Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 825/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_825/2014

Urteil vom 23. Juni 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichterinnen Pfiffner, Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________, handelnd durch B._______,
und diese vertreten durch Procap für Menschen mit Handicap,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Bern, Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 7.
Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der am 25. Juli 2006 geborene A.________ bezieht wegen einer seit Geburt
bestehenden schweren Mehrfachbehinderung von der Invalidenversicherung u.a.
eine Hilflosenentschädigung (Hilflosigkeit schweren Grades) samt
Intensivpflegezuschlag (Betreuungsaufwand von über acht Stunden pro Tag). Im
September 2012 ersuchte seine Mutter für ihn um einen Assistenzbeitrag. Nach
Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach ihm die IV-Stelle
Bern mit Verfügung vom 4. Juli 2013 einen Assistenzbeitrag an tatsächlich
erbrachte Assistenzstunden von monatlich durchschnittlich Fr. 6'207.85 resp.
Fr. 6'263.65 und jährlich maximal Fr. 68'286.50 resp. Fr. 68'900.- ab 1.
September 2012 resp. ab 1. Januar 2013 zu.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 7. Oktober 2014 ab.

C. 
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
beantragen, unter Aufhebung des Entscheids vom 7. Oktober 2014 sei für die
Bemessung des Assistenzbeitrages im Teilbereich "Überwachung während des Tages"
die höchste Stufe zu gewähren.

Die IV-Stelle beantragt die Abweisung des Rechtsmittels. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 

2.1. Anspruch auf einen Assistenzbeitrag haben Versicherte, denen eine
Hilflosenentschädigung der IV nach Artikel 42 Absätze 1-4 ausgerichtet wird,
die zu Hause leben und volljährig sind (Art. 42 ^quater Abs.1 IVG).
Minderjährige Versicherte haben unter den gleichen Voraussetzungen Anspruch auf
einen Assistenzbeitrag, wenn sie zusätzlich entweder (a) regelmässig die
obligatorische Schule in einer Regelklasse besuchen, eine Berufsausbildung auf
dem regulären Arbeitsmarkt oder eine andere Ausbildung auf Sekundarstufe II
absolvieren, (b) während mindestens 10 Stunden pro Woche eine Erwerbstätigkeit
auf dem regulären Arbeitsmarkt ausüben oder (c) ihnen ein
Intensivpflegezuschlag für einen Pflege- und Überwachungsbedarf nach Art. 42ter
Absatz 3 IVG von mindestens 6 Stunden pro Tag ausgerichtet wird (Art. 39a IVV
in Verbindung mit Art. 42quater Abs. 3 IVG).

Ein Assistenzbeitrag wird gewährt für Hilfeleistungen, die von der versicherten
Person benötigt und regelmässig von einer natürlichen Person (Assistenzperson)
unter bestimmten Voraussetzungen erbracht werden (Art. 42 ^quinquies IVG).

2.2. Nach Art. 39c IVV (SR 831.201) kann u.a. in den folgenden Bereichen
Hilfebedarf anerkannt werden: (a) alltägliche Lebensverrichtungen; (b)
Haushaltsführung; (c) gesellschaftliche Teilhabe und Freizeitgestaltung; (h)
Überwachung während des Tages; (i) Nachtdienst.

Die Überwachung nach Artikel 39c Buchstabe h ist auf 120 Stunden limitiert
(Art. 39e Abs. 2 lit. c IVV).

3. 
Die Verwaltung traf am 5. Februar 2013 Abklärungen vor Ort und erstattete dazu
den mit dem standardisierten Abklärungsinstrument "FAKT2" (nachfolgend: FAKT2)
erstellten Abklärungsbericht Assistenzbeitrag. Gestützt darauf sprach sie dem
Versicherten einen Assistenzbeitrag von monatlich durchschnittlich Fr. 6'207.85
resp. Fr. 6'263.65 und jährlich maximal Fr. 68'286.50 resp. Fr. 68'900.- zu.
Dabei berücksichtigte sie für die Überwachung am Tag einen Hilfebedarf der
Stufe 3, was 120 Minuten pro Tag resp. 60 Stunden pro Monat entspricht.
Die Vorinstanz hat dem Abklärungsbericht Assistenzbeitrag Beweiskraft (vgl. BGE
140 V 543 E. 3.2.1 S. 547) beigemessen und auf dieser Grundlage den verfügten
Anspruch bestätigt.

Umstritten ist einzig der Umfang des Hilfebedarfs für die persönliche
Überwachung während des Tages.

4. 

4.1. 

