Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 748/2014
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_748/2014

Urteil vom 14. April 2015

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, Präsidentin,
Bundesrichter Meyer, Bundesrichterin Pfiffner,
Gerichtsschreiber Fessler.

Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
handelnd durch ihre Mutter B.A.________,
und diese vertreten durch die
Protekta Rechtsschutz-Versicherung AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

CONCORDIA Versicherungen AG,
Bundesplatz 15, 6003 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Krankenversicherung (Analysenliste),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 2. September 2014.

Sachverhalt:

A. 
Die 2010 geborene A.A.________ leidet an Kleinwuchs mit Mikrozephalie,
beidseitigen Anomalien der Zehen und kleinen morphologischen Besonderheiten.
Mit Verfügung vom 26. März 2013 lehnte die CONCORDIA Versicherungen AG
(nachfolgend: Concordia), bei welcher sie obligatorisch krankenpflegeversichert
war, eine Übernahme der Kosten von geplanten genetischen Untersuchungen (u.a.
genomische Reihen-Hybridisierung in situ sowie DNA-Extraktion und
Nukleinsäure-Amplifikation) ab. Daran hielt der Krankenversicherer mit
Einspracheentscheid vom 9. September 2013 fest.

B. 
Die Beschwerde von B.A.________, Mutter und gesetzliche Vertreterin von
A.A.________, wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau unter
Berücksichtigung der Stellungnahmen von Prof. Dr. med. B.________, FMH und FAMH
Medizinische Genetik, Direktorin Institut C.________ für medizinische Genetik,
vom 30. September 2013 und des Dr. med. D.________, Vertrauensarzt der
Concordia, vom 28. Oktober 2013 mit Entscheid vom 2. September 2014 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt
A.A.________, der Entscheid vom 2. September 2014 sei aufzuheben und in
Abänderung des Einspracheentscheids vom 9. September 2013 festzustellen, dass
sie Anspruch auf die gesetzlichen Leistungen habe; eventualiter sei die Sache
zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Concordia ersucht um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
(BAG) beschränkt sich in seiner Vernehmlassung auf grundsätzliche Ausführungen
zum Thema genetische Analysen und deren Kostenübernahme durch die soziale
Krankenversicherung, ohne einen Antrag zu stellen.

Erwägungen:

1. 
Das Hauptbegehren der Beschwerdeführerin, es sei festzustellen, dass sie
Anspruch auf die gesetzlichen Leistungen habe, ist in dem Sinne zu verstehen,
dass ihr die gesetzlichen Leistungen zuzusprechen sind.

2. 
Die Beschwerdegegnerin beantragt, die von der Beschwerdeführerin eingereichte
Stellungnahme von Prof. Dr. med. B.________ vom Oktober 2014 sei aus dem Recht
zu weisen.

2.1. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt      (Art. 99 Abs. 1 BGG),
was in der Beschwerde näher darzulegen ist (Urteil 9C_61/2014 vom 23. Juli 2014
E. 2.3 mit Hinweisen). Tatsachen oder Beweismittel, die erst nach dem
angefochtenen Entscheid sich ereignet haben oder entstanden sind, können nicht
durch dieses Erkenntnis veranlasst worden sein und sind deshalb von vornherein
unzulässig. Vom Novenverbot nach Art. 99 Abs. 1 BGG nicht erfasst werden
allgemein bekannte und gerichtsnotorische Tatsachen wie etwa allgemein
zugängliche Fachliteratur (Urteil 9C_1011/2012 vom 18. April 2013 E. 1.1 mit
Hinweisen; Ulrich Meyer/Johanna Dormann, Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 43 und 53 zu Art. 99 BGG).

2.2.

