Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 874/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_874/2014

Urteil vom 2. September 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Furrer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Schwyz,
Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz
vom 23. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1981 geborene A.________, ab August 1998 als Heizungszeichner-Lehrling bei
der B.________ AG angestellt gewesen, meldete sich am 3. Dezember 1999 unter
Hinweis auf eine am 21. August 1999 erlittene Hirnblutung bei der
Invalidenversicherung (IV) zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Schwyz (fortan:
IV-Stelle) gewährte Hilfsmittel und berufliche Massnahmen und richtete für die
erstmalige berufliche Ausbildung Taggelder aus. In der Folge absolvierte
A.________ eine Lehre als Haustechnikplaner (Abschluss: 31. Juli 2004) und die
Berufsmatura (2004-2006). Mit Verfügung vom 12. November 2007 sprach die
IV-Stelle A.________ eine von 1. August 2006 (Berufsmaturität) bis 31. Juli
2007 (Fortsetzung der erstmaligen beruflichen Ausbildung) befristete halbe
Invalidenrente zu.
Im Februar 2013 erlangte A.________ einen Bachelor of Science in Sozialer
Arbeit der Hochschule und war von 1. August 2013 bis 20. Dezember 2013 bei der
C._________ als Sozialarbeiter (60 %-Pensum) tätig. Gestützt auf ein
polydisziplinäres Gutachten des medizinischen Zentrums D.________; Expertise
vom 25. September 2013) und nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren sprach die
IV-Stelle A.________ mit Verfügungen vom 22. Mai und 22. August 2014 eine halbe
Invalidenrente mit Wirkung ab 1. Februar 2013 zu (Invaliditätsgrad von 57 % ).

B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz vereinigte die gegen die beiden
Verfügungen erhobenen Beschwerden und wies diese mit Entscheid vom 23. Oktober
2014 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei ihm ab 1. Februar 2013
mindestens eine Dreiviertelsrente zuzusprechen. Zudem seien die Grundlagen für
die Berechnung des Rentenbetrags zu korrigieren.
Die Beschwerdegegnerin und das Bundesamt für Sozialversicherungen lassen sich
nicht vernehmen.

Am 28. August 2015 lässt sich der Beschwerdeführer erneut vernehmen und reicht
weitere Unterlagen zu den Akten.

Erwägungen:

1.

1.1. Der mit Eingabe vom 28. August 2015 eingereichte Arbeitsvertrag vom 7.
August 2015, welches Beweismittel erst nach dem angefochtenen Entscheid
entstanden ist, kann als (echtes) Novum im bundesgerichtlichen Verfahren nicht
berücksichtigt werden (Art. 99 Abs. 1 BGG; MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 43 zu Art. 99 BGG). Ohnehin wäre der
Arbeitsvertrag nicht geeignet, die gutachterliche Einschätzung der
Restarbeitsfähigkeit in Zweifel zu ziehen.

