgebend für den Streitgegenstand seien die Anträge und
nicht ihre Begründung (BGE 136 II 165 E. 5.2 S. 175; ALFRED KÖLZ/ ISABELLE
HÄNER/MARTIN BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des
Bundes, 3. Aufl., Rz. 689). Das Bundesverwaltungsgericht habe ihren Antrag zum
direkten Überflug nicht behandelt: Die Beschwerdeführer seien weder im Rubrum
noch im Dispositiv des Urteils A-1923/2008 erwähnt worden, weshalb für sie
unklar gewesen sei, ob und inwiefern sie vom Urteil betroffen seien. Jedenfalls
hätten sie darauf vertrauen dürfen, dass auch ihnen die Aufhebung der
Schätzungsentscheide zum direkten Überflug und die Rückweisung der Sache zu
neuem Entscheid an die ESchK in Dispositiv-Ziff. 5.5 zugute kommen werde. Ihnen
könne deshalb nicht vorgeworfen werden, das Urteil A-1923/2008 nicht
angefochten zu haben.
Sowohl dem Bundesverwaltungsgericht als auch der Schätzungskommission seien
Fehler unterlaufen: Die ESchK habe in ihrem Zwischenentscheid vom 21. Januar
2014 (E. 2.7 S. 8) ausdrücklich anerkannt, dass ihre Entscheide zum direkten
Überflug von 2007/2008 auf gravierenden Gehörsverletzungen beruhten. Auch das
Bundesverwaltungsgericht sei im angefochtenen Entscheid (E. 3.7.2) davon
ausgegangen, dass es den damaligen Antrag der Beschwerdeführer zum
Direktüberflug unbehandelt gelassen habe. Nach Auffassung der Beschwerdeführer
sind diese Fehler Folge des ungenügenden kollektiven Rechtsschutzes in der
Schweiz (mit Hinweis auf den Bericht des Bundesrats vom 3. Juli 2013,
Kollektiver Rechtsschutz in der Schweiz - Bestandesaufnahme und
Handlungsmöglichkeiten, VPB 2013.7 S. 61 ff.). Die Verantwortung für
Verfahrensfehler in derartigen Massenverfahren dürfe nicht von der
Verfahrensleitung auf die Parteien verschoben werden, indem von diesen verlangt
werde, Entscheide wegen Fehlern anzufechten, die von ihnen nicht oder erst
nachträglich erkannt werden könnten (z.B. vorenthaltene Akten, unterbliebener
Einbezug ins Verfahren). Es obliege den rechtsanwendenden Behörden, Klarheit zu
schaffen (mit Hinweis auf BGE 123 II 231 E. 8b S. 238 ff.).
Die Beschwerdeführer rügen in diesem Zusammenhang eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 6 EMRK), widersprüchliches
Verhalten und eine Verletzung des Vertrauensschutzes (Art. 9 und Art. 5 Abs. 3
BV), eine formelle Rechtsverweigerung, überspitzten Formalismus und Willkür
sowie eine Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips und des Erfordernisses
des öffentlichen Interesses (Art. 5 Abs. 2 BV). Ausserdem berufen sie sich auf
die Untersuchungsmaxime (Art. 12 VwVG).

4.
Die Beschwerdegegnerin macht dagegen geltend, Antrag und Begründung der
Beschwerden vom 23. April und 6. Mai 2008 hätten sich ausschliesslich auf die
Frage der Vorhersehbarkeit der Ostanflüge bezogen. Weder in der
Beschwerdeschrift noch in der Replik seien Rügen zum direkten Überflug erhoben
worden. Die Entscheide der Schätzungskommission zu den direkten Überflügen
seien somit nicht angefochten worden und folglich in Rechtskraft erwachsen. Die
Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer habe denn auch in einem
Informationsblatt vom 19. Mai 2005 auf die geringen Erfolgsaussichten für
Entschädigungen aus direktem Überflug hingewiesen, wenn der Überflug in einer
Höhe von über 150 m erfolge; in Nürensdorf betrage die Überflugshöhe
bekanntlich rund 250 m.
Die Beschwerdegegnerin weist darauf hin, dass die für die Überflugsituation
entscheidwesentlichen Akten der Schätzungskommission im Verfahren vor
Bundesverwaltungsgericht eingesehen werden konnten (vgl. dazu Urteil BGE 136 II
165 E. 4.4 S. 174). Es sei den Beschwerdeführern selbst zuzuschreiben, wenn sie
von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht und die Gehörsverletzungen
deshalb nicht gerügt hätten.