4.1.1. Das Bundesgericht hat in E. 5.2.1 des Urteils 9C_598/2014 und 9C_664/
2014 vom 21. April 2015 bestätigt, dass für den Assistenzbedarf im Bereich
"Überwachung während des Tages" die Grundsätze zur "dauernden persönlichen
Überwachung" im Rahmen der Hilflosenentschädigung gelten (BGE 140 V 543 E.
3.2.2.3 S. 548). Dazu hat es Folgendes ausgeführt:

"Die 'dauernde persönliche Überwachung' bezieht sich nicht auf die alltäglichen
Lebensverrichtungen. Hilfeleistungen, die bereits als direkte oder indirekte
Hilfe in einem Bereich der alltäglichen Lebensverrichtung Berücksichtigung
gefunden haben, können bei der Beurteilung der Überwachungsbedürftigkeit nicht
nochmals ins Gewicht fallen. Vielmehr ist darunter eine medizinische und
pflegerische Hilfeleistung zu verstehen, welche infolge des physischen und/oder
psychischen Gesundheitszustandes der versicherten Person notwendig ist. Eine
solche persönliche Überwachung ist beispielsweise dann erforderlich, wenn eine
versicherte Person wegen geistiger Absenzen nicht während des ganzen Tages
allein gelassen werden kann. Um als anspruchsrelevant gelten zu können, muss
die persönliche Überwachung eine gewisse Intensität erreichen. Aus einer
Überwachungsbedürftigkeit im Sinne einer bloss allgemeinen Aufsicht
(beispielsweise in einem Heim) kann keine rechtlich relevante Hilflosigkeit
abgeleitet werden. Die Überwachung muss zudem dauernd erforderlich sein.
'Dauernd' heisst nicht rund um die Uhr, sondern ist als Gegensatz zu
'vorübergehend' zu verstehen. Dies kann auch erfüllt sein, wenn Anfälle
zuweilen nur alle zwei bis drei Tage auftreten, aber unvermittelt und oft auch
täglich oder täglich mehrmals erfolgen, sodass tägliche Überwachung vonnöten
ist. Das Erfordernis der Dauer bedingt auch nicht, dass die betreuende Person
ausschliesslich an die überwachte Person gebunden ist. Ob Hilfe und persönliche
Überwachung notwendig sind, ist objektiv nach dem Zustand der versicherten
Person zu beurteilen. Grundsätzlich unerheblich ist die Umgebung, in welcher
sie sich aufhält. Überwachungsbedürftigkeit kann auch vorliegen, wenn sich die
mit der (gezielten und individuellen) Überwachung betraute Person dazu
besonderer Techniken bedient (Urteile 8C_158/2008 vom 15. Oktober 2008 E.
5.2.1; 9C_608/2007 vom 31. Januar 2008 E. 2.2.1, je mit Hinweisen)."

Mit dieser Rechtsprechung steht insbesondere Rz. 4067 des Kreisschreibens des
BSV über den Assistenzbeitrag (KSAB, sowohl in der aktuellen als auch in der
bis 31. Dezember 2014 geltenden Fassung; www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/
index/category:34/lang:deu) im Einklang (vgl. BGE 140 V 543 E. 3.2.2.1 S. 547
f.). Danach ist für die Überwachung u.a. relevant, dass sie sich nicht bloss in
reiner Präsenz einer Überwachungsperson erschöpft, sondern mit aktiven
Handlungen verbunden ist.

4.1.2. Rechtsfrage ist die richtige Auslegung und Anwendung des Rechtsbegriffs
der "dauernden persönlichen Überwachung" resp. der "Überwachung während des
Tages", das heisst, welche Tatbestandselemente erfüllt sein müssen, damit eine
Überwachungsbedürftigkeit zu bejahen ist. Tatfrage ist hingegen, ob - und
gegebenenfalls in welchem Umfang - sich ein Sachverhalt verwirklicht hat, der
unter diese Tatbestandselemente fällt (Urteile 9C_598/2014 und 9C_664/2014 vom
21. April 2015 E. 5.2.2; 8C_838/2011 vom 20. März 2012 E. 1.2; 9C_595/2011 vom
17. Februar 2012 E. 3.4).

4.2. In Anhang 3 zum KSAB (umgesetzt in FAKT2 Ziff. 8) werden die vier Stufen
des Hilfebedarfs für die Überwachung während des Tages wie folgt konkretisiert:
Stufe 1: punktuell, 30 Minuten/Tag; Stufe 2: stündlich, 60 Minuten/Tag; Stufe
3: jede Viertelstunde 1:4-Überwachung, 120 Minuten/Tag; Stufe 4: permanente
1:1-Überwachung, 240 Minuten/Tag.