2.2.1. Die Beschwerdeführerin nennt als Grund für die Einholung einer
Stellungnahme bei Prof. Dr. med. B.________ die von der Vorinstanz
festgestellte mangelnde Darlegung in deren Berichten vom 6. Februar, 2. Mai und
30. September 2013, welche Diagnose mit der geplanten genetischen Untersuchung
(Reihen-Hybridisierung in situ) zu bestätigen oder auszuschliessen erhofft
werde, sowie die vorgeworfene mangelnde Darlegung von therapeutischen
Konsequenzen je nach Ergebnis (vgl. E. 4 hinten). Damit rügt sie sinngemäss,
der rechtserhebliche medizinische Sachverhalt sei unvollständig festgestellt,
was eine Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG darstellt (Urteil
2C_414/2014 vom 12. März 2015 E. 1.4). Die Rüge ist unbegründet. Die Berichte
von Prof. Dr. med. B.________ wurden in Kenntnis der massgebenden
Rechtsgrundlagen erstellt, welche in der Verfügung vom 26. März 2013 und im
Einspracheentscheid vom 9. September 2013 dargelegt worden waren (vgl. E. 3.1
hinten). Die Beschwerdegegnerin reichte mit der vorinstanzlichen Vernehmlassung
eine Stellungnahme ihres Vertrauensarztes vom 28. Oktober 2013 ein. Unter
diesen Umständen durfte die Vorinstanz den rechtserheblichen Sachverhalt als
richtig und vollständig abgeklärt betrachten (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c
ATSG; BGE 136 V 376 E. 4.1.1 S. 377) und gestützt darauf die Streitfrage
entscheiden.

2.2.2. Eine willkürliche Würdigung der medizinischen Unterlagen wird nicht
gerügt (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 136 II 65 E. 1.4 S. 68; 134 V 53 E. 4.3 S. 62).
Die Stellungnahme von Prof. Dr. med. B.________ vom Oktober 2014 hat somit
ausser Acht zu bleiben, soweit damit der vorinstanzlich festgestellte
Sachverhalt ergänzt oder berichtigt werden soll. Das Gleiche muss demzufolge
für die - letztinstanzlich aufgelegten - Stellungnahmen der Vertrauensärztin
der Beschwerdegegnerin vom 4. und 14. Dezember 2014 gelten. Dagegen sind die
wissenschaftlichen Publikationen aus den Jahren 2009 und 2014, worauf Prof. Dr.
med. B.________ in ihren Ausführungen Bezug nimmt, zuzulassen (vgl. E. 2.1).
Soweit die Stellungnahme von Prof. Dr. med. B.________ vom Oktober 2014 als
(integrierender) Bestandteil der Beschwerde zu betrachten ist, gelten die
Begründungsanforderungen nach Art. 42 Abs. 2 BGG. Es genügt somit nicht,
Aussagen der Vorinstanz zu bestreiten und ihnen die anders lautende Auffassung
der behandelnden Fachärztin gegenüberzustellen. Vielmehr ist (auch) darzutun,
inwiefern die betreffenden Erwägungen (Bundes-) Recht verletzen (BGE 138 I 171
E. 1.4 S. 176; Urteil 2C_413/2014 vom 11. Mai 2014 E. 2.1).

3.

3.1. Die bei der Beschwerdeführerin geplanten Reihen-Hybridisierung in situ
sowie DNA-Extraktion und Nukleinsäure-Amplifikation, um die sich der Streit
dreht, sind in der vom Departement erlassenen Analysenliste (AL; Art. 52 Abs. 1
lit. a Ziff. 1 und Art. 33 Abs. 2 KVG, Art. 34 und Art. 37f KVV) enthalten
(vgl. Anhang 3 KLV Ziff. 2.2.1.3 Molekulare Zytogenetik, Position 2018.05 und
Ziff. 2.2.2 Molekulargenetische Analysen, Positionen 2021.00 und 2340.08).
Weitere Voraussetzung für eine Kostenübernahme im Rahmen der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung sind Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und
Wirtschaftlichkeit der Leistung (Art. 32 Abs. 1 KVG). In Konkretisierung dieser
Begriffe (vgl. dazu BGE 137 V 295 E. 6.1, 6.2 und 6.3.1 S. 303 ff.) werden in
den einleitenden Bemerkungen zur Analysenliste (in der seit 1. Januar 2013
geltenden Fassung) entsprechende Bedingungen formuliert. Danach gilt Folgendes:
"Die Diagnostik hat mit einer akzeptablen Wahrscheinlichkeit die Konsequenz,
dass sie (1) einen Entscheid über Notwendigkeit und Art einer medizinischen
Behandlung oder (2) eine richtungsgebende Änderung der bisher angewendeten
medizinischen Behandlung oder (3) eine richtungsgebende Änderung der
notwendigen Untersuchungen (z.B. zur rechtzeitigen Verhütung, Erkennung oder
Behandlung von typischerweise zu erwartenden Komplikationen) oder (4) einen
Verzicht auf weitere Untersuchungen von typischerweise zu erwartenden
Krankheitssymptomen, Folgeerkrankungen oder Beschwerden zur Folge hat (...) ".
Die Vorinstanz hat diese Umschreibung der Voraussetzungen für eine Vergütung
von Analysen durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung zum
Beurteilungsmassstab genommen, was von den Parteien nicht beanstandet wird
(vgl. Urteil 9C_1011/2012 vom 18. April 2013 E. 2.3.2).

