Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 9F.16/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9F_16/2014

Urteil vom 24. Dezember 2014

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Petra Oehmke,
Gesuchsteller,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Gesuchsgegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 9C_236/2014
vom 29. September 2014.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 16. Mai 2011 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich
A.________ ab 1. Juni 2011 eine Viertelsrente zu. Auf Beschwerde hin hob das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 14. November
2012 diesen Verwaltungsakt auf mit der Feststellung, dass kein Rentenanspruch
bestehe. In Gutheissung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten des A.________ hob die II. sozialrechtliche Abteilung des
Bundesgerichts mit Urteil 9C_4/2013 vom 19. Dezember 2013 dieses Erkenntnis auf
und wies die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die
Vorinstanz zurück.

B. 
Mit Entscheid vom 7. Februar 2014 wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich die Beschwerde von A.________ wiederum ab und hob die Verfügung
vom 16. Mai 2011 mit der Feststellung auf, dass er keinen Rentenanspruch habe.
Mit Urteil 9C_236/2014 vom 29. September 2014 hob das Bundesgericht in
teilweiser Gutheissung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
des Versicherten dieses Erkenntnis auf mit der Feststellung, "dass der
Beschwerdeführer ab 1. Juni 2011 Anspruch auf eine Viertelsrente der
Invalidenversicherung hat. (...) " (Dispositiv-Ziffer 1).

C. 
Am 17. Oktober 2014 hat A.________ ein Gesuch um Revision des
bundesgerichtlichen Urteils vom 29. September 2014 betreffend die Frage des
Rentenbeginns eingereicht. Dispositiv-Ziffer 1 sei im Sinne der Feststellung
abzuändern, "dass der Beschwerdeführer ab 1. Juni 2010 Anspruch auf eine
Viertelsrente der Invalidenversicherung hat".

Die IV-Stelle ersucht um die Abweisung des Revisionsgesuchs; zusätzlich stellt
sie weitere Anträge, u.a. Dispositiv-Ziffer 1 des Urteils 9C_236/2014 vom 29.
September 2014 sei dahingehend abzuändern, dass kein Rentenanspruch bestehe
(reformatio in peius).

Erwägungen:

1. 
Das Gesuch betreffend Revision des Urteils 9C_236/2014 vom 29. September 2014
gestützt auf Art. 121 lit. c BGG wurde frist- und formgerecht eingereicht und
genügt auch den weiteren formellen Voraussetzungen. Darauf ist somit
einzutreten.

2.

2.1. Die IV-Stelle ersucht in ihrer Vernehmlassung um Abänderung von
Dispositiv-Ziffer 1 (Feststellung, dass kein Rentenanspruch besteht) sowie
Dispositiv-Ziffer 2 und 3 (keine Auferlegung von Gerichtskosten und keine
Verpflichtung zur Bezahlung einer Parteientschädigung) des Urteils 9C_236/2014
vom 29. September 2014. Sie nennt indessen weder einen Revisionsgrund noch
äussert sie sich zur Rechtzeitigkeit der Begehren. Darauf ist somit von
vornherein nicht einzugehen (Urteile 4F_20/2013 vom 11. Februar 2014 E. 2.1 und
2F_20/2012 vom 25. September 2012 E. 1.1).

2.2. Weiter ersucht die IV-Stelle um Erläuterung, weshalb bei Fehlen eines
invalidisierenden Gesundheitsschadens dennoch ein Einkommensvergleich
durchzuführen sei, wodurch im Ergebnis ein Rentenanspruch entstehen könne.
Die Erläuterung oder Berichtigung dient dazu, möglichst formlos Abhilfe zu
schaffen, wenn die Entscheidformel (Dispositiv) unklar, unvollständig,
zweideutig oder in sich widersprüchlich ist. Sie erlaubt insbesondere, Fehler
oder Auslassungen bei der Ausformulierung des Dispositivs zu korrigieren. Eine
Berichtigung ist nach Art. 129 Abs. 1 BGG zulässig, wenn sich aus der Lektüre
der Erwägungen und den Umständen ergibt, dass ein solcher Mangel im Dispositiv
die Folge eines Versehens ist, das auf der Grundlage des getroffenen
Entscheides korrigiert werden kann. Ein unvollständiges Dispositiv kann ergänzt
werden, wenn der Mangel die Folge eines Versehens ist und das korrigierte
Dispositiv ohne weiteres aus den Erwägungen bzw. aus dem bereits getroffenen
Entscheid abgeleitet werden kann. Mit einer Berichtigung kann der gefällte
Entscheid nicht inhaltlich abgeändert werden. Insoweit unterscheidet sich die
Berichtigung von der Revision nach Art. 121 Abs. 1 lit. c BGG, bei deren
Gutheissung das Bundesgericht über einen unbeurteilt gebliebenen Antrag zu
entscheiden hat (Urteil 4G_2/2013 vom 3. Februar 2014 E. 1 mit Hinweisen).