5.

5.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführer im Rubrum des Urteils
A-1923/2008 figurieren: Sie werden zwar nicht namentlich genannt, wohl aber als
Mitbeteiligte unter Nr. 23 (M.M.________ und N.M.________ und 338 Mitbeteiligte
[A-2631/2008]) und Nr. 28 (O.O.________ und P.O.________ und 62 Mitbeteiligte
[A-2959/ 2008]) erwähnt (vgl. dazu Zwischenentscheid der ESchK vom 21. Januar
2014 Sachverhalt lit. D). Insofern war klar, dass sie vom
bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil A-1923/2008 erfasst wurden. Dies ist denn
auch unstreitig für Dispositiv-Ziff. 3 (Nichtvorherrsehbarkeit der Ostanflüge).

5.2. Streitig ist lediglich die Tragweite von Disp.-Ziff. 5. Dieser lautet:

5. Soweit die Schätzungskommission Kreis 10 die Entschädigungsforderungen wegen
direktem Überflug abgewiesen hat,

5.1 wird auf die Beschwerden der Beteiligten 3, 7, 10, 20, 22, 33, 39, 43, 47,
49, 50 und 77 der Beschwerdeführenden 13 sowie der Beteiligten 3 der
Beschwerdeführenden 30 nicht eingetreten;

5.2 werden die Beschwerden der Beschwerdeführenden 8 und 22 abgewiesen;

5.3 werden die Beschwerden der Beteiligten der Gruppe 2 der Beschwerdeführenden
12 abgewiesen, soweit sie für Entschädigungsansprüche wegen Überflug im Sinne
ihrer Ausführungen einen erweiterten Überflugskorridor geltend machen;

5.4 werden die Beschwerden der Beschwerdeführenden 10 und 15, der Beteiligten
der Gruppe 1 der Beschwerdeführenden 12, der Beteiligten der Gruppe 2 der
Beschwerdeführenden 12 soweit weitergehend, der Beteiligten 2 bis 5 der
Beschwerdeführenden 24, des Beteiligten 68 der Beschwerdeführenden 13, der
Beteiligten 9 der Beschwerdeführenden 25 sowie der Beteiligten 1 und 2 der
Beschwerdeführenden 30 gutgeheissen, jene der Beteiligten der Gruppen 1 und 2
der Beschwerdeführenden 12 und der Beteiligten 2 bis 5 der Beschwerdeführenden
24 soweit darauf eingetreten werden kann.

5.5 Die Teilentscheide Kloten vom 17. Dezember 2007 und Nürensdorf vom 17.
Dezember 2007, 3. und 18. April 2008 werden entsprechend aufgehoben und die
Sache wird zur Neubeurteilung im Sinne der Urteilserwägungen an die Vorinstanz
zurückgewiesen.

