Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 866/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_866/2014

Urteil vom 31. März 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterin Pfiffner, Bundesrichter Parrino,
Gerichtsschreiber Furrer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Breidenstein,
Beschwerdeführerin,

gegen

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Lagerhausstrasse 19, 8400
Winterthur,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung (vorinstanzliches Verfahren; unentgeltliche
Rechtspflege),

Beschwerde gegen die Verfügung des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 24. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 29. April 2014 verneinte die IV-Stelle des Kantons Zürich den
Anspruch der 1960 geborenen A.________ auf eine Rente der
Invalidenversicherung. Zudem wies sie mit Verfügung vom 28. Mai 2014 das Gesuch
der A.________ um unentgeltliche Verbeiständung ab.

B. 
Gegen diese Verfügungen erhob A.________ beim Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich Beschwerde und beantragte, unter Aufhebung der angefochtenen
Verfügungen sei ihr eine Invalidenrente zuzusprechen und es sei ihr für das
Einwandverfahren vor der IV-Stelle die unentgeltliche Verbeiständung zu
bewilligen. Ferner stellte sie ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege im
Sinne der unentgeltlichen Verbeiständung und (sinngemäss) der Kostenbefreiung
für das kantonale Verfahren.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies mit Verfügung vom 24.
Oktober 2014 das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das kantonale
Verfahren mangels Bedürftigkeit ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, in Aufhebung der angefochtenen Verfügung sei ihr für das Verfahren vor
dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die unentgeltliche
Prozessführung und Verbeiständung zu bewilligen. Für das Verfahren vor
Bundesgericht ersucht sie ebenfalls um unentgeltliche Rechtspflege.
Mit Eingabe vom 19. Dezember 2014 lässt sich die Beschwerdeführerin erneut
vernehmen und reicht weitere Unterlagen ein.

Erwägungen:

1.

1.1. Die angefochtenen Verfügung, welche die unentgeltliche Rechtspflege für
das beim kantonalen Sozialversicherungsgericht hängige Verfahren betreffend den
Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente der Invalidenversicherung
verweigert, stellt praxisgemäss einen Zwischenentscheid einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) dar, welcher geeignet ist, einen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu
verursachen (Urteil 9C_432/2010 vom 8. Juli 2010 E. 1, in: SVR 2011 IV Nr. 22
S. 61). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

1.2. Die Beschwerdeführerin ersucht - nach fristgerechter (am letzten Tag der
Beschwerdefrist) Einreichung der Beschwerde - um Gewährung einer "einmaligen
Frist von 30 Tagen zur Verbesserung und Begründung" der Beschwerde. Die
Ergänzung der Beschwerde nach Ablauf der gesetzlichen Beschwerdefrist (Art. 100
Abs. 1 und Art. 117 BGG) ist jedoch nicht zulässig, weil eine zusätzliche Frist
zur Ergänzung der Beschwerdebegründung gemäss Art. 43 BGG einzig auf dem Gebiet
der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen in Betracht fällt (vgl.
Aemisegger/Forster, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011,
N. 2 zu Art. 43 BGG). Eine Beschwerdeergänzung im anbegehrten Sinne lässt sich
im Übrigen auch nicht auf die Regelung des Art. 42 Abs. 6 BGG, nach welcher
eine Rechtsschrift unter bestimmten Umständen zur Verbesserung zurückgewiesen
werden kann, stützen (vgl. Laurent Merz, in: Basler Kommentar, N. 39 f. und N.
94 zu Art. 42 BGG). Folglich hat die erst nach Ablauf der Beschwerdefrist
eingereichte und damit verspätete Eingabe der Beschwerdeführerin vom 19.
Dezember 2014 (samt Beilagen) unbeachtlich zu bleiben.

2. 
In der angefochtenen Verfügung werden die allgemeinen Voraussetzungen des
Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege sowie deren Konkretisierung in Bezug
auf das vorliegend einzig umstrittene Erfordernis der Bedürftigkeit zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Die Vorinstanz wies das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mit der
Begründung ab, die Beschwerdeführerin verfüge zusammen mit ihrem Ehegatten über
ein monatliches Einkommen von total Fr. 6'768.- (Taggeld und Erwerbstätigkeit
der Ehegatten Fr. 6'108.-, Beitrag der im Haushalt lebenden erwachsenen Tochter
Fr. 700.-, abzüglich Bundessteuern Fr. 40.-). Ausgabenseitig veranschlagte das
kantonale Gericht einen Totalbetrag von Fr. 5'033.- (Grundbetrag für Ehepaare
Fr. 1'700.-, Miete Fr. 2'150.-, Heizung/Strom/TV/Telefon Fr. 210.-,
Krankenkassenprämien Fr. 625.-, Prämien für die Hausrat- und
Haftpflichtversicherung Fr. 48.- und Unterstützungsbeiträge für den in Kroatien
lebenden Schwiegervater Fr. 300.-). Auch nach Abzug des praxisgemäss
anerkannten Freibetrags von Fr. 500.- für Ehepaare resultiere ein monatlicher
Einnahmenüberschuss von Fr. 1'235.-. Mit diesem könnten eventuell zu tragende
Gerichts- und Anwaltskosten, allfällige Ratenzahlungen und nicht belegte
voraussichtliche Arztkosten beglichen werden, womit die finanzielle
Bedürftigkeit nicht ausgewiesen sei.