Die IV-Stelle legt nicht dar und es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die
eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zusprechende Dispositiv-Ziffer 1
des Urteils 9C_236/2014 vom 29. September 2014 der Erläuterung im dargelegten
Sinne bedürfte. Abgesehen davon ist die aufgeworfene Frage, welche im Übrigen
bereits im Urteil 9C_4/2013 vom 19. Dezember 2013 rechtskräftig entschieden
wurde (vgl. Urteil 5A_488/2013 vom 4. April 2014 E. 3.2 zur Verbindlichkeit
bundesgerichtlicher Rückweisungsentscheide), rechtlicher Natur. Die Erläuterung
dient indessen nicht dazu, allfällige Rechtsfehler im Nachhinein zu korrigieren
(Urteil 9F_15/2013 vom 24. März 2013 E. 2.2).

3. 
Die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts kann unter anderem verlangt
werden, wenn einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind (Art. 121 lit. c BGG).
Findet das Bundesgericht, dass der Revisionsgrund zutrifft, so hebt es den
früheren Entscheid auf und entscheidet neu (Art. 128 Abs. 1 BGG).

3.1. Der Gesuchsteller hatte in der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten gegen den (zweiten) Entscheid der Vorinstanz vom 7. Februar
2014 beantragt, es sei ihm eine halbe, eventualiter eine Viertelsrente ab 1.
Juni 2010 zuzusprechen, wobei er diesen gegenüber der Verfügung vom 16. Mai
2011 um ein Jahr früheren Leistungsbeginn auch begründete. Das Bundesgericht
äusserte sich in den Erwägungen des Urteils 9C_236/2014 vom 29. September 2014
nicht ausdrücklich zu diesem Punkt. In Dispositiv-Ziffer 1 stellte es fest, der
Beschwerdeführer habe ab 1. Juni 2011 Anspruch auf eine Viertelsrente. Damit
setzte es den Rentenbeginn verbindlich fest (Urteil 2C_232/2012 vom 23. Juli
2012 E. 1.6 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 125 V 413 E. 2b S. 416). Es kann
offenbleiben, ob unter diesen Umständen von einem unbeurteilt gebliebenen
Antrag im Sinne von Art. 121 lit. c BGG gesprochen werden kann.

3.2. Wie der Gesuchsteller richtig vorbringt, hat das Bundesgericht im Urteil
9C_4/2013 vom 19. Dezember 2013 E. 3 erwogen, er habe die letzte Stelle als
Koch in leitender Stellung im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Arbeitgeber
aufgegeben. Hiezu hätten gesundheitliche Gründe beigetragen. Die Klinik
B.________ habe in ihrem Bericht vom          3. März 2009 festgehalten, dass
eine Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz aus gesundheitlichen Gründen nicht
befürwortet werden könne. Diese Auffassung werde auch in weiteren ärztlichen
Unterlagen vertreten. Daraus kann indessen nicht gefolgert werden, es sei von
einem Beginn der einjährigen Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG am ...
2008 auszugehen. Der Gesuchsteller war zwar ab diesem Zeitpunkt von seinem
Hausarzt Dr. med. C.________ krankgeschrieben worden. Dieser hielt im Bericht
vom 18. Januar 2009 fest, die bisherige Tätigkeit wäre noch zumutbar, aber
nicht der bisherige Arbeitsplatz. Ebenfalls sprachen sich die Ärzte der Klinik
B.________ in ihrem Bericht vom 3. März 2009 gegen eine Rückkehr an den
bisherigen Arbeitsplatz aus. Sie attestierten jedoch voraussichtlich ab 1. März
2009 eine Arbeitsfähigkeit von 100 %. Gemäss Dr. med. D.________ hatte sich die
(vorübergehende) Anpassungsstörung im Zeitraum von April 2009 bis Mai 2010
remittiert (psychiatrisches Gutachten vom 30. November 2010). Diese Akten
erlauben nicht den Schluss auf eine seit Anfang Juli 2008 bestandene
Arbeitsunfähigkeit ohne wesentlichen Unterbruch von durchschnittlich mindestens
40 % im Sinne von Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG und Art. 29ter IVV, welches
Erfordernis sich auf den angestammten Beruf als Koch in leitender Stellung
bezieht und nicht lediglich auf den letzten Arbeitsplatz (Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts I 75/03 vom 6. Februar 2004 E. 2.2; vgl. auch Urteil
9C_182/2007 vom 7. Dezember 2007 E. 4.3.2, in: SVR 2008 BVG Nr. 31 S. 126). Von
diesbezüglichen Abklärungen sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten und daher
davon abzusehen (antizipierte Beweiswürdigung). Im Ergebnis ist somit von einem
Beginn der Wartezeit frühestens im Juni 2010 auszugehen. Das Revisionsgesuch
ist unbegründet.

4. 
Ausgangsgemäss wird der Gesuchsteller kostenpflichtig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Auf die Begehren der IV-Stelle des Kantons Zürich in ihrer Eingabe vom 1.
Dezember 2014 wird nicht eingetreten.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 24. Dezember 2014
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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