1.2. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung
des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Die Vorinstanz erwog, in medizinischer Hinsicht sei unbestritten, dass immer
noch Residuen der 1999 erlittenen Hirnblutung vorhanden seien und die
Restarbeitsfähigkeit gemäss Gutachten des medizinischen Zentrums D.________ 50
% betrage. Ferner sei unbestritten, dass der Invaliditätsgrad nach der
allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs zu ermitteln sei. Strittig seien
die Vergleichseinkommen. Zum Valideneinkommen führte die Vorinstanz aus, es sei
davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach Abschluss der Lehre als
Heizungszeichner - weil er gleichzeitig die Berufsmaturitätsschule besucht
hatte und weil er auch nach Eintritt des Gesundheitsschadens eine Ausbildung
zum Haustechnikplaner abgeschlossen und die Berufsmaturität erlangt habe - eine
weitergehende Fachausbildung absolviert hätte. Wie die beruflichen Aufstiegs-
und Entwicklungsmöglichkeiten ohne Gesundheitsschaden konkret verlaufen wären,
lasse sich nicht genau feststellen. Gemäss den rechtsprechungsgemäss
heranzuziehenden Tabellen der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen
Lohnstrukturerhebungen (LSE ) belaufe sich das jährliche Valideneinkommen -
unter Berücksichtigung der betriebsüblichen durchschnittlichen
Wochenarbeitszeit und aufindexiert auf das Jahr 2012 - auf Fr. 102'414.- (LSE
2010, TA1, Männer, Wirtschaftszweig 71 [Architektur- und Ingenieurbüros],
Anforderungsniveau 1+2). Dass die Verwaltung die LSE 2010 und nicht die
Lohnangaben des Fachverbandes für Ingenieure und Architekten Swiss Engineering
(STV) herangezogen habe, sei nicht zu beanstanden. Zur Bestimmung des
Invalideneinkommens sei mit der Verwaltung der Tabellenwert 88 (Sozialwesen
ohne Heime) der TA1 im Anforderungsniveau 1+2 einschlägig. Umgerechnet auf die
branchenübliche Arbeitszeit, aufindexiert auf das Jahr 2012, unter
Berücksichtigung des 50 %-Pensums und abzüglich eines Abzugs von 10 % wegen
Teilzeitarbeit resultiere ein Invalideneinkommen von Fr. 44'402.-. Dies führe
zu einem Anspruch auf eine halbe Invalidenrente, womit die Beschwerden
unbegründet seien.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer macht wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren
geltend, sein Ausbildungsziel sei Fachingenieur der Fachrichtung Heizung/
Lüftung/Klima gewesen. Die entsprechenden Löhne könnten mittels Salärvergleich
2010 des Fachverbands STV wesentlich genauer ermittelt werden als mit den LSE.
Demnach sei das Valideneinkommen auf Fr. 117'000.- (Basis 2010) zu
veranschlagen. Die Regeln über die Anwendung der Tabellenlöhne ist als
Rechtsfrage frei zu prüfen (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Ulrich Meyer, Tatfrage
- Rechtsfrage, in: Gabriela Riemer-Kafka [Hrsg.], Grenzfälle in der
Sozialversicherung, S. 94 mit Hinweisen; Meyer/Reichmuth, Bundesgesetz über die
Invalidenversicherung, 3. Aufl. 2014, N. 34 zu Art. 28a IVG).
Die Argumentation des Beschwerdeführers beruht auf der Prämisse, dass er im
Gesundheitsfall einen Bachelor-Abschluss der Studienrichtung
Heizung-Lüftung-Klima-Sanitär (HLKS) der Hochschule absolviert hätte. Zwar
hielt die Vorinstanz - zu Gunsten des Beschwerdeführers - es für überwiegend
wahrscheinlich, dass er nach dem Lehrabschluss (mit Berufsmaturität) eine
"weitergehende Fachausbildung" absolviert hätte. Gleichzeitig hielt sie jedoch
fest, es sei nicht feststellbar, wie die konkrete Karriere des
Beschwerdeführers verlaufen wäre (E. 4.3 des angefochtenen Entscheids). Dabei
handelt es sich um eine Beurteilung hypothetischer Geschehensabläufe, welche
eine für das Bundesgericht grundsätzlich verbindliche (E. 1.2 hievor) Tatfrage
darstellt, soweit sie - wie hier - auf Beweiswürdigung (vor dem
Gesundheitsschaden begonnene Berufsmaturitätsschule, Rückschlüsse aus der
Invalidenkarriere) beruht, selbst wenn darin auch Schlussfolgerungen aus der
allgemeinen Lebenserfahrung mitberücksichtigt werden (BGE 115 II 440 E. 5b S.
448; Urteil 9C_559/2009 vom 18. Dezember 2009 E. 3, publ. in: SVR 2010 IV Nr.
35 S. 111; je mit Hinweisen). Inwiefern die vorinstanzlichen Annahmen
offensichtlich unrichtig sein sollen, legt der Beschwerdeführer nicht dar und
ist auch (anderweitig) nicht ersichtlich. Namentlich fehlen konkrete
Anhaltspunkte für die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Validenkarriere.
Damit kann entgegen der Beschwerde nicht von einer spezifischen Weiter- bzw.
Fachausbildung ausgegangen werden. Unter diesen Umständen kann offen bleiben,
ob der Salärvergleich 2010 des Fachverbands STV, in welchem die Löhne nach
spezifischen Branchen aufgeschlüsselt werden, als Grundlage für die Ermittlung
des Valideneinkommens herangezogen werden könnte. Mit Blick auf das breite
Spektrum, welches einem gelernten Heizungszeichner mit einer nicht näher
spezifizierten weitergehenden Fachausbildung offen steht, ist es jedenfalls
nicht bundesrechtswidrig, dass Verwaltung und Vorinstanz zur Ermittlung des
Valideneinkommens auf die LSE-Ziffer 71 (Architektur- und Ingenieurbüros;
technische, physikalische und chemische Untersuchung) im Anforderungsniveau 1+2
abgestellt haben.

