Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 886/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
9C_886/2014 {T 0/2}     

Urteil vom 15. Juni 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Fürsprecher Gerhard Lanz,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Bern,
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 5. November 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ leidet an Multipler Sklerose. Sie bezog ab 1. Mai 1999 eine halbe,
ab 1. September 2006 eine ganze Rente der Invalidenversicherung (samt einer
Zusatzrente für den Ehegatten bis Ende 2007; Verfügungen der IV-Stelle Bern vom
10. Juli 2000 und 7. Mai 2007). Am ........ gebar A.________ einen Sohn. Mit
Verfügung vom 1. April 2009 hob die IV-Stelle die Dreiviertelsrente auf Ende
des folgenden Monats auf, was die Versicherte erfolgreich anfocht. U.a.
gestützt auf das Gutachten der MEDAS vom 2. September 2011 und den
Abklärungsbericht Haushalt vom 15. August 2012 setzte die IV-Stelle mit
Verfügung vom 6. Februar 2013 die Dreiviertelsrente mit Wirkung ab 1. Juni 2009
auf eine Viertelsrente herab.

B. 
Die Beschwerde von A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 5. November 2014 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
der Entscheid vom 5. November 2014 sei aufzuheben und ihr ab 1. Juni 2009 eine
halbe Rente zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zwecks Vornahme weiterer
medizinischer Abklärungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die IV-Stelle ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die IV-Stelle ermittelte neu in Anwendung der gemischten Methode (Art. 28a Abs.
3 IVG; BGE 137 V 334 E. 3.1.3 und 3.2 S. 338; 125 V 146) für die Zeit ab
........ (Geburt des Sohnes) einen Invaliditätsgrad von 40 % (0,6 x 44,66 % +
0,4 x 32 %; zum Runden BGE 130 V 121), was Anspruch auf eine Viertelsrente gab
(Art. 28 Abs. 2 IVG). Bei der Bemessung der Invalidität im erwerblichen Bereich
(44,66 %) durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG i.V.m. Art. 28a Abs. 1 IVG)
ging sie gestützt auf das MEDAS-Gutachten vom 2. September 2011 von einer
Arbeitsfähigkeit von 40 % in einer angepassten Tätigkeit aus. Die
Vergleichseinkommen berechnete sie auf der Grundlage der Schweizerischen
Lohnstrukturerhebung 2008 des Bundesamtes für Statistik (LSE 08; grundlegend
BGE 124 V 321), wobei sie beim Invalideneinkommen (BGE 125 V 146 E. 2a S. 149)
einen Abzug vom Tabellenlohn nach 126 V 75 von 10 % vornahm. Die Einschränkung
im Aufgabenbereich Haushalt (32 %) entsprach dem Ergebnis der Abklärung vor Ort
(Bericht vom 15. August 2012).
Die Vorinstanz hat die Invaliditätsbemessung der Beschwerdegegnerin bestätigt.
Dabei hat sie im Sinne einer Eventualbegründung festgestellt, dass selbst bei
einem höheren Valideneinkommen, wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht,
und bei Berücksichtigung einer Wechselwirkung im Sinne einer verminderten
Leistungsfähigkeit im Aufgabenbereich Haushalt infolge der Beanspruchung im
erwerblichen Bereich im maximalen Umfang von 15 % (grundlegend BGE 134 V 9),
sich ein Invaliditätsgrad von 48 % ergebe, was für den Anspruch auf eine halbe
Rente nicht ausreiche.

2.

2.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass die Voraussetzungen für eine
Rentenrevision gegeben sind und demzufolge der Invaliditätsgrad neu nach der
gemischten Methode zu ermitteln ist. Ebenso stellt sie nicht in Frage, dass dem
MEDAS-Gutachten vom 2. September 2011 grundsätzlich Beweiswert zukommt (vgl.
dazu BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Aus der Expertise ergebe sich indessen, dass
bei Erbringung einer vollen Leistung im erwerblichen Bereich, d.h. bei
Ausschöpfung der verbliebenen Arbeitsfähigkeit von 40 % in einer angepassten
Tätigkeit als Sachbearbeiterin, eine Betätigung im Aufgabenbereich
(Haushaltführung und Kinderbetreuung; Art. 27 IVV i.V.m. Art. 5 Abs. 1 IVG und
Art. 8 Abs. 3 ATSG) nicht mehr zumutbar sei. Zur Begründung stützt sie sich auf
eine Passage in der Expertise    (S. 19), wo u.a. festgehalten wurde, dass bei
einer Verteilung des Arbeitspensums von 40 % auf fünf Tage eine volle Leistung
erwartet werden könne, "sofern die restliche Zeit der Erholung dient (...).
Wird dem keine Beachtung geschenkt, das heisst die Versicherte [im
Aufgabenbereich] nicht entlastet, so leidet die Erholungsphase und die Leistung
bei der Erwerbstätigkeit sinkt ebenfalls weiter und auf Dauer ab".

