Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 908/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_908/2014

Urteil vom 5. Februar 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Ausgleichskasse des Kantons Bern, Abteilung Beiträge und Zulagen,
Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung (Beitragspflicht aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 4.
November 2014.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 22. November 2010 setzte die Ausgleichskasse des Kantons Bern
auf der Grundlage der von der Steuerbehörde ermittelten Erwerbseinkommen die
von A.________ für 2004 geschuldeten Beiträge aus selbstständiger
Erwerbstätigkeit definitiv fest. Die Einsprache vom 10. Januar 2011 wies sie
ab, soweit darauf eingetreten werden konnte (Einspracheentscheid vom 4. August
2014).

B. 
Dagegen erhob A.________ Beschwerde, welche des Verwaltungsgerichts des Kantons
Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, abwies (Entscheid vom 4.
November 2014).

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
der Entscheid vom 4. November 2014 sei aufzuheben und die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerdeführerin rügt einen Mangel des vorinstanzlichen Verfahrens. Es
fehle in Bezug auf die am 22. November 2010 verfügten Beiträge aus
selbstständiger Erwerbstätigkeit an einem Einspracheentscheid und somit an
einem Anfechtungsgegenstand (vgl. BGE 133 V 50 E. 4.2.2 S. 55; Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts H 53/04 vom 25. November 2004 E. 1.1.3, in: SVR 2005 AHV
Nr. 9 S. 30). Die Einsprache vom 10. Januar 2011 sei "betreffend AHV-Beiträge
2005" erhoben worden.

Die Einsprache vom 10. Januar 2011 richtete sich ausdrücklich "gegen die
Verfügung vom 22. November 2010". Dabei wurde auf die entsprechende
Referenz-Nr. 167815 hingewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen
ausgeführt, die Verfügung vom 22. November 2010 könne diejenige vom 15. Juni
1999 nicht ersetzen und sei somit materiell ungültig. Die Beschwerdegegnerin
legte im Einspracheentscheid vom 4. August 2014 dar, dass dieses Vorbringen
nicht stichhaltig sei und wies die Einsprache ab, soweit darauf eingetreten
werden konnte. Dagegen reichte die Beschwerdeführerin bei der in der
Rechtsmittelbelehrung angegebenen Gerichtsinstanz Beschwerde ein. Es kann somit
keine Rede davon sein, es fehle in Bezug auf das vorinstanzliche Verfahren an
einem Anfechtungsgegenstand und damit an einer Sachurteilsvoraussetzung (BGE
125 V 413 E. 1a S. 414). Damit erübrigt es sich, auf die mit dem Fehlen eines
(anfechtbaren) Einspracheentscheids begründete Rüge einzugehen, der
vorinstanzliche Entscheid stütze sich einzig auf die Akten und die
Beschwerdeantwort der Ausgleichskasse und nicht auch auf die von Amtes wegen
beizuziehenden Steuerakten, beruhe somit auf einem unvollständig abgeklärten
Sachverhalt.

2. 
Weiter rügt die Beschwerdeführerin, mit dem angefochtenen Entscheid werde die
Kompetenzabgrenzung gemäss Art. 23 Abs. 1 AHVV verletzt, da der
Beschwerdegegnerin die Meldung der zuständigen Steuerbehörde gefehlt habe.

Nach Art. 23 Abs. 1 AHVV ermitteln die kantonalen Steuerbehörden das für die
Bemessung der Beiträge massgebende Erwerbseinkommen auf Grund der
rechtskräftigen Veranlagung für die direkte Bundessteuer, das im Betrieb
investierte Eigenkapital auf Grund der entsprechenden rechtskräftigen
kantonalen Veranlagung unter Berücksichtigung der interkantonalen
Repartitionswerte. Es steht fest, dass im Zeitpunkt der Verfügung vom 22.
November 2010 noch keine rechtskräftige Veranlagung für 2004 vorlag, weder für
die direkte Bundessteuer noch für die Kantons- und Gemeindesteuern. Die
Beschwerdeführerin hatte nach unbestrittener Feststellung der Vorinstanz am 8.
November 2012 gegen die betreffenden Verfügungen Rekurs bei der
Steuerrekurskommission und gegen deren Entscheide vom 26. September 2012
Beschwerde bei der Verwaltungsrechtlichen Abteilung eingereicht, welche am 26.
März 2013 einen Nichteintretensentscheid fällte. Bei Erlass des
Einspracheentscheids vom 4. August 2014 lagen somit rechtskräftige
Steuerveranlagungen im Sinne von Art. 23 Abs. 1 AHVV vor. Jedenfalls kann mit
Bezug auf die streitige Beitragsfestsetzung für 2004 nicht von einer
bundesrechtswidrigen Kompetenzüberschreitung durch Beschwerdegegnerin und
Vorinstanz gesprochen werden (vgl. BGE 111 V 289 E. 3 S. 291 ff. zu den im
Kontext massgebenden Aufgaben von Steuerbehörde und Ausgleichskasse; vgl. auch
AHI 2000 S. 113 f.).

