Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 873/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
9C_873/2014        
{T 0/2}

Urteil vom 25. Februar 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Manfred Lehmann,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 27. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (geb. 1969), vom 14. Januar 1991 bis 31. Januar 2005 als
Anlageführer bei der B.________ AG angestellt und von Januar 1998 bis Oktober
2005 in einem Pensum von 3,5 Stunden als Reiniger für die C.________ AG tätig,
war auf Anmeldung vom 18. März 2005 hin in den Genuss einer Dreiviertelsrente
ab 1. November 2004 und einer ganzen Invalidenrente ab 1. Februar 2005 gelangt
(mit Einspracheentscheid vom 27. September 2006 bestätigte Verfügungen vom 24.
Mai 2006). Eine Rentenrevision im Juli 2007 änderte am Rentenanspruch nichts
(Mitteilung vom 30. August 2007).
Als Ergebnis eines am 20. Januar 2010 eingeleiteten Rentenrevisionsverfahrens,
nach Beizug eines interdisziplinären Gutachtens der Rehaklinik D.________ vom
1. Februar 2011, zog die IV-Stelle des Kantons Zürich die rentenzusprechenden
Verwaltungsakte in Wiedererwägung und hob die bisher ausgerichtete
Invalidenrente auf (Verfügung vom 6. Januar 2012).

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 15. November 2013 ab. Die dagegen eingereichte
Beschwerde des A.________ hiess das Bundesgericht teilweise gut, indem es den
Entscheid vom 15. November 2013 aufhob und die Sache an die Vorinstanz
zurückwies, damit diese, nach Prüfung der Revisionsvoraussetzungen über die
Beschwerde gegen die Aufhebungsverfügung vom 6. Januar 2012 neu entscheide
(Urteil vom 8. Mai 2014). Das Sozialversicherungsgericht nahm das Verfahren
wieder auf, gewährte den Parteien das rechtliche Gehör und kam zum Schluss,
dass sich der Gesundheitszustand seit der Rentenzusprechung im Jahre 2006
verbessert habe und dem Versicherten eine leidensangepasste, körperlich leichte
bis mittelschwere Tätigkeit wieder zu 100 % zumutbar sei, so dass nur noch ein
rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 38 % resultiere, weshalb es die
Beschwerde erneut abwies (Entscheid vom 27. Oktober 2014).

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, es seien ihm die gesetzlichen
Leistungen auszurichten, eventualiter eine Teilrente; subeventualiter sei die
Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz oder an die IV-Stelle
zurückzuweisen. Auf die einzelnen Vorbringen in der Beschwerde wird, soweit
erforderlich, in den Erwägungen eingegangen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, haben das
kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) von einer
Vernehmlassung abgesehen.

Erwägungen:

1. 
Streitig und zu prüfen ist im Anschluss an das bundesgerichtliche Urteil vom 8.
Mai 2014 einzig, ob Tatsachenänderungen in Gestalt einer Verbesserung des
gesundheitlichen Leistungsvermögens eingetreten sind, welche eine Revision der
ganzen Invalidenrente nach Art. 17 Abs. 1 ATSG rechtfertigen. Massgeblich in
zeitlicher Hinsicht bleibt hiefür nach wie vor der Zeitraum vom 24. Mai bzw.
27. September 2006 bis zur Rentenaufhebungsverfügung vom 6. Januar 2012. Wie
die Vorinstanz zu Recht erkannt hat, kann daher der Bericht der Klinik
E.________ vom 24. Juni 2014 nicht in diesem Verfahren berücksichtigt werden.
In materiell-rechtlicher Hinsicht hat die Vorinstanz die revisionsrechtlichen
Grundsätze zutreffend dargelegt, insbesondere die Regel, dass eine bloss
abweichende (medizinische) Beurteilung eines im wesentlichen gleich gebliebenen
Sachverhaltes keine revisionsrechtlich relevante Tatsachenänderung im Sinne von
Art. 17 Abs. 1 ATSG darstellt.

