Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 858/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_858/2014

Urteil vom 3. September 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Parrino,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Roger Zenari,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
21. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ bezog vom 1. Juni bis 31. Oktober 1994 sowie ab 1. März 1997 eine
ganze Rente der Invalidenversicherung (Verfügungen der IV-Stelle des Kantons
Aargau vom 8. März 1999 und 4. Dezember 2000). Der Rentenanspruch wurde
mehrmals bestätigt (Mitteilungen vom 23. Januar 2001, 7. Juni 2005 und 18.
September 2009). Im Rahmen eines weiteren im September 2011 eingeleiteten
Revisionsverfahrens wurde A.________ internistisch sowie orthopädisch/
traumatologisch, dermatologisch und psychiatrisch abgeklärt (Gutachten des
Instituts B.________ vom 11. Februar 2013). Nach Stellungnahme des regionalen
ärztlichen Dienstes (RAD) zur Expertise teilte ihm die IV-Stelle mit Schreiben
vom 26. Februar 2013 mit, der Gesundheitszustand habe sich verbessert, was nach
einer von der Invalidenversicherung finanzierten Angewöhnungszeit
(Arbeitstraining) in eine der Behinderung angepasste Tätigkeit die Aufhebung
der Invalidenrente zur Folge habe. Dabei wies sie auf die Mitwirkungspflicht
der versicherten Personen bei der Eingliederung und die Säumnisfolgen hin.
Nachdem sich A.________ unter Vorlage eines ärztlichen Attests seines
behandelnden Psychiaters ausser Stande erklärt hatte, an beruflichen Massnahmen
mitzuwirken, stellte die IV-Stelle mit zwei Vorbescheiden vom 14. Mai 2013 die
Einstellung der Invalidenrente sowie die Abweisung des Anspruchs auf
Arbeitstraining in Aussicht. Dagegen erhob der Versicherte Einwand, mit welchem
er das privat eingeholte versicherungspsychiatrische Gutachten des Dr. med.
C.________ vom 9. Juli 2013 einreichte. Nachdem ihr Rechtsdienst zur Expertise
Stellung genommen hatte, verfügte die IV-Stelle am 9. September 2013 im Sinne
der Vorbescheide vom 14. Mai 2013.

B. 
Die Beschwerde vom A.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau
mit Entscheid vom 21. Oktober 2014 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
der Entscheid vom 21. Oktober 2014 und die Verfügung vom 9. September 2013
betreffend Einstellung der Invalidenrente seien aufzuheben; die IV-Stelle sei
zu verpflichten, ihm weiterhin über den 31. Oktober 2013 hinaus eine ganze
Invalidenrente auszurichten; eventualiter sei die Streitsache zu weiteren
medizinischen Abklärungen an die Vorinstanz, allenfalls an die IV-Stelle
zurückzuweisen; die IV-Stelle sei zu verpflichten, bei Gutheissung der
Beschwerde neben einer Parteientschädigung auch die Kosten für das
psychiatrische Gutachten vom 9. Juli 2013 im Umfang von Fr. 8'370.- zu
ersetzen.

Die IV-Stelle ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Streitgegenstand bildet die vorinstanzlich bestätigte revisionsweise Aufhebung
der mit Verfügungen vom 8. März 1999 und 4. Dezember 2000 zugesprochenen ganzen
Rente gestützt auf Art. 17 Abs. 1 ATSG auf Ende Oktober 2013.

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz auf Rüge hin oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs.
1 BGG).
Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig,
wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (Urteil 9C_311/
2013 vom 12. November 2013 E. 2.1). Eine Sachverhaltsfeststellung ist etwa dann
offensichtlich unrichtig, wenn das kantonale Gericht den Sinn und die Tragweite
eines Beweismittels offensichtlich falsch eingeschätzt, ohne sachlichen Grund
ein wichtiges und für den Ausgang des Verfahrens entscheidendes Beweismittel
nicht beachtet oder aus den abgenommenen Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen
hat (BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 4A_67/2014 vom 4. März 2015 E. 2.2). Nach
denselben Grundsätzen beurteilt sich, ob die konkrete Beweiswürdigung
rechtsfehlerhaft (unhaltbar, willkürlich; BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153) ist.
Inwiefern das kantonale Gericht den Sachverhalt offensichtlich unrichtig
festgestellt oder die Beweise willkürlich gewürdigt haben soll, ist in der
Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261;
Urteil 9C_619/2014 vom 31. März 2015 E. 2.2) Auf ungenügend begründete Rügen
oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246 mit
Hinweis; Urteil 9C_28/2015 vom 8. Juni 2015 E. 1.2).