3. 
Schliesslich bringt die Beschwerdeführerin vor, die Beschwerdegegnerin habe
(einzig) Quartalsrechnungen für Akontobeiträge ausgestellt und sie wegen der
ausgebliebenen Zahlungen am 27. April, 27. Juli und 26. Oktober 2004 sowie am
26. Juni 2007 gemahnt (vgl. Art. 24 Abs. 1, Art. 34 Abs. 1 lit. b und Abs. 3
sowie Art. 34a Abs. 1 AHVV). Es sei sinngemäss zu Unrecht keine
Nachtragsverfügung erlassen worden, welche die Akontoverfügung ergänzte und mit
Einsprache hätte angefochten werden können. "Aus dem Urteil des
Verwaltungsgerichts fehlt auch diese".

Nach Art. 24 Abs. 5 AHVV setzt die Ausgleichskasse die geschuldeten
Akontobeiträge in einer Verfügung fest, wenn sie nicht innert Frist (zehn Tage
nach Ablauf der Zahlungsperiode; Art. 34 Abs. 3 AHVV) bezahlt werden. Die
Beschwerdeführerin macht nicht geltend, damals den Erlass einer Verfügung
betreffend die in Rechnung gestellten Akontobeiträge verlangt zu haben (vgl.
auch Art. 51 Abs. 2 ATSG). Die Nichtbezahlung der Beiträge stellt kein solches
Gesuch dar. Insofern ist ihre Rüge verspätet und somit nicht zu hören (vgl.
Urteil 8C_738/2007 vom 26. März 2008 E. 6.2). Abgesehen davon haben Verfügungen
über Akontobeiträge nach Art. 24 Abs. 5 AHVV im Unterschied zu solchen über die
für das Beitragsjahr geschuldeten Beiträge nach Art. 25 Abs. 1 AHVV keine
Bedeutung für die in Art. 16 Abs. 2 AHVG geregelte Vollstreckungsverwirkung
rechtskräftig festgesetzter Beitragsforderungen (BGE 117 V 208 E. 3b S. 210;
anders in Bezug auf die Herabsetzung oder den Erlass von Beiträgen [Urteil H 61
/06 vom 29. Mai 2007 E. 3, in: SVR 2008 AHV Nr. 3 S. 9]). Bei den - von
Selbstständigerwerbenden vierteljährlich zu entrichtenden (Art. 34 Abs. 1 lit.
b AHVV) - Akontobeiträgen geht es um  vorläufig bestimmte Zahlungen auf
Rechnung der aufgrund der noch ausstehenden Steuermeldung nicht endgültig
festgesetzten Beitragsschuld (vgl. BGE 109 V 70 E. 2b S. 73; Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts H 17/90 vom 29. Oktober 1990 E. 4b, in: ZAK 1991 S. 32;
vgl. auch AHI 2000 S. 118 f.); sie betreffen dasselbe beitragspflichtige
Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit und die darauf gerichtete
Forderung kann daher nicht erlöschen, bevor die Festsetzungsverwirkungsfrist
nach Art. 16 Abs. 1 AHVG abgelaufen ist. Selbst wenn somit den 2004
ausgestellten Quartalsrechnungen Verfügungscharakter beigemessen würde, ergäbe
sich daraus nichts zu Gunsten der Beschwerdeführerin.

4. 
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet und wird daher im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 2 BGG erledigt.

5. 
Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 5. Februar 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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