3.2. Das BAG macht in seiner Vernehmlassung grundsätzliche Ausführungen zum
Thema genetische Analysen und deren Kostenübernahme durch die soziale
Krankenversicherung. Danach kann das Ergebnis von diagnostischen Leistungen
nicht vorausgesagt werden. Hingegen kann festgelegt werden, welche
Untersuchungsmethode die grösste Wahrscheinlichkeit aufweist, die
Diagnosestellung zu unterstützen. Weiter kann in den meisten Fällen eine
Krankheit nicht gezielt ursachenbezogen behandelt werden, indem einzelne
Krankheitssymptome therapeutisch beeinflusst werden. Es ist daher nicht
zweckmässig, an genetische Analysen die Forderung zu stellen, dass im Falle
eines positiven Befundes, d.h. beim Nachweis einer genetischen Krankheit eine
entsprechende Gentherapie besteht. Laboranalysen haben im Übrigen zum Ziel,
ausgehend von unspezifischen Symptomen, eine spezifische Krankheit zu
diagnostizieren. Eine solche umfasst bereits bestehende Krankheitssymptome, die
sich verschlimmern können, was deren Überwachung und Behandlung erforderlich
macht, und noch nicht bestehende, aber möglicherweise auftretende (d.h.
typischerweise zu erwartende Komplikationen), welche durch Überwachung und
Behandlung verhindert oder verzögert werden können. Schliesslich darf, so das
BAG, die akzeptable Wahrscheinlichkeit gemäss den einleitenden Bemerkungen zur
Analysenliste umso kleiner sein, je schwerer die möglicherweise vorliegende
Krankheit ist und je bessere Massnahmen zur Behandlung existieren. Massgebend
ist die (relative) Kapazität zur Diagnosestellung, d.h. die Wahrscheinlichkeit,
dass eine Laboranalyse einen Behandlungsentscheid im Sinne von (1) bis (4)
dieser Bemerkungen ermöglicht, verglichen mit der Wahrscheinlichkeit, dass
dieser Entscheid mit einer anderen Laboranalyse oder einer anderen
Untersuchungsmethode herbeigeführt werden kann, oder der fehlenden
diagnostischen Alternative.