2.2. Einem ärztlichen Bericht kommt Beweiswert zu, wenn er für die streitigen
Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die
geklagten Beschwerden berücksichtigt und in Kenntnis der Vorakten (Anamnese)
abgegeben worden ist, wenn die Beschreibung der medizinischen Situation und
Zusammenhänge einleuchtet und die Schlussfolgerungen des Arztes begründet sind
(BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Bei einander widersprechenden medizinischen
Berichten hat das kantonale Versicherungsgericht im Rahmen umfassender und
pflichtgemässer Beweiswürdigung die Gründe anzugeben, weshalb es auf den einen
und nicht auf den andern abstellt (Art. 61 lit. c ATSG; BGE 125 V 351 E. 3a S.
352). Ob einem Arztbericht Beweiswert zukommt, ist eine grundsätzlich frei
prüfbare Rechtsfrage (Urteil 8C_449/2014 vom 11. Dezember 2014 E. 3).

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches
Gehörs durch die Beschwerdegegnerin (Art. 42 ATSG und Art. 29 Abs. 2 BV). Er
habe im Vorbescheidverfahren ein privat eingeholtes psychiatrisches Gutachten
vom 9. Juli 2013 eingereicht, welches zu anderen Schlüssen hinsichtlich
Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit gekommen sei als der psychiatrische
Teil des Administrativgutachtens vom 11. Februar 2013 und das an dieser
Expertise Kritik geübt habe. Das Parteigutachten sei dem RAD, dessen ureigene
Aufgabe es sei, alle medizinischen Akten zu würdigen, nicht zur Stellungnahme
vorgelegt worden. Dieses Vorgehen stelle eine nicht korrekte Abnahme eines
(prozesskonform) angebotenen Beweismittels dar, was sein Recht auf Beweis
verletze. Eine Heilung sei ausgeschlossen, da sonst das Privatgutachten im
ganzen Verfahren in medizinischer Hinsicht ungewürdigt bleibe. "Das Gericht hat
ja schliesslich keinen medizinischen Dienst".
Die Vorinstanz hat eine Gehörsverletzung mit der Begründung verneint, die
Beschwerdegegnerin habe durch ihren Rechtsdienst das Parteigutachten vom 9.
Juli 2013 und auch den Bericht des behandelnden Psychiaters vom 16. März 2013
pflichtgemäss gewürdigt und sich damit rechtsgenüglich auseinandergesetzt. Die
betreffenden Überlegungen seien in der die ganze Rente aufhebenden
Revisionsverfügung dargelegt worden. Eine sachgerechte Anfechtung sei somit
möglich gewesen, weshalb in Anbetracht der uneingeschränkten
Überprüfungsbefugnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine allfällige
Gehörsverletzung ohnehin geheilt werden könnte. Im Übrigen seien IV-Stellen
gesetzlich nicht verpflichtet, sämtliche medizinische Akten dem RAD vorzulegen.

3.2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV räumt dem
Betroffenen das persönlichkeitsbezogene Mitwirkungsrecht ein, erhebliche
Beweise beizubringen, mit solchen Beweisanträgen gehört zu werden und an der
Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken. Dem Mitwirkungsrecht entspricht die
Pflicht der Behörden, die Argumente und Verfahrensanträge der Parteien
entgegenzunehmen und zu prüfen, sowie die ihr rechtzeitig und formrichtig
angebotenen Beweismittel abzunehmen (BGE 138 V 125 E. 2.1 S. 127 mit Hinweisen;
vgl. auch BGE 133 III 295 E. 7.1 S. 299 zu Art. 8 ZGB). Diese Grundsätze sind
insofern nicht verletzt, als unbestrittenermassen der Rechtsdienst der
Beschwerdegegnerin zum Parteigutachten vom 9. Juli 2013 Stellung nahm und
dessen Würdigung in die Begründung der angefochtenen Verfügung einfloss. Es
kann sich einzig fragen, ob die Expertise zwingend dem RAD hätte vorgelegt
werden müssen bzw. ob der Beschwerdeführer gestützt auf Art. 42 ATSG einen
solchen Anspruch hat.