2. 

2.1. Das kantonale Gericht hat zunächst den Versicherungsverlauf anhand der im
Rentenzusprechungs- und in den Rentenrevisionsverfahren beigezogenen Arzt- und
Spitalberichte korrekt dargestellt, was auch seitens des Beschwerdeführers
nicht bestritten wird. Was die Frage nach eingetretenen Tatsachenänderungen
anbelangt, hat die Vorinstanz eingeräumt, dass sich die in den Berichten der
Jahre 2006 und 2011 genannten Diagnosen insbesondere in Bezug auf die
Rückenbeschwerden nur unwesentlich unterscheiden, was aber eine
revisionsrechtlich erhebliche Steigerung des tatsächlichen Leistungsvermögens
(Arbeitsfähigkeit) grundsätzlich nicht ausschliesse. Auch dies ist richtig. Im
Gegensatz zu den Ärzten der Klinik E.________ (Berichte aus den Jahren 2005 und
2006) hätten, so die Vorinstanz weiter, die Gutachter der Rehaklinik D.________
zudem die vom Beschwerdeführer geklagten Einschränkungen aufgrund der aktuell
erhobenen, objektiven Befunde nicht nachvollziehen können; die Ärzte hätten
zwar ein gewisses Mass an positions- und belastungsabhängigen Schmerzen
anerkannt, jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich das Ausmass der
geklagten Beschwerden und Einschränkungen aufgrund der klinischen Befunde sowie
der objektivierbaren strukturellen Läsionen nicht erklären lasse, welche
Beurteilung sich insbesondere auf Beobachtungen während der Untersuchungen
stütze. Sowohl die Wirbelsäulenbeweglichkeit als auch die Mobilität und das
Verbleiben in unveränderten Positionen sei in unbeobachtet geglaubten Momenten
wesentlich besser und umfangreicher gelungen. ''Entscheidend'' sei jedoch,
''dass die Ärzte der Rehaklinik D.________ in ihrer interdisziplinären
Zusammenfassung auf eine entsprechende Zusatzfrage hin ausführten'', es sei
''ganz offensichtlich davon auszugehen (...), dass sich der Gesundheitszustand
(...) in den letzten Jahren verbessert habe''; ''offensichtlich'' sei der
Beschwerdeführer ''zum Zeitpunkt der Begutachtung im Universitätsspital Zürich
insgesamt in einer schlechteren körperlichen Verfassung gewesen''. Diese
Verbesserung des Gesundheitszustandes komme sodann auch in der "Beurteilung der
Arbeitsfähigkeit" (recte: Schätzung der Arbeitsfähigkeit) zum Ausdruck, wonach
der Beschwerdeführer ''nunmehr leichte bis mittelschwere körperliche
Tätigkeiten vollschichtig ausüben könne''. Das kantonale Gericht schloss auf
eine Verbesserung des Gesundheitszustandes seit der Rentenzusprechung im Jahre
2006 in der Weise, dass dem Beschwerdeführer eine leidensangepasste, körperlich
leichte bis mittelschwere Tätigkeit wieder zu 100 % zumutbar sei, was der
Bericht des Dr. med. F.________ über eine Konsultation vom 29. März 2010, da
auf subjektiven Angaben basierend, nicht in Zweifel ziehe.