2.2. Die Vorinstanz hat festgestellt, der Vorbehalt der Erholung in der
restlichen Zeit für die Erbringung einer vollen erwerblichen Leistung beziehe
sich offensichtlich primär auf die Differenz zwischen der "angestrebten
60%-igen Erwerbstätigkeit" und der medizinisch-theoretischen Arbeitsfähigkeit
von 40 %. Mit der angegebenen Leistungsminderung bei ungenügender Entlastung im
Haushalt und bei der Kinderbetreuung würden die Gutachter eine Wechselwirkung
zwischen Erwerb und Aufgabenbereich postulieren, ohne nur das eine oder das
andere für zumutbar zu halten. Die Beschwerdeführerin vermag mit ihren
Vorbringen nicht darzutun, inwiefern diese Feststellungen offensichtlich
unrichtig, unhaltbar oder willkürlich sind (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 II 353
E. 5.1 S. 356). Dabei ist zu beachten, dass auf eine Arbeitszeit von 3,3
Stunden mit vermehrten Pausen (vgl. E. 4 hinten) eine Erholungszeit von 1,65
Stunden kommt. In diesem Zusammenhang lässt die Beschwerdeführerin unerwähnt,
dass sie im Gesundheitsfall zu 60 % erwerbstätig wäre, was entsprechende
organisatorische Massnahmen in Bezug auf Haushalt und Kinderbetreuung notwendig
machte, wie die Vorinstanz richtig erkannt hat. Die Zeit während ihrer
ausserhäuslichen Tätigkeit hat somit als durch den Ehemann oder allenfalls
Dritte abgedeckt zu gelten. Damit wäre sie jedenfalls während der erwerblichen
Tätigkeit von 40 % und der Dauer der Erholung von 20 % im Aufgabenbereich,
insbesondere von der Kinderbetreuung entlastet.

3.

3.1. Weiter bestreitet die Beschwerdeführerin die erwerbliche Verwertbarkeit
der verbliebenen Arbeitsfähigkeit von 40 % als Sachbearbeiterin. Gemäss dem
MEDAS-Gutachten vom 2. September 2011 könne sie die volle Leistung nur
erbringen, wenn die Arbeitszeit auf fünf Tage verteilt werde. Solche Stellen im
Bürobereich gebe es auch auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht. Das
Minimum, was ein Arbeitgeber erwarte, sei eine Präsenz von 50 % pro Wochentag
und eine gewisse Flexibilität für Mehrstunden bei dringendem Arbeitsanfall. Das
bedeute, dass sie anbieten müsse, an einzelnen Tagen mehr als 40 % oder 3,3
Stunden zu arbeiten, weshalb sie mehr Erholungspausen brauche. Realistisch sei
einzig, dass sie ca. 20 % arbeite (an zwei Halbtagen pro Woche). Zu
berücksichtigen sei sodann, dass sich die Struktur der Arbeitsplätze im
kaufmännischen Bereich im Sinne einer zusehends qualifizierteren und
anspruchsvolleren Tätigkeit erheblich verändert habe. "Wenn es schon für
Gesunde schwierig ist, eine sich auf einfache Büroarbeiten beschränkende Stelle
zu finden, so muss bei einem bestimmten, im Einzelfall zu würdigenden Mass an
gesundheitlich bedingten Einschränkungen bei der Ausübung einer schon seltenen
Tätigkeit davon ausgegangen werden, dass das Leistungsvermögen auch bei
ausgeglichener Arbeitsmarktlage nicht mehr Gegenstand von Angebot und Nachfrage
bildet und die Restarbeitsfähigkeit in der betroffenen Tätigkeit nicht mehr
wirtschaftlich verwertbar ist" (vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U
425/00 vom 29. Januar 2003 E. 4.4). Die von der Vorinstanz genannten Beispiele
aus der Judikatur, u.a. das Urteil 8C_602/2010 vom 30. August 2010 und das
Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 15/05 vom 18. Juli 2005 seien nicht
einschlägig.

