Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 813/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_813/2014

Urteil vom 26. Mai 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Parrino, Bundesrichterin Moser-Szeless,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Pensionskasse des Bundes PUBLICA, Eigerstrasse 57, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 9. Oktober 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 19xx geborene A.________ ist bei der Pensionskasse des Bundes PUBLICA
(nachfolgend: Publica) für die berufliche Vorsorge versichert. Im Dezember 20yy
leistete er freiwillige Einkäufe im Form von Einmalzahlungen, welche die
Publica seinem Vorsorgeguthaben anrechnete. Im Dezember 20zz, mithin nach
Vollendung des 65. Altersjahres, beabsichtigte A.________ erneut, eine
Einmalzahlung (in Höhe von Fr. 40'000.-) vorzunehmen. Die Publica teilte ihm
diesbezüglich mit, er verfüge in seinem Vorsorgeplan über keine Vorsorgelücke
mehr, weshalb eine weitere Einkaufszahlung nicht möglich sei. A.________ machte
geltend, als Richter werde er - vorbehältlich der Wiederwahl - erst am Ende des
Jahres, in dem er das 68. Altersjahr vollende, aus dem Amt ausscheiden. Bis
dahin könnten freiwillige Einkäufe erfolgen. Am 23. Dezember 20zz zahlte er
denn auch Fr. 40'000.- auf das Konto der Publica ein. Daraufhin ersuchte die
Publica um Bekanntgabe der Kontoverbindung für die Rückzahlung des Betrags,
weil ein Einkauf ab dem 65. Altersjahr ausgeschlossen sei.

B. 
Mit Klage vom 19. Februar 2014 beantragte A.________, es sei festzustellen,
dass er berechtigt gewesen sei, am 23. Dezember 20zz eine Einkaufsleistung von
Fr. 40'000.- zu erbringen; die Publica sei zu verpflichten, diese anzunehmen
und an sein Alterskapital anzurechnen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
wies die Klage, soweit es darauf eintrat, mit Entscheid vom 9. Oktober 2014 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den
Rechtsbegehren, der Entscheid vom 9. Oktober 2014 sei aufzuheben und die
Publica sei zu verpflichten, die Einkaufsleistung vom 23. Dezember 20zz
anzunehmen und an sein Alterskapital anzurechnen; eventualiter sei die Sache an
die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurückzuweisen.

Erwägungen:

1. 
Das kantonale Gericht ist der Auffassung, die hier interessierende
Einmalzahlung stelle keinen Einkauf im Sinne von Art. 9 Abs. 2 FZG (SR 831.42)
dar. Solche Zahlungen beträfen ausschliesslich die überobligatorische Vorsorge,
weshalb die Publica - bis auf das zu beachtende Leistungsmaximum gemäss Art.
79b Abs. 1 BVG - in deren Gestaltung grundsätzlich frei und eine Altersgrenze
für den letztmöglichen Zeitpunkt des Einkaufs zulässig sei. Diese sei
reglementarisch auf das 65. Altersjahr festgelegt worden. Folglich hat es die
Klage abgewiesen.
Streitig und zu prüfen ist einzig, ob ein Einkauf noch zulässig ist, nachdem
der Versicherte das 65. Altersjahres vollendete.

2.

2.1. Im Bereich der überobligatorischen Berufsvorsorge sind die
Vorsorgeeinrichtungen im Rahmen des Gesetzes in der Gestaltung ihrer
Leistungen, in deren Finanzierung und in ihrer Organisation frei (Art. 49 BVG).
Massgebend ist insoweit - innerhalb der durch Gesetz und verfassungsmässige
Grundsätze bestimmten Grenzen - insbesondere die autonome Regelung der
Vorsorgeeinrichtung, wie sie in deren Statuten oder Reglementen festgehalten
ist. Die Auslegung der einschlägigen Statuten- resp. Reglementsbestimmungen
einer Vorsorgeeinrichtung des öffentlichen Rechts erfolgt - anders als jene der
Vorsorgereglemente privatrechtlicher Versicherungsträger - nach den
gewöhnlichen Regeln der Gesetzesauslegung (BGE 139 V 66 E. 2.1 S. 67 f.; 138 V
86 E. 5.1 S. 94).

2.2. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der
Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach
seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller
Auslegungselemente, namentlich von Sinn und Zweck sowie der dem Text zugrunde
liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm im Kontext
zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf
nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe
dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung
wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der
Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern
Vorschriften ergeben (BGE 139 V 66 E. 2.2 S. 68; 138 V 86 E. 5.1 S. 94 mit
Hinweisen).

2.3.

2.3.1. Die Vorsorgeeinrichtung muss den eintretenden Versicherten ermöglichen,
ihren Vorsorgeschutz aufrechtzuerhalten und weiter aufzubauen, und ihnen die
mitgebrachten Austrittsleistungen gutschreiben (Art. 9 Abs. 1 FZG). Hält die
Vorsorgeeinrichtung ihre Leistungen in einem Leistungsplan fest, so hat sie den
Versicherten zu ermöglichen, sich bis zu ihren vollen reglementarischen
Leistungen einzukaufen. Vorbehalten bleibt Artikel 79b BVG (Art. 9 Abs. 2 FZG).

