Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 9F.17/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9F_17/2014

Urteil vom 26. Januar 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
Gerichtsschreiber Traub.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rémy Wyssmann,
Gesuchsteller,

gegen

IV-Stelle des Kantons Solothurn,
Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Gesuchsgegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Revisionsgesuch gegen das Urteil
des Schweizerischen Bundesgerichts 9C_605/2014
vom 17. September 2014.

Sachverhalt:

A. 
Mit Urteil 9C_605/2014 vom 17. September 2014 wies das Bundesgericht eine
Beschwerde des A.________ gegen einen Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons Solothurn vom 18. Juni 2014 ab, soweit es darauf eintrat.

B. 
A.________ ersucht um Revision dieses Entscheids. Die Beschwerde in jenem
Verfahren sei gutzuheissen und die Sache an das kantonale Gericht
zurückzuweisen, damit dieses in korrekter Zusammensetzung neu entscheide. Es
sei ein Schriftenwechsel durchzuführen und bei Oberrichter C.________ eine
Stellungnahme einzuholen.

Erwägungen:

1. 
Im Verfahren 9C_605/2014 war strittig, ob die IV-Stelle des Kantons Solothurn
es zu Recht abgelehnt hat, den instruierenden Juristen in den Ausstand zu
versetzen. Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn hatte diese Frage
bejaht (Entscheid VSBES.2013.293 vom 18. Juni 2014 E. 11 am Ende). Mit
letztinstanzlicher Beschwerde beanstandete der Gesuchsteller zusätzlich die
Mitwirkung eines Mitglieds des kantonalen Gerichts. In diesem Punkt trat das
Bundesgericht auf die Beschwerde nicht ein (Urteil vom 17. September 2014). Es
hielt Folgendes fest:

"1.1 Der Beschwerdeführer rügt zunächst die Mitwirkung von Oberrichter
C.________ am angefochtenen Entscheid. Dieser hat im Rahmen einer früheren
Tätigkeit als Rechtsanwalt die Interessen des Beschwerdeführers im Zusammenhang
mit den Folgen des Unfalls von August 1997 vertreten (Vollmacht vom 27. Januar
1998), dies längstens bis September 1999. Der Beschwerdeführer beruft sich auf
§ 92 Abs. 1 lit. d des solothurnischen Gesetzes über die Gerichtsorganisation
(GO) vom 13. März 1977. Danach ist ein Richter oder Gerichtsschreiber von der
Ausübung des Amtes ausgeschlossen, wenn er in der gleichen Sache (unter
anderem) bereits als Richter, Gerichtsschreiber, Parteivertreter oder
Verwaltungsbeamter tätig war; vorbehalten bleiben die in der
Prozessgesetzgebung vorgesehenen Ausnahmen. Der Beschwerdeführer vertritt die
Auffassung, die Rechtsfolgevoraussetzung 'in der gleichen Sache' beziehe sich
auf die Folgen des Verkehrsunfalls schlechthin.

1.2 Das Bundesgericht überprüft die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechts -
von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - nur unter dem beschränkten
Gesichtswinkel der Willkür (BGE 138 IV 13 E. 2 S. 15). Für die Rüge der Willkür
bestehen erhöhte Begründungsanforderungen (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171
E. 1.4 S. 176 mit Hinweisen). Diese gelten ungeachtet dessen, dass das
kantonale Gericht § 92 Abs. 1 lit. d GO nicht ausdrücklich angewendet hat. Die
Rüge des Beschwerdeführers genügt den Anforderungen nicht. Er zeigt nicht auf,
inwiefern das dem angefochtenen Entscheid implizit zugrunde liegende
Verständnis der kantonalen Verfahrensbestimmung willkürlich sein sollte.
Jedenfalls erschiene eine Auslegung, wonach sich 'in der gleichen Sache' nicht
auf jedwelche Folgen des Unfalls von 1997 bezieht, sondern jeweils nur auf ein
konkretes Verfahren, zumindest nicht als abwegig. Mangels entsprechender Rüge
entfällt eine Prüfung dieser Frage nach bundesrechtlichen Grundsätzen (Art. 30
BV).

1.3 Nach dem Gesagten kann in diesem Punkt auf das Rechtsmittel nicht
eingetreten werden (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die vom Beschwerdeführer verlangte
Anhörung von Oberrichter C.________ erübrigt sich."

2.

2.1. In einer weiteren vor kantonalem Gericht hängigen Streitsache zwischen ihm
und der IV-Stelle (VSBES.2013.106) beantragte der Gesuchsteller, Oberrichter
C.________ "von Verfahrenshandlungen und von der kommenden Urteilsfällung
auszuschliessen" (Eingabe vom 18. November 2014). Am 24. November 2014 nahm
Oberrichter C.________ gegenüber der Verfahrensleitung Stellung:
(...) Wie der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 18. November 2014
zutreffend ausführt, habe ich bereits in den früheren Verfahren VSBES.2012.130
und VSBES.2007.327 die Ausstands-Problematik erkannt und habe deshalb in den
genannten Verfahren nicht mitgewirkt. Es ist selbstverständlich, dass ich bei
Personen, die ich während meiner früheren Tätigkeit als Anwalt vertreten habe
oder denen ich als Gegenanwalt gegenüberstand, nie als Richter amte, und dies
unabhängig davon, ob es sich um den nämlichen oder aber um einen anderen
Sachverhalt handelt, der zur Beurteilung ansteht.