3.2. Was das Invalideneinkommen betrifft, ist der Beschwerdeführer der Ansicht,
dieses sei nicht anhand der LSE zu ermitteln, sondern es sei auf den bei der
C._________ erzielten Verdienst von jährlich Fr. 78'559.- (Basis 2013 bei einem
Vollpensum) abzustellen. Dieses Salär entspreche einem marktkonformen ersten
Lohn für Sozialarbeitende nach höherer Ausbildung.
Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nach der Rechtsprechung primär
von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in der die versicherte
Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine
Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile
Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr
verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und
erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht
als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als
Invalidenlohn. Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben,
namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens
keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit
aufgenommen hat, so können nach der Rechtsprechung die LSE herangezogen werden
(BGE 135 V 297 E. 5.2 S. 301).
Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz wurde das besagte
Arbeitsverhältnis noch während der (verlängerten) Probezeit am 20. Dezember
2013 aufgelös t (vgl. auch Sachverhalt lit. A hievor). Mit anderen Worten
bestand das - lediglich knapp fünf Monate dauernde - Arbeitsverhältnis im
Verfügungszeitpunkt seit über einem halben Jahr nicht mehr. Damit gebricht es
an einem besonders stabilen Arbeitsverhältnis, womit der entsprechende
Verdienst nicht als Invalidenlohn gelten kann. Daran ändert nichts, dass die
Verwaltung im Vorbescheid vom 20. Dezember 2013 das bei der C._________
erzielte Einkommen als Invalideneinkommen herangezogen hatte, während sie in
den angefochtenen Verfügungen auf einen (höheren) Tabellenlohn abstellte. Einem
Vorbescheid kommt nicht die verfahrensmässige Wirkung einer Verfügung zu,
weshalb er ohne die Voraussetzungen einer prozessualen Revision oder
Wiedererwägung (Art. 53 Abs. 1-2 ATSG) abgeändert werden kann. Wird in der
Verfügung zu Ungunsten des Versicherten von dem abgewichen, was
vorbescheidweise in Aussicht gestellt wurde, verletzt dies grundsätzlich auch
Treu und Glauben nicht ( MEYER/REICHMUTH, a.a.O, N. 3 zu Art. 57a IVG mit
Hinweis auf Urteil 9C_115/2007 vom 22. Januar 2008 E. 4-5, in: SVR 2008 IV Nr.
43 S. 145). Ob die Vorinstanz zu Recht auf die Tabelle TA1 (Privater Sektor)
abgestellt hat, oder ob - mit Blick auf die erste Arbeitsstelle des
Beschwerdeführers (im öffentlichen Sektor) - auf die Tabelle TA3 (Privater
Sektor und öffentlicher Sektor [Bund] zusammen) abzustellen wäre, kann offen
bleiben, da der entsprechende Bruttolohn identisch ist und die Wahl der Tabelle
keinen Einfluss auf den Abzug vom Tabellenlohn zeitigt (E. 3.3.2 hiernach).

3.3. Weiter rügt der Beschwerdeführer, der auf 10 % festgesetzte Abzug vom
Tabellenlohn sei rechtsfehlerhaft, weil nur die Teilzeitarbeit, nicht aber die
gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigt worden seien. Auch habe er
aufgrund der Invalidität seine Ausbildung erst rund acht Jahre verspätet
abschliessen können, womit er gegenüber gesunden Arbeitnehmern - nebst
gesundheitsbedingten Einschränkungen - weniger Berufserfahrung mitbringe und
Lohneinbussen in Kauf nehmen müsse. Folglich sei der Abzug auf 20 %
festzusetzen.

3.3.1. Ob und in welcher Höhe statistische Tabellenlöhne herabzusetzen sind,
hängt von sämtlichen persönlichen und beruflichen Umständen des Einzelfalles
ab, die nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen sind. Relevante
Merkmale sind leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/
Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad (BGE 126 V 75 E. 5b/bb S. 80). Ob
ein (behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Abzug vom hypothetischen
Invalideneinkommen vorzunehmen sei, ist eine Rechtsfrage. Demgegenüber stellt
die Höhe des Abzuges eine typische Ermessensfrage dar, deren Beantwortung
letztinstanzlicher Korrektur nur mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale
Gericht das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, d.h. bei
Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung (BGE 137 V 71 E. 5.1
S. 72 f. mit Hinweis auf BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399).