4.3. Die Vorinstanz hat diesbezüglich festgestellt, in der Wohnung bestehe ein
speziell eingerichteter Bereich, der durch Gitter abgetrennt sei und wo alle
Gefahren für den Versicherten beseitigt worden seien. Dort könne er sich eine
gewisse - wenn auch relativ kurze - Zeit ohne aktive Überwachung aufhalten.
Zudem werde er in der Nacht mit einem Bildschirm-Babyphone überwacht. Es sei
somit keine "Eins-zu-Eins-Überwachung" bzw. keine permanente Anwesenheit einer
Überwachungsperson im selben Raum erforderlich. Daran ändere der Bericht des
Kinderarztes Dr. med. C.________ vom 8. September 2013, worin die Notwendigkeit
einer lückenlosen persönlichen Überwachung mit ständiger
Interventionsbereitschaft attestiert worden sei, nichts. Bei der danach
erforderlichen Überwachung handle es sich häufig um reine Präsenz resp. passive
Überwachung, die keiner Intervention bedürfe. Der im Abklärungsbericht
Assistenzbeitrag ermittelte Hilfebedarf von zwei Stunden täglich sei demnach
nicht zu beanstanden.

4.4. 

4.4.1. Entgegen der Annahme der Vorinstanz spricht die Benutzung eines
"Bildschirm-Babyphones" oder anderer Hilfsmittel nicht gegen die Annahme einer
aktiven Überwachung (E. 4.1.1 Abs. 2 in fine; Urteil 9C_598/2014 und 9C_664/
2014 vom 21. April 2015 E. 5.2.4). Zudem ist nach Rz. 4064 f. KSAB ein
Überwachungsbedarf anzunehmen, wenn die versicherte Person ohne Überwachung mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit selbst gefährdet ist (oder Drittpersonen
gefährden würde). Darüber hinaus darf er auch bei einer geringen
Wahrscheinlichkeit der Gefährdung angenommen werden, wenn die fehlende
Überwachung gesundheitsschädigende Folgen haben könnte. Dass diese Grundsätze
nicht gesetzeskonform sein sollen, ist nicht ersichtlich und wird auch nicht
geltend gemacht.

4.4.2.

4.4.2.1. In Präzisierung seines Berichts vom 7. Februar 2013 verwies der
Kinderarzt im Bericht vom 8. September 2013 im Wesentlichen auf
unvorhersehbares Erbrechen mit potenziellem Aspirationsrisiko, einen Herzfehler
mit instabiler Kreislaufsituation, die geringe psychologische Belastbarkeit,
den kognitiven Entwicklungsrückstand und eine deutliche motorische Unruhe/
Hyperaktivität. Zudem betonte er, dass der Versicherte nicht aktiv um Hilfe
rufen könne. Bei Verletzungen oder in Situationen, aus denen er sich nicht
selber befreien könne, fehlten ihm jegliche Kommunikationsmöglichkeiten. Unter
Stress oder Panik gerate er in eine Art Starre, selbst Weinen oder Jammern sei
in diesem Zustand nicht möglich, im besten Fall gebe er ein leises "Mm" von
sich. Er sei auf Blickkontakt mit einer betreuenden Person angewiesen.

4.4.2.2. Im Abklärungsbericht Hilflosenentschädigung vom 22. März 2013 hielt
die Abklärungsperson der IV-Stelle u.a. fest, wenn der Versicherte sich
übertue, müsse er zurückgehalten werden, sonst bestehe die Gefahr eines
Kreislaufkollapses. Beim Mittagsschlaf werde er mit dem Bildschirm-Babyphone
überwacht. Wenn er weine, müsse sofort nach ihm geschaut werden. Im schlimmsten
Fall könne es zu Atemnot und -stillstand kommen. Tagsüber könne man den
Versicherten nicht alleine lassen; er kenne keine Risiken oder Gefahren. Er
ziehe sich an Gegenständen hoch, nehme Sachen in den Mund, reisse Dinge
herunter, etc., weshalb die Gefahr bestehe, dass er sich selber verletze. Sein
Verhalten sei unberechenbar, der kognitive Entwicklungsstand entspreche dem
eines ein- bis eineinhalbjährigen Kindes. Er erbreche einmal pro Woche und wenn
er einen Infekt habe öfter.

Mit Blick auf Hilflosenentschädigung (Art. 42 f. IVG) und
Intensivpflegezuschlag (Art. 42ter Abs. 3 IVG) eruierte die Verwaltung einen
behinderungsbedingten Mehraufwand bei der Betreuung im Umfang von täglich 13
Stunden und 48 Minuten. Zwar berücksichtigte sie dabei einen Überwachungsbedarf
von zwei Stunden pro Tag (Art. 39 Abs. 3 Satz 1 IVV), indessen stellte sich die
Frage nach der Notwendigkeit einer "besonders intensiven behinderungsbedingten
Überwachung" (vgl. dazu insbesondere das Beispiel von Rz. 8079 des
Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung
[KSIH, http://www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/view/3950/lang:deu/
category:34]), die gemäss Art. 39 Abs. 3 Satz 2 IVV mit vier Stunden
anzurechnen ist, nicht, da ohnehin die maximale Hilflosenentschädigung mit
Intensivpflegezuschlag resultierte.