(...) Ich werde in diesem Fall nicht amten."

Die Verfahrensleitung ersetzte Oberrichter C.________ durch ein anderes
Mitglied des Versicherungsgerichts (Verfügung vom 25. November 2014).

2.2. Der Gesuchsteller macht geltend, im Verfahren VSBES.2013.293, in dessen
Rahmen der vom Bundesgericht am 17. September 2014 beurteilte Zwischenentscheid
vom 18. Juni 2014 ergangen war, müsse gleich verfahren werden. Dies sei über
den Revisionsgrund nach Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG zu bewerkstelligen. Danach
kann die Revision in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verlangt werden,
wenn die ersuchende Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder
entscheidende Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht
beibringen konnte, unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst
nach dem Entscheid entstanden sind. Aus Sicht des Gesuchstellers handelt es
sich bei der Stellungnahme des Oberrichters C.________ vom 24. November 2014 um
ein unechtes Novum im Sinne dieser Bestimmung (vgl. Urteil 1C_231/2014 vom 14.
Oktober 2014 E. 4.1). Im Zeitpunkt des bundesgerichtlichen Urteils vom 17.
September 2014 sei nicht bekannt gewesen, dass Oberrichter C.________  in
keinem Fall amte, in welchen ein früherer Mandant involviert sei. In Kenntnis
der Stellungnahme hätte das Bundesgericht anders entschieden.

2.3. Die Stellungnahme vom 24. November 2014 ist kein unechtes Novum im Sinne
von Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG. Aus dem Schriftstück geht hervor, dass
Oberrichter C.________ generell in den Ausstand tritt, wenn das Verfahren eine
Person betrifft, die er bei seiner früheren Tätigkeit als Rechtsanwalt
vertreten oder welcher er als Gegenanwalt gegenüber gestanden hat.
Infolgedessen verlangte er seinen Ausstand im Prozess VSBES.2013.106; dies
wurde mit verfahrensleitender Verfügung vom 25. November 2014 so beschlossen.
Der betreffende Richter lässt es also nicht darauf ankommen, wie der Passus "in
der gleichen Sache" (§ 92 Abs. 1 lit. d des kantonalen
Gerichtsorganisationsgesetzes) auszulegen ist. Der individuell befolgte
Verhaltensgrundsatz bildet keine Tatsache, von welcher die objektive
Rechtmässigkeit einer Spruchkörperzusammensetzung abhinge (vgl. Art. 30 Abs. 1
BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Urteil 9F_7/2008 vom 9. September 2008 E. 2.2).
Ohnehin erfüllt die gegen den kantonalen Entscheid vom 18. Juni 2014 gerichtete
Beschwerdeschrift die Anforderungen einer qualifizierten Begründung (Art. 106
Abs. 2 BGG) nicht, weshalb das Bundesgericht diesbezüglich nicht auf das
Rechtsmittel eintrat (E. 1 des Urteils 9C_605/2014). Infolge der grundsätzlich
fehlenden Entscheidungsrelevanz der mit dem Revisionsgesuch vorgelegten
Erklärung besteht auch kein Grund, auf diese Sachurteilsvoraussetzung
zurückzukommen.

2.4. Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, das in der Stellungnahme Gesagte
lege nahe, "dass Oberrichter C.________ entgegen dem Wortlaut des Rubrums des
Urteils vom 18. Juni 2014 an diesem möglicherweise gar nicht mitgewirkt hat,
denn andernfalls er von sich aus in den Ausstand getreten wäre, wie er ja
selbst ausführt" (S. 8 des Revisionsgesuchs). Näher liegt, dass es Oberrichter
C.________ nicht bewusst war, dass er an einem Entscheid mitwirkte, der einen
früheren Mandanten betraf. Insofern kann von vornherein kein Anschein der
Befangenheit entstehen, wie er in den im kantonalen Prozessrecht genannten
Fällen vermutet wird (vgl. Art. 61 Ingress ATSG; BGE 139 I 121). Auch deswegen
entfällt der vom Gesuchsteller zusätzlich angerufene Revisionsgrund von Art.
121 lit. a BGG (Verletzung von Vorschriften über die Besetzung des Gerichts
oder über den Ausstand).

3. 
Das Revisionsgesuch ist ohne Durchführung eines Schriftenwechsels (vgl. Art.
127 BGG) abzuweisen. Gegenstandslos geworden ist somit der Antrag des
Gesuchstellers, die Vorinstanz sei anzuweisen, das vor kantonalem Gericht
hängige Verfahren VSBES.2013.106 zu sistieren, weil das hier behandelte
Verfahren VSBES.2013.293 für jenes präjudizierend sei.

4. 
Der Gesuchsteller trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Gesuchsteller auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 26. Januar 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Traub

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