4. 
Das kantonale Versicherungsgericht ist in Würdigung der Akten zum Ergebnis
gelangt, die geplante Reihen-Hybridisierung in situ könne bei fraglicher
Wirksamkeit und Fehlen eines therapeutischen Nutzens weder als zweckmässig noch
als wirtschaftlich beurteilt werden. Prof. Dr. med. B.________ könne nicht
sagen, welche genaue Diagnose sie mit dieser genetischen Untersuchung zu
bestätigen oder auszuschliessen hoffe. Ebensowenig vermöge sie aufzuzeigen,
nach welchem Konzept sie, je nach Resultat, weiter zu verfahren gedenke. Bei
idiopathischem Kleinwuchs könnten im Verfahren der genomischen
Reihenhybridisierung (lediglich) in 10 % der Fälle - bei der Beschwerdeführerin
in Berücksichtigung der Symptomatik mit etwas erhöhter Wahrscheinlichkeit -
relevante genetische Defekte nachgewiesen werden. Dabei bedeute
unbestrittenermassen selbst die Feststellung einer Genmutation noch nicht, dass
auch der Kleinwuchs darauf zurückzuführen sei. Damit sei bereits die
Wirksamkeit der Analyse in Frage gestellt.
In ihrem Bericht vom 2. Mai 2013 führe Prof. Dr. med. B.________ sodann aus,
bei Wachstumsstörungen mit Mikrozephalie würden häufig genetische Defekte
vorliegen, die mit verschiedenen organischen Komplikationen und Tumorrisiken
vergesellschaftet sein könnten. In Kenntnis der tatsächlichen Ursache könne
entschieden werden, ob und wie diese Komplikationen überwacht werden müssten.
Eine solche Zielsetzung der Überwachung von Komplikationen sei zu allgemein
gehalten, desgleichen die generelle Absicht der Anpassung des
Krankheitsmanagements beim zu erwartenden Spektrum von Begleiterkrankungen. Die
im Bericht vom 30. September 2013 erwähnten Chromosomenstörungen bzw. monogene
Erkrankungen stellten nicht Beispiele dar, wo eine aufgrund eines Verdachts auf
eine Chromosomenanomalie durchgeführte Reihen-Hybridisierung in situ zu
konkreten therapeutischen Konsequenzen im Sinne der einleitenden Bemerkungen
zur Analysenliste geführt habe. Damit könne diese genetische Untersuchung im
vorliegenden Fall nicht als wirksame, zweckmässige und wirtschaftliche Leistung
im Sinne von Art. 32 Abs. 1 KVG gelten.
Selbst der Umstand, so die Vorinstanz abschliessend, dass aufgrund der
Gesamtkonstellation - eine orientierende einfache Messung des Wachstumshormons
habe einen unauffälligen Befund ergeben und der Krankheitsverlauf keinen
Hinweis auf eine Stoffwechselstörung - eine primär chromosomale oder monogene
Ursache am wahrscheinlichsten sei, vermöge die genetischen Untersuchungen,
mangels konkreter Aussichten auf therapeutische Konsequenzen, nicht zu
rechtfertigen. Sei man sich vorliegend nämlich weitgehend einig, dass das
Wissen um die Ursache der fraglichen Symptomatik am therapeutischen Vorgehen
nichts zu ändern vermöge - die Beschwerdeführerin anerkenne, dass sich die
Diagnose einer Chromosomenstörung nicht ursächlich behandeln lasse und insofern
bestehe Konsens, dass es keine entsprechende Gentherapie gebe -, so erweise
sich die geplante Chromosomenuntersuchung als überwiegend wahrscheinlich nicht
zweckmässig und folglich auch nicht wirtschaftlich.

5.

5.1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, verschiedene Aussagen in der
vorinstanzlichen Argumentation seien nicht korrekt. Soweit sie zur Begründung
integral auf die Stellungnahme von Prof. Dr. med. B.________ vom Oktober 2014
verweist, ist darauf nicht einzugehen (Art. 42 Abs. 2 BGG; vorne E. 2.2.2).
Dasselbe gilt in Bezug auf die in der Beschwerde zusammengefasst
wiedergegebenen Ausführungen der behandelnden Fachärztin, soweit sie sich nicht
auf die beigelegten wissenschaftlichen Publikationen oder auf die erwähnte
Homepage des Pädiatrisch-Endokrinologischen Zentrums Zürich (http://www.
pezz.ch/index.php?id=40) stützen. Im Übrigen ist der Beschwerdeführerin darin
beizupflichten, dass eine genetische Diagnosestellung nicht bereits deshalb
unzweckmässig ist, weil es keine entsprechende Gentherapie gibt. Indessen hat
die Vorinstanz die Kostenübernahme durch die obligatorische
Krankenpflegeversicherung für die geplante Reihen-Hybridisierung in situ nicht
allein mit dieser Begründung verneint.