4.4.3. Es ist unbestritten, dass im Rahmen des Assistenzbeitrages für die
Bereiche alltägliche Lebensverrichtungen, Haushalt sowie gesellschaftliche
Teilhabe und Freizeitgestaltung insgesamt ein Hilfebedarf von monatlich 180,22
Stunden besteht, was rund sechs Stunden pro Tag entspricht. Sodann steht fest,
dass der Nachtdienst mit täglich einer Stunde zu Buche schlägt. Würde für die
(einzig) hinzukommende Überwachung am Tag der Höchstansatz von rund vier
Stunden (E. 4.2 und 4.5) berücksichtigt, resultierte ein täglicher Hilfebedarf
von insgesamt rund elf Stunden. Dies liegt deutlich unter dem Mehraufwand, wie
ihn die Verwaltung selber unter dem Gesichtspunkt der Hilflosigkeit (E.
4.4.2.2) anerkannte.

Zur Begründung des Überwachungsbedarfs in Ziff. 8.1 des Abklärungsberichts
Assistenzbeitrag zog die Verwaltung folgenden, in FAKT2 für einen Bedarf der
Stufe 3 hinterlegten Vergleichstatbestand heran: "Die versicherte Person kann
nicht verbal kommunizieren und gerät bereits bei verhältnismässig geringen
Anlässen in grossen Stress/Angst/Panik (z.B. schreit dann laut); es muss daher
viertelstündig nachgesehen und gegebenenfalls beruhigt werden; eine permanente
Anwesenheit von Drittpersonen im selben Zimmer ist jedoch nicht erforderlich."
Diese Darstellung steht mit den Ausführungen des Kinderarztes (E. 4.4.2.1)
nicht im Einklang, bleiben doch dabei die Herzproblematik, die Diskrepanz
zwischen kognitivem Entwicklungsstand und motorischen Fähigkeiten (Mobilität)
sowie die Einschränkung der Kommunikationsmöglichkeiten in Stresssituationen
resp. die sich daraus ergebenden gesundheitlichen Risiken unberücksichtigt.

4.4.4. Der vorinstanzliche Schluss, dass in concreto eine Überwachung der Stufe
3 (E. 4.2) genügen soll, und die entsprechenden Feststellungen (E. 4.3) stehen
nach dem soeben Gesagten (E. 4.4.1 bis 4.4.3) im Widerspruch zu rechtlichen
Grundsätzen und relevanten Akten. Daran kann nicht festgehalten werden (E. 1).
Selbst wenn die Überwachung während des Tages punktuell unterbrochen werden
kann (vgl. Rz. 4063 KSAB), ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, dass sie in
der Regel permanent erforderlich ist. Die Beschwerde ist begründet.

4.5. Ein Überwachungsbedarf der Stufe 4 entspricht einem Aufwand von 240
Minuten pro Tag resp. 120 Stunden pro Monat. In FAKT2 Ziff. 8.2 ist eine
Reduktion um 5 % vorgesehen, wenn es wie hier um die Überwachung
geburtsbehinderter Minderjähriger geht. Davon abzuweichen besteht keine
Veranlassung (vgl. BGE 140 V 543 E. 3.2.2.3 S. 549; Urteil 9C_598/2014 und
9C_664/2014 vom 21. April 2015 E. 5.2.6). Der Hilfebedarf für die Überwachung
während des Tages beträgt folglich 114 Stunden pro Monat und ist um 54 Stunden
höher als die Verwaltung in der Verfügung vom 4. Juli 2013 anerkannte. Somit
resultiert bei einem Stundenansatz von Fr. 32.50 resp. 32.80 (Art. 39f Abs. 1
IVV) ein monatlicher Mehrbetrag von Fr. 1'755.- resp. Fr. 1'771.20.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdegegnerin die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdeführer hat
Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern vom 7. Oktober 2014 und die Verfügung der IV-Stelle Bern vom 4.
Juli 2013 werden aufgehoben. Der Beschwerdeführer hat Anspruch auf einen
Assistenzbeitrag an tatsächlich erbrachte Assistenzstunden von monatlich
durchschnittlich Fr. 7'962.85 und jährlich maximal Fr. 87'591.35 ab 1.
September 2012 resp. von monatlich durchschnittlich Fr. 8'034.85 und jährlich
maximal Fr. 88'383.35 ab 1. Januar 2013.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
zurückgewiesen.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. Juni 2015

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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