3.3. Die regionalen ärztlichen Dienste stehen den IV-Stellen zur Beurteilung
der medizinischen Voraussetzungen des Leistungsanspruchs zur Verfügung. Sie
setzen die für die Invalidenversicherung nach Art. 6 ATSG massgebende
funktionelle Leistungsfähigkeit der Versicherten fest, eine zumutbare
Erwerbstätigkeit oder Tätigkeit im Aufgabenbereich auszuüben. Sie sind in ihrem
medizinischen Sachentscheid im Einzelfall unabhängig (Art. 59 Abs. 2bis IVG).
Die regionalen ärztlichen Dienste beurteilen die medizinischen Voraussetzungen
des Leistungsanspruchs. Sie können die geeigneten Prüfmethoden im Rahmen ihrer
medizinischen Fachkompetenz und der allgemeinen fachlichen Weisungen des
Bundesamtes frei wählen (Art. 49 Abs. 1 IVV i.V.m. Art. 64a Abs. 1 lit. c IVG).

3.3.1. aArt. 69 Abs. 4 IVV (in Kraft gestanden vom 1. Januar 2004 bis 31.
Dezember 2011; AS 2003 3859 und 2011 5679) sah vor, dass die IV-Stellen zur
Prüfung der medizinischen Anspruchsvoraussetzungen die notwendigen Akten dem
zuständigen regionalen ärztlichen Dienst unterbreiten (Satz 1). Nach Rz. 2038
und Anhang V des Kreisschreibens über das Verfahren in der
Invalidenversicherung (KSVI), in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung, war
namentlich im Revisionsverfahren nach Art. 17 Abs. 1 ATSG das (gesamte
medizinische) Dossier obligatorisch dem RAD vorzulegen. Anhang V wurde aufgrund
der praktischen Erfahrungen und im Hinblick auf eine möglichst effiziente
Nutzung der Ressourcen der RAD auf Ende Dezember 2007 aufgehoben. Seither liegt
es im Ermessen und in der Verantwortung der IV-Stellen, welche Dossiers sie zur
Prüfung der medizinischen Anspruchsvoraussetzungen dem RAD unterbreiten will.
Um diesbezügliche rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden, wurde auch aArt. 69
Abs. 4 IVV auf Ende 2011 aufgehoben (IV-Rundschreiben Nr. 296 vom 5. Januar
2011).

3.3.2. Sinn und Zweck der Regelung gemäss Art. 59 Abs. 2bis IVG und Art. 49
Abs. 1 IVV ist, dass die IV-Stellen zur Beurteilung der medizinischen
Anspruchsvoraussetzungen auf eigene Ärzte und Ärztinnen zurückgreifen können.
Diese sollen aufgrund ihrer speziellen versicherungsmedizinischen Kenntnisse
für die Bestimmung der für die Invalidenversicherung massgebenden funktionellen
Leistungsfähigkeit der Versicherten verantwortlich sein. Damit soll eine
konsequente Trennung der Zuständigkeiten zwischen behandelnden Ärzten
(Heilbehandlung) und Sozialversicherung (Bestimmung der Auswirkungen des
Gesundheitsschadens) geschaffen werden. Die regionalen ärztlichen Dienste (RAD)
bezeichnen die zumutbaren Tätigkeiten und die unzumutbaren Funktionen unter
Angabe einer allfälligen medizinisch begründeten zeitlichen Schonung. Damit
soll im Hinblick auf eine erfolgreiche Eingliederung eine objektivere
Festlegung der massgebenden funktionellen Leistungsfähigkeit der Versicherten
ermöglicht werden. Gestützt auf die Angaben des RAD hat die IV-Stelle zu
beurteilen, was einer versicherten Person aus objektiver Sicht noch zumutbar
ist und was nicht (Urteile 9C_904/2009 vom 7. Juni 2010 E. 2.2, in: SVR 2011 IV
Nr. 2 S. 7, und 9C_323/2009 vom 14. Juli 2009 E. 4.2, in: SVR 2009 IV Nr. 56 S.
174, mit Hinweis auf die Materialien).