5.3. Die Aufhebung in Disp.Ziff. 5.5 bezieht sich klar ("entsprechend") auf die
Gutheissung der Beschwerden der in Ziff. 5.4 erwähnten Parteien, zu denen die
Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens nicht gehören. Dies wird durch die
Erwägungen des Urteils A_1923/ 2008 bestätigt, wonach die Teilentscheide
Nürensdorf und Kloten betreffend direkten Überflug nur für die dort genannten
Beschwerdeführenden aufgehoben würden (E. 9.5), mit der Folge, dass das
Verfahren grundsätzlich nur für jene Enteigneten fortzusetzen sei, für die nach
dem vorliegenden Urteil das Verfahren noch hängig bzw. nicht abgeschlossen sei
(E. 11). Auch in E. 10 ("Ergebnis") hielt das Bundesverwaltungsgericht fest,
dass die Teilentscheide Kloten und Nürendorf zum direkten Überflug wegen
Verletzung der Begründungspflicht (nur) "bezogen auf die vor
Bundesverwaltungsgericht in diesem Punkt beschwerdeführenden Grundeigentümer
aufzuheben und [...] an die Vorinstanz zurückzuweisen" seien, d.h. den in E.
9.5 und Disp.-Ziff. 5.4 genannten Personen.

5.4. Die Beschwerdeführer wurden allerdings auch in Disp.-Ziff. 5.1
(Nichteintreten) und 5.2 und 5.3 (Abweisung) nicht genannt. Das
Bundesverwaltungsgericht ging somit offensichtlich davon aus, dass sie die
Entscheide zum direkten Überflug nicht angefochten hatten.
Dies wird durch E. 2 bestätigt: Das Bundesverwaltungsgericht hielt fest, dass
nur ein Teil der Beschwerdeführer die Abweisung der Entschädigungsansprüche
unter dem Titel des direkten Überflugs angefochten hätten (E. 2.2.2); auf die
erstmals in der Replik erhobenen Rügen zu dieser Frage trat es nicht ein (E.
2.2.3; dies betrifft die in Disp.-Ziff. 5.1 genannten Beteiligten). Die
Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens, die weder in der
Beschwerdeschrift noch in der Replik Rügen zur Überflugsproblematik erhoben
hatten, wurden nicht erwähnt, d.h. das Bundesverwaltungsgericht ging (zu Recht
oder zu Unrecht) davon aus, sie hätten in diesem Punkt nicht Beschwerde
geführt.

5.5. Unter diesen Umständen durften die anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer
nicht darauf vertrauen, dass sie von Disp.-Ziff. 5.5 des Urteils A-1923/2008
miterfasst seien und die ESchK nochmals neu über ihre Entschädigungsansprüche
aus direktem Überflug entscheiden würde. Vielmehr war aus Dispositiv und
Begründung des Entscheids klar, dass das Bundesverwaltungsgericht davon
ausging, sie hätten Disp.-Ziff. 3 der Schätzungsentscheide betreffend
Nürensdorf nicht angefochten, so dass der erstinstanzliche Entscheid ihnen
gegenüber verbindlich geworden sei.
Sofern die Beschwerdeführer damit nicht einverstanden waren, hätten sie nicht
untätig bleiben dürfen, sondern Beschwerde an das Bundesgericht führen müssen.
Dies gilt selbst dann, wenn man davon ausgeht, das Bundesverwaltungsgericht
habe einen Antrag (und nicht lediglich eine Begründung) nicht behandelt und
damit einen Revisionsgrund gesetzt (Art. 45 des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom
17. Juni 2005 [VGG; SR 173.32] i.V.m. Art. 121 lit. c BGG; zur Unterscheidung
von Antrag und Begründung vgl. Urteile 4F_1/2007 vom 13. März 2007 E. 5 und
2F_20/2012 vom 25. September 2012 E. 2.1; je mit Hinweisen), da auch ein
solcher Mangel grundsätzlich mit Beschwerde ans Bundesgericht geltend gemacht
werden muss (Art. 46 VGG).

5.6. Wird kein Rechtsmittel erhoben, bleibt es insoweit beim erstinstanzlichen
Entscheid (hier: Abweisung der Entschädigungsansprüche aus direktem Überflug in
Disp.-Ziff. 3 der Schätzungsentscheide 2007/ 2008), gleich wie bei der
Nichtanfechtung eines Nichteintretensentscheids.