3.3.2. Die Rechtsprechung trägt dem Umstand, dass die Lohnhöhe oft von der
Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängt, womit eine versicherte Person, welche
- nach dem gesundheitlichen Verlust der bisherigen Stelle - in einem Betrieb
neu anfangen muss, insofern kaum einen allgemeinen Durchschnittslohn erhalten
wird, mit dem Kriterium "Dienstjahre" Rechnung. Jedoch ist in dieser Hinsicht
zu berücksichtigen, dass sich das Anfangseinkommen im Rahmen einer neuen
Arbeitsstelle in der Regel nicht isoliert nach der Anzahl Dienstjahre, sondern
u.a. auch aufgrund der mitgebrachten Berufs- bzw. Branchenerfahrungen bestimmt.
Die Bedeutung der Dienstjahre nimmt im privaten Sektor ab, je niedriger das
Anforderungsprofil ist. Im Rahmen des Anforderungsniveaus 4 kommt der langen
Betriebszugehörigkeit praxisgemäss keine relevante Bedeutung zu (BGE 126 V 75
E. 5 S. 78 f.; Meyer/Reichmuth, a.a.O., N. 108 zu Art. 28a IVG; Thomas
Ackermann, Die Bemessung des Invaliditätsgrades in: Kieser/Lendfers [Hrsg.],
Sozialversicherungsrechtstagung 2012, S. 44).
Es spricht nichts dagegen, diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall
analog anzuwenden, in welchem die fehlenden Dienstjahre bzw. die fehlende
Berufserfahrung nicht auf den gesundheitlich bedingten Verlust der bisherigen
Stelle, sondern auf die gesundheitlich bedingte Verzögerung der beruflichen
Ausbildung zurückzuführen ist. Auch kann dem Beschwerdeführer insoweit gefolgt
werden, als aufgrund der Akten erstellt ist, dass er seine berufliche
Ausbildung erst mit einer zeitlichen Verzögerung von gut sechs Jahren - eine
Verzögerung von acht Jahren wird nicht hinreichend dargetan und ist auch nicht
(anderweitig) ersichtlich - abschliessen konnte (Abschluss der Lehre am 31.
Juli 2004 statt am 9. August 2002; knapp zwei zusätzliche Jahre, weil die
Berufsmaturitätsschule nicht [mehr] während der Lehre besucht werden konnte;
gesundheitlich bedingtes Teilzeit-Bachelorstudium von neun Semestern). Weiter
ist festzustellen, dass der Bruttolohn von Männern an Arbeitsplätzen mit dem
Anforderungsniveau 1+2, die - wie der Beschwerdeführer - weniger als ein
Dienstjahr aufweisen, gemäss der Tabelle TA10 der LSE 2010 (welche nur
anwendbar ist, falls beim Invalideneinkommen auf die Tabelle TA3 abgestellt
würde [vgl. E. 3.2 i.f. hievor], weil die Tabelle TA10 auch den öffentlichen
Sektor einbezieht) um 16.44 % unter dem entsprechenden Medianwert von Fr.
8'223.- liegt (Fr. 6'871.-; bei 1-2 Dienstjahren liegt er mit Fr. 7'451.- noch
9.39 % darunter, bei 3-4 Dienstjahren mit Fr. 7'743.- noch 5.84 % darunter; bei
5-9 Dienstjahren liegt der Bruttolohn mit Fr. 8'232.- bereits 1,01 % über dem
Medianwert, bei 10-19 Dienstjahren mit Fr. 8'901.- 7.62 % darüber und bei 20
Dienstjahren oder mehr mit Fr. 9'156.- 10.19 % darüber). Das wegen fehlender
Dienstjahre bzw. fehlender Berufserfahrung in concreto unter dem Medianwert
liegende Bruttoeinkommen ist indes nicht ohne Weiteres bei der Höhe des Abzuges
vom Tabellenlohn zu berücksichtigen. Vielmehr ist in solchen Konstellationen
auch der verbleibenden Erwerbsdauer bis zum Erreichen des AHV-Rentenalter
Rechnung zu tragen: Ist diese nur noch relativ kurz, so dass im verbleibenden
Erwerbshorizont der Medianwert kaum noch erreicht bzw. überschritten werden
kann, so dass insgesamt nur ein (deutlich) unterdurchschnittlicher Lohn erzielt
werden kann, ist dieser Gesichtspunkt bei der Höhe des Abzugs vom Tabellenlohn
zu gewichten (vgl. bspw. Urteil U 191/99 vom 24. Januar 2001 E. 5b/cc, in
welchem Fall die Resterwerbsdauer nur noch relativ kurz war). Hier beträgt die
verbleibende Erwerbsdauer des Beschwerdeführers im massgebenden Zeitpunkt des
Einkommensvergleichs noch gut 33 Jahre. Mithin ist die Zeitspanne, in welcher
gemäss TA10 mit einem unterdurchschnittlichen Einkommen zu rechnen ist, relativ
kurz, da bereits ab fünf Dienstjahren ein durch- bzw. leicht
überdurchschnittlicher Bruttolohn erzielt werden kann. Über die verbleibende
Erwerbsdauer gerechnet ist somit nicht von einem unterdurchschnittlichen Lohn
auszugehen. Folglich ist ein Abzug wegen fehlender Dienstjahre bzw. fehlender
Berufserfahrung nicht angezeigt.
Eine rechtsfehlerhafte Ermessensausübung vermag der Beschwerdeführer auch mit
dem Hinweis auf behinderungsbedingte Einschränkungen nicht darzutun. Das
neuropsychologische Defizit, welches die Arbeitsfähigkeit im Wesentlichen
einschränkt, wurde bereits im Rahmen des 15%igen Abzugs der Leistungsfähigkeit
hinreichend berücksichtigt und die somatischen Störungen können gemäss Experten
weitgehend kompensiert werden (Gutachten des medizinischen Zentrums D.________
S. 42-43).
Zusammenfassend liegt keine Rechtsfehlerhaftigkeit der vorinstanzlichen
Ermessensausübung vor, weshalb es bei einem Abzug von 10 % sein Bewenden haben
muss. Damit bleibt es bei einem Invaliditätsgrad von (gerundet) 57 % bzw. einem
Anspruch auf eine halbe Invalidenrente.