2.3.2. Das FZG regelt im Rahmen der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge die Ansprüche der Versicherten im Freizügigkeitsfall (Art. 1
Abs. 1 FZG). Ein solcher (vgl. Art. 2 Abs. 1 FZG) steht mit dem hier
interessierenden Einkauf nicht im Zusammenhang, weshalb die Bestimmungen des
FZG auf den konkreten Sachverhalt von vornherein nicht anwendbar sind. Hinzu
kommt, dass Art. 9 FZG unter dem "3. Abschnitt: Rechte und Pflichten der
Vorsorgeeinrichtung bei Eintritt der Versicherten" eingeordnet ist. Daraus geht
ebenfalls klar hervor, dass die Bestimmung neu eintretende Versicherte betrifft
(vgl. auch HERMANN WALSER, in: BVG und FZG, 2010, N. 1 zu Art. 9 FZG) und beim
nachträglichen Einkauf, um den es hier geht, nicht angewendet werden kann.
Es ist nicht ersichtlich und wird auch vom Beschwerdeführer nicht geltend
gemacht, dass eine andere gesetzliche Bestimmung, etwa Art. 79b BVG, Anspruch
auf den umstrittenen Einkauf in die reglementarischen Leistungen vermitteln
soll. Damit steht fest, dass er zum überobligatorischen Vorsorgebereich gehört
und sich nach den einschlägigen Reglementsbestimmungen (E. 2.4.1) richtet.

2.4.

2.4.1. Laut Art. 32 Abs. 1 Satz 1 des Vorsorgereglements vom 15. Juni 2007 für
die Angestellten und die Rentenbeziehenden des Vorsorgewerks Bund (VRAB; SR
172.220.141.1) ist der Einkauf (unter Vorbehalt des hier nicht interessierenden
Abs. 4) innerhalb der vom BVG festgelegten Grenzen gemäss Anhang 2 möglich.
Massgebend sind das Alter und der versicherte Verdienst im Zeitpunkt des
Einkaufs (Art. 32 Abs. 1 Satz 2 VRAB). In Anhang 2 VRAB findet sich unter dem
Titel "Einkauf" nebst einer Tabelle zur Berechnung des höchstmöglichen
Einkaufsbetrags und eines Berechnungsbeispiels folgender Satz: "Ein Einkauf ist
bis zur Vollendung des 65. Altersjahres möglich."

2.4.2. Der Wortlaut von Art. 32 Abs. 1 VRAB verweist klar auf Anhang 2 VRAB,
worin die Altersgrenze von 65 Jahren unmissverständlich festgehalten wird.
Gleiches gilt für die französische und italienische Version.
Aus der Diskussion des Paritätischen Organs des Vorsorgewerks Bund (POB) vom 8.
September 2010 über die Änderung des Anschlussvertrages lässt sich nichts für
die Auslegung von Art. 32 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang 2 VRAB ableiten.
Es trifft zu, dass der Einkauf bezweckt, Lücken im Vorsorgeschutz zu
schliessen. Er ist denn auch nicht nur beim Eintritt in die Publica, sondern
auch später während des Arbeitsverhältnisses möglich. Die Begrenzung auf das
65. Altersjahr schränkt den genannten Zweck zwar ein, vereitelt ihn aber nicht
im Grundsatz. Eine Berechtigung, das "laufende" Erwerbseinkommen für einen
Einkauf verwenden zu können, wird weder im Reglement noch sonst wo statuiert
und ergibt sich auch nicht (implizite) aus dem Sinn des nachträglichen
Einkaufs.
Schliesslich rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des
Gleichbehandlungsgebots (Art. 8 BV), weil nicht differenziert werde, dass für
ihn von Gesetzes wegen ein höheres als das übliche Pensionsalter gelte. Zwar
trifft zu, dass gesetzlich geregelt ist, dass Richter an erstinstanzlichen
Gerichten des Bundes am Ende des Jahres, in dem sie das 68. Altersjahr
vollenden, aus dem Amt scheiden (vgl. Art. 9 Abs. 2 VGG [SR 173.32]; Art. 48
Abs. 2 StBOG [SR 173.71]). Indessen erhellt nicht und wird auch nicht
(substanziiert; vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) dargelegt, weshalb sich diese
Ausgangslage - mit Blick auf die Frage nach der Altersgrenze beim Einkauf -
wesentlich unterscheiden soll von jener der Angestellten, die aufgrund einer
vertraglichen Vereinbarung über das 65. Altersjahr hinaus versichert bleiben
(vgl. Art. 18b VRAB). Somit ist auch unter dem Aspekt der Gleichbehandlung ein
Abweichen vom klaren Wortlaut der massgeblichen Bestimmungen (E. 2.4.1) nicht
gerechtfertigt. Andere triftige Gründe (E. 2.2) sind nicht erkennbar. Die
Beschwerde ist unbegründet.

3. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 65 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 26. Mai 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Die Gerichtsschreiberin: Dormann

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