3.3.3. Den regionalen ärztlichen Diensten kommt unstrittig grosse Bedeutung zu
für die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen aus medizinischer Sicht. Der
abschliessende Entscheid darüber liegt indessen bei der IV-Stelle, wie sich
bereits aus Satz 1 von Art. 59 Abs. 2bis IVG ergibt. Danach  stehen die
regionalen ärztlichen Dienste den IV-Stellen zur Beurteilung der medizinischen
Voraussetzungen des Leistungsanspruchs  zur Verfügung (missverständlich Rz.
1057 des Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der
Invalidenversicherung [KSIH], welche den RAD für die Beurteilung der
Anspruchsvoraussetzungen aus medizinischer Sicht für zuständig erklärt). Dessen
Berichte und Stellungnahmen sind denn auch Teil der medizinischen
Sachverhaltsabklärung und müssen von der IV-Stelle und im Streitfalle vom
kantonalen Versicherungsgericht und allenfalls vom Bundesgericht gewürdigt
werden. Zu den Aufgaben der RAD gehört insbesondere, aus medizinischer Sicht -
gewissermassen als Hilfestellung für die medizinischen Laien in der Verwaltung
und auch an den Gerichten, die im Streitfall über den Leistungsanspruch zu
entscheiden haben - den medizinischen Sachverhalt zusammenzufassen und zu
würdigen sowie sich zur Notwendigkeit zusätzlicher Abklärungen zu äussern
(Urteil I 143/07 vom 14. September 2007 E. 3.3). Was den damit angesprochenen
medizinischen Sachverstand (etwa für die Beurteilung von Gesundheitszustand und
Arbeitsfähigkeit im Rahmen der Invaliditätsbemessung [Art. 16 ATSG und Art. 28
ff. IVG]) angeht, kann sich indessen die IV-Stelle auch auf die Berichte der
behandelnden Ärztinnen und Ärzte (Art. 28 Abs. 3 ATSG) oder auf Gutachten
Sachverständiger stützen (Art. 59 Abs. 3 IVG; BGE 136 V 376 E. 4.1.1 S. 377).
Das wird sie auch tun, etwa bei ausgeprägt interdisziplinärem Charakter der
Fragestellung oder wenn zwischen der Beurteilung des RAD und dem allgemeinen
Tenor im medizinischen Dossier eine Differenz besteht, die nicht offensichtlich
auf unterschiedlichen versicherungsmedizinischen Prämissen beruht (BGE 137 V
210 E. 1.2.1 S. 219).
Nach dem Gesagten mag es zwar wünschenswert erscheinen, dass fachärztliche
Berichte, deren Relevanz nicht von vornherein verneint werden kann, was
vorliegend auf das versicherungspsychiatrische Parteigutachten vom 9. Juli 2013
zutrifft, dem RAD zur Stellungnahme vorgelegt werden; ein unbedingter
gesetzlicher Anspruch darauf besteht indessen nicht. Die Rüge der Verletzung
des rechtlichen Gehörs ist somit unbegründet.

4.

4.1. Die Vorinstanz hat festgestellt, aufgrund der Aktenlage bestünden keine
Hinweise für eine neurologische oder neuropsychologische Beeinträchtigung der
Gesundheit mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit. Die klinische Prüfung des
Nervensystems im Rahmen der Begutachtung des Instituts B.________ sei ohne
Befund geblieben. Ebenfalls habe die klinische Untersuchung durch den
psychiatrischen Facharzt der Abklärungsstelle weder im Bereich Aufmerksamkeit
und Konzentration noch hinsichtlich des Denkens, der Wahrnehmung und der
Gedächtnisleistung eine Auffälligkeit gezeigt. Der Verzicht auf eine
spezialärztliche Begutachtung in den Disziplinen Neurologie und
Neuropsychologie sei daher nicht zu beanstanden. Weiter hätten die eigenen
Untersuchungen und das vorhandene Bildmaterial ausgereicht, um zu den
massgeblichen medizinischen Fragen betreffend die geltend gemachten
Kniebeschwerden beidseits und die Rückenbeschwerden verlässlich Stellung zu
nehmen. Insbesondere bestünden keine begründeten Zweifel an der Einschätzung
der Gutachter des Instituts B.________ hinsichtlich der Meniskusläsion an
beiden Knien, welche auch in das Belastungsprofil einbezogen worden sei.
Gleiches gelte in Bezug auf die Beurteilung, dass dem Beschwerdeführer aus
dermatologischer Sicht Arbeiten in sauberen und trockenen "Milieus" ohne
Kontakt zu potenziell reizenden Stoffen vollzeitlich zumutbar seien.
Schliesslich vermöge das Parteigutachten vom 9. Juli 2013 keine Zweifel an der
vollen Beweiskraft des Administrativgutachtens vom 11. Februar 2013 samt
psychiatrischem Teilgutachten vom 21. Dezember 2012 zu wecken. Daraus ergebe
sich eine im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG erhebliche Verbesserung des
psychischen Gesundheitszustandes spätestens seit Dezember 2012. Mit Bezug auf
die Arbeitsfähigkeit sei insbesondere zu bestätigen, dass in Anwendung der
einschlägigen Kriterien nicht von einer ausnahmsweisen Unüberwindbarkeit der
Schmerzen ausgegangen werden könne. In einer angepassten Tätigkeit bestehe eine
Arbeitsfähigkeit von 80 %. Gestützt auf seine Tatsachenfeststellungen hat das
kantonale Versicherungsgericht durch Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG i.V.m.
Art. 28a Abs. 1 IVG) einen Invaliditätsgrad von 37 % ermittelt, was für den
Anspruch auf eine Rente nicht ausreicht (Art. 28 Abs. 2 IVG).