3.2. Diese Vorbringen lassen die vorinstanzlich angenommene grundsätzliche
erwerbliche Verwertbarkeit der verbliebenen Arbeitsfähigkeit nicht als
bundesrechtswidrig erscheinen. Mit dem kantonalen Verwaltungsgericht ist davon
auszugehen, dass es auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt (zu diesem Begriff BGE
134 V 64 E. 4.2.1 S. 70) ein genügendes Angebot von Teilzeitstellen im
kaufmännischen Bereich gibt, die dem Anforderungsprofil insbesondere in
zeitlicher Hinsicht (3,3 Arbeitsstunden im Tag, zeitlich gleichmässig verteilt
auf fünf Arbeitstage) entsprechen. Der Umstand, dass in den erwähnten
Präjudizien das zumutbare Arbeitspensum 50 % betrug, ändert nichts daran,
ebenso nicht, dass im Schlussbericht der Abteilung Berufliche Eingliederung,
Case Management, vom 27. Februar 2007 festgehalten wurde, der Verlust der
aktuellen Stelle könnte in Anbetracht der medizinischen Situation kaum mehr in
der freien Wirtschaft aufgefangen werden. Diese Aussage bezieht sich nicht auf
den massgebenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt. Sodann kann im Unterschied zu dem
im Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 425/00 vom 29. Januar 2003
beurteilten Fall vorliegend nicht gesagt werden, der Beschwerdeführerin seien
lediglich einfach (st) e Büroarbeiten zumutbar (vgl. E. 4.2 in fine). Sie
verfügt über eine abgeschlossene KV-Lehre, sie arbeitete jahrelang in diesem
Bereich und war bis zur Geburt ihres Sohnes im April 2008 erwerbstätig.

4. 
Die Beschwerdeführerin rügt sodann, ein leidensbedingter Abzug vom Tabellenlohn
von 10 % für den Pausenbedarf bei der Ermittlung des Invalideneinkommens sei zu
tief. Damit bleibe unberücksichtigt, dass sie bei Termindruck keine
Mehrarbeiten leisten könne, da sich eine solche leistungsmindernd auf die
Betätigung im Aufgabenbereich und von da zurück auf die erwerbliche Tätigkeit
auswirken würde. Dazu komme die Furcht der Arbeitgeber, dass es bei einer
MS-Kranken zu überdurchschnittlich vielen krankheitsbedingten Absenzen kommen
werde, was auch medizinischer Erfahrung entspreche.
Die Vorinstanz hat dargelegt, weshalb ausser dem Pausenbedarf keine weiteren
Umstände einen höheren Abzug rechtfertigen. Mit ihren appellatorischen
Vorbringen, die auf die betreffenden Erwägungen keinen Bezug nehmen, vermag die
Beschwerdeführerin nicht substanziiert darzutun, inwiefern das kantonale
Verwaltungsgericht damit sein Ermessen missbraucht, unter- oder überschritten
hat (BGE 137 V 71 E. 5.1 S. 72 f.; Art. 42 Abs. 2 BGG).

5. 
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin, das Abstellen der Vorinstanz auf den
Abklärungsbericht Haushalt vom 15. August 2012 verletze Bundesrecht. Gemäss dem
MEDAS-Gutachten vom 2. September 2011 sei sie im Aufgabenbereich stärker
eingeschränkt als im Beruf. Haushalt und Kinderbetreuung seien in ihrer
Gesamtheit belastender als die Sachbearbeitung. Die Experten gingen im Sinne
eines durchschnittlichen Arbeitsunfähigkeitsgrades (für leichte und
anspruchsvolle Aufgaben) von einer Einschränkung im Aufgabenbereich von
mindestens 80 % aus.

5.1. Wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, kann der fachärztlichen
Einschätzung der Leistungsfähigkeit im Haushalt und bei der Kinderbetreuung für
die - durch Betätigungsvergleich (BGE 104 V 135 E. 2a S. 136) - zu ermittelnde
gesundheitlich bedingte Einschränkung in diesem Aufgabenbereich (erhöhte)
Bedeutung zukommen (vgl. etwa Urteile 8C_334/2014 vom 21. Juli 2014 E. 5.2 und
9C_90/2010 vom    22. April 2010 E. 4.1.1, je mit Hinweisen). Ein solcher
Tatbestand ist hier gegeben. In der Expertise wurde festgehalten, die
Funktionsbeeinträchtigungen als Folge der MS-Erkrankung bestünden in einer
zunehmenden Reduktion der Aufmerksamkeit und der Konzentration, was die
Fehlerquote erhöhe, die Arbeit verlangsame und das Fällen von Entscheidungen
erschwere; sie seien also ganz überwiegend geistiger Natur. Ausserdem könnten
körperlich belastende Tätigkeiten wegen der rascheren Ermüdung nicht über
längere Zeiträume ausgeführt werden. Es ist davon auszugehen, dass es einer
Abklärungsperson nur beschränkt möglich ist, das Ausmass eines solchen Leidens
zu erkennen und die damit verbundenen Einschränkungen einzuschätzen, wie dies
bei psychischen Erkrankungen häufig der Fall ist (Urteile 8C_817/2013 vom 28.
Mai 2014 E. 5.1 und 9C_90/2010 vom 22. April 2010 E. 4.1.1.3). Diese Auffassung
vertrat im Übrigen auch die Vorinstanz in ihrem Rückweisungsentscheid vom 23.
September 2010, wo sie in E. 4.2 in fine festhielt, die Rechtsprechung zur
psychischen Erkrankung (u.a. gemäss Urteil I 677/05 vom 23. Juli 2007      E.
5.1.1, in: SVR 2008 IV Nr. 17 S. 49) gelange analog zur Anwendung), woran sie
grundsätzlich gebunden war (BGE 117 V 237 E. 2a S. 241; Urteil 9C_857/2014 vom
21. Mai 2015 E. 3.2).