2.2. Die in der Beschwerde erhobene Rüge, das kantonale Gericht habe mit seinem
Urteil den Untersuchungsgrundsatz und die Beweiswürdigungsregeln (Art. 61 lit.
c ATSG) nicht genügend befolgt, ist offensichtlich unbegründet. Fragen kann man
sich einzig, ob der Schluss auf eine  wieder die vollzeitige Ausübung einer
angepassten leichten bis mittelschweren Tätigkeit erlaubenden  Verbesserung des
Leistungsvermögens offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2
BGG), mithin willkürlich (Art. 9 BV), ist. Diesbezüglich wirft die Beschwerde
der Vorinstanz vor, übersehen zu haben, dass die Ärzte der Rehaklinik
D.________ die Arbeitsfähigkeit (leichte bis mittelschwere angepasste
Tätigkeiten zumutbar) bereits einige Monate nach dem operativen Eingriff (vom
9. Mai 2005) ''in dieser Zumutbarkeitsgrenze als gegeben'' betrachtet hätten.
Aus dem Gutachten der Rehaklinik D.________ selber ergebe sich somit, dass ab
etwa Herbst/Spätjahr 2005 ''die gleiche Arbeitsfähigkeit mit dem gleichen
Leistungsprofil vorliegt, wie diejenige zum Zeitpunkt der Begutachtung in der
Rehaklinik D.________ im Jahr 2011''. Dieses im Zeitpunkt der Rentenzusprechung
2006 und der bestätigenden Revision (2007) zugrunde liegende Leistungsbild habe
sich somit spätestens seit Ende 2005 nicht mehr verändert, weshalb von einer
Verbesserung nicht die Rede sein könne.

2.3. Diese Rüge ist begründet. Willkür liegt insbesondere dann vor, wenn der
angefochtene Entscheid an einem inneren Widerspruch leidet (Urteil 1P.45/2000
vom 10. Februar 2000 E. 3c mit Hinweisen auf die publizierte Rechtsprechung).
Das gilt sinngemäss - zumindest soweit ergebnisrelevant - für ein
Sachverständigengutachten, auf welches das Gericht sein Urteil stützt. Die
Rehaklinik D.________ schreibt in ihrem Gutachten vom 1. Februar 2011
einerseits, das vorgängig detailliert beschriebene Anforderungsprofil für dem
Versicherten zumutbare Arbeiten sei anzunehmen ''einige Monate nach dem in Rede
stehenden operativen Eingriff'' (S. 6 oben), d.h. der ''Diskushernienoperation
L3/4 im Mai 2005'' (S. 2 oben), andererseits, dass sich der Gesundheitszustand
im Vergleich zum Zeitpunkt der Begutachtung im Universitätsspital Zürich (17.
April 2007) ''offensichtlich (...) verbessert'' habe (S. 7 unten). Diese
Angaben sind widersprüchlich, weshalb es Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
BGG), wenn das kantonale Gericht auf eine medizinische Expertise abstellt, die
eine leistungsrelevante gesundheitliche Verbesserung  und gleichzeitig ein
unverändertes Anforderungsprofil attestiert, das einen Rentenanspruch
ausschliesst. Dieses war sodann schon  vor Erlass der rentenzusprechenden
Verfügungen vom 24. Mai 2006 bzw.  vor dem diese bestätigenden
Einspracheentscheid vom 27. September 2006 gegeben - und somit nicht erst im
massgeblichen Vergleichszeitraum (oben E. 1) -, weshalb es nicht als
Revisionsgrund in Betracht fällt.

3. 
Die weiteren erwähnten von der Vorinstanz hilfsweise herbeigezogenen Indizien
stellen ebenfalls keine revisionsrechtlich erhebliche Tatsachenänderungen dar.
Damit ist ein Revisionsgrund nicht ausgewiesen, weshalb der Beschwerdeführer
weiterhin Anspruch auf die bisherige ganze Invalidenrente hat.

4. 
Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu
übernehmen (Art. 66 BGG). Ferner hat sie dem Beschwerdeführer eine
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 27. Oktober 2014 und die Verfügung der
Beschwerdegegnerin vom 6. Januar 2012 werden aufgehoben.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2'800.- zu bezahlen.

4. 
Die Akten werden dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zugestellt,
damit es die Kosten- und Entschädigungsfolgen entsprechend dem Ausgang des
bundesgerichtlichen Prozesses neu verlege.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 25. Februar 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Widmer

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