6.
Den Beschwerdeführern ist einzuräumen, dass die Beurteilung der zahlreichen
enteignungsrechtlichen Ansprüchen rund um den Flughafen Zürich hohe
Anforderungen an die zuständigen Behörden, Rechtsvertreter und Parteien stellt.
Den damit verbundenen Schwierigkeiten muss z.T. durch eine flexible Handhabung
des Prozessrechts Rechnung getragen werden. Die geltenden Verfahrensordnungen
enthalten aber durchaus Rechtsbehelfe, die es den Parteien ermöglichen, sich
noch nachträglich auf Verfahrensmängel zu berufen, die sie nicht sofort
erkennen konnten. Insbesondere besteht die Möglichkeit, bei unverschuldeter
Fristversäumnis Wiederherstellung zu verlangen (Art. 50 BGG; Art. 24 VwVG) und
ein Revisionsgesuch einzureichen, wenn nachträglich erhebliche Tatsachen oder
Beweismittel aufgefunden werden (Art. 45 VGG i.V.m. Art. 123 Abs. 2 lit. a
BGG).
Vorliegend hatte sich die ESchK in ihren Entscheiden zum direkten Überflug auf
eine Darstellung der Flughafen Zürich AG gestützt, deren Eingang den
Enteigneten nicht angezeigt worden war. Da die Darstellung in den Entscheiden
der ESchK nicht erwähnt wurde, konnte der Mangel frühestens im Verfahren A-1923
/2008 vor Bundesverwaltungsgericht entdeckt und gerügt werden. Möglicherweise
erfuhren die Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens erst zu einem
späteren Zeitpunkt davon, sei es mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 26. Mai 2009 (vgl. vorne, Sachverhalt lit. C), sei es durch das
bundesgerichtliche Urteil vom 13. Januar 2010 (BGE 136 II 165 E. 4.4 S. 174;
vgl. Sachverhalt lit. D hiervor). Aber auch im Nachgang zu diesen Verfahren
blieben sie untätig.

7.
Zu prüfen ist noch der Einwand der Beschwerdeführer, es liege keine materielle
Rechtskraft vor, weshalb ihnen der Einwand der res iudicata nicht
entgegengehalten werden könne.

7.1. Sie machen geltend, die zivilprozessuale materielle Rechtskraft könne
nicht auf das Verwaltungsrecht übertragen werden, weil auch formell
rechtskräftige Verfügungen in Wiedererwägung gezogen oder widerrufen werden
könnten; es entspreche gerade der Eigenart des öffentlichen Rechts, dass ein
Verwaltungsakt, der dem Gesetz nicht oder nicht mehr entspreche, nicht
unabänderlich sei (BGE 94 I 336 E. 4 S. 343). In diesem Sinne würden
verwaltungsrechtliche Verfügungen grundsätzlich nicht materiell rechtskräftig
(Ulrich Häfelin/Georg Müller/Felix Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6.
Aufl., 2010, Rz. 992 ff.).