3.2. Die Beschwerdeführerin rügt, das kantonale Gericht habe einerseits die
Unterstützungsbeiträge für den Schwiegervater nicht vollumfänglich,
andererseits die ausgewiesenen Schulden bei der B.________ AG, die
Krankheitskosten, gewisse Nebenkosten (Strom, Wasser), Kosten für TV/
Telekommunikation sowie Zahnarztkosten überhaupt nicht berücksichtigt.

3.3. Die Höhe der vorinstanzlich anerkannten Unterstützungsbeiträge (Fr. 300.-
pro Monat) ist entgegen der Beschwerdeführerin nicht zu tief angesetzt, sind
zwischen Dezember 2013 und Ende September 2014 im Durchschnitt keine höheren -
sondern gar tiefere (Fr. 239.-) - Unterstützungsleistungen (inkl. Gebühren)
ausgewiesen. Ferner ist nicht zu beanstanden, dass das kantonale Gericht die
Stromkosten (monatlich Fr. 103.-) nicht zu den Nebenkosten zählte, sind diese
doch bereits im Grundbetrag inbegriffen (Ziff. III/1.1 des Kreisschreibens der
Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich an die
Bezirksgerichte und die Betreibungsämter, Richtlinien für die Berechnung des
betreibungsrechtlichen Existenzminimums vom 16. September 2009). Dasselbe gilt
für die TV-, Telefon- und Internetgebühren (monatlich Fr. 150.-; vgl. auch
Urteil 2C_1181/2012 vom 11. November 2013 E. 3.2 i.f.). Als Nebenkosten zu
berücksichtigen sind hingegen die Wasserzinsen von monatlich Fr. 38.- (Ziff.
III/1.1 des erwähnten Kreisschreibens). Was die Auslagen für die
Schuldentilgung an die B.________ AG (monatlich Fr. 200.-) betrifft, ist -
mangels Erläuterung zu den Schulden - von blossen Konsumkosten auszugehen, die
nicht in die Berechnung aufzunehmen sind (vgl. Verfügung 2C_420/2013 vom 26.
Juni 2013 E. 2.2; Stefan Meichssner, Aktuelle Praxis der unentgeltlichen
Rechtspflege, Jusletter vom 7. Dezember 2009, Rz. 22). Wie es sich mit den
übrigen Positionen verhält, die vom kantonalen Gericht als nicht ausgewiesen
erachtet wurden, wobei diese zum Teil unzureichend belegt bzw. nicht
hinreichend nachvollziehbar sind, kann letztlich offen blieben. Selbst wenn
diese Auslagen (selbst getragene Krankheitskosten Ehemann monatlich Fr. 250.-,
selbst getragene Krankheitskosten Beschwerdeführerin monatlich Fr. 300.-,
Zahnarztkosten monatlich Fr. 100.-) allesamt zu berücksichtigen wären, was
fraglich erscheint, resultierte nach dem hievor Dargelegten - und nach Abzug
des vorinstanzlich zuerkannten Freibetrags von Fr. 500.- - ein monatlicher
Einnahmenüberschuss von Fr. 547.-, welcher die Tragung von allfälligen Anwalts-
und Verfahrenskosten innert nützlicher Frist zuliesse.
Bei diesem Ergebnis braucht nicht geprüft zu werden, ob der von der
erwachsenen, im gleichen Haushalt lebenden Tochter geleistete
"Haushaltsbeitrag" von Fr. 700.- (bei einem Nettoeinkommen von monatlich Fr.
2'777.-) nicht zu tief angesetzt ist (vgl. Ziff. 3.3 erster Punkt des
Merkblatts des Bundesgerichts zum Erhebungsbogen für die unentgeltliche
Rechtspflege vom 23. November 2006, wonach in der Regel von einem Drittel des
Nettoeinkommens ausgegangen wird).

3.4. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz mit der Verneinung der Bedürftigkeit
kein Bundesrecht verletzt, weshalb es damit sein Bewenden hat.

4. 
Nach Art. 64 Abs. 1 BGG wird einer Partei die unentgeltliche Rechtspflege nur
gewährt, wenn sie bedürftig ist und ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos
erscheint. Prozessbegehren sind als aussichtslos anzusehen, wenn die
Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren, so dass
eine Partei, die über die nötigen finanziellen Mittel verfügt, bei vernünftiger
Überlegung von einem Prozess absehen würde (BGE 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135, 128
I 225 E. 2.5.3 S. 236 mit Hinweis). Vorliegend sind die Gewinnaussichten mit
Blick darauf, dass die Nichtberücksichtigung verschiedener praxisgemäss nicht
zum Abzug zugelassener Auslagen beanstandet wird und die Summe der übrigen
gerügten (teilweise unzureichend belegten bzw. begründeten) Positionen an einem
massgeblichen Einkommensüberschuss nichts zu ändern vermögen, beträchtlich
geringer als die Verlustgefahren anzusehen. Folglich ist das Gesuch um
unentgeltliche Verbeiständung im letztinstanzlichen Verfahren bereits infolge
Aussichtslosigkeit abzuweisen.
Auf die Erhebung von Gerichtskosten wird umständehalber verzichtet (Art. 66
Abs. 1 Satz 2 BGG). Damit ist das Gesuch um Befreiung von Gerichtskosten
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht
gegenstandslos geworden ist.

3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der IV-Stelle des Kantons Zürich und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 31. März 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Furrer

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