5.2. Zur Hauptsache bestreitet die Beschwerdeführerin, dass das Wissen um die
Ursache der fraglichen Symptomatik am therapeutischen Vorgehen nichts zu ändern
vermöge und die Zielsetzung der Überwachung von Komplikationen gemäss den
Berichten von Prof. Dr. med. B.________ vom 2. Mai und 30. September 2013 zu
allgemein gehalten sei. Danach ist als wichtigste Differentialdiagnose bei
kleinwüchsigen Mädchen das Turner-Syndrom auszuschliessen, welches durch
verschiedenste Defekte des X-Chromosoms oder des darauf enthaltenen SHOX-Locus
verursacht werde. Gemäss den Darlegungen auf der Homepage des PEZZ zu diesem
Krankheitsbild (http://www.pezz.ch/index.php?id=40) ist der Defekt in der
Chromosomenuntersuchung nachweisbar. Beim Turner-Syndrom kämen sodann
verschiedene weitere Störungen gehäuft vor, nach denen schon bei
Diagnosestellung gesucht werden müsse, u.a. Nieren- und Herzfehlbildungen,
erhöhter Augeninnendruck (Glaukom) und Schwerhörigkeit. Eine rechtzeitige
Diagnose sei entscheidend, weil das frühzeitige Einsetzen geeigneter Massnahmen
zu einem normalen Erwachsenenleben führen könne. Schliesslich werden im Anhang
(Supplemental Table 1) der von Prof. Dr. med. B.________ in ihrer Stellungnahme
vom Oktober 2014 erwähnten Publikation ("Chromosomal microarray impacts
clinical management", Riggs et al., Clin Genet. 2014) für verschiedene
Chromosomenstörungen, die differentialdiagnostisch ebenfalls in Betracht
fallen, allenfalls indizierte weitere Abklärungs- und Behandlungsmassnahmen
("Management Implications") genannt.

5.3. Weder aus den Berichten von Prof. Dr. med. B.________ noch aus den
erwähnten wissenschaftlichen Publikationen ist herauszulesen, dass es im
vorliegenden Fall um die Diagnose einer derart schweren Krankheit geht, dass
schon aus diesem Grund eine Kostenübernahme durch die obligatorische
Krankenpflegeversicherung in Bezug auf die streitige genetische Untersuchung
(hochauflösende Reihen-Hybridisierung in situ) zu bejahen wäre. Sodann kommt
das Turner-Syndrom, das gemäss der behandelnden Fachärztin in erster Linie
auszuschliessen oder zu bestätigen ist, bei Mädchen vergleichsweise häufig vor,
wobei die kleine Körpergrösse ein Hauptmerkmal ist (http://www.pezz.ch/
index.php?id=40). Nach Feststellung der Vorinstanz ist aufgrund der
Gesamtkonstellation, u.a. da eine orientierende einfache Messung des
Wachstumshormons einen unauffälligen Befund und der Krankheitsverlauf keinen
Hinweis auf eine Stoffwechselstörung ergab, bei der Beschwerdeführerin eine
primär chromosomale oder monogene Ursache am wahrscheinlichsten. Dabei kann in
Berücksichtigung der Symptomatik im Verfahren der genomischen
Reihenhybridisierung mit einer Wahrscheinlichkeit von etwas mehr als 0,1 ein
relevanter genetischer Defekt nachgewiesen werden. Unbestritten können in einem
solchen Fall weitere Abklärungen indiziert sein und allenfalls Behandlungen
nach sich ziehen. Indessen fehlen diesbezüglich jegliche Angaben zur
Auftretenshäufigkeit. Dies gilt selbst in Bezug auf das bei kleinwüchsigen
Mädchen vergleichsweise häufig auftretende Turner-Syndrom. Es fehlen auch in
Studien erfasste oder sonstwie dokumentierte Beispiele von Personen mit
einigermassen vergleichbarer Symptomatik und Verdacht auf einen allenfalls
ursächlichen genetischen Defekt, bei denen eine Reihen-Hybridisierung in situ
oder eine andere ebenfalls hochauflösende Laboranalyse zu konkreten
therapeutischen Konsequenzen im Sinne der einleitenden Bemerkungen zur
Analysenliste führte (vgl. Urteil 9C_1011/2012 vom 18. Februar 2013 E. 4.2.2).
Unter diesen Umständen verletzt es kein Bundesrecht, dass die Vorinstanz eine
akzeptable Wahrscheinlichkeit für einen Behandlungsentscheid im Sinne der
einleitenden Bemerkungen zur Analysenliste (vorne E. 3.1) als Voraussetzung für
eine Übernahme der Kosten der geplanten genetischen Untersuchungen durch die
obligatorische Krankenpflegeversicherung verneint hat. Die Beschwerde ist
unbegründet.

6. 
Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 14. April 2015
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Fessler

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