7.2. Dies trifft im allgemeinen für erstinstanzliche Verfügungen zu, nicht aber
für Beschwerdeentscheide: Diese können nach Eintritt der formellen Rechtskraft
nur noch im Verfahren der Revision abgeändert werden (Art. 66 VwVG; Art. 45 f.
VGG; Art. 121 ff. BGG), weshalb sie auch materiell rechtskräftig werden (Kölz/
Häner/Bertschi, a.a.O. Rz. 1191 f.).
Das Bundesverwaltungsgericht wies in seinem Urteil A-1923/2008 (E. 11 S. 57
oben) darauf hin, dass die Parteien, welche die Schätzungsentscheide nicht oder
nur teilweise angefochten hatten, gegebenenfalls deren Widerruf bzw. die
Wiedererwägung verlangen könnten.
Tatsächlich handelt es sich bei den Schätzungsentscheiden von 2007/ 2008, in
denen über die Entschädigungsansprüche der Beschwerdeführer aus direktem
Überflug entschieden wurde, um erstinstanzliche Entscheide. Allerdings ergingen
sie in einem besonderen Verfahren durch eine richterliche Instanz
(Schätzungskommission). Art. 75 des Bundesgesetzes über die Enteignung vom 20.
Juni 1930 (EntG; SR 711) bestimmt, dass ein Entscheid der Schätzungskommission,
der nicht mit Beschwerde angefochten wird, die Wirkung eines rechtskräftigen
Entscheids des Bundesverwaltungsgerichts hat, und den gleichen Rechtsmitteln
unterliegt wie ein solcher Entscheid (Fassung vom 17. Juni 2005, in Kraft seit
1. Januar 2007; zuvor waren Schätzungsentscheide bundesgerichtlichen Urteilen
gleichgestellt). Dies hat zur Folge, dass Schätzungsentscheide wie Urteile des
Bundesverwaltungsgerichts materiell rechtskräftig werden. Sie können daher
nicht wie Verfügungen in Wiedererwägung gezogen werden, sondern unterliegen nur
der Erläuterung und der Revision (Heinz Hess/Heinreich Weibel, Das
Enteignungsrecht des Bundes, Bd. 1, Bern, 1986, N. 2 zu Art. 75 EntG).

8.
Unter diesen Umständen verletzt es nicht Bundesrecht, den Beschwerdeführern den
Einwand der res iudicata entgegenzuhalten. Die Beschwerde ist daher
kostenpflichtig (Art. 66 BGG) abzuweisen.
Fraglich ist, ob die Beschwerdegegnerin Anspruch auf eine Parteientschädigung
hat.
In BGE 137 II 58 E. 14.2.2 S. 118 warf das Bundesgericht die Frage auf, ob die
Flughafen Zürich AG als eine mit öffentlichen Aufgaben betraute Organisation
i.S.v. Art. 66 Abs. 4 und Art. 68 Abs. 3 BGG zu qualifizieren sei. Die damals
offengelassene Frage ist zu bejahen:
Art. 36a des Bundesgesetzes über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948
(Luftfahrtgesetz, LFG; SR 748.0) differenziert zwischen einfachen Flugplätzen
und Flughäfen. Letztere dienen dem öffentlichen Verkehr und bedürfen einer
Betriebskonzession (Abs. 1). Diese verleiht das Recht, einen Flughafen
gewerbsmässig zu betreiben und insbesondere Gebühren zu erheben, auferlegt der
Konzessionärin aber auch die Pflicht, den Flughafen (unter Vorbehalt der im
Betriebsreglement festgelegten Einschränkungen) für alle Luftfahrzeuge im
nationalen und internationalen Verkehr zur Verfügung zu stellen, einen
ordnungsgemässen, sicheren Betrieb zu gewährleisten und für die dafür
erforderliche Infrastruktur zu sorgen (Abs. 2). Diese Regelung auferlegt den
Flughafenbetreibern öffentliche Aufgaben, ähnlich denjenigen der SBB im
Eisenbahnverkehr (vgl. BGE 126 II 54 E. 8 S. 62; in BGE 140 II 214 nicht
publizierte E. 10 mit Hinweisen). Sie sind daher - unabhängig von ihrer
Rechtsform als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft (vgl. Zürcher
Flughafengesetz vom 12. Juli 1999 [LS 748.1]) oder als Anstalt des öffentlichen
Rechts (vgl. Genfer Flughafengesetz [RS/GE H3 25]) als mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisationen zu qualifizieren.
Da es vorliegend um Entschädigungsansprüche geht, die mit dem Flughafenbetrieb
zusammenhängen (direkter Überflug), obsiegt die Beschwerdegegnerin in ihrem
amtlichen Wirkungskreis. Sie hat daher keinen Anspruch auf eine
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 5'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
Solidarhaft auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Schätzungskommission Kreis
10 und dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. November 2015

Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Fonjallaz

Die Gerichtsschreiberin: Gerber

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