4. 
Schliesslich trägt der Beschwerdeführer vor, das kantonale Gericht habe die
Begründungspflicht verletzt, indem es sich nicht mit dem beschwerdeweise
vorgebrachten Einwand zum massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen
auseinandergesetzt und damit eine sachgerechte Anfechtung in diesem Punkt
verunmöglicht habe.

4.1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV gebietet, dass
die Behörde die Vorbringen der betroffenen Person auch tatsächlich hört, prüft
und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus folgt die Verpflichtung der
Behörde, ihren Entscheid zu begründen (BGE 139 V 496 E. 5.1 S. 503). Dabei ist
es nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich
auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr
kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die
Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die
Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der
Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinn müssen wenigstens
kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten
lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 138 IV 81 E. 2.2 S. 84;
136 I 229 E. 5.2 S. 236 mit Hinweisen). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist
namentlich verletzt, wenn Parteivorbringen übersehen oder Anträge nicht
behandelt werden (BGE 127 III 576 E. 2e; 121 III 331 E. 3b S. 334; je mit
Hinweisen).

4.2. Der Beschwerdeführer hatte sowohl in der Beschwerdeschrift vom 18. Juni
2014 als auch in derjenigen vom 14. September 2014 den Antrag gestellt, es sei
das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen - mit Verfügungen vom 22. Mai
und August 2014 wurde dieses auf Fr. 35'100.- beziffert - dahingehend zu
korrigieren, dass auf die Berechnungsgrundlagen der Verfügung vom 12. November
2007 (befristete Rentenzusprechung) abzustellen sei. Mit Letzterer Verfügung
(wobei das Berechnungsblatt nicht aktenkundig ist) hatte die Verwaltung das
massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen auf Fr. 54'366.- festgesetzt. Den
Erwägungen im angefochtenen Entscheid ist zu diesem Antrag nichts zu entnehmen.
Das Verwaltungsgericht hat darüber nicht entschieden und auch mit keinem Wort
dargelegt, weshalb dieser - für den Entscheid wesentliche - Antrag nicht
behandelt wurde. Mithin hat das kantonale Gericht den Anspruch des
Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt. Aus Rechtsschutzgründen (kein
Verlust der ersten und einzigen Instanz mit freier Beweiswürdigung) ist die
Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, welche hierüber zu befinden hat. In
diesem Sinne ist die Beschwerde gutzuheissen.

5. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend - die Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz zu neuem Entscheid mit noch offenem Ausgang gilt hinsichtlich der
Kosten- und Entschädigungsfolgen als Obsiegen - werden die Gerichtskosten der
Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Der teilweise
obsiegende Beschwerdeführer ist nicht anwaltlich vertreten, weshalb ihm keine
(reduzierte) Parteientschädigung zuzusprechen ist (Art. 68 Abs. 2 BGG; BGE 133
III 439 E. 4 S. 446).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 23. Oktober 2014 wird aufgehoben.
Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der
Erwägungen über die Beschwerden gegen die Verfügungen vom 22. Mai und 22.
August 2014 neu entscheide. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, dem
Bundesamt für Sozialversicherungen und der Spida AHV Ausgleichskasse
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 2. September 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Furrer

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