4.2. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass sich sein psychischer
Gesundheitszustand in revisionsrechtlich relevanter Weise verbessert haben
soll. Nach wie vor sei von einer Arbeitsunfähigkeit von 80 % auszugehen. Wie
schon im vorinstanzlichen Verfahren übt er Kritik am Gutachten des Instituts
B.________ vom 11. Februar 2013. Die Expertise sei laut dem von ihm
veranlassten versicherungspsychiatrischen Privatgutachten vom 9. Juli 2013
nicht beweistauglich. Insbesondere entspreche das Vorgehen bezüglich der
Depressionsdiagnose nicht den Anforderungen gemäss den Qualitätsrichtlinien für
psychiatrische Gutachten der Invalidenversicherung, indem nur ein Teil der
relevanten Symptome erfragt worden sei und eine Begründung anhand der
relevanten ICD-Kriterien fehle. Die Diagnose betreffend Angstsymptomatik sei
verpasst worden. Die Schmerzdiagnose sei falsch, da sowohl die Komorbidität der
chronischen Depression, als auch die Kriterien chronische körperliche
Begleiterkrankungen und unbefriedigende Behandlungsergebnisse trotz konsequent
durchgeführter ambulanter Behandlungsbemühungen zu bejahen seien. Eine
Arbeitsfähigkeit von 80 % sei nicht nachvollziehbar. Der Vorinstanz wirft er
vor, sie habe sich mit seinen Rügen nicht adäquat auseinandergesetzt, teils
willkürliche Sachverhaltsfeststellungen getroffen und daraus
bundesrechtsverletzende Schlüsse gezogen. Schliesslich sei auch die
Invaliditätsbemessung des kantonalen Versicherungsgerichts qualifiziert
rechtsfehlerhaft.

5.

5.1.

5.1.1. Das Vorbringen, dass zwingend eine neurologische Teilbegutachtung hätte
stattfinden müssen, ist, soweit damit nicht appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid geübt wird, nicht stichhaltig. Weder der Entscheid
derselben Vorinstanz vom 8. September 1999 betreffend Leistungen der
obligatorischen Unfallversicherung noch der Befund des MRI vom 17. Mai 2006
lassen den Verzicht auf diese Abklärung als bundesrechtswidrig erscheinen.
Insbesondere zog der Orthopäde des Instituts B.________ auch diese Aufnahmen in
die Beurteilung mit ein. Die Verhältnisse (im Wesentlichen degenerative
Veränderungen) im Bereich der Lendenwirbelsäule fanden Eingang in die Diagnose
(mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit) und wurden bei der Umschreibung des
Belastungsprofils berücksichtigt. Im Übrigen bestehen keine Hinweise und es
wird auch nicht geltend gemacht, dass die klinische Untersuchung, die u.a. eine
gute Beweglichkeit der Wirbelsäule zeigte, nicht lege artis durchgeführt worden
wäre (vgl. orthopädisches Teilgutachten vom 3. Januar 2013 S. 31 ff.).