5.2. Die Begründung des kantonalen Verwaltungsgerichts, weshalb (gleichwohl)
der Einschätzung der Abklärungsperson Haushalt Vorrang gegenüber der
fachärztlichen Einschätzung der Leistungsfähigkeit im Aufgabenbereich (Haushalt
und Kinderbetreuung) einzuräumen sei, überzeugt nicht. Dabei kann offenbleiben,
inwiefern die Gutachter auch die Mithilfe von Familienangehörigen und die
Hilfestellung Dritter (BGE 133 V 504 E. 4.2 S. 509) berücksichtigt haben. Den
Experten waren jedenfalls die relevanten Lebensumstände der Beschwerdeführerin
(Familie mit einem Kleinkind, Ehemann zu 100 % auswärts tätig, hypothetische
Erwerbstätigkeit im Gesundheitsfall von 60 %) bekannt. Sie äusserten die
Ansicht, aus medizinischer Sicht müsse darauf hingewiesen werden, dass bei
Funktionsbeeinträchtigungen psychischer und/oder geistiger Natur der Tages- und
Wochenablauf nur in seiner Gesamtheit zu beurteilen sei, vor allem wenn die
Tätigkeit dazu führe, dass die Leistungsfähigkeit im Laufe der Zeit abnehme
bzw. immer mehr Ruhepausen benötigt würden. Es kann offenbleiben, ob damit
gesagt werden wollte, eine Einschätzung der Leistungsfähigkeit in den einzelnen
Tätigkeiten im Aufgabenbereich "Haushalt" (vgl. Rz. 3084 und 3086 des
Kreisschreibens des BSV über Invalidität und Hilflosigkeit in der
Invalidenversicherung [KSIH]) sei nicht möglich. Entscheidend ist, dass sie
auch unter Berücksichtigung der zumutbaren Mithilfe des Ehemannes und
allenfalls der Hilfestellung Dritter aufgrund ihrer Feststellungen von einer
deutlich höheren Einschränkung auszugehen scheinen als die Abklärungsperson
Haushalt. In diesem Zusammenhang sind die verschiedenen quantitativen Angaben
im Gutachten zur Einschränkung der Beschwerdeführerin in der Haushaltführung
und Kinderbetreuung in dem Sinne zu verstehen, dass die Leistungsfähigkeit
höchstens halb so gross ist wie bei der Tätigkeit als Sachbearbeiterin. Die
Abklärungsperson ermittelte für den Aufgabenbereich einen Invaliditätsgrad von
32 %, ohne die berücksichtigten Einschränkungen aufgrund der erwerblichen
Tätigkeit (Wechselwirkungen; BGE 134 V 9) sogar noch weniger. Demgegenüber
beträgt die medizinisch-theoretische Leistungsfähigkeit maximal 20 % (40 %
[Arbeitsfähigkeit als Sachbearbeiterin]). Diese Diskrepanz ist zu gross, als
dass ohne weiteres auf den Abklärungsbericht Haushalt vom 15. August 2012 oder
das MEDAS-Gutachten vom 2. September 2011 abgestellt werden könnte.

5.3. Im dargelegten Sinne ist der rechtserhebliche Sachverhalt ungenügend
abgeklärt, beruht auf unvollständiger Beweisgrundlage, was Bundesrecht verletzt
(Art. 95 lit. a BGG; Urteil 8C_234/2013 vom       9. Oktober 2013 E. 3; vgl.
auch BGE 132 III 83 E. 3.5 S. 88). Die    Beschwerdegegnerin wird weitere
Abklärungen vorzunehmen haben, insbesondere eine fachärztliche Einschätzung der
Einschränkung im Aufgabenbereich sowie allfälliger Wechselwirkungen mit dem
erwerblichen Bereich einholen, und danach über den streitigen Rentenanspruch ab
1. Juni 2009 neu verfügen. Die Beschwerde ist somit im Eventualstandpunkt
begründet.

6. 
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG) und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen
(Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung,
vom 5. November 2014 und die Verfügung der IV-Stelle Bern vom 6. Februar 2013
werden aufgehoben. Die Sache wird an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen,
damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und neu verfüge. Im Übrigen wird die
Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Bundesamt für Sozialversicherungen
und der AXA Stiftung Berufliche Vorsorge, Winterthur schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. Juni 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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