5.1.2. Sodann zeigte eine neuropsychologische Abklärung Ende 1996 u.a.
gravierende Beeinträchtigungen im Bereich Aufmerksamkeit und Konzentration
mehrheitlich mittelschwerer Intensität. Ebenfalls zeigten die (verbal- und
visuell-) mnestischen Funktionen im Bereich der Lernfähigkeit leichte bis
mittelschwere, im Bereich der Gedächtnisfunktionen im engeren Sinne
mittelschwere bis schwere Defizite (Neuropsychologischer Bericht vom 5. Februar
1997). Wie die Vorinstanz indessen unwidersprochen festgestellt hat, war dieser
Bericht den Gutachtern des Instituts B.________ bekannt. Der psychiatrische
Experte der Abklärungsstelle erwähnte ausdrücklich, dass demgemäss
mittelschwere neurokognitive Störungen bestünden; die klinische Untersuchung
zeigte indessen weder im Bereich Aufmerksamkeit und Konzentration noch
hinsichtlich des Denkens, der Wahrnehmung und der Gedächtnisleistung eine
Auffälligkeit. Unter diesen Umständen verletzt es kein Bundesrecht, dass die
Vorinstanz eine neuropsychologische Teilbegutachtung nicht als erforderlich und
den rechtserheblichen Sachverhalt insofern als genügend abgeklärt erachtet hat.
Die Tatsache, dass der Parteigutachter im Unterschied zum psychiatrischen
Gutachter des Instituts B.________ kognitive Limitationen zu objektivieren
vermochte, wie in der Beschwerde vorgebracht wird, vermag daran nichts zu
ändern.

5.1.3. Schliesslich bestreitet der Beschwerdeführer nicht, dass die
dermatologische Untersuchung im Rahmen der Begutachtung des Instituts
B.________ kaum Hautveränderungen an den Händen zeigte. Ob dieser Zustand
"gerade" dem Umstand geschuldet ist, dass er nicht arbeite, wie er vorbringt,
ist fraglich. Jedenfalls kann aus Ekzemfreiheit bei Arbeitsabstinenz nicht
gefolgert werden, bei Ausübung einer erwerblichen Tätigkeit entsprechend dem
Anforderungsprofil (saubere und trockene Umgebung ohne Kontakt zu potenziell
reizenden Stoffen; vorne E. 3.1) würden überwiegend wahrscheinlich die
Hautprobleme wieder auftreten  und die Arbeit erheblich beeinträchtigen.
Aufgrund der Akten lässt sich ein solcher Schluss nicht ziehen. Namentlich kann
nicht gesagt werden, bei den VEBO-Einsätzen im geschützten Rahmen seien die
Ekzeme sogleich exazerbiert. Gemäss dem Bericht der Eingliederungsstätte vom
30. Oktober 1997 hatte der Beschwerdeführer die Mitte Monat begonnene
berufliche Massnahme aus gesundheitlichen Gründen nach fünf Tagen abgebrochen.
Bereits am zweiten Tag habe er u.a. über Hautausschläge geklagt, welche jedoch
für die Eingliederungsfachleute kaum erkennbar waren. Nicht von Bedeutung ist,
dass der orthopädische Gutachter ekzematöse Veränderungen an beiden Händen
erwähnte. Der psychiatrische Experte machte diesbezüglich keine Angaben,
während der Internist der Abklärungsstelle wenige ekzematische Befunde im
Bereich der Hände festhielt.

5.2.

5.2.1. Der Psychiater der Abklärungsstelle diagnostizierte neben einer
chronischen Schmerzsymptomatik im Sinne einer anhaltenden somatoformen
Schmerzstörung (ICD-10 F45.4 bzw. F45.41) ohne Relevanz für die
Arbeitsfähigkeit eine rezidivierende depressive Störung, angstgetönte leichte
depressive Episode (ICD-10 F33.0. Weiter hielt er fest, die Befunde hätten sich
deutlich gebessert. Die in der Vergangenheit beschriebene schwere Depression
mit psychotischen Symptomen sei einer mittlerweile nur noch leicht ausgeprägten
depressiven Episode gewichen. Frühere deutliche Angstsymptome seien ebenfalls
weitgehend remittiert. Aus rein psychiatrischer Sicht bestehe eine
Arbeitsfähigkeit in der Grössenordnung von 80 % in dem körperlichen
Belastungsprofil angepassten Tätigkeiten. Demgegenüber stellte der
psychiatrische Privatgutachter folgende Diagnosen: Agoraphobie mit Panikstörung
(ICD-10 F40.00), Beginn ca. 1983, sichere Panikattacken ab 1995; rezidivierende
depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig (ICD-10 F33.1), Beginn ab 1993,
schwankende Schweregrade im Verlauf; chronische Schmerzstörung mit somatischen
und psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41), Beginn 1993 (HWS-Distorsionstrauma).
Der Gesundheitszustand sei über die Jahre hinweg weitgehend stationär, mit
Verschlechterung ab ca. 2010. Es bestehe eine Restarbeitsfähigkeit von 20 % in
leidensadaptierten Tätigkeiten.

5.2.2. Die beiden Gutachten weichen somit nicht nur in Bezug auf Befund,
Diagnose und Arbeitsfähigkeit, bei deren Einschätzung sie sich an der
Rechtsprechung zum invalidisierenden Charakter von pathogenetisch-ätiologisch
unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne organisch nachweisbare Grundlage
gemäss BGE 130 V 352 und seitherige Urteile orientierten, diametral voneinander
ab, sondern auch hinsichtlich der Frage nach einer im Sinne von Art. 17 Abs. 1
ATSG relevanten Verbesserung des psychischen Gesundheitszustandes. Dabei ist
auch das auf Grund einer persönlichen Untersuchung des Versicherten und in
Kenntnis sämtlicher Vorakten erstellte Privatgutachten umfassend,
nachvollziehbar und in seinen Schlussfolgerungen einleuchtend (vgl. zum
Beweiswert ärztlicher Berichte BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Es ist
beweismässig in dem Sinne von zwei gleichwertigen Expertisen auszugehen, dass
nicht willkürfrei und ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 43
Abs. 1 und Art. 61 lit. c ATSG) auf die bzw. nur eine davon abgestellt werden
kann.

5.2.3. Bei dieser Aktenlage ist die Einholung eines Gerichtsgutachtens
angezeigt, das sich vorab zur Frage zu äussern hat, ob sich der psychische
Gesundheitszustand seit der Verfügung vom 8. März 1999 bzw. 4. Dezember 2000
(E. 1 vorne) wesentlich geändert hat. Je nachdem wird im Lichte des Urteils
9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 (Änderung und Präzisierung der Rechtsprechung
gemäss BGE 130 V 352 und seitherige Urteile) zu prüfen sein, ob ein
invalidisierender Gesundheitsschaden im Rechtssinne gegeben ist. Bei diesem
Ergebnis braucht auf die Rügen betreffend den Einkommensvergleich, insbesondere
die bestrittene erwerbliche Verwertbarkeit der verbliebenen Arbeitsfähigkeit
nicht eingegangen zu werden.

6. 
Der Beschwerdeführer beantragt wie schon im vorangegangenen Verfahren den
Ersatz der Kosten des im Rahmen des Vorbescheidverfahrens eingereichten
Privatgutachtens vom 9. Juli 2013 von Fr. 8'370.-. Zur Begründung bringt er
vor, die Expertise sei schlüssig; eine Gutheissung der Beschwerde werde sich
mutmasslicherweise auch darauf stützen.
Nach Art. 78 Abs. 3 IVV werden die Kosten von Abklärungsmassnahmen von der
Versicherung getragen, wenn die Massnahmen durch die IV-Stelle angeordnet
wurden oder, falls es an einer solchen Anordnung fehlt, soweit sie für die
Zusprechung von Leistungen unerlässlich waren oder Bestandteil nachträglich
zugesprochener Eingliederungsmassnahmen bilden. Im Wesentlich gleich lautet
Art. 45 Abs. 1 ATSG. Unerlässlich sind Abklärungen, wenn die entsprechende
Massnahme im Rahmen der Untersuchungspflicht ebenfalls anzuordnen gewesen wäre,
was jedoch nicht erfolgt ist (Urteil 9C_921/2013 vom 24. Februar 2014 E. 5.1,
in: SVR 2014 IV Nr. 11 S. 44). Aufgrund des Verfahrensausgangs ist der Anspruch
auf Ersatz der Kosten des Privatgutachtens vom 9. Juli 2013 im Grundsatz zu
bejahen. Die Beschwerdegegnerin wird die Höhe der Entschädigung nach Massgabe
der Rechtsprechung (vgl. Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 85/04 vom 14.
März 2005 E. 4.1, in: RKUV 2005 Nr. U 547 S. 221) festzusetzen haben.

7. 
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG) und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art.
68 Abs. 2 BGG; BGE 137 V 210 E. 7.1 S. 271).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 21. Oktober 2014 wird aufgehoben
und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an dieses
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Beschwerdegegnerin hat die Höhe der zu ersetzenden Kosten des
Privatgutachtens vom 9. Juli 2013 festzusetzen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

4. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 3. September 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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